L 19 R 704/04

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
19
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 12 RJ 675/03
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 19 R 704/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 02.12.2004 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist zwischen den Beteiligten die Bewilligung von Altersrente anstelle der bisher gewährten Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU).

Der am 1943 geborene Kläger, der ab 01.10.1996 Rente wegen EU bezieht, beantragte am 17.07.2003 die Bewilligung von Altersrente wegen Vollendung des 60. Lebensjahres für Versicherte, die als schwerbehinderte Menschen anerkannt oder berufs- oder erwerbsunfähig sind. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 22.07.2003 und Widerspruchsbescheid vom 24.09.2003 ab, weil die erforderliche Wartezeit von 35 Jahren rentenrechtlicher Zeiten (420 Monate) nicht erfüllt sei. Bei der für die beantragte Altersrente erforderlichen Wartezeit seien nur 34 Jahre und 5 Kalendermonate (413 Monate) anrechenbar.

Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Bayreuth (SG) hat die Beklagte eine Probeberechnung vorgenommen und dargelegt, dass auch dann, wenn der Kläger für die fehlenden 7 Kalendermonate freiwillige Beiträge entrichteten würde, sich eine Erhöhung der Rentenzahlung durch die begehrte Altersrente nicht ergäbe. Mit Gerichtsbescheid vom 02.12.2004 hat das SG die Klage - gerichtet auf eine "Durchschnittsrente" in Höhe von 1.350,00 EUR seit 01.11.2003 und eine einmalige Entschädigung in angemessener Höhe - abgewiesen. Es hat einen Anspruch des Klägers auf Zahlung einer Durchschnittsrente und einer Entschädigung verneint. Weiter hat es dargelegt, wie sich der Monatsbetrag einer Rente errechnet und dass insbesondere der Rentenartfaktor für eine Altersrente und eine Rente wegen voller Erwerbsminderung gleich hoch sei (nämlich 1,0). Es hat auf die Berechnung der persönlichen Entgeltpunkte und der Zurechnungszeit hingewiesen, die die Beklagte fehlerfrei errechnet habe (Anrechnung weiterer 20 Kalendermonate nach Vollendung des 55. Lebensjahres). Fehlberechnungen der Beklagten seien dem SG nicht ersichtlich.

Mit seiner dagegen eingelegten Berufung macht der Kläger im Wesentlichen geltend, die Zurechnungszeit beginne bei einer Rente wegen voller Erwerbsminderung mit Beginn dieser Rente und ende erst mit Vollendung des 60. Lebensjahres. In seinem Falle betrage sie daher 39 Jahre und 5 Monate, nachdem er seit 24.09.1996 erwerbsunfähig sei. In der mündlichen Verhandlung hat er erklärt, die Nachentrichtung von freiwilligen Beiträgen komme für ihn nicht in Betracht, da er einmal der Auffassung sei, dass er die Wartezeit bereits erfüllt habe und zum Anderen hierzu die finanziellen Mittel nicht besitze.

Der Kläger beantragt nur noch, den Gerichtsbescheid des SG Bayreuth vom 02.12.2004 sowie den Bescheid der Beklagten vom 22.07.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.09.2003 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm eine Altersrente für Schwerbehinderte ab dem 01.10.2003 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte weist darauf hin, die Berufungsbegründung des Klägers weise keine neuen Gesichtspunkte auf, die zu einer Änderung gegenüber der bisherigen Beurteilung führen könnten. Die nur teilweise mit rentenrechtlichen Zeiten belegten Monate seien entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen bei der Ermittlung der Wartezeit berücksichtigt worden.

Wegen der Einzelheiten wird zur Ergänzung des Tatbestands auf die vom Senat beigezogenen Verwaltungsunterlagen der Beklagten, die früheren Klageakten des SG Bayreuth S 4 Ar 138/90 und S 9 Ar 898/96 sowie die Prozessakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist form- und fristgerecht eingelegt und auch im Übrigen zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).

Das Rechtsmittel ist jedoch nicht begründet. Das SG hat im angefochtenen Gerichtsbescheid vom 02.12.2004 zu Recht entschieden, dass der Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Bewilligung von Altersrente ab dem 60. Lebensjahr hat. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtlich nicht zu beanstanden.

Nach § 236a S 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) haben Versicherte, die vor dem 01.01.1954 geboren sind, Anspruch auf Altersrente, wenn sie 1. das 60. Lebensjahr vollendet haben, 2. bei Beginn der Altersrente als Schwerbehinderte (§ 1 Schwerbehindertengesetz) anerkannt, berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31.12.2000 geltenden Recht sind und 3. die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.

Der Kläger hat zwar im Jahr 2003 das 60. Lebensjahr vollendet und ist erwerbsunfähig, darüberhinaus erfüllt er aber nicht die erforderliche Wartezeit von 35 Jahren. Auf diese Wartezeit werden nach § 51 Abs 3 SGB VI alle Kalendermonate mit rentenrechtlichen Zeiten angerechnet. Was rentenrechtliche Zeiten sind, ist in § 54 SGB VI bestimmt; dies sind Beitragszeiten, beitragsfreie Zeiten und Berücksichtigungszeiten.

Entgegen der Auffassung des Klägers kann bei Berechnung der von ihm begehrten Altersrente eine höhere Zurechnungszeit nicht hinzugerechnet werden. Denn nach § 59 Abs 1 SGB VI wird eine Zurechnungszeit nur berücksichtigt bei einer Rente wegen Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit oder einer Rente wegen Todes, wenn der Versicherte das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Bei der Rente wegen Alters wird eine Zurechnungszeit nicht neu angerechnet. Dies ergibt sich aus dem eindeutigen Wortlaut des § 59 Abs 1 SGB VI und daraus, dass Altersrenten frühestens ab dem 60. Lebensjahr gezahlt werden und deshalb ein Leistungsfall vor dem 60. Lebensjahr, der eine Zurechnungszeit bis zum 60. Lebensjahr erforderlich machen könnte, nicht eintreten kann. Eine bei einer früher berechneten Rente wegen Erwerbsminderung bzw Erwerbsunfähigkeit oder Berufsunfähigkeit berücksichtigte Zurechnungszeit ist jedoch gemäß § 58 Abs 1 Nr 5 SGB VI als Anrechnungszeit und damit gemäß § 54 Abs 4 und Abs 1 SGB VI als rentenrechtliche Zeit bei der Wartezeit nach § 51 Abs 3 SGB VI zu berücksichtigen, jedoch nur in einem Umfang, in dem sie der früheren Rente wegen Erwerbsminderung bzw Erwerbsunfähigkeit oder Berufsunfähigkeit zugrunde lag und soweit Zurechnungszeit und Rentenbezugszeit zusammenfielen. Damit entfällt vorliegend auch die Anwendung der Sonderregelung des § 253 a SGB VI bezüglich des Umfangs der hinzuzurechnenden Zurechnungszeit, insbesondere der schrittweisen Erhöhung der Zurechnungszeit vom 55. bis zum 60. Lebensjahr (in Verbindung mit der Anlage 23 zum SGB VI).

Entgegen der Auffassung des Klägers ist auch ein Widerspruch nicht darin zu sehen, wenn die Beklagte im Rentenbescheid vom 13.01.1997 und im Versicherungsverlauf vom 26.03.2002 von einer Zurechnungszeit von insgesamt 45 Monaten ausgeht, während sie bei der Probeberechnung der Altersrente vom 30.07.2003 eine Zurechnungszeit von 40 Monaten zugrunde legt. Dieser unterschiedliche Umfang der Zurechnungszeit ergibt sich vielmehr daraus, dass von der Bundesagentur für Arbeit noch 5 Monate AFG-Pflichtbeiträge nachgemeldet wurden, nämlich für die Monate Oktober, November und Dezember 1996 sowie Januar und Februar 1997. Um diese fünf Monate mindert sich die im Rentenbescheid vom 13.01.1997 errechnete Zurechnungszeit, da nach § 54 Abs 4 SGB VI eine Zurechnungszeit als beitragsfreie Zeit nur dann berücksichtigt werden kann, wenn für sie nicht auch Beiträge gezahlt worden sind. Dass bei der Rentenberechnung des Klägers im Bescheid vom 13.01.1997 "nur" eine Zurechnungszeit von 45 Monaten angerechnet wurde, entspricht der damals geltenden Rechtslage. Nach § 59 SGB VI in der bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung war die Zeit bis zum 55. Lebensjahr in vollem Umfang, die darüber hinausgehende Zeit bis zum vollendeten 60. Lebensjahr zu 1/3 zu berücksichtigen. Daraus errechnen sich bei dem das 60. Lebensjahr am 22.10.2003 vollendenden Kläger bei einem Leistungsfall der EU im September 1996 45 Monate Zurechnungszeit. Die für die Zeit nach dem September 1996 entrichteten Beiträge konnten bei der Rente wegen EU nicht mehr berücksichtigt werden (da für Zeiten nach Eintritt des Leistungsfalles entrichtet), würden jedoch bei einer Altersrente berücksichtigt und verringern deshalb die als Anrechnungszeit zu berücksichtigende Zurechnungszeit, da derselbe Zeitraum nicht als beitragsfreie Zeit und als Beitragszeit berücksichtigt werden kann.

Bei dieser Sachlage konnte auch der Senat nur zu der Entscheidung gelangen, dass die nach § 236a S 1 Nr 3 SGB VI erforderliche Wartezeit von 35 Jahren im Fall des Klägers nicht erfüllt ist. Ein Anspruch auf die begehrte Altersrente besteht für den Kläger daher nicht. Die Berufung des Klägers war somit zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gemäß § 193 SGG beruht auf der Erwägung, dass die Berufung des Klägers erfolglos blieb.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG sind nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
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