L 4 KR 26/02

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 2 KR 220/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 26/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 1 KR 67/05 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 12. Dezember 2001 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob der Kläger in der Zeit vom 21.11.1997 bis 10.12.1997 Anspruch auf Krankengeld hatte.

Der 1961 geborene Kläger war wegen des Bezugs von Übergangsgeld vom Arbeitsamt R. (berufliche Rehabilitation) bei der Beklagten versichert. Ab 11.10.1997 bestätigte ihm die Orthopädin und Rheumatologin Dr.R. Arbeitsunfähigkeit wegen Wirbelsäulensyndrom und Schulter-Arm-Syndrom. Laut ihrer Angabe vom 27.10.1997 lag eine psychosomatische Überlagerung vor. Die Arbeitsunfähigkeit sollte längstens bis Januar 1998 dauern.

Bei dem von der Beklagten eingeschalteten Medizinischen Dienst der Krankenversicherung in Bayern gab der Kläger dann an, er habe sich bereits am 02.09.1997 arbeitsunfähig gemeldet. Die Rehamaßnahme sei jedoch erst am 21.09.1997 abgebrochen worden. Der MDK kam bei den Diagnosen psychogen deutlich mitbestimmtes Wirbelsäulensyndrom mit geringgradigen Einschränkung der Kopf- und Rumpfbeweglichkeit ohne sichere radikuläre Symptomatik; Helicobacter-Gastritis zu dem Ergebnis, die Arbeitsunfähigkeit ende am 21.11.1997. Der Tag der Untersuchung war der 14.11. 1997.

Am 21.11.1997 bescheinigte dann der Nervenarzt Dr.R. Arbeitsunfähigkeit wegen Depression und Migräne.

Die Beklagte wies den Kläger daraufhin, wegen der Einschätzung des Medizinischen Dienstes sei ein ausführlich begründeter Einspruch des behandelnden Arztes bezüglich der weiter bestehenden Arbeitsunfähigkeit erforderlich. Dr.R. bestätigte am 27.11. dann Arbeitsunfähigkeit bis 10.12.1997. Mit Schreiben vom 08.12.1997 hielt die Beklagte an ihrer Entscheidung fest, die Arbeitsunfähigkeit ende zum 21.11.1997.

Nachdem der Kläger am 10.12.1997 die berufsfördernde Maßnahme wieder aufgenommen hatte, wendeten sich am 27.01.1998 die Bevollmächtigten des Klägers an die Beklagte und forderten Krankengeldzahlung bis 10.12.1997 und den Erlass eines entsprechenden Bescheides. Sie gaben an, Dr.R. könne bestätigen, dass Arbeitsunfähigkeit bis 10.12.1997 bestanden habe.

Am 31.10.2000 wurde dann Klage zum Sozialgericht Regensburg erhoben mit dem Antrag, vom 22.11.1997 bis 10.12.1997 Krankengeld in Höhe von 1.238,68 DM netto zu bezahlen.

Nachdem das Sozialgericht darauf hingewiesen hatte, dass die Klage möglicherweise unzulässig sei, äußerte der Klägerbevollmächtigte die Auffassung, es liege weder ein Verwaltungsakt noch ein Widerspruchsbescheid vor.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 12.12.2001 abgewiesen. Die Klage sei nicht zulässig. Entgegen der Auffassung des Klägerbevollmächtigten lägen zwar Verwaltungsakte vor, eine Leistungsklage nach § 54 Abs.5 SGG sei deshalb unzulässig. Eine Anfechtungsklage sei unzulässig, weil ein Vorverfahren nicht durchgeführt wurde. Selbst wenn man das Schreiben der Beklagten vom 27.11.1997 als entscheidenden Verwaltungsakt heranziehen wollte, sei die Klagefrist des § 87 Abs.1 SGG wegen Ablaufes der Jahresfrist des § 66 Abs.2 SGG verstrichen.

Hiergegen richtet sich die am 08.02.2002 beim Bayer. Landessozialgericht eingegangene, "vorerst zur Fristwahrung" eingelegte Berufung. Die Berufung wird mit Schreiben vom 23.09.2002 damit begründet, ein formaler Verwaltungsakt liege nicht vor. Auf Anregung des Senats hat die Beklagte ein bis 30.11.2004 befristetes Vergleichsangebot gemacht, das der Kläger nicht angenommen hat. Daraufhin ist dann das Widerspruchsverfahren nachgeholt worden. Im zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 07.02.2005 ist ausgedrückt, dass das Ausstellen einer Folgebescheinigung durch einen Arzt nach Beendigung der Arbeitsunfähigkeit durch den MDK nicht ausreichend sei. Es lägen keine Gründe vor, die eine Fortführung der Arbeitsunfähigkeit gerechtfertigt hätten.

Der Bevollmächtigte des Klägers beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 12.12.2001 und den zugrunde liegenden Bescheid der Beklagten vom 08.12. 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.02. 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger über den 21.11.1997 hinaus bis einschließlich 10.12.1997 Krankengeld zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung, die wegen der Höhe des Beschwerdewertes nicht der Zulassung gemäß § 144 SGG bedarf, ist unbegründet.

Nachdem die Beklagte das Vorverfahren mit Widerspruchsbescheid vom 07.02.2005 abgeschlossen hat, ist die Klage zulässig. Der Senat hat in der Hauptsache zu entscheiden.

Der Kläger hat vom 21.11.1997 bis 10.12.1997 keinen Anspruch auf Krankengeld. Gemäß § 44 Abs.1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung (§ 23 Abs.4, §§ 24, 40 Abs.2 und § 41 SGB V) behandelt werden. Der Kläger hat als Versicherter bis 21.11.1997 Krankengeld bezogen. Es steht nicht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Arbeitsunfähigkeit über den 21.11.1997 hinaus bis 10.12.1997 vorgelegen hat. Arbeitsunfähigkeit liegt nach der allgemeinen Begriffsbestimmung der Rechtsprechung vor, wenn der Versicherte eine zuletzt ausgeübte Erwerbstätigkeit oder eine ähnlich geartete Tätigkeit nicht mehr oder nur auf die Gefahr hin, seinen Zustand zu verschlimmern, verrichten kann (Höfler, KassKomm, Rz.12 mit Hinweisen auf die Rechtsprechung). Aktenkundig hat die am 02.09.1997 begonnene Erkrankung des Klägers auf orthopädischem Gebiet ihn daran gehindert, acht Stunden täglich zu sitzen, so dass nachvollziehbar ist, dass er die Rehabilitationsmaßnahme unterbrechen musste. Durch Behandlung der Orthopädin Dr.R. , die die Arbeitsunfähigkeit auch bescheinigt hat, hat sich der Gesundheitszustand des Klägers bis zum 14.11.1997, an dem er durch den MDK untersucht wurde, soweit stabilisiert, dass nur die Behandlung der Gastropathie abgewartet werden sollte. Wegen der orthopädischen Beeinträchtigung (psychogen deutlich mitbestimmtes HWS-Syndrom mit geringgradigen Einschränkungen der Kopf- und Rumpfbeweglichkeit ohne sichere radikuläre Symptomatik) bestand laut MDK bereits am 14.11.1997 Wiedereinsetzbarkeit für die Belastung im Rahmen einer fortbildenden Umschulungsmaßnahme. Der Gutachter des MDK führt auch aus, dass "eine erhebliche Depression derzeit sicherlich nicht" vorliege. Die Arbeitsunfähigkeit sollte zum 21.11.1997 enden. An diesem Tag begab sich der Kläger erstmals in Behandlung des Nervenarztes Dr.R ... Dr.R. hat dem Kläger, wie er der Beklagten gegenüber angegeben hat, anhand des vom Kläger vorgetragenen Krankheitsbildes Arbeitsunfähigkeit bescheinigt, von einem Gutachten des MDK habe er keine Kenntnis gehabt. Bei der Wiedervorstellung des Klägers am 27.11.1997 sei bereits eine deutliche Besserung des Beschwerdebildes eingetreten. Damit ist aufgrund der aktenkundigen Angaben des behandelnden Arztes nicht einmal schlüssig dargelegt, weshalb zumindest ab 27.11.1997 überhaupt noch Arbeitsunfähigkeit vorgelegen haben sollte. Über den streitgegenständlichen Zeitraum liegen keinerlei objektive Befundunterlagen vor. Es gibt damit keine ernsthafte Möglichkeit, durch Einholung eines Gutachtens nach Aktenlage neue Erkenntnisse hinsichtlich längerer Arbeitsunfähigkeit zu gewinnen. Diese Beweislosigkeit geht zu Lasten des Klägers. Außerdem hat der Kläger die Klage erst drei Jahre nach der ablehnenden Entscheidung der Beklagten erhoben und durch dieses zu lange Abwarten die Unaufklärbarkeit selbst mitverursacht. Die Beklagte kann nicht verurteilt werden, dem Kläger vom 22.11. bis 10.12.1997 Krankengeld zu bezahlen.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 193 SGG und entspricht dem Unterliegen des Klägers.

Gründe, die Revision gemäß § 160 SGG zuzulassen, sind nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
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