Land
Bundesrepublik Deutschland
Sozialgericht
Bundessozialgericht
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
9
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 9 VG 1/01 B
Datum
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 14. Dezember 2000 wird zurückgewiesen. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
1. Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger im Zugunstenwege (Verfahren nach § 44 Sozialgesetzbuch - Zehntes Buch) Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz zu gewähren sind.
Das beklagte Land (Beklagter) hat es abgelehnt, dem Kläger entsprechende Leistungen zu gewähren. Seine Rechtsbehelfe und Rechtsmittel sind sämtlich erfolglos geblieben. Im anhängigen Verfahren hat das Landessozialgericht (LSG) die Revision nicht zugelassen.
Mit seiner Beschwerde rügt der Kläger als Verfahrensverstöße ausdrücklich eine Verletzung der §§ 103 und 128 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Das LSG habe die rechtlichen Grenzen des § 128 Abs 1 SGG überschritten und die Pflicht zur Erforschung des Sachverhaltes verletzt, weil es die Zeugen, die im Straf- und Zivilverfahren ausgesagt hätten, nicht selbst vernommen, sondern sich mit der Beiziehung der entsprechenden Verfahrensakten und deren Auswertung begnügt habe.
2. Die Beschwerde ist jedenfalls nicht begründet.
a) Soweit der Kläger eine Verletzung des § 128 Abs 1 SGG rügt, hat die Beschwerde bereits wegen der ausdrücklichen Regelung des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, daß eine Verletzung des § 128 Abs 1 Satz 1 SGG den Zugang zur Revision nicht eröffnet, keinen Erfolg.
b) Auch die Rüge mangelnder Sachaufklärung führt nicht zur Zulassung der Revision. Nach § 160 Abs 2 Nr 3 2. Halbsatz SGG kann dieser Verfahrensmangel auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ist insoweit darzulegen, daß vor dem LSG ein Beweisantrag gestellt worden ist. Daran fehlt es hier. Der Kläger hat weder ausdrücklich behauptet, einen Beweisantrag gestellt zu haben, noch ergibt sich dies schlüssig aus seinen Ausführungen. Er betont lediglich, daß das LSG sich hätte gedrängt fühlen müssen, den Sachverhalt von Amts wegen deshalb weiter aufzuklären, weil entgegen den Zeugenaussagen seiner Tochter und seiner Ehefrau die Zeugin S. zum Tathergang falsche Angaben gemacht habe.
Den Ausführungen des Klägers ist jedoch mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen, daß er außerdem eine Verletzung des Grundsatzes der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme (§ 117 SGG) rügt. Denn er legt dar, daß das Berufungsgericht die vom Strafgericht und dem Zivilgericht gehörten Zeugen selbst hätte vernehmen müssen, um einen unmittelbaren Eindruck von ihnen und ihrer Glaubwürdigkeit im Rahmen ihrer Aussagen zu erlangen und sich nicht mit der Verwertung ihrer in den beigezogenen Akten enthaltenen Aussagen hätte begnügen dürfen.
Dieser Mangel liegt hier indes nicht vor. Das LSG mußte sich nicht gedrängt fühlen, von Amts wegen die Zeugen zu vernehmen, die im Straf- bzw Zivilverfahren ausgesagt hatten und deren Aussagen bisher einvernehmlich mit den Beteiligten im sozialgerichtlichen Verfahren im Wege des Urkundenbeweises aus den beigezogenen Straf- und Zivilakten und den Akten des Beklagten verwertet worden waren.
Grundsätzlich sind die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit allerdings verpflichtet, den Sachverhalt "unmittelbar", dh (mittels eigener Beweisaufnahme) selbst festzustellen (vgl BSG SozR 1500 § 117 Nr 3). Davon kann - wie auch hier offensichtlich geschehen - im Einverständnis mit den Beteiligten abgewichen werden (BSG aaO, mwN). Geht es darum, ob bereits gerichtlich vernommene Zeugen nochmals gehört werden müssen, liegt die Entscheidung darüber grundsätzlich im Ermessen des Berufungsgerichts (§§ 153 Abs 1, 118 Abs 1 SGG iVm § 398 Abs 1 Zivilprozeßordnung (ZPO); vgl BSG SozR 1750 § 398 Nr 1; Thomas/Putzo, ZPO, 23. Aufl 2001, § 398 RdNr 1 - 4). Das richterliche Ermessen reduziert sich jedoch ua dann "auf Null", wenn das Berufungsgericht die Glaubwürdigkeit eines Zeugen zu beurteilen hat und eine abweichende Würdigung der vom Vordergericht gemachten Zeugenaussagen in Betracht zieht (vgl Senatsurteil vom 21. Oktober 1998 - B 9 VG 2/97 R -, SozR 3-1500 § 128 Nr 12 mwN). Denn in solchen Fällen kommt es auf den persönlichen Eindruck an, den der Richter bei der Vernehmung des oder der Zeugen gewinnt. Der Senat hat in dieser Entscheidung offengelassen, ob der in § 398 ZPO enthaltene Grundsatz, daß ein Zeuge jedenfalls dann in der Regel erneut zu vernehmen ist, wenn seine Aussage eine entscheidungserhebliche Tatsache betrifft und das Gericht den Bekundungen nicht folgen will, uneingeschränkt auch im Verhältnis von verschiedenen Gerichtszweigen gilt. Das bedarf auch hier keiner abschließenden Entscheidung. Denn jedenfalls wird eine wiederholte Vernehmung in entsprechender Anwendung des § 398 Abs 1 ZPO dann geboten sein, wenn es wegen Widersprüchlichkeit der Zeugenaussagen auf die Glaubwürdigkeit von Zeugen ankommt und sie - wie hier - zB vor einem Strafgericht ausgesagt haben (vgl Senatsurteil vom 21. Oktober 1998, aaO).
Diese Voraussetzungen müssen aus dem Berufungsurteil erkennbar sein und vom Beschwerdeführer im einzelnen dargelegt werden. Es müssen danach die Aussagen einzelner oder mehrerer Zeugen zum Tathergang anders als vom Straf- oder Zivilgericht gewertet werden können, weil sie widersprüchlich sind. Dies muß im einzelnen herausgearbeitet werden. Darüber hinaus muß aufgezeigt werden, daß das Urteil auf diesem Fehler beruht und eine andere, für den Beschwerdeführer günstigere Beweiswürdigung im OEG-Verfahren in Betracht kommt, wenn die Zeugen vom Berufungsgericht vernommen werden. In diesem Zusammenhang ist auf die Glaubwürdigkeit der Zeugen einzugehen, die widersprüchliche Aussagen gemacht haben sollen.
Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Aus dem Berufungsurteil und den Darlegungen des Klägers ist nicht erkennbar, daß und ggf welche Zeugenaussagen widersprüchlich sind und im einzelnen vom LSG andere Wertungen im Hinblick auf das Opferentschädigungsrecht als im Strafverfahren und im Zivilprozeß vorgenommen worden sind. Die Beschwerde ist nach alledem unbegründet.
Die Kostenentscheidung beruht auf der analogen Anwendung des § 193 SGG.
Gründe:
1. Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger im Zugunstenwege (Verfahren nach § 44 Sozialgesetzbuch - Zehntes Buch) Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz zu gewähren sind.
Das beklagte Land (Beklagter) hat es abgelehnt, dem Kläger entsprechende Leistungen zu gewähren. Seine Rechtsbehelfe und Rechtsmittel sind sämtlich erfolglos geblieben. Im anhängigen Verfahren hat das Landessozialgericht (LSG) die Revision nicht zugelassen.
Mit seiner Beschwerde rügt der Kläger als Verfahrensverstöße ausdrücklich eine Verletzung der §§ 103 und 128 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Das LSG habe die rechtlichen Grenzen des § 128 Abs 1 SGG überschritten und die Pflicht zur Erforschung des Sachverhaltes verletzt, weil es die Zeugen, die im Straf- und Zivilverfahren ausgesagt hätten, nicht selbst vernommen, sondern sich mit der Beiziehung der entsprechenden Verfahrensakten und deren Auswertung begnügt habe.
2. Die Beschwerde ist jedenfalls nicht begründet.
a) Soweit der Kläger eine Verletzung des § 128 Abs 1 SGG rügt, hat die Beschwerde bereits wegen der ausdrücklichen Regelung des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, daß eine Verletzung des § 128 Abs 1 Satz 1 SGG den Zugang zur Revision nicht eröffnet, keinen Erfolg.
b) Auch die Rüge mangelnder Sachaufklärung führt nicht zur Zulassung der Revision. Nach § 160 Abs 2 Nr 3 2. Halbsatz SGG kann dieser Verfahrensmangel auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ist insoweit darzulegen, daß vor dem LSG ein Beweisantrag gestellt worden ist. Daran fehlt es hier. Der Kläger hat weder ausdrücklich behauptet, einen Beweisantrag gestellt zu haben, noch ergibt sich dies schlüssig aus seinen Ausführungen. Er betont lediglich, daß das LSG sich hätte gedrängt fühlen müssen, den Sachverhalt von Amts wegen deshalb weiter aufzuklären, weil entgegen den Zeugenaussagen seiner Tochter und seiner Ehefrau die Zeugin S. zum Tathergang falsche Angaben gemacht habe.
Den Ausführungen des Klägers ist jedoch mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen, daß er außerdem eine Verletzung des Grundsatzes der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme (§ 117 SGG) rügt. Denn er legt dar, daß das Berufungsgericht die vom Strafgericht und dem Zivilgericht gehörten Zeugen selbst hätte vernehmen müssen, um einen unmittelbaren Eindruck von ihnen und ihrer Glaubwürdigkeit im Rahmen ihrer Aussagen zu erlangen und sich nicht mit der Verwertung ihrer in den beigezogenen Akten enthaltenen Aussagen hätte begnügen dürfen.
Dieser Mangel liegt hier indes nicht vor. Das LSG mußte sich nicht gedrängt fühlen, von Amts wegen die Zeugen zu vernehmen, die im Straf- bzw Zivilverfahren ausgesagt hatten und deren Aussagen bisher einvernehmlich mit den Beteiligten im sozialgerichtlichen Verfahren im Wege des Urkundenbeweises aus den beigezogenen Straf- und Zivilakten und den Akten des Beklagten verwertet worden waren.
Grundsätzlich sind die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit allerdings verpflichtet, den Sachverhalt "unmittelbar", dh (mittels eigener Beweisaufnahme) selbst festzustellen (vgl BSG SozR 1500 § 117 Nr 3). Davon kann - wie auch hier offensichtlich geschehen - im Einverständnis mit den Beteiligten abgewichen werden (BSG aaO, mwN). Geht es darum, ob bereits gerichtlich vernommene Zeugen nochmals gehört werden müssen, liegt die Entscheidung darüber grundsätzlich im Ermessen des Berufungsgerichts (§§ 153 Abs 1, 118 Abs 1 SGG iVm § 398 Abs 1 Zivilprozeßordnung (ZPO); vgl BSG SozR 1750 § 398 Nr 1; Thomas/Putzo, ZPO, 23. Aufl 2001, § 398 RdNr 1 - 4). Das richterliche Ermessen reduziert sich jedoch ua dann "auf Null", wenn das Berufungsgericht die Glaubwürdigkeit eines Zeugen zu beurteilen hat und eine abweichende Würdigung der vom Vordergericht gemachten Zeugenaussagen in Betracht zieht (vgl Senatsurteil vom 21. Oktober 1998 - B 9 VG 2/97 R -, SozR 3-1500 § 128 Nr 12 mwN). Denn in solchen Fällen kommt es auf den persönlichen Eindruck an, den der Richter bei der Vernehmung des oder der Zeugen gewinnt. Der Senat hat in dieser Entscheidung offengelassen, ob der in § 398 ZPO enthaltene Grundsatz, daß ein Zeuge jedenfalls dann in der Regel erneut zu vernehmen ist, wenn seine Aussage eine entscheidungserhebliche Tatsache betrifft und das Gericht den Bekundungen nicht folgen will, uneingeschränkt auch im Verhältnis von verschiedenen Gerichtszweigen gilt. Das bedarf auch hier keiner abschließenden Entscheidung. Denn jedenfalls wird eine wiederholte Vernehmung in entsprechender Anwendung des § 398 Abs 1 ZPO dann geboten sein, wenn es wegen Widersprüchlichkeit der Zeugenaussagen auf die Glaubwürdigkeit von Zeugen ankommt und sie - wie hier - zB vor einem Strafgericht ausgesagt haben (vgl Senatsurteil vom 21. Oktober 1998, aaO).
Diese Voraussetzungen müssen aus dem Berufungsurteil erkennbar sein und vom Beschwerdeführer im einzelnen dargelegt werden. Es müssen danach die Aussagen einzelner oder mehrerer Zeugen zum Tathergang anders als vom Straf- oder Zivilgericht gewertet werden können, weil sie widersprüchlich sind. Dies muß im einzelnen herausgearbeitet werden. Darüber hinaus muß aufgezeigt werden, daß das Urteil auf diesem Fehler beruht und eine andere, für den Beschwerdeführer günstigere Beweiswürdigung im OEG-Verfahren in Betracht kommt, wenn die Zeugen vom Berufungsgericht vernommen werden. In diesem Zusammenhang ist auf die Glaubwürdigkeit der Zeugen einzugehen, die widersprüchliche Aussagen gemacht haben sollen.
Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Aus dem Berufungsurteil und den Darlegungen des Klägers ist nicht erkennbar, daß und ggf welche Zeugenaussagen widersprüchlich sind und im einzelnen vom LSG andere Wertungen im Hinblick auf das Opferentschädigungsrecht als im Strafverfahren und im Zivilprozeß vorgenommen worden sind. Die Beschwerde ist nach alledem unbegründet.
Die Kostenentscheidung beruht auf der analogen Anwendung des § 193 SGG.
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