L 5 R 575/03

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 8 RJ 1368/02
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 R 575/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 12. September 2003 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Der 1958 geborene Kläger erlernte von 1973 bis 1976 den Beruf des Elektroinstallateurs und war in diesem Beruf bis Ende 1977 beschäftigt. Nach Ableistung des Wehrdienstes mit Erwerb des Lkw-Führerscheins war er seit Mitte 1979 in verschiedenen Beschäftigungsverhältnissen als Kraftfahrer tätig. Von Dezember 1983 bis Ende 1984 durchlief er eine Umschulung zum Berufskraftfahrer (IHK-Prüfungszeugnis vom 27.12.1984). In diesem Beruf war er in der Folge bei verschiedenen Arbeitgebern tätig, u.a. bei der Firma R. von November 1987 bis September 1989, bei der Firma U. von Oktober 1989 bis Februar 1990 sowie bei der Firma A. von Juli 1990 bis Ende 1992. Von Oktober 1993 bis Juni 1994 fuhr er für die Firma V. GmbH und deren späteren Betriebsübernehmer, die Firma T. GmbH, eine Sattelzugmaschine bis 16 Tonnen Gesamtgewicht. Vom 05.09.1995 bis zur Probezeitkündigung zum 20.12.1995 arbeitete er als Service-Techniker bei der Firma E. Maschinenbau GmbH. Vom 19.03.1996 bis 31.05.1996 übte er als Fahrer bei der Firma B. Personalservice seine letzte versicherungspflichtige Tätigkeit aus. Im Rahmen dieser Beschäftigung wurde er als Leiharbeitnehmer bei der Firma K. GmbH tätig. Dort verrichtete er in der Folge auf freiberuflicher Basis nichtversicherungspflichtige Tätigkeiten als Testfahrer.

Wegen der Folgen mehrerer Verletzungen, insbesondere eines Motorradunfalls vom 01.05.1998 mit einem Trümmerbruch des linken Unterschenkels bei osteosynthetischer Versorgung, ist bei dem Kläger nach dem Schwerbehindertenrecht ein GdB von 50 sowie das Merkzeichen "G" anerkannt. Er bezieht Leistungen nach der Pflegestufe I.

Am 19.10.1999 beantragte der Kläger eine Rente wegen Erwerbs-/Berufsunfähigkeit. Nach Einholung eines orthopädischen Gutachtens des Dr.D. bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 24.03.2000 eine Erwerbsunfähigkeitsrente auf Zeit zunächst bis 31.08.2000. Diese wurde mit Bescheiden vom 17.07.2000 sowie 18.06.2001 bis 30.06.2002 weiterbewilligt.

Auf Weitergewährungsantrag vom 17.04.2002 holte die Beklagte ein weiteres orthopädisches Gutachten des Dr.D. ein (24.06.2002). Dieser hielt den Kläger ab 01.07.2002 als Berufskraftfahrer für nur drei bis unter sechs Stunden einsatzfähig, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in leichten Tätigkeiten mit Wechsel zwischen Stehen, Gehen und Sitzen jedoch vollschichtig. Die Wegefähigkeit sei nicht mehr relevant eingeschränkt. Dem folgend lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 04.07.2002/Widerspruchsbescheid vom 07.08.2002 die Weitergewährung einer Rente ab mit der Begründung, der Kläger könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte Tätigkeiten ohne relevante zeitliche Einschränkungen bei Ausschluss von dauerndem Gehen und Stehen in geschlossenen Räumen zu ebener Erde und ohne häufiges Bücken ausüben. Ausgehend vom Hauptberuf des Klägers als Anlerntätigkeit im oberen Bereich dürfe er auf ungelernte Tätigkeiten nicht einfacher Art verwiesen werden. Tätigkeiten als einfacher Pförtner, Packer, Sortierer, Bürobote und Montierer könne er ohne zeitliche Limitierung ausüben.

Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht München erhoben und beantragt, ihm Rente wegen Berufsunfähigkeit über den 30.06.2002 hinaus zu gewähren. Zur Begründung hat er geltend gemacht, er sei weiterhin aus gesundheitlichen Gründen zu einer vollschichtigen Leistung nicht in der Lage. Zudem genieße er Berufsschutz. Er sei gelernter Elektriker mit Abschlussprüfung und habe auch eine Ausbildung zum Berufskraftfahrer erworben. Er habe seinen ursprünglichen Beruf nie verlassen und sei in der letzten Tätigkeit Testfahrer bei der Firma K. AG nicht nur als Fahrer eingesetzt gewesen, sondern er habe auch die Kenntnisse eines Elektrikers im gesamten Bereich des Testwesens einbringen müssen.

Das SG hat eine Auskunft des Arbeitgebers B. Personalservice, welche ausschließlich Fahrtätigkeiten mit Einweisung in die Messprotokolle angegeben hat, sowie ein orthopädisches Gutachten des Dr.K. (12.04.2003) und ein augenärztliches Gutachten des Dr.D. (18.07.2003) eingeholt.

Dr.K. hat diagnostiziert:

1. LWS-Verschleiß bei Verdacht auf anlagebedingte Aufbaustörung,

2. Kniegelenksverschleiß beidseits nach Schienbeinkopfbrüchen,

3. Minderbelastbarkeit des linken Unterschenkels nach offenem Bruch.

Der Kläger sei in der Lage, leichte Arbeiten aus überwiegend sitzender Ausgangslage bei Möglichkeit zum selbstbestimmten Positionswechsel vollschichtig auszuüben. Als Kfz-Führer oder Bote könne er nicht mehr tätig sein, Beschäftigungen als Pförtner, Montierer, Sortierer oder Verpacker seien ihm möglich.

Dr.D. hat eine herabgesetzte Sehkraft des linken Auges aufgrund einer Verletzung 1990 diagnostiziert. Der Kläger sei trotz der Sehminderung des linken Auges voll arbeitsfähig; sogar Tätigkeiten als Testfahrer seien ihm trotz der Sehminderung des linken Auges aus augenärztlicher Sicht möglich.

Der Kläger hat zu seiner letzten Beschäftigung bei der Firma B. Personalservice GmbH ausgeführt, in der entsprechenden Zeitungsannonce sei ein Kfz-Elektriker im Forschungsbereich/Lkw-Fahrer mit Führerscheinklasse II gesucht worden. Bei seiner Leiharbeitstätigkeit für die Firma K. sei er als Bremsentester eingesetzt worden, wofür die Leihfirma eine anerkannte Qualifizierung als Schweißer, Schreiner, Kfz-Mechaniker, Kfz-Elektriker, Maschinenschlosser, Hilfsarbeiter oder Feinmechaniker etc. gefordert hätte. Er habe Umrüstarbeiten von Trommel- auf Scheibenbremsen ausgeführt, luftgefederte auf blattgefederte Hinterachsen ummontiert, Bremszylinder eingebaut sowie Räder montiert und demontiert. Er habe sämtliche Tätigkeiten ausgeübt, die bei den Fahrzeugtests angefallen seien.

Mit Urteil vom 12.09.2003 hat das Sozialgericht die Klage im wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, der Kläger sei nach Ende des Rentenbezuges gesundheitlich in der Lage, noch leichte Tätigkeiten vollschichtig unter nur qualitativen Einschränkungen auszuüben. Er sei nicht berufsunfähig, weil er sozial zumutbar auf Tätigkeiten verwiesen werden dürfe, die sich durch das Erfordernis einer nicht ganz geringfügigen Einweisung oder die Notwendigkeit beruflicher oder betrieblicher Vorkenntnisse auszeichneten. Als solche Tätigkeit komme die eines einfachen Pförtners in Betracht, wofür der Kläger gesundheitlich auch geeignet sei.

Dagegen hat der Kläger Berufung eingelegt und ein Zeugnis der Firma K. (14.01.2004) vorgelegt, nach welchem für seine dortige Tätigkeit eine Qualifikation als Elektriker zwingend erforderlich gewesen sei. Zu seinem Aufgabenbereich hätten Neueinbau, Umbau von ABS, EBS, ESP, ASR und anderen Systemen gezählt; ebenso der Einbau von Meß- und Prüfsystemen für Applikationen in Versuchsfahrzeugen, Betreuung von Prüfständen etc.

Der Senat hat zur Qualität der zuletzt ausgeübten versicherungspflichtigen Beschäftigung den Leiter der Firma B. Personalservice als Zeugen einvernommen. Insoweit wird auf die Niederschrift vom 25.01.2005 Bezug genommen. Zudem hat der Senat einen aktuellen Befundbericht der praktischen Ärztin Dr.P. sowie die Schwerbehindertenakten beigezogen und ein sozialmedizinisches Gutachten der Dr.L. (02.10.2004) eingeholt. Diese hat auf orthopädischem Gebiet die Diagnosen des Dr.K. übernommen und auf internistischem Gebiet zusätzlich festgestellt:

1. Traumatisch bedingter Verschluss der Arteria tibialis posterior im mittleren Unterschenkeldrittel,

2. bisher blande verlaufende Raucherbronchitis,

3. rezidivierende Heiserkeit bei Stimmbandveränderungen sowie

4. traumatisch bedingte Visusminderung links und Rot-Grün-Sehschwäche.

Infolge hiervon sei der Kläger ab 01.07.2002 in der Lage, Tätigkeiten von mehr als sechs Stunden pro Tag in sitzender Arbeitsposition mit erforderlicher Möglichkeit zu selbstbestimmtem Positionswechsel unter Ausschluss von mittelschweren bis schweren Arbeiten zu verrichten.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts München vom 12.09.2003 sowie des Bescheides vom 04.07.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 07.08.2002 zu verurteilen, ihm über den 30.06.2002 hinaus Rente wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG München vom 12.09.2003 zurückzuweisen.

Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 25.01.2005 waren die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Akten des AVF M ... Darauf sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG), aber nicht begründet.

Streitgegenstand ist der Bescheid der Beklagten vom 04.07.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.08.2002, mit welchem sie es abgelehnt hat, dem Kläger über den 30.06.2002 hinaus eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu gewähren. Die Entscheidung ist zu Recht ergangen, ebenso wie das Urteil des Sozialgerichts München vom 12.09.2003. Der Kläger hat über den 30.06.2002 hinaus weder Anspruch auf Rente wegen Erwerbs-/Berufsunfähigkeit noch wegen Erwerbsminderung.

Der geltend gemachte Rentenanspruch des Klägers richtet sich nach den §§ 43, 44 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI - in der bis 31. Dezember 2000 geltenden Fassung, soweit der Kläger die Weitergewährung der ursprünglich bewilligten Rente begehrt. Die ab 1. Januar 2001 geltende Neuregelung durch das Gesetz zur Refom der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000 (BGBl. I S.1827) ist insoweit maßgeblich, falls ab dem 01.06.2002 oder in der Zeit danach erstmals ein Rentenanspruch wegen verminderter Erwerbsfähigkeit in Frage kommt.

Nach § 43 Abs.2 SGB VI a.F. sind berufsunfähig Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig oder seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die den Kräften und Fähigkeiten der Versicherten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung von Dauer und Umfang der Ausbildung sowie des bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Nicht berufsunfähig ist, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Nach § 240 SGB VI n.F. haben Versicherte, die - wie der Kläger - vor dem 2. Januar 1961 geboren sind, bei Vorliegen von Berufsunfähigkeit einen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. Die Definition der Berufsunfähigkeit weicht vom alten Recht nur insoweit ab, als nach neuem Recht berufsunfähig nicht ist, wer - ungeachtet der jeweiligen Arbeitsmarktlage - eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann. Erwerbsunfähigkeit setzt nach § 44 Abs.2 SGB VI a.F. ebenso wie eine volle Minderung der Erwerbsfähigkeit im Sinne des § 43 Abs.2 Satz 2 SGB VI n.F. eine gegenüber der Berufsunfähigkeit noch weiter herabgesetzte Erwerbsfähigkeit voraus.

Ausgangspunkt bei der Prüfung der Erwerbsunfähigkeit ist der bisherige Beruf des Versicherten. Darunter ist diejenige der Versicherungspflicht unterliegende Tätigkeit zu verstehen, die zuletzt auf Dauer, d.h. mit dem Ziel verrichtet wurde, sie bis zum Eintritt der gesundheitlichen Unfähigkeit oder bis zum Erreichen der Altersgrenze auszuüben; in der Regel ist das die letzte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit (ständige Rechtsprechung, vgl. zuletzt BSG-Urteil vom 09.04.2003 - B 5 RJ 38/02 R m.w.N.).

Die letzte versicherungspflichtige Tätigkeit, die als Hauptberuf des Klägers im Sinne des Rentenrechtes gilt, ist diejenige als Berufskraftfahrer. Der Kläger hatte sich von seinem Lehrberuf als Elektroinstallateur freiwillig gelöst, als er nach Ableistung des Wehrdienstes nur noch als Fahrer tätig war. Zudem hat der Kläger in diesem Beruf eine Umschulung durchlaufen und die Prüfung als Berufskraftfahrer vor der IHK München und Oberbayern am 27.12.1984 erfolgreich abgelegt.

In dieser Tätigkeit hat der Kläger auch bis 1996 gearbeitet. Nicht maßgeblich sind dagegen seine Arbeiten als Service-Monteur bei der Firma E. Maschinenbau GmbH sowie seine freiberuflichen Tätigkeiten für die Firma K. GmbH. Die Beschäftigung als Service-Monteur endete nach rund drei Monaten Beschäftigung noch während der Probezeit. Eine solche kurzfristige Arbeit ist rentenversicherungsrechtlich nicht von Belang, weil sie keine Erwerbsarbeit von gewisser Dauer- und Regelhaftigkeit darstellt, aus der ein gefestigter und auf Dauer angelegter Besitzstand resultieren könnte (vgl. BSG-Urteil vom 27.06.1963 - 5 RKn 23/61; BSG SozR 2200 § 1246 Nr.62 S.188). Hinweise darauf, dass nach Erreichen dieser Position vorzeitig Umstände eingetreten wären, die dem Willen des Versicherten nicht unterworfen waren, insbesondere Hinweise auf eine gesundheitsbedingte Probezeitkündigung, sind nicht ersichtlich. Die Tätigkeiten, die der Kläger ab 01.06.1996 für die Firma K. GmbH ausgeübt hatte, sind möglicherweise als höher qualifiziert einzustufen. Sie bleiben jedoch rentenversicherungsrechtlich außer Betracht, weil der Kläger in diesen Tätigkeiten nicht beitragspflichtig gearbeitet, d.h. insoweit nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Rentenversicherung gestanden hatte. Maßgeblich für die - zudem kurzfristige - Beschäftigung vom 19.03.1996 bis 31.05.1996 ist insoweit die Beschäftigung bei der Zeitarbeitsfirma B. Personalservice GmbH, die den Kläger als Leiharbeitnehmer beschäftigt hat. Dort war der Kläger nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme in einer Tätigkeit als Berufskraftfahrer beschäftigt.

Entgegen der Auffassung des Klägers genießt er als Berufskraftfahrer keinen Berufsschutz als Facharbeiter. Nach ständiger Rechtsprechung ist ein Berufskraftfahrer aufgrund der für den maßgeblichen Erwerb dieser Qualifikation regelmäßig nur zweijährigen Ausbildungszeit grundsätzlich dem Bereich des oberen Angelernten zuzuordnen (vgl. BSG-Urteil vom 04.11.1998 - B 13 RJ 27/98 R; Bayer. Landessozialgericht vom 25.09.1990 - L 5 AR 705/88). Dem entspricht auch der Lohntarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer des Speditions- und Transportgewerbes in Bayern vom 31.05.1995, auf welchen der Kläger - zuletzt mit Schriftsatz vom 04.04.2005 - Bezug genommen hat. Nach der dortigen Einteilung der Lohngruppen in § 2/2 finden sich in der Lohngruppe 4 Kraftfahrer sowie in der Lohngruppe 5 Facharbeiter im Fahrdienst und Berufskraftfahrer mit bestandener IHK-Prüfung. Erst in der Lohngruppe 7 sind Betriebshandwerker aufgeführt, insbesondere Betriebshandwerker mit Facharbeiterbrief. In dieser Lohngruppe Nr.7 sind Kraftfahrer nicht ausdrücklich genannt. Hieraus ergibt sich, dass auch der einschlägige Lohntarifvertrag deutlich unterscheidet zwischen Kraftfahrern und Facharbeitern mit einer dreijährigen Qualifikation. Die Lohngruppe 5 für Kraftfahrer mit und ohne zweijährige Ausbildung erhält durch diese Bezeichnung noch keine Prägung als Facharbeiterlohngruppe, zumal im Vergleich zu den Betriebshandwerkern mit Facharbeiterbrief die Entlohnung auch der Facharbeiter im Fahrdienst wesentlich niedriger ist. Die zwischen der Gruppe 5 und Gruppe 7 liegende Gruppe 6 wiederum stellt nicht auf den Besitz eines Facharbeiterbriefs ab, sondern auf eine (betriebliche) Ernennung. Aus einer Gesamtschau der Lohngruppen ergibt sich somit, dass Facharbeiterlohngruppen nicht ab Lohngruppe 5 beginnen.

Der Kläger ist also nach dem in ständiger Rechtsprechung ent-wickelten und angewandten Mehrstufenschema dem Leitbild des angelernten Arbeiters der oberen Gruppe (Anlernzeit von 12 bis 24 Monaten) zuzuordnen. Er kann sozial zumutbar auf alle angelernten und ungelernten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden, soweit diese nicht einfachster Natur sind. Als solche Tätigkeit hat die Beklagte im angegriffenen Widerspruchsbescheid sowie in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht eine Beschäftigung als Pförtner benannt, welche im Urteil des SG München näher beschrieben ist. Als einfacher Pförtner kann der Kläger jedenfalls ab 01.07.2002 vollschichtig tätig sein.

Die vollschichtige Einsatzfähigkeit des Klägers als Pförtner ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus dem internistischen Sachverständigengutachten der Dr.L. sowie aus den erstinstanzlich eingeholten Gutachten des Orthopäden Dr.K. und des Augenarztes Dr.D ... Dr.L. hat unter Auswertung und Sichtung der umfangreichen medizinischen Dokumentation in Würdigung der erstinstanzlichen Gutachten aufgrund eigener Untersuchung des Klägers festgestellt, dass dieser in erster Linie durch die Folgen des Motorradunfalles vom 01.05.1998 beeinträchtigt ist. Diese zeigen sich zum einen auf orthopädischem Fachgebiet, was Dr.K. überzeugend festgestellt hat. Der linke Unterschenkel ist nach mehrfacher operativer Behandlung deutlich minderbelastbar, so dass sich bereits Kniegelenksverschleißerscheinungen auf beiden Seiten zeigen. Hinzukommt ein LWS-Verschleiß. Im linken Knie liegt auf internistischem Gebiet ein traumatisch bedingter Verschluss der Arteria tibialis posterior vor, der zu einer weiteren Einschränkung der Belastbarkeit geführt hat. Zusammen mit den weiteren festgestellten gesundheitlichen Defiziten Raucherbronchitis, Heiserkeit sowie Visusminderung links ist der Kläger im beruflichen Leistungsspektrum deutlich herabgesetzt. Insofern tritt allerdings die Beeinträchtigung des linken Auges zurück, wie Dr.D. überzeugend ausgeführt hat und wie sich auch aus der Tatsache ergibt, dass der Kläger nach der traumatisch bedingten Verletzung dieses Auges als Fahrer und Testfahrer arbeiten konnte.

Aus den gesundheitlichen Einschränkungen, die die Sachverständigen festgestellt haben, folgt für den maßgeblichen Zeitraum ab 01.07.2002, dass der Kläger nur noch leichte Arbeiten überwiegend im Sitzen ausüben kann. Dabei muss die Möglichkeit des selbstbestimmten Positionswechsels gegeben sein, Heben und Tragen von Lasten von mehr als 10 kg müssen ausgeschlossen sein. Sind diese negativen Voraussetzungen beachtet, bestehen keine Hindernisse, dass der Kläger eine vollschichtige Tätigkeit ausüben kann. Eine zeitliche Limitierung haben alle drei erst- und zweitinstanzlich gehörten Sachverständigen nicht begründen können. Die zeitliche Einschätzung der Dr.L. geht dahin, dass sie sich dem von Dr.K. festgestellten Leistungsvermögen anschließt und eigene quantitative Einschränkungen nicht sieht. "Mehr als sechs Stunden" ist somit als vollschichtig, d.h. wenigstens 8 Stunden täglich zu verstehen. Damit ist der Kläger in der Lage, die im angefochtenen Urteil näher beschriebene Arbeit als einfacher Pförtner auszuüben. In dieser Tätigkeit kann seinem negativen Leistungsbild Genüge geleistet werden, sein positives Leistungsbild ermöglicht ihm die Ausübung dieses Berufes.

Beim Kläger liegt damit spätestens ab dem 01.07.2002 weder Berufsunfähigkeit noch Erwerbsfähigkeit noch Erwerbsminderung vor. Er hat damit keinen Anspruch auf die begehrte Rente. Der Berufung musste somit in vollem Umfang der Erfolg versagt bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich, § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG.
Rechtskraft
Aus
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