L 16 R 3/04

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 11 RJ 320/01 A
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 16 R 3/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 6. November 2003 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.

Die Klägerin ist die Ehegattin und Rechtsnachfolgerin des D. T., geboren 1944, der am 2005 in der Staatlichen Gemeinschaft Serbien und Montenegro verstarb. Dieser hat in Deutschland zwischen dem 02.06.1969 und dem 23.04.1976 Pflichtbeitragszeiten für eine versicherte Tätigkeit zurückgelegt.

Ausweislich der Auskunft des jugoslawischen Versicherungsträgers (Formblatt JU 205) wurden dort in den Jahren von 1964 bis 1969 sowie vom 12.07.1976 bis zum 13.06.1996 Versicherungszeiten zurückgelegt. Der zuletzt in Jugoslawien ausgeübte Beruf des Klägers wurde mit "Schlosser und Wachmann" angegeben. Als in Deutschland ausgeübter Beruf wurde "Schlosser" angegeben. Er bezog dort seit 13.06.1996 eine Invalidenrente.

Ein durch das Sozialgericht übersandter Fragebogen zur beruflichen Tätigkeit in Deutschland sowie den Anschriften der Arbeitgeber wurde unter Hinweis auf eine schlaganfallbedingte Kommunikationsunfähigkeit des Klägers (im Jahre 2003) nicht zurückgesandt.

Bereits mit Bescheid vom 03.09.1996 war ein Antrag vom 04.04. 1996 auf Gewährung von EU-Rente wegen Fehlens der medizinischen Voraussetzungen bestandskräftig abgelehnt worden.

Dem Bescheid waren als Anlagen die Merkblätter RXM 020, BXM 150 und BXM 155 beigefügt worden.

Am 06.06.2000 beantragte der Versicherte die Wiederaufnahme des Verfahrens im Hinblick auf eine zwischenzeitlich eingetretene Verschlechterung, die von der Beklagten als neuer Antrag ausgelegt wurde.

Nach einem Gutachten des serbischen Versicherungsträgers (Untersuchungstag 23.11.2000) hatten folgende Gesundheitsstörungen bestanden:

- Alkoholkrankheit,

- beginnende hirnorganische Leistungsstörung,

- Geschwürserkrankung des Zwölffingerdarms,

- Leberzellschädigung,

- Ulnarisparese rechts nach Explosionsverletzung.

Der Versicherte war noch für in der Lage gehalten worden, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig leichte Arbeiten ohne besonderen Zeitdruck, ohne Schicht- bzw. Nachtdienst und ohne Anforderungen an die Fingerfertigkeit zu verrichten.

Der Antrag wurde mit Bescheid vom 15.01.2001 abgelehnt. Bezogen auf den Antragszeitpunkt sei eine 3/5-Belegung im Fünfjahreszeitraum nicht gegeben. Der Zeitraum zurück bis zum 1. Januar 1984 sei nicht durchgehend mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt. Unbelegt seien die Monate Juli 1996 bis Mai 2000. Eine nachträgliche Belegung sei zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht mehr möglich. Die medizinischen Voraussetzungen seien daher nicht geprüft worden. Sollte vorgetragen werden, dass Erwerbsminderung zu einem früheren Zeitpunkt eingetreten sei, erkläre man sich zu einer Überprüfung bereit.

Der dagegen eingelegte Widerspruch, der auf den aktuellen Gesundheitszustand des Versicherten gestützt wurde, ist mit Widerspruchsbescheid vom 02.03.2001 zurückgewiesen worden. Der Widerspruch sei unzulässig, da man sich zur Überprüfung der Erwerbsminderung zu einem früheren Zeitpunkt bereit erklärt habe.

Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Landshut erhoben. Er hat vorgetragen, dass er aus medizinischen Gründen keinerlei Erwerbstätigkeit mehr nachgehen könne. Im übrigen habe er am 17.03.1997 einen Antrag auf Entrichtung freiwilliger Beiträge gestellt. Im weiteren Verlauf des Verfahrens hat der Versicherte erklärt, dass er 1996 nicht gewusst habe, auf welche Art und Weise er die Versicherungszeiten für die Invalidenrente hätte sicherstellen können. Im Übrigen hätte er die notwendigen finanziellen Mittel für die Entrichtung freiwilliger Beiträge für die Rentenversicherung damals nicht gehabt.

Mit Bescheid vom 06.04.2001 ist während des Klageverfahrens erneut der Antrag vom 06.06.2000 auf Rente wegen Erwerbsminderung abgelehnt worden. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass Erwerbsunfähigkeit bzw. Berufsunfähigkeit nicht bestehe.

Die Beklagte hat ausgeführt, dass ein Antrag auf freiwillige Beitragsentrichtung niemals gestellt worden sei. Der Antrag vom 17.03.1997 sei vielmehr auf Beitragserstattung gerichtet gewesen. Man habe im Übrigen die im Zuge des Erstverfahrens wegen EU-/ BU-Rentengewährung eventuell bestehende Hinweispflicht dadurch erfüllt, dass man die Merkblätter RXM 020, BXM 150 und BXM 155 versandt habe. Diese Aufklärung sei ausreichend.

Im durch die Beklagte übersandten Merkblatt 1 über die freiwillige Versicherung bei Aufenthalt im Inland (BXM 150) wird unter Punkt 8.2 auf die Möglichkeit der Anwartschaftserhaltung durch freiwillige Beiträge bei Erfüllung der allgemeinen Wartezeit vor dem 01.01. 1984 bei gleichzeitiger lückenloser Belegung hingewiesen. Im Merkblatt über die freiwillige Versicherung bei Aufenthalt im Ausland (BXM 155) wird die Information dahin ergänzt, dass Staatsangehörige Jugoslawiens bei dortigem gewöhnlichen Aufenthalt zur freiwilligen Versicherung berechtigt seien. Dort wird unter Punkt 3.2 nochmals auf die Aufrechterhaltung des Versicherungsschutzes bei Erwerbsminderungsrenten hingewiesen. Das Merkblatt 6 (wichtiger Hinweis zur Aufrechterhaltung des weiteren Versicherungsschutzes; RXM 020) stellt die Rechtslage nochmals dar.

Das Sozialgericht hat darauf hingewiesen, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nur erfüllt seien, wenn der Kläger spätestens seit Juli 1998 erwerbsunfähig gewesen wäre und hat zur Übersendung medizinischer Unterlagen aus den Jahren 1996 bis 1999 aufgefordert (Schreiben an den serbischen Sozialversicherungsträger vom 14.02.2002, das in Kopie auch an den Bevollmächtigten des Versicherten gesandt worden ist).

Der Versicherte hat eine Kopie der Karteikarte des behandelnden Arztes über den Zeitraum 25.03.1996 bis Oktober 1997 übersandt. Die notierten Diagnosen sind wegen Unleserlichkeit der Handschrift nur teilweise übersetzbar gewesen.

Das Sozialgericht hat ein medizinisches Sachverständigengut achten nach Aktenlage der Ärztin für Allgemeinmedizin Frau Dr.T. eingeholt. Diese ist in ihrem Gutachten vom 11.06.2003 nach Auswertung der Unterlagen zu dem Ergebnis gekommen, dass eine ausreichende sozialmedizinische Beurteilung über den Gesundheitszustand und die Leistungsfähigkeit des Klägers zum Zeitpunkt Juli 1998 nicht erfolgen könne. Zwar seien medizinische Unterlagen, insbesondere das Gutachten des jugoslawischen Rentenversicherungsträgers mit Nebenbefunden aus dem Jahre 2000 vorhanden. Diese nennten eine Lähmung der rechten Körperhälfte mit Sprachstörung, die sich kaum zurückgebildet habe. Allerdings fänden sich keine Befunde vor dem cerebralen Ereignis im März 2000. Die Invalidenkommission beschriebe im Jahre 2000 einen verstärkten Alkoholabusus bis in die 80iger Jahre sowie einen Bluthochdruck. Auch werde eine Blutzuckecstoffwechselstörung diagnostiziert, ohne dass benannt werde, seit wann eine solche vorliege. Der Blutzucker sei während der Reha-Behandlung diätetisch einstellbar gewesen. Die Ambulanzakte des behandelnden Arztes aus dem Jahre 1996 sei nur zum Teil auswertbar. Festgestellt werden könne 1996 ein Bluthochdruck mit entsprechenden Werten. Daraus sowie aus den lesbaren Medikamentenrezeptionen (Beruhigungsmittel, Schmerzmittel bei Wirbelbeschwerden, Magenschutzmedikation) könne unterstellt werden, dass der Kläger zum damaligen Zeitpunkt unter einem Bluthochdruck, unter Wirbelsäulen- oder Gelenkbeschwerden sowie unter Magenbeschwerden gelitten habe. Dabei handle es sich um Gesundheitsstörungen, welche für sich betrachtet, keine zeitliche Leistungseinschränkung begründen könnten.

Mit Gerichtsbescheid vom 06.11.2003 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Eine Erwerbsminderung zum letztmöglichen Zeitpunkt des § 43 Abs.1 Ziffer 2 SGB VI im Juli 1998 könne nicht nachgewiesen werden. Zum Antragszeitpunkt im Juni 2000 mag eine Erwerbsunfähigkeit vorgelegen haben, jedoch fehle es an dem Erfordernis der 3/5-Belegung. Auch sei von einer nicht durchgehenden Belegung seit dem 01.01.1984 auszugehen. Zum Zeitpunkt der Antragstellung sei eine Belegung durch ordentliche oder außerordentliche Beitragsentrichtung nicht mehr möglich gewesen. Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch aufgrund eines Beratungsfehlers greife zu Gunsten des Klägers nicht ein. Es fehle an der Ursächlichkeit eines eventuellen Beratungsfehlers für die unterbliebene Beitragszahlung. Der Kläger selbst habe angegeben, keine finanziellen Mittel gehabt zu haben, um freiwillige Beiträge laufend entrichten zu können.

Dagegen hat der Kläger Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Er hat diese damit begründet, dass die in Jugoslawien zur Berentung führenden Gesundheitsstörungen sich seit 1996 entwickelt haben. Der Schlaganfall sei nur ein vorübergehender Höhepunkt dieser progredient verlaufenden Erkrankung gewesen.

Am 19.01.2005 ist der Kläger verstorben. Mit Schreiben vom 03.02.2005 ist das Ableben des Versicherten und die Fortführung des Verfahrens durch die Ehefrau angezeigt worden.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des SG Landshut vom 06.11.2003 und den Bescheid der Beklagten vom 15.01.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.03.2001 sowie den Bescheid vom 06.04.2001 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, unter Annahme eines Versicherungsfalles der Erwerbsunfähigkeit zum frühestmöglichen Zeitpunkt Erwerbsunfähigkeitsrente aus der Versicherung des Rechtsvorgängers der Klägerin bis einschließlich Januar 2005 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Beiziehung des Gutachtens des jugoslawischen Rentenversicherungsträgers, das im Jahre 1996 zur Gewährung jugoslawischer Invalidenrente geführt hat. Folgende Diagnosen wurden dort erhoben:

1. Chronischer Aethylismus,

2. Polyneuropathie und aethylische Hepatopathie,

3. beginnendes Psychosyndrom, psychische Erkrankung,

4. Ulnarisnervparese.

In der Zusammenfassung wird darauf hingewiesen, dass es sich um einen langjährigen Trinker handle. Seit dem Jahre 1990 werde er in Anstalten und im Krankenhaus behandelt, jedoch ohne Erfolg. Der langjährige Alkoholkonsum habe seine Seele und seinen Körper geschädigt und man sei der Ansicht, dass er seit Juni 1996 zu allen Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unfähig sei. Hilfslosigkeit und Schwerbehinderung sei nicht vorhanden.

Sodann hat der Senat nochmals Dr.T. mit der Erstellung eines Aktenlagegutachtens zum Leistungsvermögen in den Jahren 1996 bis 1998 beauftragt. Die Ärztin hat in ihrem Gutachten vom 05.03.2005 ausgeführt, dass die Invalidenkommission den chronischen Alkoholabusus mit Polyneuropathie, Leberschaden und beginnenden hirnorganischen Veränderungen als Erstdiagnose in den Vordergrund gestellt habe. Demgegenüber stellten die behandelnen Ärzte in ihrem Bericht an die Invalidenkommission die Funktionsstörung des rechten Unterarmes in den Vordergrund. Als Folge des Alkoholismus werde 1996 eine Intoleranz, Nervosität, Appetitlosigkeit, nächtliche Krämpfe und Schmerzen unterhalb des rechten Rippenbogens beschrieben. Der Ernährungszustand werde als gut und die Muskulatur als normal entwickelt angegeben. Der Kläger wirke vorgealtert mit faltiger Haut und schwerfälligem Gang. Ein ataktischer Gang, wie bei einer stärker ausgeprägten Polyneuropathie, habe offensichtlich nicht bestanden. Die neurologische Zusatzuntersuchung berichte lediglich von Anzeichen einer aethylischen Polyneuropathie. Reflexangaben bzw. Angaben zu Sensibilitätsstörungen fänden sich nicht, dies auch nicht in einem Befund vom 01.04.1996. Die Schmerzen und Krämpfe in den unteren Extremitäten werden als Folge von Durchblutungsstörungen angesehen. Die arbeitsmedizinische konsiliarische Beurteilung nenne lediglich Diagnosen ohne klinische Angaben. Laborbefunde über das Ausmaß der Leberschädigung lägen ebenso wenig vor wie zum Beispiel das Ergebnis einer Ultraschalluntersuchung des Abdomens. Ein psychiatrischer oder psychologischer Befundbericht finde sich nicht. Von der behandelnden Ärztin werde bestätigt, dass ihr Patient ein langjähriger Alkoholiker sei und es trotz Behandlung zu häufigen Rezidiven gekommen sei. Er wisse manchmal nicht, wo er sich befinde. Derzeit (April 1996) sei er in toxischer Abstinenz. Für das von der behandelnden Ärztin behauptete starke psychoorganische Syndrom finde sich in den Unterlagen der Invalidenkommission kein psychopathologisches Befundkorrelat. Dort heiße es: Orientierung in Ordung, Gedankengang verlangsamt, Willenstriebdynamismen an der Untergrenze, Anzeichen für beginnendes Psychosyndrom.

Unterstellt werden könne demnach , dass der Versicherte übermäßig dem Alkohol zugesprochen habe und dass beginnende Alkoholschäden vorgelegen haben, welche jedoch nicht in ausreichendem Maße dokumentiert seien, so dass hieraus zum fraglichen Zeitpunkt keine Leistungsminderung abgeleitet werden könne. Die Explosionsverletzung des rechten Unterarms mit folgender Ulnarislähmung im Jahre 1992 habe eine Einschränkung der groben Kraft rechts sowie eine Hypertrophie der enervierten Muskulatur zur Folge gehabt. Eine vollständige Ulnarislähmung mit Krallenhand könne aus diesem Befund nicht abgelesen werden. Der Versicherte habe auch bis 1994 mit dieser Störung als Schlosser gearbeitet. Ein Vergleich mit den Befunden aus dem Jahr 2000, dort sei es zu einer Lähmung der gesamten rechten Seite gekommen, sei nicht möglich. Bei Funktionsbeeinträchtigung der rechten oberen Extremität mit Ulnarisnervenläsion seien dem Kläger keine feinmotorischen Tätigkeiten mit der rechten Hand und keine schweren körperlichen Arbeiten zumutbar gewesen. Im Bericht der behandelnden Ärztin vom 01.04.1996 werde von Durchblutungsstörungen beider unterer Extremitäten gesprochen. Die Invalidenkommission beschreibe die Arterienpulse an den unteren Extremitäten als schwach. Bezüglich einer Gehstreckeneinschränkung werde nichts attestiert. Eine gravierende arterielle Verschlusskrankheit ließe sich durch diese Befunde nicht mit ausreichender Sicherheit belegen, wenngleich arterielle Durchblutungsstörungen glaubhaft gemacht seien.

Zusammenfassend sei die Leistungsfähigkeit des Klägers bis 1998 in erster Linie durch den chronischen Alkoholismus und die Funktionseinschränkung des rechten Armes beeinträchtigt. Schwere körperliche Arbeiten seien nicht mehr zumutbar gewesen. Die weiteren Befunde seien zu unbestimmt, um daraus Einschränkungen des Leistungsbildes ableiten zu können. Der Kläger habe bis 1998 vollschichtig leichte Arbeiten in wechselnder Körperhaltung, ohne besondere Anforderungen an die Funktionsfähigkeit der rechten oberen Extremität unter arbeitsmarktüblichen Bedingungen durchführen können. Unübliche Pausen seien nicht erforderlich gewesen. Eine Wegstreckeneinschränkung habe nicht vorgelegen. Aufgrund des chronischen Alkoholismus sei von einer Beeinträchtigung der Umstellungsfähigkeit zum damaligen Zeitpunkt auszugehen. Umstellungsfähigkeit für qualifizierte Tätigkeiten seien nicht mehr gegeben gewesen. Dagegen habe er sich auf einfache Tätigkeiten umstellen können. Erst durch das Hinzutreten neuer Gesundheitsstörungen in Gestalt des Schlaganfalls und der Tumorerkrankung in den Jahren 2000 und 2003, sei es zu einer erheblichen Verschlechterung gekommen, in deren Folge der Kläger verstorben sei.

Für die weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Beklagtenakte sowie der Streitakten des Sozialgerichts sowie des Bayer. Landessozialgerichts Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung erweist sich als nicht begründet.

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid vom 15.01. 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.03.2001 sowie der weitere Bescheid vom 06.04.2001, der gemäß § 96 Sozialgerichtsgesetz - SGG - Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens wurde.

Die genannten Bescheide entscheiden über das als Rentenantrag ausgelegte Schreiben vom 06.06.2000, mit dem der Versicherte die Wiederaufnahme des Verfahrens im Hinblick auf eine zwischenzeitlich eingetretene Verschlechterung beantragt hatte. Zwar könnte diskutiert werden, ob der Rentenantrag infolge der Wortwahl "Wiederaufnahme" auch einen Antrag gemäß § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch - SGB X - enthält. Da jedoch die angefochtenen Entscheidungen hinsichtlich einer Zugunstenentscheidung nichts regeln, ist auf das Antragsdatum Juni 2000 abzustellen.

Die Berufungsklägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Erwerbsunfähigkeits- bzw. Berufsunfähigkeitsrente aus der Versicherung des verstorbenen Ehemannes, dessen Sonderrechtsnachfolgerin sie ist (§§ 56 Abs.1, 40 f des Ersten Buches Sozialgesetzbuch - SGB I -), da in medizinischer Hinsicht Berufsunfähigkeit bzw. Erwerbsunfähigkeit gemäß §§ 43, 44 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch - SGB VI - in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (a.F.) zumindest zum letzten möglichen Zeitpunkt, an dem die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen gerade noch erfüllt erscheinen, nicht vorliegen.

Der Anspruch der Berufungsklägerin richtet sich deshalb nach den Vorschriften des SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden alten Fassung, da der verstorbene Versicherte seinen Rentenantrag vor dem 3. April 2001 gestellt und Rente auch für Zeiten vor dem 31. Dezember 2000 begehrt hat (§ 300 Abs.2 SGB VI i.V.m. § 26 Abs.3 SGB X). Soweit (erstmals) ein Anspruch des Versicherten für die Zeit nach dem 31. Dezember 2000 in Betracht kommt, richtet sich der Anspruch der Sonderrechtsnachfolgerin nach den Vorschriften des SGB VI in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung (n.F.).

Nach den genannten Vorschriften der §§ 43, 44 SGB VI a.F. haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit, wenn sie 1. berufsunfähig bzw. erwerbsunfähig sind,

2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Berufsunfähigkeit/Erwerbsunfähigkeit drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und

3. vor dem Eintritt der Berufsunfähigkeit/Erwerbsunfähigkeit die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.

Diese Voraussetzungen sind beim Ehemann der Berufungsklägerin nicht allesamt erfüllt.

Zwar erfüllt er die allgemeine Wartezeit (§§ 50 Abs.1 Satz 1, 51 Abs.1 SGB VI).

Ferner erfüllt er letztmals am 01. August 1998 das Erfordernis der sog. 3/5-Belegung. Die letzte Pflichtbeitragszeit für eine versicherte Beschäftigung in Deutschland wurde im April 1976 zurückgelegt. Da jedoch nach den bindenden Feststellungen des Rentenversicherungsträgers der Staatlichen Gemeinschaft Serbien und Montenegro im Juni 1996 zuletzt eine Beitragszeit für eine versicherungspflichte Beschäftigung berücksichtigungsfähig ist (durchgehende Belegung über die letzten drei Jahre) und diese jugoslawische Versicherungszeit nach § 25 Abs.1 des weiterhin anwendbaren deutsch-jugoslawischen Sozialversicherungsabkommens vom 12. Oktober 1968 (BGBl 1969 II 1438) i.d.F. v. 30. September 1974 (BGBl 1975 II 390) wie eine deutsche Pflichtbeitragszeit für eine versicherte Beschäftigung zu werten ist, ergibt sich als letzter Zeitpunkt der Erfüllung der 01. August 1998. Der Bezug einer serbischen Invalidenrente ist als vergleichbarer Aufschubtatbestand abkommensrechtlich nicht gleichgestellt.

Es liegt auch keine durchgehende Belegung mit Anwartschaftserhaltungszeiten seit 1984 vor (§ 240 Abs.2 Satz 1 SGB VI n.F.). Darüber hinaus können die Beitragslücken nicht durch Zahlung freiwilliger Beiträge, auch unter Berücksichtigung einer Hemmung durch den Rentenantrag vom Juni 2000, geschlossen werden (§ 197 SGB VI).

Auch besteht keine Möglichkeit einer wirksamen Beitragsentrichtung aus dem Gedanken eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruches heraus. Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch ist bereits deshalb zu verneinen, weil der Kläger auf Anfrage des SG ausdrücklich erklärt hat, nach Beendigung seiner Beschäftigung in Jugoslawien nicht über ausreichende finanzielle Mittel für eine freiwillige Beitragszahlung verfügt zu haben. Damit fehlt es am Erfordernis der Kausalität eines vermeintlichen behördlichen Aufklärungsdefizits einerseits und dem erlittenen Nachteil andererseits.

Zu dem genannten Zeitpunkt 01. August 1998 lässt sich das Vorliegen von Erwerbsunfähigkeit oder Berufsunfähigkeit trotz Ausschöpfung aller zur Verfügung stehenden Ermittlungsmöglichkeiten nicht nachweisen. Nach dem Grundsatz der objektiven (materiellen) Beweislast, trägt die Folgen der Nichterweislichkeit der Anspruchsteller.

Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur beruflichen Rehabilitation mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs.2 SGB VI a.F.).

Dagegen besteht Erwerbsunfähigkeit bei solchen Versicherten, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße übersteigt (§ 44 Abs.2 Satz 1 SGB VI a.F.). Da der Versicherungsfall der Erwerbsunfähigkeit an strengere Voraussetzungen geknüpft ist, als derjenige der Berufsunfähigkeit, folgt aus der Verneinung von Berufsunfähigkeit ohne weiteres das Fehlen von Erwerbsunfähigkeit (vgl. Bundessozialgericht - BSG - Urteil vom 5. April 2001 - B 13 RJ 61/00 R -).

Ausgangspunkt für die Prüfung von Berufsunfähigkeit ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG der "bisherige Beruf", den der Versicherte ausgeübt hat. In der Regel ist dies die letzte, nicht nur vorübergehende versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit, von der auch bei nur kurzfristiger Ausübung auszugehen ist, wenn sie zugleich die qualitativ höchste Beschäftigung im Berufsleben des Versicherten gewesen ist (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn.130, 164). Kann ein Versicherter seinen bisherigen Beruf nicht mehr ausüben, liegt Berufsunfähigkeit aber nur dann vor, wenn es nicht zumindest eine andere berufliche Tätigkeit gibt, die sozial zumutbar und für ihn sowohl gesundheitlich als auch fachlich geeignet ist. Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufes. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des BSG die Berufe der Versicherten, ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufes haben, in Gruppen eingeteilt, die durch die Leitberufe des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert werden (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn.132, 138, 140). Die Einordnung eines Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten, förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend ist vielmehr allein die Qualität der verrichteten Arbeit, d.h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an, wie es durch die in § 43 Abs.2 Satz 2 SGB VI a.F. am Ende genannten Merkmale (Dauer und Umfang der Ausbildung sowie des bisherigen Berufs und besondere Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit) umschrieben wird (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nrn.27, 33).

Maßgebend für die Bestimmung des bisherigen Berufs des Versicherten sind nur die in der deutschen Rentenversicherung versicherungspflichtig ausgeübten Beschäftigungen oder Tätigkeiten (BSGE 50, 165), sofern nicht ein zwischenstaatliches Abkommen oder überstaatliches Recht (insbesondere das europäische koordinierende Sozialrecht, vgl. BSGE 64, 85) im Einzelfall die Berücksichtigung einer im Abkommens- bzw. Mitgliedsstaat ausgeübten Beschäftigung oder Tätigkeit vorsehen. Das genannte im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Jugoslawien - jetzt Staatliche Gemeinschaft Serbien und Montenegro - als Rechtsnachfolgerin der ehemaligen Föderativen Volksrepublik Jugoslawien (vgl. BSG SozR 3-2600 § 250 SGB VI Nr.3) weiterhin anwendbare deutsch-jugoslawische Abkommen über Soziale Sicherheit vom 12. Oktober 1968 in der anwendbaren Fassung enthält hierzu keine Regelungen.

Grundsätzlich darf der Versicherte im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf auf die nächstniedrigere Gruppe verwiesen werden (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr.5).

Unter Anwendung dieser Grundsätze besteht kein Nachweis für das Vorliegen der Voraussetzungen der Einschränkung der sozialen Zumutbarkeit hinsichtlich der Verweisbarkeit. Vielmehr ist der Versicherte nicht höher als in die Gruppe der Angelernten im unteren Bereich einzustufen. Der Beweis einer höherwertigen Tätigkeit fehlt. Dies deshalb, weil der Versicherte den ihm durch das Sozialgericht Landshut übersandten Fragebogen zu seiner beruflichen Tätigkeit einschließlich der Anschriften der Arbeitgeber nicht zurücksandte und darauf verweisen ließ, infolge des Krankheitszustandes keine Angaben machen zu können; auch vermochte er Zeugnisse oder dergleichen nicht vorzulegen.

Unter Zugrundelegung eines Bezugsmaßstabes der Verweisbarkeit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt erscheint der Nachweis einer Einschränkung des Leistungsvermögens unter ein vollschichtiges Niveau spätestens zum Zeitpunkt 01. August 1998 nicht als erbracht.

Der Senat stützt sich insoweit auf die überzeugenden und nachvollziehbaren Darlegungen der Sachverständigen Dr.T., wie sie diese in ihrem durch den Senat eingeholten Aktenlagegutachten vom 05.03.2005 niedergelegt hat. Dem Gutachten lag sämtlich erreichbares medizinisches Befundmaterial, insbesondere das vom Senat noch beigezogene Gutachten des serbischen Rentenversicherungsträgers im dortigen Rentenverfahren aus dem Jahre 1996 und die von dem Versicherten noch übersandten medizinischen Unterlagen zugrunde. Auch nach Auswertung sämtlicher zur Verfügung stehender Befunde lässt sich nicht mit der erforderlichen Beweisdichte auf eine Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens unter ein vollschichtiges Niveau schließen. Bei vollschichtiger Leistungsfähigkeit für leichte Arbeiten ist der Versicherte ohne Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar.

Die bestehenden quantitativen Einschränkungen auf leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes erreichen auch kein solches Niveau, dass von einer Summierung ungewöhnlicher Leis-tungseinschränkungen oder einer schweren spezifischen Leis-tungsbehinderung auszugehen ist. Im Hinblick auf die Verweisbarkeit auch auf leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes genügt die von der Gutachterin noch für gegeben erachtete Umstellungsfähigkeit zumindest für nicht qualifizierte Tätigkeiten aus. Der Leistungsfall ist erst ab dem Schlaganfall-ereignis mit der erforderlichen Beweisdichte als eingetreten zu betrachten. Zu diesem Zeitpunkt erfüllte der Versicherte die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen jedoch nicht mehr.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe,die Revision zuzulassen, liegen nicht vor (§ 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved