L 2 U 336/03

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 9 U 932/02
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 336/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 200/05 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
Bemerkung
S 9 U 279/03
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 15. September 2003 aufgehoben. Die Klagen gegen den Bescheid vom 16. April 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 02. Dezember 2002 werden abgewiesen.
II. Die Parteien haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger begehren Hinterbliebenenrente nach ihrem am 29.08.1992 zu Tode gekommenen Ehemann bzw. Vater R. F ...

R. F. war am 28.08.1992 mit Arbeitskollegen auf Einladung des früheren Arbeitskollegen L. B. nach P. gereist. Dort besuchte die Gruppe nach verschiedenen anderen Gaststätten die Diskothek E. , wo sich insgesamt über 100 Personen aufhielten. Nach Mitternacht kam es dort zu einer Schlägerei, an der zu Beginn die Kollegen M. B. und V. und im weiteren Verlauf 15 bis 20 Personen beteiligt waren. Die Kollegen retteten sich teils über die Eingangstreppe hinauf in eine Passage, teils wurden sie dorthin geschleppt oder geprügelt. In dieser Passage lag R. F. mit schweren, von stumpfer Gewalteinwirkung herrührenden Kopfverletzungen, denen er noch an Ort und Stelle erlag. Es wurden bei der Obduktion weder eine Alkoholisierung noch Drogenspuren festgestellt.

Die Kollegen wurden noch am selben Tag neben anderen Zeugen aus Deutschland und Tschechien von der Polizei in P. verhört. Am 03.09.1992 wurden sie von der Kripo in Deutschland verhört. Die Verhöre dienten jeweils der Aufklärung des gewaltsamen Todes des R. F. und enthielten gezielte Fragen an die Zeugen, wann und wo sie den Getöteten zuletzt wahr genommen hatten.

In Tschechien wurde im Jahre 2001 gegen verschiedene Personen, die Angestellte der Diskothek waren, ein Strafverfahren wegen Beteiligung an einer Rauferei mit Todesfolge durchgeführt, das nach Auswertung von ca. 200 Zeugenaussagen mit einem Freispruch für alle Angeklagten endete, weil ihnen entweder eine Beteiligung nicht nachgewiesen werden konnte oder sich erwies, dass sie schlichtend eingegriffen hatten. Alle Zeugen gaben an, sie hätten R. F. vor der Schlägerei oder in deren Verlauf nicht gesehen und konnten auch sonst keine Angaben machen, wer ihn geschlagen hätte. Zu diesem Prozess erschienen die als Zeugen geladenen Kollegen des R. F. nicht. Gegen M. B. wurde in P. ein Verfahren wegen des Anzettelns der Schlägerei eingeleitet und vom Gericht wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften durch die Ermittlungsbehörde eingestellt.

Bei der Einvernahme durch die Polizei in P. konnte keiner der Zeugen angeben, er habe R. F. vor oder während der Schlägerei wahrgenommen. Der Kollege V. gab an, sie hätten sich in der Bar verschieden bewegt, sie seien nicht gemeinsam gewesen. Den Beginn der Auseinandersetzung des angetrunkenen M. B. beobachtete er nicht selbst, sondern nahm sie erst wahr, als sie im Gange war, versuchte M. B. zu helfen und die Streitenden zu trennen, wurde aber selbst außer Gefecht gesetzt. Der Kollege C. L. gab an, sie seien zunächst zusammen gewesen und dann auseinandergegangen. Er sei gestoßen worden, habe dann eine Schlägerei registriert, wegen der Menschenmenge aber nicht zum Ort der Schlägerei kommen und sehen können, wer dort gerauft habe. R. F. sah er erst in der Passage wieder. Alle Aussagen stimmten darüber überein, dass M. B. ziemlich angetrunken gewesen sei. Soweit unbeteiligte Zeugen den Vorgang schilderten, gaben sie ein provozierendes Verhalten des M. B. wieder, das zu den Tätlichkeiten geführt habe, dass M. B. schnell niedergeschlagen worden sei, aber weiter zu raufen versucht habe und dass V. sich eingemischt habe, um dem M. B. zu helfen und die Streitenden zu trennen. V. selbst bestätigte diese Version.

Bei der Kripo in Deutschland gaben alle Kollegen an, dass sie nicht beobachtet hätten, wo und wie R. F. verletzt worden sei. V. gab an, er sei zum Tanzen gegangen, dann sei die Schlägerei los gegangen. Er schilderte den Ablauf und seine Beteiligung wie zuvor in P ... Als er zu Bewusstsein gekommen und aufgestanden sei, habe er keinen Arbeitskollegen mehr entdecken können und sei aus der Disko gerannt. Wie es zu den Verletzungen des R. F. gekommen sei, habe er nicht gesehen. R. H. gab an, R. F. sei an der Schlägerei überhaupt nicht beteiligt gewesen, sie hätten alle schon darüber spekuliert, ob er sich am Aufgang irgendjemandem in den Weg gestellt habe. Genaues könne darüber aber keiner sagen, weil keiner etwas gesehen habe. C. L. war nach seinen Angaben am Rande von der Schlägerei betroffen, konnte nicht sehen, wer dann noch beteiligt war und konnte zunächst zu einem Arbeitskollegen und dann ins Freie gehen. Auf die ausdrückliche Frage, wo er R. F. zuletzt gesehen habe, gab er an, R. F. sei an einem runden Tisch an der Tanzfläche gestanden. Was dann geschehen sei, könne er nicht mehr sagen. Auf jeden Fall sei er plötzlich nicht mehr da gewesen. Zwischen seinem letzten Gespräch mit R. F. und dem Beginn der Schlägerei seien ca. 5 bis 10 Minuten gewesen. Sie hätten sich schon unterhalten, aber keiner habe gesehen, wo R. F. bei Ausbruch der Schlägerei gestanden habe, keiner habe ihn gesehen.

Die Beklagte erfuhr von dem Vorgang am 13.06.1994 und teilte der Klägerin zu 1 nach Erhalt der polizeilichen Unterlagen aus Deutschland und Tschechien und der tschechischen Anklageschrift mit Schreiben vom 06.05.1997 mit, es habe kein Nachweis geführt werden können, dass der Verstorbene aufgrund einer Hilfeleistung zu Tode gekommen sei. Die Akten würden hiermit abgelegt.

Am 08.08.2000 wandte sich die Klägerin zu 1 an die Beklagte und fragte, ob eine ergänzende Aussage des V. helfen würde. Sie legte ferner ein Schreiben des in P. mit dem Strafverfahren befassten Richters S. vor, wonach aus der Beweisführung hervorgehe, dass R. F. eine Schlägerei habe schlichten wollen. In seinem Bemühen, V. zu schützen, sei er angegriffen worden und es seien ihm die tödlichen Verletzungen zugefügt worden.

Nach Beiziehung der polizeilichen und gerichtlichen Unterlagen zum Gerichtsverfahren in Tschechien lehnte die Beklagte die Anträge auf Hinterbliebenenrenten mit Bescheid vom 16.04.2002 ab und wies die Widersprüche mit Widerspruchsbescheid vom 02.12.2002 als unbegründet zurück.

Im Klageverfahren hat das Sozialgericht den Richter S. und M. B., C. L., R. H. und V. als Zeugen einvernommen.

C. L. hat angegeben, er habe den Anfang der Auseinandersetzung nicht sehen können. Er habe aber V. laut schreien hören: "Helft mir, helft mir, R. hilf mir." Er habe gesehen, wie R. F. in Richtung V. gegangen sei. Über das weitere Geschehen hat der Zeuge aus eigener Wahrnehmung nichts sagen können.

R. H. hat den Beginn der Auseinandersetzung geschildert. Er habe sich in den Streit des M. B. schlichtend einmischen wollen, sei gerade hinter diesem gestanden, als er selbst niedergeschlagen worden sei. Ob V. mitgegangen sei, wisse er nicht, er habe nicht gehört, dass V. um Hilfe gerufen habe. Was R. F. gemacht habe, wisse er nicht, er könne nur sagen, dass er nicht dabei gewesen sei, als er den Streit beobachtet habe und hinter M. B. gestanden sei. Von ihnen habe keiner nachvollziehen können, wie es zu der Verletzung des R. F. gekommen sei, weil er ja an der ganzen Sache nicht beteiligt gewesen sei.

M. B. hat einen Schrei "R. hilf mir" gehört und V. habe ihm später erzählt, R. F. habe ihm geholfen. Er selbst habe das nicht gesehen.

Der Richter S. hat seine Aussage nach Durchsicht der Akten gemacht und in Auswertung der Zeugenaussagen geäußert, nach seiner Überzeugung sei R. F. mit den anderen dem V. und M. B. zu Hilfe gekommen.

V. hat den Beginn der Schlägerei im Wesentlichen wie früher geschildert und angegeben, er habe gesehen und sei sich ganz sicher, dass R. F. auch habe helfen wollen, auf die Tanzfläche gekommen und auf das Getümmel zugegangen sei. Wie er sich verhalten habe, könne er nicht sagen. In der Disko seien R. F. , M. B. und er an einem Tisch gestanden. An einzelne Schreie könne er sich nicht erinnern, wenn aber jemand ihn gerufen hätte, hätte er "R." geschrien, weil dies sein damaliger Spitzname gewesen sei. Bei seiner Bewegung auf die Tanzfläche zu, sei er dem R. F. ein paar Schritte vorausgewesen, der sei gefolgt. Dass M. B. einen Schuh ausgezogen habe, um sich damit zu wehren, konnte sich V. nicht erinnern. Dies hatte er gegenüber der Polizei sowohl in Tschechien als in Deutschland wiedergegeben. Auch Zeugen in P. hatten dies geschildert.

Mit Urteil vom 15.09.2003 hat das Sozialgericht die Beklagte zur Zahlung der Hinterbliebenenleistung verurteilt. Es hat dahingestellt sein lassen, ob die Feststellungslast wegen der Dauer des Verfahrens ausnahmsweise umzukehren sei. Nach dem Beweisergebnis sei bewiesen, dass R. F. habe Hilfe leisten wollen und dabei zu Tode gekommen sei. V. habe als Zeuge bestätigt, dass R. F. ihm zu Hilfe geeilt sei, als er selbst habe Hilfe leisten wollen und angegriffen worden sei. Die Zeugen M. B. und C. L. hätten von dem Hilfeschrei berichet und hätten diesen V. zugeordnet, der nach ihrer Auffassung R. F. zu Hilfe gerufen habe. Sehr überzeugend sei auch die Aussage des Richters S. gewesen, wonach M. B. nicht mit den Gewalttätigkeiten angefangen habe und keinen Anlass hierzu gegeben habe. Die deutschen Gäste, also auch R. F. hätten dem M. B. und dem V. zu Hilfe eilen wollen. Von individuellen Abweichungen abgesehen seien die Zeugenaussagen im Einklang und die Zeugen glaubwürdig. Von besonderer Bedeutung sei die Aussage des Zeugen S. Im übrigen sei nach der Entscheidung des BSG vom 29.01.1971, Az.: 2 RU 186/67 die Beklagte zu Leistungen verpflichtet, weil der Verstorbene ohne eigenes Verschulden in die Schlägerei geraten sei. Ohne Bedeutung sei, wo der Tod eingetreten sei, ob in der Diskothek oder davor, möglicherweise infolge von Fußtritten von umstehenden Personen. Der natürliche Geschehensablauf habe hier keine Zäsur erfahren.

Im Berufungsverfahren haben die Kläger geltend gemacht, zu ihren Gunsten seien erhebliche Beweiserleichterungen zu berücksichtigen. Es sei ausreichend, wenn lediglich ein Indiz auf die Hilfeleistung hindeute. Eine Sachbearbeiterin der Beklagten habe zugesagt, dass die begehrten Leistungen gewährt würden, wenn der Richter S. eine Hilfeleistung schriftlich bestätige. Die Zusage sei zwar nicht schriftlich erfolgt, begründe jedoch einen Vertrauenstatbestand, welcher zumindest hinsichtlich einer weiteren Beweiserleichterung zu berücksichtigen sei.

Sie haben weiter vorgetragen, es habe sich um einen Unfall auf einem Betriebsausflug gehandelt. Der Arbeitgeber habe hierzu das Fahrzeug zur Verfügung gestellt, den Ausflug zumindest teilweise aus seiner Kasse finanziert und ihn für alle Arbeitnehmer außerhalb des Verwaltungsbereichs organisiert.

Der Senat hat die für das Unternehmen zuständige Großhandels- und Lagerei-BG beigeladen. Diese hat eine Auskunft des Unternehmens vorgelegt, wonach der Ausflug nicht vom Unternehmen organisiert wurde, kein Firmenfahrzeug zur Verfügung gestellt wurde, es sich um keine Gemeinschaftsveranstaltung gehandelt habe, an der alle Betriebsangehörigen hätten teilnehmen können und der Betrieb damals ca. 40 Betriebsangehörige gehabt habe.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts München vom 15.09.2003 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 16.04.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.12.2002 abzuweisen.

Die Beigeladene beantragt, den Beiladungsbeschluss aufzuheben. Hilfsweise beantragt sie, die Berufung zurückzuweisen, soweit sie zu Leistungen verpflichtet werden soll.

Die Kläger beantragen, die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise die Beigeladene zu verurteilen, Hinterbliebenenrente zu gewähren. Sie beantragen ferner, den Zeugen N. zu vernehmen zu dem Beweisthema: "Der Geschäftsführer der Unfallkasse München, Herr G. , habe sich ohne Berücksichtigung der vorliegenden Tatsachen geweigert, der Klägerin Witwenrente zu gewähren. Auch habe er sinngemäß geäußert, der Unfallort sei keine Diskothek, sondern ein Bordell gewesen." Sie beantragen weiter, sämtliche Ermittlungsakten aus Tschechien beizuziehen. Sie beantragen weiter, sämtliche Zeugen, die im Rahmen des tschechischen Ermittlungsverfahrens vernommen worden sind, erneut zu vernehmen.

Zum Verfahren beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren die Akten der Beklagten und die Akte des Sozialgerichts München in dem vorangegangenen Klageverfahren. Auf ihren Inhalt wird ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die von der Beklagten form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig; eine Beschränkung der Berufung nach § 144 SGG besteht nicht.

Die Berufung ist auch begründet. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Hinterbliebenenleistungen der gesetzlichen Unfallversicherung.

Die Kläger haben keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Hinterbliebenenleistungen aus der behaupteten Zusicherung. Eine solche hätte nach § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB X zu ihrer Wirksamkeit der schriftlichen Form bedurft. Eine solche schriftliche Zusicherung liegt nicht vor und eine in anderer Form getätigte Zusicherung wäre nichtig (vgl. v. Wulfen/Engelmann, Kommentar zum SGB X, 5. Auflage, § 34 Rdnr. 12) und würde keine Rechtswirkung entfalten.

Ein Versicherungsschutz des R. F. bei der tödlichen Verletzung kann auch nicht mit der vom Sozialgericht zitierten Entscheidung des Bundessozialgerichts begründet werden. Der Senat sieht auch bei weitester Auslegung keinen Anhaltspunkt dafür, dass dieser Entscheidung eine Leistungspflicht des Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung zu entnehmen wäre, wenn ein bei einem Raufhandel Getöteter ohne eigenes Verschulden in die Schlägerei geraten ist.

Die unfallversicherungsrechtliche Beurteilung des geltend gemachten Anspruches richtet sich nach den bis 31.12.1996 geltenden Vorschriften der RVO, da der geltend gemachte Versicherungsfall vor dem 01.01.1997 eingetreten wäre und erstmals über Leistungen hieraus zu entscheiden ist (§§ 212 ff. SGB VII).

R. F. stand zum Zeitpunkt des geltend gemachten Unfalls nicht aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses nach § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO unter Versicherungsschutz. Im inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit und damit unter Versicherungsschutz stehen auch sogenannte betriebliche Gemeinschaftsveranstaltungen. Voraussetzung für die Annahme einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung ist, dass die Zusammenkunft der Pflege der Verbundenheit zwischen der Unternehmensleitung und den Beschäftigten sowie der Beschäftigten untereinander dient. Sie muss allen Beschäftigten des Unternehmens offen stehen und von der Unternehmensleitung entweder selbst veranstaltet oder jedenfalls von ihrer Autorität getragen werden. Hierbei muss die Veranstaltung eine solche des Betriebes sein, nicht nur einzelner Gruppen von Beschäftigten. Die Unternehmensleitung muss zwar nicht selbst als Veranstalter auftreten. Sie kann sich auch einer von Belegschaftsmitgliedern, etwa dem Betriebsrat, initierten und organisierten Zusammenkunft anschließen und deren Durchführung unterstützen. Eine solche Veranstaltung ist von der Autorität der Unternehmensleitung getragen, wenn der Veranstalter nicht oder nur aus eigenem Antrieb und freier Entschließung, sondern im Einvernehmen mit der Unternehmensleitung oder für diese handelt. Die Billigung der Unternehmensleitung muss sich nicht nur auf die wegen der Durchführung einer Veranstaltung erforderlichen betrieblichen Änderungen erstrecken, sondern die Durchführung als betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung muss von ihr gewollt sein. Bei betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltungen, die in einzelnen organisatorischen Einheiten des Unternehmens erfolgen, insbesondere wenn das Unternehmen über mehrere Betriebsstätten oder Filialen verfügt, genügt es, wenn die Leitung der jeweiligen organisatorischen Einheit als Veranstalter seitens des Unternehmens fungiert. Die Veranstaltung muss grundsätzliche für sämtliche Beschäftigte des Unternehmens offen sein, bei Großbetrieben mindestens für alle Beschäftigten einzelner Abteilungen oder anderer betrieblicher Einheiten. Es reicht nicht aus, dass den Beschäftigten einer ausgewählten Gruppe die Teilnahme an einer für sie, aber nicht für alle Beschäftigten des Unternehmens oder Unternehmenteils ausgerichteten Veranstaltung offen steht. Zugleich muss die Unternehmensleitung oder müssen Teile von ihr an der Veranstaltung teilnehmen, da es gerade auch um die Stärkung und Pflege des Zusammengehörigkeitsgefühls von Unternehmensleitung und Belegschaft geht. Zusammenkünfte, welche der Pflege der Verbundenheit nur der Beschäftigten eines Unternehmens untereinander dienen, reichen daher nicht aus, um die Teilnahme an ihnen einer betrieblichen Tätigkeit gleichzustellen (BSG, Urteil vom 26.10.2004, Az.: B 2 U 16/04 R m.w.N.).

Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Der Ausflug, an dem R. F. teilgenommen hat, ist auf Einladung des früheren Arbeitskollegen L. B. erfolgt und von diesem organisiert worden. Er ist in keiner Weise von der Unternehmensleitung mitgetragen, finanziert oder mitfinanziert worden und ist auch nicht allen Betriebsangehörigen offengestanden. Die Aufteilungsmöglichkeit für Großbetriebe hat hier nicht bestanden, denn der gesamte Betrieb hatte damals nur ca. 40 Betriebsangehörige. Dies ergibt sich aus den Aussagen des L. B. und den Angaben der Kollegen des R. F. gegenüber der Polizei in Deutschland, ferner aus den Auskünften des Unternehmens. Hierbei reichen letztere aus, um eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung, die Versicherungsschutz gewährleistet hätte, zu verneinen. Die Angaben der Kläger hierzu, gleich ob sie zur Annahme einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung ausgereicht hätten, haben sich als unzutreffend erwiesen.

Ein Versicherungsschutz kommt nur nach § 539 Abs. 1 Nr. 9 a RVO in Betracht (Personen, die bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten oder einen anderen aus gegenwärtiger Lebensgefahr oder erheblicher gegenwärtiger Gefahr für Körper oder Gesundheit zu retten unternehmen), nicht auch nach § 539 Abs. 1 Nr. 9 c RVO (Personen, die sich unter anderem zum Schutz eines widerrechtlich Angegriffenen persönlich einsetzen), da nach § 539 Abs. 3 Satz 2 RVO nur ersteres im Ausland versichert ist.

Insoweit kommt in Betracht, dass der Verstorbene R. F. es unternommen hat, einen von der Schlägerei Betroffenen aus gegenwärtiger Lebensgefahr oder erheblicher gegenwärtiger Gefahr für Körper oder Gesundheit zu retten. Sofern eine solche Rettungshandlung oder der entsprechende Versuch ursächlich für eine Körperverletzung und den Tod waren, hätte Versicherungsschutz bestanden. Hierbei ist, wie auch sonst im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung (vgl. BSGE 45, 285) notwendig, dass die anspruchsbegründenden Tatsachen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bewiesen sind.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist zur Überzeugung des Senats nicht mehr festzustellen, wo sich R. F. zu Beginn der Schlägerei aufgehalten hat, was er zu diesem Zeitpunkt und während der Schlägerei gemacht hat, wann und wo er angegriffen wurde und von wem. Insbesondere ist nicht erwiesen, dass er jemandem Hilfe geleistet oder ihn aus einer Gefahr zu retten unternommen hat oder dies wollte und diesen Willen in irgendeiner Weise betätigt hat.

Das ergibt sich zunächst aus sämtlichen Zeugenaussagen in Tschechien und Deutschland mit Ausnahme der Zeugeneinvernahme durch das Sozialgericht. Die Zeugen sind sowohl in Tschechien wie in Deutschland explizit auf ihre Wahrnehmung des R. F. vor der Schlägerei, zu deren Beginn und bis zu seiner Auffindung in der Passage gefragt worden. Er ist zum Teil von den Zeugen überhaupt nicht gesehen worden und sofern Arbeitskollegen Angaben über seinen letzten Aufenthalt machen konnten, bezog sich dies auf einen Zeitpunkt vor Beginn der Schlägerei und ohne dass die Arbeitskollegen sagen konnten, R. F. habe von dem Geschehen etwas wahr genommen und darauf reagiert.

Die vor dem Sozialgericht gemachten Zeugenaussagen können das vom Sozialgericht angenommene Beweisergebnis nicht begründen.

Das Sozialgericht stützt sich in seinen Entscheidungsgründen unter anderem zu Unrecht auf die Aussagen des Zeugen R. H. Nach den Aussagen des R. H. vor der Kriminalpolizei in Deutschland ergibt sich, dass er R. F. vor der Schlägerei und in deren Verlauf überhaupt nicht wahrgenommen hatte und er und seine Arbeitskollegen sich darüber hinaus nicht erklären konnten, wie es zu der Attacke gegen R. F. gekommen war. Eben diese Aussage hat der Zeuge inhaltlich vor dem Sozialgericht wiederholt.

Es kann dahingestellt bleiben, ob auf die Aussage des C. L. vor dem Sozialgericht die Annahme gestützt werden könnte, R. F. habe helfend oder rettend in die Auseinandersetzung eingreifen wollen. Danach hätte der Kollege V. einen R. zu Hilfe gerufen und er selbst hätte gesehen, wie R. F. in Richtung des V. gegangen sei. Damit hat der Zeuge C. L. eine Wahrnehmung behauptet, die er zuvor ausdrücklich nicht gehabt hat. In jeder der zeitnahen polizeilichen Vernehmungen hat er ausdrücklich angegeben, dass er R. F. vor und während der Schlägerei nicht gesehen habe. Bei der Bewertung dieser Zeugenaussage ist dem Sozialgericht nicht aufgefallen, dass der Zeuge R. H. einen solchen Ruf des V. nach einem R. nicht gehört hat und V. diesen Ruf nicht hat bestätigen können. Letzterer hat die Frage des Gerichts nicht einmal verstanden und ist davon ausgegangen, er selbst könne gerufen worden sein.

Die Aussage des Zeugen V. vor dem Sozialgericht steht im deutlichen Gegensatz zu seiner Aussage vor der Kriminalpolizei in Deutschland. Bei der Kriminalpolizei hatte der Zeuge V. nicht angegeben, dass R. F. und M. B. an seinem Tisch gestanden seien, dass er beobachtet habe wie R. F. auf die Tanzfläche gekommen sei und dass er sich sicher gewesen sei, dass R. F. auch habe helfen wollen. Er hatte vielmehr angegeben, er und der Zeuge R. H. hätten sich an einen großen Tisch gegenüber der Bar hingestellt und dann hätten sich alle in der Disko verteilt. Er sei dann zum Tanzen gegangen und dann sei die Schlägerei los gegangen. Danach hatte er R. F. weder vor noch während der Schlägerei gesehen und ihn erstmals wieder in der Passage wahr genommen.

Die Aussage des M. B. vor dem Sozialgericht, alle Freunde seien ihm zu Hilfe geeilt, R. F. sei später dazu gekommen, um zu helfen, steht in noch deutlicherem Gegensatz zu seinen Einlassungen bei der Kriminalpolizei in Deutschland. Danach hatte er keine Ahnung, wo zum Zeitpunkt des Beginns der Auseinandersetzung seine Arbeitskollegen gewesen waren. Vom Zeugen V. wusste er, dass er ihm geholfen hatte, lediglich aus dessen Erzählungen. Gesehen habe er niemanden. Wörtlich heißt es unter anderem: "Unten in der Diskothek habe ich den F. überhaupt nicht gesehen. Ich weiß also nicht, wo er war, als die Schlägerei losgegangen ist."

Abgesehen davon, dass nach Überzeugung des Senats die vom Sozialgericht gehörten Zeugen in der mündlichen Verhandlung jenseits der von ihnen selbst gezogenen Schlussfolgerungen keine Tatsachenwahrnehmungen enthalten, auf die ein hinreichender Beweis gestützt werden könnte, dass der Verstorbene es unternommen hat, einen anderen aus erheblicher gegenwärtiger Gefahr für Körper oder Gesundheit zu retten, stehen die Aussagen, sofern es die Wahrnehmung einer solchen Rettungshandlung oder einer Intention hierzu betrifft, in einem so krassen Gegensatz zu den zeitnahen und nach detaillierten Fragen der Kriminalpolizei gemachten Zeugenaussagen nach der Rückkehr in Deutschland, dass dies nicht mehr glaubhaft erscheint, auch wenn die Zeugen auf das Sozialgericht einen glaubwürdigen Eindruck gemacht haben sollten.

Der Aussage des Zeugen S. kommt ein sehr geringer Beweiswert zu, auf den nach Überzeugung des Senats im Ergebnis keine den Klägern günstige Entscheidung begründet werden kann. Der Zeuge hat das Geschehen nicht selbst wahrgenommen, sondern konnte lediglich die Wahrnehmungen anderer mitteilen. Diese Aussagen sind in den Akten dokumentiert und weitere Aussagen hat der Zeuge S. nicht beisteuern können. Seine Aussage besteht im Wesentlichen in Schlussfolgerungen anhand von Unterlagen, die dem Sozialgericht wie dem Senat selbst zur Verfügung gestanden haben. Diesen Unterlagen ist keine einzige Zeugenwahrnehmung zu entnehmen, die einen Entschluss auf eine intendierte Hilfeleistung des R. F. wiedergibt. Auch sonst ist keinerlei Aussage ersichtlich, die etwas zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes beigetragen hätte. Die Schlussfolgerung des Zeugen S. ist eine, die das Sozialgericht hätte kritisch prüfen und dann selbst treffen müssen und auf die nach Überzeugung des Senats der notwendige Beweis nicht gegründet werden kann.

Anlass für eine Beweisumkehr oder Beweiserleichterung besteht nicht. Es ist nicht ersichtlich, welches Verhalten der Beklagten eine Beweisführung erschwert oder unmöglich gemacht hätte. Mit dem Zeitablauf sind keine Beweismittel verloren gegangen, es ist im Gegenteil das Strafverfahren im Jahre 2001 in Tschechien als Beweisquelle hinzugekommen. Darüber hinaus ist zu beachten, dass das Schreiben der Beklagten vom 06.05.1997 einen Verwaltungsakt darstellt, den die Kläger haben rechtsbeständig werden lassen. Das nunmehrige Verfahren ist erst im Jahre 2001 eingeleitet worden. Es haben also die Kläger die Zeit verstreichen lassen.

Die Frage nach einer Umkehr der Beweislast oder einer Beweiserleichterung kann jedoch dahingestellt bleiben, denn selbst bei einem Beweisnotstand, sei er von der Beklagte verschuldet oder nicht, tritt eine Umkehr der Beweislast nicht ein. Vielmehr sind die Tatsachengerichte in einem derartigen Fall berechtigt, im Rahmen der vielfältigen Möglichkeiten der Beweiswürdigung an den Beweis der Tatsachen, auf die sich der Beweisnotstand bezieht, weniger hohe Anforderungen zu stellen. Es bleibt dem Tatsachengericht im Rahmen seiner freien richterlichen Beweiswürdigung überlassen, je nach den Besonderheiten des maßgebenden Einzelfalls schon einzelne Beweisanzeichen, im Extremfall ein Indiz ausreichen zu lassen für die Feststellung einer Tatsache oder der daraus abgeleiteten Bejahung der Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs (vgl. BSG Urteil vom 27.05.1997, Az.: 2 RU 38/96).

Auch unter diesen Voraussetzungen kann nach Überzeugung des Senats ein Versicherungsschutz nicht angenommen werden. Die Voraussetzungen des § 539 Abs. 1 Nr. 9 Buchst. a RVO hätte der Verstorbene nur erfüllt, wenn er es unternommen hätte, einen anderen aus gegenwärtiger Lebensgefahr oder erheblicher gegenwärtiger Gefahr für Körper oder Gesundheit zu retten. Dieses Unternehmen hätte seinerseits zu den körperlichen Verletzungen und schließlich zum Tode führen müssen, wobei für die Annahme des Ursachenzusammenhanges jeweils die Annahme der hinreichenden Wahrscheinlichkeit ausreicht. Hierbei könnte zugunsten der Kläger davon ausgegangen werden, dass der Eintritt der gegenwärtigen Lebensgefahr oder erheblichen Gefahr für Körper oder Gesundheit noch nicht gewiss sein musste, dass bereits die Abklärung eines solchen Hilfebedarfes mit der Intention der nötigen Hilfe unter Versicherungsschutz stand. Ausgehend von einer solchen erheblichen gegenwärtigen Gefahr und einer darauf gerichteten Rettungshandlung steht nicht jede Hilfeleistung unter Versicherungsschutz. Die Teilnahme an einer tätlichen Auseinandersetzung auf Seiten der näher stehenden und zu unterliegen drohenden Person erfüllt die oben genannten Voraussetzungen noch nicht. Die Rettungshandlung oder intendierte Rettungshandlung muss ihrerseits Ursache für die körperliche Schädigung gewesen sein, wobei es ausreichen kann, wenn der Hilfeleistende wegen der intendierten Hilfeleistung angegriffen wird und so in eine fortdauernde körperliche Auseinandersetzung gerät.

Für eine solche intendierte Hilfeleistung gibt es jedoch nach Überzeugung des Senats nach einer kritischen Sichtung des Beweisergebnisses keine Anhaltspunkte. Nach Sichtung sämtlicher Zeugenvernehmungen verbleiben keine Anhaltspunkte dafür, wo der Verstorbene R. F. sich vor und während des Beginns der tätlichen Auseinandersetzung überhaupt aufgehalten hat, wohin er sich gewendet hat, was er getan hat und wo und in welchem Zusammenhang ihm die tödlichen Verletzungen zugefügt worden sind. Es ist auch nicht mehr ersichtlich, welche weiteren Ermittlungen hier noch eine Klärung bringen könnten.

Den Beweisanträgen der Kläger war nicht mehr nachzukommen. Es ist nicht ersichtlich und nicht näher dargelegt, welche weitere Ermittlungsakten aus Tschechien zur Klärung des Sachverhalts zur Verfügung stünden. Bezüglich der "sämtlichen Zeugen, die im Rahmen des tschechischen Ermittlungsverfahrens vernommen worden sind", fehlt es schon an der Angabe der im einzelnen zu vernehmenden Personen und ihrer Anschriften (vgl. BSG vom 10.05.2000, Az.: B 6 KA 49/99 B), es ist jedoch auch nicht ersichtlich, dass eine dieser Personen zur Aufklärung des Sachverhaltes beitragen könnte. Die bisher dokumentierten Aussagen enthalten keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass eine der genannten Personen eine Wahrnehmung gemacht haben könnte, die den hier entscheidungserheblichen Sachverhalt betrifft.

Auch der genannte Zeuge N. war nicht zu dem vom Klägerbevollmächtigten angegebenen Beweisthema zu laden. Ob sich der Geschäftsführer der Beklagten ohne Berücksichtigung der vorliegenden Tatsachen geweigert habe, der Klägerin Witwenrente zu gewähren, enthält zwei Beweisthemen. Dass er der Klägerin keine Witwenrente gewährt hat, ist bekannt und bedarf keiner weiteren Beweiserhebung. Ob er dies ohne Berücksichtigung der vorliegenden Tatsachen getan habe, ist eine Bewertung, die das Gericht selber treffen kann und zu der der genannte Zeuge ersichtlich nichts beitragen kann. Die Frage ist jedoch ebenso wenig entscheidungserheblich, wie eine eventuelle Äußerung, der Unfallort sei keine Diskothek sondern ein Bordell gewesen. Trifft eine Behörde eine Entscheidung über einen geltend gemachten Anspruch, und erweist sich diese Entscheidung als rechtmäßig, ist es regelmäßig ohne Bedeutung, ob dies unter hinreichender Berücksichtigung der Tatsachen oder unter einer falschen Tatsachenannahme geschehen ist. Eine Ausnahme gilt nur dort, wo der Prozess der inneren Überzeugungsbildung der Entscheidungsbehörde von rechtlicher Bedeutung ist, wie dies bei einem Ermessens- oder Beurteilungsspielraum (vgl. Kopp-Schenke, Kommentar zur VwGO, 12. Auflage, § 42 Rdnr. 91 ff) der Fall ist. Das trifft hier nicht zu.

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf § 193 SGG und folgt der Erwägung, dass die Kläger in vollem Umfang nicht obsiegt haben.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved