L 16 R 243/04

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 5 RJ 1202/03 A
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 16 R 243/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 22. März 2004 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Gewährung von Erwerbsminderungsrente.

Die Klägerin ist bosnische Staatsangehörige mit dortigem Wohnsitz. Am 05.03.2003 stellte sie bei der Verbindungsstelle des ausländischen Versicherungsträgers einen Antrag auf Gewährung von Erwerbsminderungsrente. Der ausländische Versicherungsträger bestätigte in Bosnien zurückgelegte Versicherungszeiten vom 15.03.1974 bis zum 31.07.1991. Im Rentenantrag gab sie an, seit 31.07.1991 in Bosnien nicht mehr berufstätig gewesen zu sein. Ferner wird angegeben, seit dem 22.01.2003 nicht mehr arbeitsfähig wegen Krankheit zu sein. Sie bezieht seit 22.01.2003 bosnische Invalidenrente. In Deutschland hat sie vom 17.11.1992 bis zum 25.09.1998 71 Beitragsmonate zurückgelegt.

Im Verwaltungsverfahren gab sie an, zu Beginn des Bürgerkrieges im Jahre 1992 als Flüchtling nach L. gekommen zu sein und den Aufenthaltsstatus der Duldung besessen zu haben. Am 26.09.1998 habe sie nach Androhung der Abschiebung Deutschland verlassen müssen und verlassen. Vom 07.10.1998 bis 21.01.2003 sei sie als Arbeitslose in Bosnien gemeldet gewesen und habe vom 26.09.1998 bis 25.03.1999 Arbeitslosengeld erhalten (Bestätigung des ausländischen Sozialversicherungsträgers vom 24.07.2003). Die restliche Zeit sei sie von ihren Kindern unterstützt worden.

Nach ihren Angaben arbeitete sie von November 1992 bis Juni 1993 als Putzfrau sowie von Juni 1993 bis September 1998 als Putzfrau und Vorarbeiterin bei einer Gebäudereinigungsfirma. Ferner gibt sie an, keinen Beruf erlernt zu haben.

Dem Rentenantrag beigefügt wurde ein ärztliches Gutachten des bosnischen Versicherungsträgers vom 28.03.2003. Nach der dort niedergelegten Beurteilung sei sie wegen Hypertonie, einer Hypertrophie der linken Herzkammer, einer Hypothyreose nach subtotaler Strumektomie und einem nicht insulinpflichtigen Diabetes mellitus seit Januar 2003 befristet berufsunfähig. Eine Nachuntersuchung solle im Januar 2004 stattfinden. Bis Januar 2005 wurde die Rente weitergewährt (nach diesem Zeitpunkt fehlen Angaben über eine Weitergewährung).

Mit Bescheid vom 25.04.2003 wurde der Antrag auf Erwerbsminderungsrente abgelehnt. Zur Begründung wird ausgeführt, dass das Erfordernis der so genannten Dreifünftelbelegung zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht mehr erfüllt sei. Sollte die Antragstellerin der Ansicht sein, dass eine Erwerbsminderung zu einem früheren Zeitpunkt eingetreten sei, werde um entsprechenden Vortrag gebeten.

Im Widerspruchsverfahren teilte die Klägerin daraufhin mit, dass die Gesundheitsstörungen bereits seit dem Jahre 1980 vorhanden seien. Im Jahre 1991 sei eine Operation an der Schilddrüse durchgeführt worden. Seit langer Zeit habe die Hypertonie bestanden. Vorgelegt wird ein Bericht des Medizinischen Zentrums der Universität Sarajewo über die Strumektomie sowie eine ärztliche Bescheinigung des Arztes für Allgemeinmedizin Stroth- mann, Hamburg, der für den Zeitraum 15.12. bis 31.12.1993 eine Arbeitsunfähigkeit, sowie als Diagnosen eine arterielle Hypertonie, eine Struma und eine Hyperurikämie, unter Beifügung weiterer Unterlagen bescheinigt.

Mit Bescheid vom 07.07.2003 erging erneut ein Ablehnungsbescheid. Diesmal wird ausgeführt, dass seit dem 05.03.2003 eine volle Erwerbsminderung bestehe. Bezogen auf diesen Zeitpunkt fehle es jedoch am Erfordernis der Dreifünftelbelegung. Auch seien nicht alle Monate seit 1984 mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt.

Mit Bescheid vom 27.08.2003 wurde der Widerspruch mit im Wesentlichen gleicher Begründung zurückgewiesen.

Dagegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Landshut eingelegt. Sie hat medizinische Unterlagen betreffend den Zeitraum 2003 beigefügt.

Das Sozialgericht hat die Klage durch Gerichtsbescheid vom 22.03.2004 abgewiesen. Es führt aus, dass letztmöglicher Zeitpunkt der Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der Oktober 2000 sei. Zu diesem Zeitpunkt könne eine volle oder teilweise Erwerbsminderung nicht nachgewiesen werden. Anwartschaftserhaltungszeiten von 1984 bis 2003 seien nicht durchgehend gegeben. Die Zeit der Arbeitslosmeldung sowie des Rentenbezuges in Bosnien seien keine Anwartschaftserhaltungszeiten. Auch eine Nachentrichtung fehlender Beiträge scheide aus.

Dagegen hat die Klägerin Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegt. Sie trägt vor, in den folgenden fünf Jahren nach der Ausreise aus dem Bundesgebiet, die sie in Bosnien verbracht habe, nicht beschäftigt gewesen zu sein, so dass sie die verlangten drei Jahre Versicherung nicht habe verwirklichen können. Es habe sich um einen rechtlosen Staat gehandelt, der sich erst geformt habe. Aufgrund der allgemeinen Wirtschaftslage, der kriegsbedingten Zerstörung sowie ihres Gesundheitszustandes habe es keine Arbeit für sie gegeben.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, ihr unter Aufhebung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Landshut vom 22.03.2004 sowie der Bescheide vom 25.04.2003 und 07.07.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.08.2003 die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen Erwerbsminderung ab März 2003 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat die Klägerin aufgefordert, medizinische Unterlagen über ihre Gesundheitsstörungen und deren Therapien in den Jahren 1999 und 2000 vorzulegen. Die Klägerin übersandte daraufhin einen Bericht der Poliklinik Gorazde vom 21.07.2004 über Krankenbehandlungen im Zeitraum 05.01.1999 bis 25.12.2000. Darin werden Diagnoseschlüssel und alle verordneten Arzneimittel genannt. Die weiteren übersandten Unterlagen betreffen das Jahr 2004.

Sodann veranlasste der Senat ein ärztliches Sachverständigengutachten des Facharztes für innere Medizin Dr.A.R., München (nach Aktenlage). Dieser kommt nach Auswertung des gesamten medizinischen Aktenmaterials in seinem Gutachten vom 27.01.2005 zu dem Ergebnis, dass bis zum 30.10.2000 als Gesundheitsstörungen nachweisbar seien ein Bluthochdruck (seit 1980), eine Kropfoperation (1991) mit zeitweiligen Schilddrüsenfunktionsstörungen sowie eine Harnsäureerhöhung. In der Zeit nach dem 30.10.2000 sei es dann zu einer Herzlinkshypertrophie gekommen (nachweisbar erstmals 12/02), zu einem Diabetes, einem Zwerchfellbruch (nachweisbar ab 3/04), einer Fettleber (3/04), einer Bronchitis mit Lungenfunktionseinschränkung, einer Neigung zur depressiven Verstimmung und einer vertebrobasilären Insuffizienz. Für die von der Klägerin angegebenen Arthrosenbeschwerden lägen keine objektiven Befundgrundlagen vor. Der seit 1980 bekannte Bluthochdruck sei anfangs mittelgradig erhöht gewesen und hätte bereits in Deutschland bis 1996 deutlich gesenkt werden können. Seither schwankten die Messwerte im Sinne einer leichtgradig labilen Blutdruckerhöhung. Pathologische EKG-Befunde seien bis zum 30.10.2000 nicht aktenkundig geworden. Nach der Kropfoperation 1991 seien normale Schilddrüsenfunktionswerte festgestellt worden. Die 2003 angegebene Diagnose einer Schilddrüsenunterfunktion sei durch Hormonbestimmungen nicht bestätigt worden. Zeitweilige Funktionsschwankungen seien zwar denkbar, hätten aber durch Behandlung mühelos ausgeglichen werden können. Eine funktionelle oder zeitliche Leistungsminderung sei hierdurch nicht begründbar. Die festgestellte Harnsäure- stoffwechselstörung wirke nicht leistungsmindernd.

Insgesamt ergebe sich aus den bis Oktober 2000 vorliegenden Gesundheitsstörungen zwar eine mittelgradige Einschränkung der Kreislaufleistungsbreite und somit auch der körperlichen Belastbarkeit. Leichtere vollschichtige Berufsbelastungen seien jedoch kein Überforderungsrisiko gewesen.

Eine durch den Bluthochdruck bedingte Herzlinkshypertrophie sei erstmals im Dezember 2002 objektiviert worden. Es sei aber auch hier keine Einschränkung der Herzpumpleistung festgestellt worden. Im EKG haben sich keine Hinweise für Herzmuskelschädigung oder Herzmangeldurchblutung ergeben. Der im Mai 2002 objektivierte Diabetes habe durch Tablettenbehandlung gut eingestellt werden können. Die letzten Messwerte haben nur geringfügig über der Norm gelegen, Sekundärkomplikationen seien nicht regis-triert. Eine wesentliche Leistungsminderung auf Grund des im März 2004 diagnostizierten Zwerchfelldurchbruchs sei nicht begründbar. Im Ultraschallbefund März 2004 sei eine Fettleber festgestellt worden, wobei funktionelle Leberstörungen nicht nachgewiesen seien. Insbesondere könne eine sekundäre Entzündung ausgeschlossen werden, da die Laborwerte der Leber die Normgrenze nicht wesentlich überschritten. Im Dezember 2002 sei eine mittelgradige obstruktive Ventilationseinschränkung festgestellt worden. Leichtere Tätigkeiten in geschlossenen und temperierten Räumen seien jedoch dadurch nicht behindert gewesen. Depressive Verstimmungen seien im internistischen Befund vom November 2003 angegeben worden. Für eine echte Depression ergeben sich jedoch keine Hinweise. Es würde insbesondere eine antidepressive Tablettenbehandlung nicht durchgeführt. Offensichtlich handle es sich um Stimmungsschwankungen im Rahmen der Wechseljahre. Im November 2003 sei auch eine Durchblutungsstörung der Halswirbelarterie erwähnt gewesen, die die angegebenen Schwindelneigungen erklären könnte. Unfallgefährdende Tätigkeiten seien daher nicht zuzumuten. Diesbezügliche Befundangaben aus dem Zeitraum bis 30.10.2000 fehlten jedoch.

Bis Oktober 2000 könnten im Ergebnis bei mittelgradiger Einschränkung der Herzleistungsbreite noch acht Stunden täglich Arbeiten verrichtet werden. Eine Verschlechterung habe sich erst ungefähr im Januar 2003 ergeben. Für eine Einschränkung der Wegefähigkeit bestehe kein Anhalt.

In einer Stellungnahme hierzu weist die Klägerin nochmals auf ihren derzeitigen schlechten Gesundheitszustand hin.

Für die weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten, der Akte des erstinstanzlichen Verfahrens sowie der Akte des Berufungsverfahrens Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung erweist sich als nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente, da in medizinischer Hinsicht eine Erwerbsminderung gemäß § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI - in der ab dem 01.01. 2001 geltenden Fassung zumindest zum letzten möglichen Zeitpunkt, an dem die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen gerade noch erfüllt sind, nicht besteht.

Der Anspruch der Klägerin richtet sich deshalb nach den Vorschriften des SGB VI in der ab dem 01.01.2001 geltenden Fassung, da die Versicherte ihren Rentenantrag nach dem 03.04.2001 gestellt hat und Rente auch für Zeiten nach dem 01.01.2001 begehrt (§ 300 Abs.2 SGB VI).

Nach der genannten Vorschrift des § 43 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung, wenn sie kumulativ

1. teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind,

2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und

3. vor dem Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.

Diese Voraussetzungen sind bei der Klägerin nicht allesamt erfüllt.

Sie erfüllt - zwischen den Beteiligten unstreitig - die allgemeine Wartezeit bereits durch ihre Tätigkeit in Deutschland (§§ 50 Abs.1 Satz 1, 51 Abs.1 SGB VI).

Das Erfordernis der so genannten Dreifünftelbelegung wird letztmals im Oktober 2000 erfüllt. Die letzte Pflichtbeitragszeit für eine versicherte Beschäftigung in Deutschland wurde im September 1998 zurückgelegt. Eine abkommensrechtlich gleichgestellte Beitragszeit in Bosnien wurde vom dortigen Versicherungsträger nicht bestätigt. Die Versicherte hat angegeben, nach ihrer Abschiebung aus der Bundesrepublik beschäftigungslos gewesen zu sein. Zeiten der Arbeitslosmeldung bzw. des Bezuges von Arbeitslosengeldes in Bosnien werden nach dem maßgeblichen Abkommensrecht nicht in der deutschen Rentenversicherung als Aufschubzeiten im Sinne von § 43 Abs.4 SGB VI berücksichtigt. Der Bezug einer bosnischen Invalidenrente ist als vergleichbarer Aufschubtatbestand ebenfalls nicht gleichgestellt. Das Vorliegen eines nahtlosen Anschlusses von Arbeitsunfähigkeit hat die Klägerin selbst nicht behauptet. Vielmehr hat sie vorgetragen, sich dem bosnischen Arbeitsmarkt zur Verfügung gestellt zu haben und arbeitslos gewesen zu sein. Das deutsche Beschäftigungsverhältnis hat sie wohl bis unmittelbar vor dem Ausreisetag ausgeübt. Damit ergibt sich als letzter Zeitpunkt der Erfüllung der so genannten Dreifünftelbelegung der Monat Oktober 2000.

Es liegt auch keine durchgehende Belegung mit Anwartschaftserhaltungszeiten seit 1984 vor (§ 241 Abs.1 Satz 1 SGB VI). Die Beitragslücken könnten, auch unter der Berücksichtigung einer Hemmung durch den Rentenantrag im März 2003, nicht mehr vollständig durch Zahlung freiwilliger Beiträge geschlossen werden.

Auch besteht keine Möglichkeit einer wirksamen Beitragsentrichtung aus dem Gedanken eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruches heraus. Eine Verpflichtung zur Spontanberatung sowie eine sonstige Hinweis- oder Auskunftspflicht ist bei der Klägerin nicht ersichtlich. Sie ist in den Bürgerkriegswirren als Flüchtling nach Deutschland gekommen und hat am 26.09.1998 das Bundesgebiet verlassen, um einer Abschiebung zu entgehen. Von einer Kenntnis der Abschiebung des Rentenversicherungsträgers kann nicht ausgegangen werden. Eine Verpflichtung, die Gründe der abgebrochenen Beitragszahlung zu ermitteln, besteht nicht. Nach Durchsicht der Akte ist auch nicht erkennbar, dass im Rahmen einer normalen Vorgangsbearbeitung eine Pflicht zur spontanen Beratung bestanden hätte. Der Senat hat nochmals überprüft, ob bislang nicht beigezogenen Akten, z.B. Beitragsakten, geführt werden, was die Beklagte verneinte. Der erste rentenversicherungsrechtliche Vorgang (abgesehen von der Beitragsent- richtung) beginnt mit der Antragstellung im März 2003. Zudem hat die Klägerin selbst vorgetragen, nach ihrer Rückkehr nach Bosnien mittellos gewesen zu sein und Beiträge nicht weiter entrichten zu können (Schreiben vom 24.07.2003).

Zum genannten Zeitpunkt Oktober 2000 lässt sich trotz Ausschöpfung aller zur Verfügung stehenden Ermittlungsmöglichkeiten das Vorliegen weder einer vollständigen Erwerbsminderung noch einer teilweisen Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nachweisen. Nach dem Grundsatz der objektiven materiellen Beweislast trägt die Folgen der Nichterweislichkeit der Anspruchsteller.

Teilweise erwerbsgemindert bei Berufsunfähigkeit sind gemäß § 240 Abs.1, Abs.2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach dem die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur beruflichen Rehabilitation mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Dagegen besteht volle Erwerbsminderung bei Versicherten, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs.2 Satz 2 SGB VI). Da der Versicherungsfall der vollen Erwerbsminderung an strengere Voraussetzungen geknüpft ist, als derjenige der teilweisen Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, folgt aus der Verneinung einer teilweisen Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ohne weiteres das Fehlen einer vollen Erwerbsminderung.

Ausgangspunkt für die Prüfung von Berufsunfähigkeit ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG der "bisherige Beruf", den der Versicherte ausgeübt hat. In der Regel ist dies die letzte, nicht nur vorübergehende versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit, von der auch bei nur kurzfristiger Ausübung auszugehen ist, wenn sie zugleich die qualitativ höchste im Berufsleben des Versicherten gewesen ist (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn.130, 164). Kann ein Versicherter seinen bisherigen Beruf nicht mehr ausüben, liegt teilweise Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit aber nur dann vor, wenn es nicht zumindest eine andere berufliche Tätigkeit gibt, die sozial zumutbar und für den Versicherten sowohl gesundheitlich als auch fachlich geeignet erscheint. Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit der beruflichen Tätigkeit. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des BSG die Berufe der Versicherten, ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufes haben, in Gruppen eingeteilt, die durch die Leitberufe des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert werden (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn.132, 138, 140).

Es kommt auf das Gesamtbild an, wie es durch die in § 240 Abs.2 SGB VI am Ende der genannten Merkmale (Dauer und Umfang der Ausbildung sowie des bisherigen Berufs und besondere Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit) umschrieben wird (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nrn.27, 33).

Maßgebend für die Bestimmung des bisherigen Berufes des Versicherten sind nur die in der deutschen Rentenversicherung versicherungspflichtig ausgeübten Beschäftigungen oder Tätigkeiten (BSGE 50, 165), sofern nicht ein zwischenstaatliches Abkommen oder überstaatliches Recht im Einzelfall die Berücksichtigung einer im Abkommen bzw. Mitgliedsstaat ausgeübten Beschäftigung oder Tätigkeit vorsieht. Das im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Bosnien-Herzegowina weiterhin anwendbare deutsch-jugoslawische Abkommen über soziale Sicherheit vom 12.10.1968 in der Fassung des Änderungsabkommens vom 30.09.1974 enthält hierzu keine Regelungen.

Grundsätzlich darf der Versicherte im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf auf die nächstniedrigere Gruppe verwiesen werden (BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr.5).

Unter Anwendung dieser Grundsätze besteht kein Nachweis für das Vorliegen der Voraussetzungen der Einschränkung der sozialen Zumutbarkeit hinsichtlich der Verweisbarkeit. Vielmehr ist die Versicherte nicht höher als in die Gruppe der Ungelernten einzustufen. Der Beweis einer höherwertigen Tätigkeit fehlt. Die Klägerin, die weder in ihrer Heimat noch in der Bundesrepublik eine berufliche Ausbildung absolvierte, arbeitete hier zuletzt bei einem Gebäudereinigungsunternehmen als Putzfrau.

Unter Zugrundelegung eines Bezugsmaßstabes der Verweisbarkeit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt ist der Nachweis einer Einschränkung des Leistungsvermögens unter ein Niveau von sechs Stunden bezogen auf den Zeitpunkt Oktober 2000 nicht erbracht. Der Senat stützt sich insoweit auf die überzeugenden und nachvollziehbaren Darlegungen des Sachverständigen Herrn Dr.A.R., wie sie dieser in seinem internistischen Aktenlagegutachten vom 27.01.2005 niedergelegt hat. Dem Gutachten lag sämtlich erreichbares medizinisches Befundmaterial, insbesondere die zuletzt von der Klägerin noch übersandten medizinischen Unterlagen der Poliklinik Gorazde der Jahre 1999 und 2000, die hier offensichtlich einen sowohl haus- als auch fachärztlichen Versorgungsauftrag wahrnahm, zu Grunde. Auch unter Berücksichtigung dieser medizinischen Unterlagen lässt sich eine Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens nicht nachweisen. Ausgehend von den durch die Poliklinik Gorazde dokumentierten Befunde bestand bei der Klägerin zum maßgeblichen Zeitpunkt im Wesentlichen eine mittelgradige Einschränkung der Herzleistungsbreite, die in qualitativer Hinsicht schwere oder mittelschwere Arbeiten als ausgeschlossen erscheinen lässt. Dagegen konnten leichte Arbeiten vollschichtig verrichtet werden. Die zeitweiligen Schilddrüsenunterfunktionstörungen können eine funktionelle oder zeitliche Leistungsminderung nicht begründen. Auch die Harnsäurestoffwechselstörung wirkt nicht leistungsmindernd. Eine wesentliche Verschlechterung des gesundheitlichen Zustandes trat erst im Januar 2003 ein durch das Hinzutreten einer Linkshypertrophie des Herzens und einer mittelgradigen Reduktion der Atemfunktion.

Bei vollschichtiger Leistungsfähigkeit für leichte Arbeiten war die Versicherte zum damaligen Zeitpunkt ohne Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar, da angesichts der beschriebenen funktionellen Einschränkungen keinesfalls von dem Bestehen einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung oder einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen ausgegangen werden kann. Ob die Klägerin aktuell erwerbsgemindert ist, ist unerheblich, weil nach Oktober 2000 die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht mehr erfüllt sind.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe dafür, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor (§ 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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