L 10 AL 420/04

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 5 AL 883/03
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 10 AL 420/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 21.09.2004 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob die Beklagte bei der monatlichen Auszahlung der Arbeitslosenhilfe (Alhi) in der Zeit vom 01.07.2003 bis 30.09.2004 die Kosten für die Auszahlung per Verrechnungscheck abziehen darf.

Der 1942 geborene, seit langem in Leistungsbezug stehende Kläger gab im Rahmen seines Fortzahlungsantrages auf Alhi vom 29.07.2003 an: "Keine Bank wegen Pfändung". Sein Konto bei der Sparkasse sei gepfändet.

Mit Bescheiden vom 28.07.2003 und 06.08.2003 teilte die Beklagte dem Kläger mit, ab 01.07.2003 verringere sich der tägliche Leistungssatz von 17,48 EUR auf 17,12 EUR. Die Kosten, die durch die begehrte Auszahlungsweise veranlasst seien, seien von der zustehenden Alhi abzuziehen.

Hiergegen legte der Kläger Widerspruch mit der Begründung ein, er wolle weiterhin 17,48 EUR täglichen Leistungssatz ohne Abzug der Kosten der Auszahlung erhalten. Seine Verarmung sei durch die Beklagte mitverursacht, es seien "zweimal die kompletten Alhi-Beträge vom Konto gepfändet" worden.

Die Beklagte wies den Kläger darauf hin, die durch die Auszahlungsweise veranlassten Kosten seien nicht von ihm zu tragen, wenn er nachweise, dass die Einrichtung eines Kontos bei einem Geldinstitut ohne eigenes Verschulden nicht möglich sei. Auf eine Empfehlung des Zentralen Kreditausschusses werde hingewiesen und eine Entscheidung der Kundenbeschwerdestelle sei vom Kläger einzuholen. Die Verringerung der Leistungssätze sei im Übrigen rechtmäßig.

Hierauf erklärte der Kläger, er habe noch ein Konto, könne damit aber nicht arbeiten, weil es "von der Bank eingeschränkt und diktiert" werde. Die Alhi werde bei Eingang auf dem Konto gepfändet. Er müsse Kontoschutzantrag stellen und innerhalb von einer Woche das gesamte Geld bar abheben. Er habe auch kein Geld für die Fahrtkosten zur sechs Kilometer entfernten Bank. Er beantrage kostenfreie Auszahlung durch Barscheck.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 02.10.2003 zurück. Die Absenkung des Leistungssatzes sei rechtmäßig. Die Kosten der Auszahlung seien von der zu zahlenden Alhi abzuziehen, denn der Kläger habe nicht den geforderten Nachweis erbracht.

Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben und die kostenfreie Auszahlung der Alhi begehrt. In der Vergangenheit sei bereits dreimal seine Alhi gepfändet worden. Wegen der bestehenden Arbeitslosigkeit sei er ohne Verschulden verarmt und bekomme kein Girokonto mehr. Durch das Verhalten der Beklagten habe er weiterhin Schwierigkeiten mit Kreditinstituten. Der Kläger hat zwei Schreiben der Raiffeisenbank Bad W. e.V. und der Vereinigten Sparkassen Stadt- und Landkreis A. sowie zwei Schreiben der Kundenbeschwerdestelle des Bundesverbandes der Deutschen Volks- und Raiffeisenbanken und des Sparkassenverbandes Bayern vorgelegt. Hiernach wohne er nicht im Bereich der Raiffeisenbank Bad W. , u.a. deshalb werde eine Neueröffnung eines Kontos nicht vorgenommen. Der Sparkassenverband Bayern hat erklärt, die Sparkasse sei bereit, ein Girokonto einzurichten, wobei jedoch der Kläger im angemessenen Umfang zur Tilgung bestehender Verbindlichkeiten bereit sein müsse. Sei er hierzu nicht bereit, müsse er sich an ein anderes Kreditinstitut wenden.

Das SG hat mit Urteil vom 21.09.2004 die Klage abgewiesen. Der Kläger verfüge nach eigenem Vortrag noch über ein Girokonto und es sei ihm zumutbar, einmal monatlich dort die Alhi abzuholen. Die Nutzung dieses Kontos sei ihm zumutbar. Die Kosten der anderweitigen Auszahlung habe er daher zu tragen.

Zur Begründung der dagegen zum Bayer. Landessozialgericht eingelegten Berufung hat der Kläger u.a. vorgetragen, das SG habe ihm zu Unrecht Bequemlichkeit vorgeworfen, er werde von allen Seiten im Stich gelassen. Eine Busfahrt zum Geldinstitut sei zu teuer und nehme zu viel Zeit in Anspruch.

Der Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil des SG Nürnberg vom 21.09.2004 sowie die Bescheide vom 28.07.2003 und 06.08.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.10.2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Alhi ohne Abzug der Kosten per Barscheck auszuzahlen.

Die Beklagte beantragt die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend. Im Übrigen habe der Kläger am 07.10.2004 eine Bankverbindung angegeben, auf die ab 31.10.2004 die Alhi überwiesen werde.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) ist zulässig, denn die Beklagte durfte von der auszuzahlenden Alhi die Kosten für das Auszahlungsverfahren für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr abziehen.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen.Die Bescheide vom 28.07.2003 und 06.08.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.10.2003 sind rechtmäßig. Der Kläger wird insbesondere durch die im Rahmen der Bescheide vom 28.07.2003 und 06.08.2003 erlassenen Verwaltungsakte über den Abzug der Kosten nicht in seinen Rechten verletzt.

Gemäß § 337 Abs 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) werden Geldleistungen auf das vom Leistungsberechtigten angegebene inländische Konto bei einem Geldinstitut überwiesen. Geldleistungen, die an den Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt des Leistungsberechtigten übermittelt werden, sind unter Abzug der dadurch veranlassten Kosten auszuzahlen (§ 337 Abs 1 Satz 2 SGB III).

Über den Abzug der Kosten hat die Beklagte dabei durch Verwaltungsakt zu entscheiden (Niesel, SGB III, 3.Aufl, § 337 RdNr 4). Diese Entscheidung hat die Beklagte hier in den ergändenden Ausführungen der Bewilligungsbescheide vom 28.07.2003 und 06.08.2003 getroffen. Die für diesen Auszahlungsweg anfallenden Kosten selbst stehen fest; sie richten sich zum einen nach einer Pauschale und zusätzlich nach der Höhe des auszuzahlenden Betrages. Der dem Kläger per Postscheck auszuzahlende Betrag enthält dann bereits den um den Abzug verminderten Betrag, der im Voraus wegen der zum Teil unterschiedlichen monatlichen Auszahlungsbeträge nicht durch Verwaltungsakt festgelegt werden kann.

Der Kläger wollte keine Überweisung auf ein - wie er im Antrag und auch im Rahmen des Widerspruchsverfahrens angegeben hat - noch vorhandenes Konto bei der Sparkasse, da er damit "nicht arbeiten" könne, weil es "von der Bank eingeschränkt und diktiert" werde.

Ein Abzug der Kosten kommt nur dann nicht in Betracht, wenn der Leistungsberechtigte nachweist, dass ihm die Einrichtung eines Kontos bei einem Geldinstitut ohne eigenes Verschulden nicht möglich ist (§ 337 Abs 1 Satz 3 SGB III). Dies ist hier jedoch nicht geschehen. Zwar mag es durchaus zutreffen, dass manche Banken/Sparkassen mit dem Kläger nicht in geschäftliche Beziehung treten wollen. Fest steht jedoch nach den eigenen Angaben des Klägers, dass dieser noch ein Konto bei der Sparkasse hatte und dass die Sparkasse nach der Auskunft des Sparkassenverbandes Bayern bereit war, ein weiteres Konto zur Verfügung zu stellen, sobald der Kläger an einer Tilgung seiner noch bestehenden Schulden mitarbeite. Im Übrigen hat der Kläger tatsächlich ab Oktober 2004 ein Konto der Beklagten gegenüber angegeben. Das Auszahlungsverfahren ist vom Kläger - freiwillig - gewählt worden, um einer Pfändung der Alhi auf dem vorhandenen Konto zu entgehen. Die Einrichtung bzw. Nutzung eines Konto war ihm aber insgesamt möglich, so dass die Regelung des § 337 Abs 1 Satz 3 SGB III nicht eingreift. Insbesondere ist eine Überweisung auf ein einzurichtendes bzw. bestehendes Konto dem Kläger auch zumutbar, denn er ist über die Regelungen der §§ 850 ff Zivilprozessordnung (ZPO) ausreichend geschützt. Er muss allerdings die dort vorgesehenen Maßnahmen ergreifen. Auch der Weg zur Bank/Sparkasse ist ihm vom zeitlichen und finanziellen Aufwand her zumutbar. Die Einrichtung eines neuen bzw. die Nutzung eines bestehenden Kontos bei einem Geldinstitut ist dem Kläger daher aus eigenem Verschulden nicht möglich.

Nach alledem ist die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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