L 5 R 376/04

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 25 RJ 2113/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 R 376/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 13 RJ 182/05 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 18. Mai 2004 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Der 1956 in B./Polen geborene Kläger besuchte dort von 1963 bis 1971 die Volksschule und erwarb bis 1974 eine Qualifikation als Betriebsmonteur. Anschließend war er in diesem Beruf bis 20.11.1981 in einem Bau- und Instandsetzungsunternehmen beschäftigt. Nach verschiedenen anderweitigen Tätigkeiten war er von 15.02.1982 bis 15.03.1983 als Kraftfahrer tätig. Anschließend hielt er sich bis 1984 in Frankreich auf und übersiedelte im September 1984 nach Deutschland. Hier arbeitete er von 1985 bis 1991 als Küchenhilfe im Hotel-Gasthof B. in F. bei M ... Anschließend war er bis zur personenbedingten/gesundheitsbedingten Kündigung zum 04.06.1995 als Hilfskraft für Verpackungs- und Montierarbeiten bei der Firma R. T. GmbH & Co.KG in deren Produktionsstätte in K. bei M. tätig. Sodann bezog er vom 17.08.1995 bis 22.04.1996 Arbeitslosengeld und danach bis zur Aussteuerung zum 21.05.1997 Krankengeld. Ab 24.11.1999 befand sich der Kläger zunächst in Untersuchungshaft in der JVA M. , sodann bis zur Entlassung im Mai 2003 in der JVA L. (Verurteilung wegen Hehlerei).

Einen ersten Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Berufs-/Erwerbsunfähigkeit vom 26.08.1996 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 10.12.1996/Widerspruchsbescheid vom 16.07.1997 mit der Begründung ab, der Kläger werde durch die Erkrankungen Angstneurose, Benzodiazepinabhängigkeit, Leberparenchymschaden sowie Alkoholismus in seiner Erwerbsfähigkeit beeinträchtigt. Er könne jedoch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, auf welchen er mangels Berufsschutzes zumutbar verwiesen werden dürfe, noch vollschichtig unter nur qualitativen Einschränkungen tätig sein. Dieser Entscheidung lagen umfangreiche beigezogene medizinische Behandlungsberichte zugrunde, insbesondere von Behandlungen des Städtischen Krankenhauses M. vom September 1991 wegen Entzugserscheinungen nach langjährigem Alkohol- und Nikotinabusus, von einer stationären Behandlung in der Klinik I. vom 31.05. bis 01.07.1996 und einer Untersuchung durch den Allgemein- und Sozialmediziner Dr.T. vom 17.10.1996, sowie ein neurologisch-psychiatrisches Sachverständigengutachten des Dr.K. vom 26.11.1996.

Das anschließende Klageverfahren vor dem Sozialgericht München S 26 R 2067/97 endete mit gerichtlichem Vergleich vom 23.09. 1998, wonach sich die Beklagte bereit erklärte, dem Kläger ein psychosomatisches Heilverfahren zu gewähren. Grundlage des Vergleichs war ein internistisches Sachverständigengutachten des Dr.H. vom 07.04.1998 sowie ein psychiatrisches Sachverständigengutachten der Dr.M. , welche beide übereinstimmend eine vollschichtige Einsatzfähigkeit des Klägers unter nur qualitativen Einschränkungen festgestellt hatten.

Aus dem mit Ausführungsbescheid vom 11.11.1998 gewährten psychosomatischen Heilverfahren in der I.klinik S. vom 24.11.1998 bis 05.01.1999 wurde der Kläger als arbeitsunfähig wegen Panikstörungen und Benzodiazepinabhängigkeit entlassen. Die Beklagte holte daraufhin eine Abschlussbegutachtung des Psychiaters/Psychotherapeuten Dr.E. (14.06.1999) ein, welcher das zeitlich eingeschränkte berufliche Leistungsbild des Entlassungsberichtes nicht nachvollziehen konnte. Weder seien die Panikattacken häufig, noch bestehe eine depressive Verstimmung, so dass eine quantitative Einschränkung der Leistungsfähigkeit nicht bestehe.

Den streitgegenständlichen Antrag auf Rente wegen Erwerbs-/Berufsunfähigkeit vom 13.09.1999 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 15.10.1999/Widerspruchsbescheid vom 30.11. 2000 mit der Begründung ab, der Kläger könne trotz festgestellter insbesondere psychischer Gesundheitsstörungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter qualitativen Einschränkungen vollschichtig tätig sein. Entscheidungsgrundlage war insoweit eine prüfärztliche Stellungnahme des Dr.J.F. (08.10.1999).

Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht München hat der Kläger beantragt, ihm Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zu gewähren. Das Sozialgericht hat ein nervenärztliches Gutachten der Neurologin/Psychiaterin Dr.P. (21.10.2002) eingeholt aufgrund einer Untersuchung in der JVA L. am 21.10.2002. Dr.P. hat diagnostiziert:

- Panikstörung mit gebesserter Neigung zu Benzodiazepinmissbrauch; Alkoholismus in der Abstinenzphase,

- Knotenstruma mit Hyperthyreose,

- Psoriasis und

- Fettstoffwechselstörung.

Der psychopathologische Befund sei insgesamt mäßig auffällig, der Kläger habe sich im Laufe der Untersuchung ausgeglichener und schwingungsfähiger gezeigt. Zeiten einer vorübergehend stärkeren Ausprägung von Panikstörungen bedingten möglicherweise vorübergehende Arbeitsunfähigkeit, jedoch keine dauerhafte Erwerbsunfähigkeit. Der Kläger könne jedenfalls seit September 1999 körperlich leichte und psychisch nicht belastende Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts ohne körperlich schwere und überwiegend mittelschwere Tätigkeiten, ohne Tätigkeiten auf Treppen, Leitern und Gerüsten sowie an verletzungsgefährdenden Maschinen ohne besondere Anforderungen an die Konzentrationsfähigkeit, Reaktionsfähigkeit und Ausdauer, ohne Zeitdruck, Akkord und Fließbandarbeiten acht Stunden täglich ausüben.

Dem folgend hat das Sozialgericht mit Urteil vom 18.05.2004 die Klage im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, der Kläger könne nach den Feststellungen der Sachverständigen Dr.P. trotz psychischer Beeinträchtigungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig unter nur qualitativen Einschränkungen tätig sein. Aufgrund seiner in Deutschland ausgeübten ungelernten Tätigkeiten als Küchenhilfe sowie als Hilfskraft für Verpackungs- und Montierarbeiten dürfe er auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden.

Dagegen hat der Kläger Berufung eingelegt und geltend gemacht, die Schwere seiner bereits seit Anfang der 90er Jahre bestehenden psychischen Erkrankungen sei nicht hinreichend gewürdigt worden. Seit der Entlassung aus der Strafhaft habe sich sein Zustand nicht gebessert, sondern eher verschlechtert. Der Senat hat ein neurologisch/psychiatrisches Sachverständigengutachten des Dr.S. vom 26.02.2005 (aufgrund Untersuchung vom 29.12.2004) eingeholt. Dr.S. hat unter Auswertung eines vom Kläger vorgelegten Behandlungs- und Entlassungsberichts des Klinikums der Universität M. (Notaufnahmestation) vom 08.07.2004, eines Attestes des Dr.L. vom 10.05.2004 sowie unter Auswertung der Gesundheitsakten der Justizvollzugsanstalten M. und L. diagnostiziert:

- Hysterische (eventuell auch dissoziale) Persönlichkeit im Sinne einer charakterlichen Akzentuierung,

- Hyperventilationstetanie

- fragliche Herzhyperchondrie

- Zustand nach Alkoholabusus/Alkoholabhängigkeit im Sinne des Spiegeltrinkens, danach Suchtumstieg, auch iatrogen gefördert, auf eine low-dose-tranquilizerdependency.

Der Kläger sei seit 01.09.1999 in der Lage, acht Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen eines Arbeitsverhältnisses Tätigkeiten zu verrichten unter Ausschluss von Arbeiten in Akkord sowie dauerhaftem schwerem Heben und Tragen. Die Wegefähigkeit sei nicht eingeschränkt, ebenso wenig die Umstellungsfähigkeit. Der Kläger sei vom 25.11.1990 bis September 2000 Patient und Fremdsprachenübermittler bei ihm - Dr.S. - gewesen und sei in dieser Zeit auch ohne psychotrop relevante Substanzen behandelt worden, ohne dass es zur Ausprägung irgendwelcher Angst- oder Panikattacken gekommen wäre.

Mit Schreiben vom 28.03.2005 hat der Kläger persönlich mitgeteilt, dass er das Gutachten des Dr.S. nicht akzeptiere und ein neutrales Obergutachten beantrage; zudem habe sich sein Gesundheitszustand weiter verschlechtert, wie eine stationäre Aufnahme im Bezirkskrankenhaus H. am 13.03.2005 zeige. Einen Antrag des zweiten Bevollmächtigten des Klägers vom 28.05.2005, Dr.S. wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, hat der Senat mit Beschluss vom 31.05.2005 als unzulässig verworfen. Mit Schreiben vom 23.05. 2005 hat der Klägerbevollmächtigte beantragt, Dr.S. persönlich zu seinem Gutachten im Termin vom 07.06.2005 zu hören.

Der Kläger beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 15.10.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.11.2000 sowie das Urteil des Sozialgerichts München vom 18.05.2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gemäß Antrag vom 13.09.1999 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 18.05.2004 zurückzuweisen.

Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 07.06. 2005 waren die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Akten des Sozialgerichts München S 25 RJ 919/99, S 26 RJ 2067/97 und die Akte des Bayer. Landessozialgerichts L 5 RJ 375/04. Darauf sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG), aber nicht begründet.

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 15.09.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.11.2000, mit welchem sie es abgelehnt hat, dem Kläger aufgrund seines Antrags vom 13.09.1999 eine Rente wegen Berufs-/Erwerbsunfähigkeit zu gewähren. Diese Entscheidung ist zu Recht ergangen, ebenso wie das Urteil des Sozialgerichts München vom 18.05.2004. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbs-/Berufsunfähigkeit oder Erwerbsminderung.

Der geltend gemachte Rentenanspruch des Klägers richtet sich nach §§ 43, 44 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI - in der bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung (a.F.), weil er auch Zeiten vor diesem Datum erfasst. Die ab 01.01.2001 geltende Neuregelung durch das Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (vom 20.12.2000 - BGBl.I S.1827) wäre nur heranzuziehen, falls ein Rentenanspruch am 31.12.2000 nicht bestanden hätte, aber für die nachfolgende Zeit in Betracht käme (vgl. § 300 Abs.1 i.V.m. Abs.2 SGB VI).

Nach § 43 Abs.2 SGB VI a.F. sind berufsunfähig Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Nach § 240 SGB VI n.F. haben Versicherte, die - wie der Kläger - vor dem 02.01.1961 geboren sind, bei Vorliegen von Berufsunfähigkeit einen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. Erwerbsunfähigkeit setzt nach § 44 Abs.2 SGB VI n.F. ebenso wie eine volle Minderung der Erwerbsfähigkeit im Sinne des neuen Rechts gemäß § 43 Abs.2 Satz 2 SGB VI eine gegenüber der Berufsunfähigkeit noch weiter herabgesetzte Erwerbsfähigkeit voraus.

Ein vollschichtiges Leistungsvermögen in einer zumutbaren Tätigkeit schließt nach alter und neuer Rechtslage einen Rentenanspruch wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit regelmäßig aus.

Ausgangspunkt bei der Prüfung der Berufsunfähigkeit ist der bisherige Beruf des Versicherten, das heißt die zuletzt in der Bundesrepublik Deutschland regelmäßig ausgeübte Tätigkeit (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr.61 m.w.N.). Im streitigen Fall hat der Kläger in Deutschland zunächst als Küchenhilfskraft in einer ungelernten Tätigkeit gearbeitet und zuletzt bei der Firma L. T. GmbH & Co.KG als Hilfskraft für Verpackungs- und Montiertätigkeiten. Nach dem gesamten Akteninhalt und den eigenen Angaben des Klägers ist davon auszugehen, dass er versicherungspflichtige Tätigkeiten ausgeübt hat, die er nach kürzester Anlernzeit beherrscht hatte. Maßstab für die Frage der Berufsunfähigkeit ist aber nicht, ob der Kläger seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit als ungelernte Hilfskraft mit Verpackungs- und Montierarbeiten noch ausüben kann, sondern ob er andere ungelernte Arbeiten verrichten kann, die der allgemeine Arbeitsmarkt zur Verfügung stellt. Er kann nach höchstrichterlicher Rechtsprechung sozial zumutbar auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nrn.13, 27). Nichts anderes ergibt sich auch aus überstaatlichem Recht, insbesondere aus dem deutsch-polnischen Sozialversicherungsabkommen, zumal der Kläger dort zuletzt nur unqualifizierte Kraftfahrertätigkeiten ausgeübt hatte.

In Würdigung der gesamten medizinischen Dokumentation und der Sachverständigengutachten der Dr.P. vom 21.10.2002 sowie des Dr.S. vom 26.02.2005 ist der Senat überzeugt, dass der Kläger in seiner Erwerbsfähigkeit in erster Linie durch psychische Erkrankungen eingeschränkt ist. Diese bestehen in einem Zustand nach Alkoholabhängigkeit und Alkoholmissbrauch und in einer geringgradigen Benzodiazepinabhängigkeit bei hysterischer (eventuell auch dissozialer) Persönlichkeit im Sinne einer charakterlichen Akzentierung. Hinzu kommen auf internistischem Gebiet ein Knotenstruma, Psoriasis sowie Fettstoffwechselstörung. Hingegen ist der Senat überzeugt, dass bei dem Kläger keine Panik- oder Angststörung relevanten Ausmaßes besteht. Insoweit ist dem überzeugenden Sachverständigengutachten des Dr.S. zu folgen. Dieser hatte unter Auswertung auch der Gesundheitsakten der Justizvollzugsanstalten M. und L. dargelegt, dass in der Zeit der Inhaftierung bis Mitte 2000 der Kläger zur Behandlung der von ihm geklagten Erkrankungen zunächst ein Baldrianpräparat, sodann ein Placebo erhalten hatte, ohne dass sich psychische Auffälligkeiten entwickelt hatten. Dr.S. hat zudem ausgeführt, dass der Kläger während der Haftzeit auch in Zeiten der Einzelzelle keine besonderen Auffälligkeiten an den Tag gelegt hatte. Zudem war nach den Feststellungen des Dr.S. der Kläger auch in der Lage gewesen, bis zu seiner Verhaftung strafrechtlich relevant tätig zu sein in einem Umfang, welcher zu einer massiven Strafe, nämlich vier Jahre und zwei Monate wegen Hehlerei geführt hatte. Dies spricht deutlich gegen eine relevante Angststörung. Zudem hatte sich der Kläger in der mehrstündigen Untersuchung weder ängstlich noch anderweitig neurotisch gestört gezeigt. Die geklagten Beschwerden auf psychiatrischem Fachgebiet waren allenfalls nur teilweise nachvollziehbar. Die von Dr.S. aufgestellte Indizienliste anhand des Tagesablaufes ergab keine Hinweise für familiären oder sozialen Rückzug. Dem entspricht es, dass der Kläger nur in ambulanter Behandlung war, nicht jedoch in psychiatrischer Therapie. Infolge hiervon konnte Dr.S. den Kläger überzeugend für in der Lage erachten, acht Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen eines Arbeitsverhältnisses tätig zu sein ohne Akkordarbeiten und ohne dauerhaftes schweres Heben und Tragen.

Über das Sachverständigengutachten des Dr.S. hinaus ist der Senat auch aufgrund des erstinstanzlich eingeholten Gutachten der Dr.P. überzeugt, dass der Kläger trotz der von ihr festgestellten gesundheitlichen Einschränkungen in der Lage ist, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig tätig zu sein in leichten und psychisch nicht belastenden Tätigkeiten bei Ausschluss von körperlich schweren und überwiegend mittelschweren Tätigkeiten sowie von Tätigkeiten auf Treppen, Leitern und Gerüsten und an verletzungsgefährdenden Maschinen, von Arbeiten mit ständigem schweren Heben und Tragen sowie häufigem Bücken und von Arbeiten unter Zeitdruck oder Fließbandbedingungen. Dr.P. hat geschildert, dass sich der Kläger zu Beginn der Untersuchung etwas beeinträchtigt gezeigt hatte, aber zunehmend entspannter und ausgeglichener sowie schwingungsfähiger wurde. Die Merkfähigkeit war nur gering eingeschränkt, die Konzentrationsfähigkeit nur mäßig. Aus der Vorgeschichte sowie der aktuellen Symptomatik hatte Dr.P. eine mäßige bis allenfalls zeitweilig mittelschwer ausgeprägte Panikstörung festgestellt. Eine stärkergradige Depression, eine Psychose, hirnorganische Beeinträchtigung oder eine manifeste Substanzabhängigkeit hatte die Sachverständige jedoch ausschließen können.

Diese Leistungseinschätzung beider Sachverständiger entspricht derjenigen, die Dr.M. im Klageverfahren S 26 RJ 2067/97 im Gutachten vom 30.06.1998 festgestellt hatte, welche dann auch Grundlage für das Nichtweiterverfolgen des Rentenanspruches durch den Kläger war. Sie deckt sich ebenso mit den Feststellungen der Sachverständigen Dr.K. und Dr.E. , welche den Kläger in den vorangegangenen Verwaltungsverfahren untersucht hatten. Der Senat sieht damit keine vernünftigen Zweifel, an der vollschichtigen Einsatzfähigkeit des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter nur unwesentlichen qualitativen Einschränkungen zu zweifeln. Dies betrifft nicht nur den streitigen Zeitraum, sondern auch die Zeit seit Ende der letzten versicherungspflichtigen Beschäftigung.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Einschätzung im Entlassungsbericht der I.klinik, zumal dort die Diagnose der Panikstörung mit ihren Auswirkungen auf das zeitliche Leistungsvermögen nicht nachvollziehbar begründet war. Die Atteste der Dres. B. und M. vom 06.03.1996 bis 18.09.1999 attestieren formblattmäßig und ohne Begründung Arbeitsunfähigkeit für die private C. Lebensversicherung in D ... Sie beinhalten eine rentenrechtlich relevante Erwerbsminderung nicht und stehen im Widerspruch zu den genannten ausführichen Stellungnahmen der Sachverständigen.

Der Senat war nicht gehindert, das Sachverständigengutachten des Dr.S. seiner Entscheidung zugrunde zu legen. Im Schriftsatz des - anwaltlich vertretenen - Klägers vom 28.03.2005 werden zwar Zweifel an der Sachlichkeit und Objektivität des Dr.S. geäußert. Ob diese Zweifel den Kläger veranlassten, den Sachverständigen als befangen anzusehen, lässt sich dem Schriftsatz jedoch nicht entnehmen. Vielmehr war das Begehren des Klägers auf Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens gerichtet. Hierzu war der Senat jedoch nicht veranlasst. Diese Einschätzung wird gedeckt dadurch, dass der zweite Bevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 28.05.2005 einen Antrag gestellt hat, den Sachverständigen Dr.S. wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen. Hieraus ist zu entnehmen, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers, dessen Verhalten dieser sich zurechnen lassen muss (§ 73 SGG), davon ausgegangen war, dass ein Befangenheitsantrag noch nicht gestellt war. Zudem hätte der Kläger am 28.03.2005 bestimmte - theoretisch denkbare - Befangenheitsgründe nicht mehr geltend machen können, wie zum Beispiel die Zusammenarbeit mit Dr.S. während des Aufenthaltes in der JVA S ... Denn der Kläger hatte den Sachverständigen bei dessen Untersuchung sofort wieder erkannt und wäre deshalb veranlasst gewesen, zumindest zeitnah zur Untersuchung am 29.12.2004 entsprechende Bedenken geltend zu machen.

Der Senat war auch nicht gehalten, den Sachverständigen Dr.S. entsprechend Schriftsatz vom 23.05.2005 zu seinem Gutachten zu hören. Denn der Klägerbevollmächtigte hat nur generell die Anhörung des Sachverständigen beantragt, jedoch keine sachdienlichen Fragen angekündigt (BSG SozSich 75 Nr.2947; Meyer-Ladewig, SGG, 8. Auflage, § 118 Rdnr.12h, 12i).

Der Berufung war somit in vollem Umfange der Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich (§ 160 SGG).
Rechtskraft
Aus
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