L 6 R 550/04

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 4 RJ 166/03 A
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 6 R 550/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 07. November 2003 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Leistung einer Rente wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit bzw. Erwerbsminderung.

Der 1944 geborene Kläger hat nach seinen Angaben in seiner Heimat Jugoslawien (Serbien und Montenegro) den Beruf eines Maurers erlernt und in der Bundesrepublik Deutschland vom 16.04.1971 bis 21.11.1974 ausgeübt. Weitere Beitragszeiten hat der Kläger in Österreich von Juni 1966 bis August 1970 und in seiner Heimat von August 1970 bis Mai 1971 und April 1976 bis April 1996 aufzuweisen. Einen ersten am 23.04.1996 bei der Beklagten gestellten Rentenantrag hat diese mit Bescheid vom 26.09.1996 und Widerspruchsbescheid vom 22.05.1997 abgelehnt, weil der Kläger noch vollschichtig leichte Arbeiten zu verrichten in der Lage sei, weshalb ein Rentenanspruch wegen Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit nicht bestehe. Einen bei der österreichischen Pensionsversicherungsanstalt für Arbeiter gestellten Rentenantrag hat diese ebenfalls abgelehnt (Bescheid vom 16.12.1996), weil die Voraussetzungen einer Invaliditäts- pension nicht gegeben seien.

Mit Schreiben vom 28.12.2000, bei der Beklagten eingegangen am 11.01.2001, beantragte der Kläger erneut die Zahlung einer Rente wegen Invalidität. Mit Bescheid vom 22.03.2001 lehnte die Beklagte den Antrag ab mit der Begründung, der Kläger habe, ausgehend vom Zeitpunkt der Antragstellung, die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsminderung nicht erfüllt. Im Zeitraum vom 28.12.1995 bis 27.12.2000 seien Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit nur für insgesamt fünf Kalendermonate vorhanden. Auch sei nicht jeder Kalendermonat vom 01.01.1984 bis 30.11.2000 mit Anwartschafterhaltungszeiten belegt, dies gelte insbesondere für die Monate Mai 1996 bis November 2000.

Dagegen hat der Kläger Widerspruch eingelegt mit der Begründung, er sei bereits seit dem 10.04.1996 infolge von Krankheit dauerhaft nicht mehr fähig, seinen Beruf und auch eine andere entsprechende Arbeit auszuüben und er beziehe seit 23.04.1996 in seiner Heimat eine Invalidenrente. Mit Widerspruchsbescheid vom 17.10.2002 hat die Beklagte den Widerspruch zurückgewiesen, weil der auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbare Kläger noch vollschichtig zu arbeiten in der Lage sei.

Dagegen hat der Kläger zum Sozialgericht Landshut Klage erhoben und vorgebracht, die Beklagte habe die medizinischen Unterlagen nicht ausreichend gewürdigt und es sei im Übrigen notwendig, als Datum des Antrags den 23.04.1996 zu nehmen, weil im davor liegenden Fünfjahreszeitraum 60 Monate Pflichtbeiträge vorhanden seien. Er sei in Deutschland in seinem erlernten Beruf als Maurer versicherungspflichtig beschäftigt gewesen.

Zur Aufklärung des Sachverhalts hat das Sozialgericht eine Auskunft der Firma A. H. , Baugesellschaft über die Tätigkeit des Klägers zwischen April 1973 und November 1974 eingeholt, die angegeben hat, der Kläger sei dort als Maurer beschäftigt gewesen; weitere Auskünfte könnten nicht mehr gegeben werden.

Die zur gerichtlichen Sachverständigen bestellte Ärztin und Sozialmedizinerin Dr. T. kam sodann im Gutachten vom 06.11.2003 unter Berücksichtigung eines von Dr. W. am 05.11.2003 erstatteten neuropsychiatrischen Gutachtens zu der Auffassung, seit Januar 2003 könne der Kläger nur mehr leichte Arbeiten ohne ständiges Sitzen und Stehen, nicht auf Leitern und Gerüsten, ohne Anforderung an die nervliche Belastbarkeit, ohne Zeitdruck, ohne Nacht- und Wechselschicht unter drei Stunden täglich verrichten.

In der mündlichen Verhandlung des Sozialgerichts vom 07.11.2003 gab der Kläger an, im Jahre 1996 hätte er aus finanziellen Gründen keine freiwilligen Beiträge entrichten können.

Mit Urteil vom 07.11.2003 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Kläger sei zwar seit 01.01.2003 voll erwerbsgemindert, ein Rentenanspruch bestehe jedoch nicht, weil er zu diesem Zeitpunkt die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rentengewährung nicht mehr erfülle und auch nicht erfüllen könne.

Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers zum Bayerischen Landessozialgericht. Er weist erneut auf den Bezug einer jugoslawischen Invalidenrente ab dem 23.04.1996 hin.

Der Senat hat Anfragen an die Firma A. K. über die Tätigkeit des Klägers zwischen Oktober 1972 und April 1973 gerichtet, die (als Erbengemeinschaft K., M., R.) erklärte, keine Auskunft mehr erteilen zu können; die Firma A. H. teilte mit, Unterlagen aus dem Zeitraum der Beschäftigung des Klägers seien bereits vernichtet, weshalb keine weiteren Angaben gemacht werden könnten.

Auf Anfrage des Senats mit der Aufforderung, gegebenenfalls eine Bestätigung über die Möglichkeit der Entrichtung freiwilliger Beiträge in seiner Heimat vorzulegen, teilte der Kläger mit, dies sei nicht möglich, weil er in diesem Zeitraum Bezieher von Invalidenrente des Versicherungsträgers in N. gewesen sei.

Der Kläger beantragt sinngemäß, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Landshut vom 07. November 2003 sowie des Bescheides vom 26. März 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Oktober 2002 zu verurteilen, ihm aufgrund des Antrags vom 28. Dezember 2000 Rente wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit, hilfweise wegen Erwerbsminderung zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Bezüglich weiterer Einzelheiten des Tatbestandes wird im Übrigen hingewiesen auf den Inhalt der Akten des Bayerischen Landessozialgerichts sowie der beigezogenen Klageakten des Sozialgerichts Landshut und der Rentenakten der Beklagten, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte und somit zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das angefochtene Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 07.11.2003 ist nicht zu beanstanden, weil der Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit und - ab 01.01.2001 - auch keinen solchen auf eine Rente wegen Erwerbsminderung hat.

Wegen der Antragstellung vor dem 31.03.2001 ist der Anspruch des Klägers auf Versichertenrente an den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der bis 31.12.2000 geltenden Fassung zu messen, da geltend gemacht ist, dieser Anspruch bestehe bereits seit einem Zeitpunkt vor dem 01.01.2001 (vgl. § 300 Abs. 2 SGB VI). Der Anspruch des Klägers ist aber auch nach den Vorschriften des SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung zu prüfen, soweit sinngemäß (auch hilfsweise) vorgetragen ist, dass ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung jedenfalls zu einem Zeitpunkt nach dem 31.12.2000 gegeben ist (§ 300 Abs. 1 SGB VI).

Als Ergebnis der Beweisaufnahme im Verfahren I. Instanz steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger zwar seit Anfang des Jahres 2003 voll erwerbsgemindert und auch teilweise erwerbsgemindert bei Berufsunfähigkeit ist, weil er seither nurmehr weniger als drei Stunden täglich leistungsfähig ist. Ein früherer Eintritt von Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit bzw. Erwerbsminderung ist hingegen nicht nachgewiesen. Es muss vielmehr davon ausgegangen werden, dass der Kläger ab Antragstellung bis Dezember 2002 noch in der Lage war, vollschichtig bzw. wenigstens sechs Stunden täglich zu arbeiten. Erst die Verschlimmerung der Gesundheitsstörungen auf psychiatrischem Fachgebiet, die nach den Feststellungen von Dr.W. mangels aussagekräftiger Hinweise erst mit Beginn des Jahres 2003 angenommen werden kann, hat zu einem Absinken des Arbeitsleistungsvermögens geführt. Bis dahin muss - wie im verbindlichen Bescheid vom 16.09.1996 von der Beklagten angenommen - von einer vollschichtigen Erwerbsfähigkeit ausgegangen werden.

Ob im Anschluss an seine letzte versicherungspflichtige Beschäftigung in seiner Heimat (April 1996) beim Kläger wenigstens Berufsunfähigkeit vorlag, beurteilt sich danach, welche seinen Kräften und Fähigkeiten entsprechenden Tätigkeiten dem Kläger unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs seiner Ausbildung sowie seines bisherigen Berufs und den besonderen Anforderungen seiner bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden konnten. Der Kläger hat zwar zunächst auf Anfrage des Sozialgerichts mitgeteilt, in Jugoslawien habe er den Beruf eines Maurers erlernt, im Gegensatz dazu stehen jedoch seine Angaben sowohl im Rentenantrag als auch anlässlich der Begutachtung durch Dr. W., dass er (nach acht Klassen Volksschule) keinen Beruf erlernen konnte und in der Landwirtschaft seiner Eltern geholfen habe. Ob er tatsächlich während seiner Tätigkeit in der Bundesrepublik Deutschland zwischen 1971 und 1975 vollwertig als Maurer tätig war, ist nicht nachgewiesen. Hierfür sprechen lediglich die Vermerke in den vorgelegten Versicherungskarten sowie die Auskunft der Firma A. H. , die jedoch darüber hinausgehend keine Einzelheiten anzugeben in der Lage war, nachdem Unterlagen aus der damaligen Zeit nicht mehr vorhanden sind. Ob der Kläger über die erforderlichen theoretischen Kenntnisse und praktischen Fertigkeiten eines Maurers verfügt hat, ist nicht mehr nachprüfbar. Auch kann nicht gesagt werden, dass er im Jahre 1975 eine etwaige Tätigkeit als Maurer aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben hat, vielmehr hat er anlässlich der Begutachtung durch Dr. W. angegeben, er sei seinerzeit entlassen worden ("schlecht Wetter") und habe in seiner Heimat noch 20 Jahre in einer Gabelstaplerfabrik gearbeitet. Trotz der etwa im Jahre 1995 erfolgten Fraktur des linken Handgelenks muss von einem weiterhin bestehenden vollschichtigen Leistungsvermögen bis zum Eintritt der vollen Erwerbsminderung im Januar 2003 ausgegangen werden. So ergibt sich insbesondere aus den vorliegenden jugoslawischen Gutachten vom 10.04.1996 und 25.01.2001 anlässlich der Rentenanträge des Klägers keinerlei Hinweis auf irgendwelche Beschwerden von Seiten der stattgehabten Fraktur. Erst die im Auftrag des Sozialgerichts erfolgte Begutachtung hat diesbezüglich Einschränkungen der Leistungsfähigkeit (Funktionseinschränkung des linken Handgelenks) ergeben.

Da somit von einem Eintritt der vollen Erwerbsminderung (erst) im Januar 2003 ausgegangen werden kann, kommt ein Rentenanspruch nicht in Betracht, weil der Kläger die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 4 SGB VI in der ab 01.01.2001 gültigen Fassung nicht erfüllt. In den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung hat der Kläger nämlich keine drei Jahre Pflichtbeiträge aufzuweisen und es liegen auch keine Tatbestände vor, die den maßgeblichen Fünfjahreszeitraum verlängern könnten. So kommen insbesondere die in §§ 58, 252 SGB VI genannten Anrechnungszeiten wegen Krankheit, Arbeitslosigkeit oder Rentenbezugs nicht in Betracht. Selbst ein Eintritt der Arbeitsunfähigkeit vor Januar 2003 würde zu keiner Anrechnungszeit gemäß § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI führen, da der Tatbestand der Unterbrechung einer in der Bundesrepublik Deutschland ausgeübten versicherungspflichtigen Beschäftigung nach Abs. 2 dieser Bestimmung fehlt; die Unterbrechung einer Beschäftigung bzw. einer Pflichtversicherung im Ausland würde nicht genügen (vgl. KassKomm-Niesel, § 58 SGB VI Rdnrn. 95 und 99). Auch eine etwaige Arbeitslosigkeit ist ohne die Meldung bei einem deutschen Arbeitsamt nicht zu berücksichtigen; aus dem in Beziehung mit Serbien und Montenegro weiterhin geltenden deutsch-jugoslawischen Sozialversicherungsabkommen ergibt sich diesbezüglich auch nichts anderes (vgl. BSG SozR 3-2200, § 1246 Nr. 48). Der Bezug der jugoslawischen Invalidenrente nützt dem Kläger nichts, weil diese nicht als Rentenbezugszeit im Sinne des § 44 Abs. 4 Ziffer 1 SGB VI gilt (vgl. KassKomm-Niesel, § 43 SGB VI Rdnr. 135 mwN).

Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen sind auch nicht nach § 43 Abs. 5 iVm § 53 SGB VI erfüllt, weil keinerlei Hinweise dafür vorliegen, dass die Erwerbsminderung aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt wäre.

Auch nach den Übergangsvorschriften des § 241 Abs. 2 SGB VI erfüllt der Kläger die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nicht. Danach sind Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vor Eintritt der Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI) für Versicherte nicht erforderlich, die vor dem 01.01.1984 die allgemeine Wartezeit - wie der Kläger - erfüllt haben, wenn jeder Kalendermonat vom 01.01.1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit mit den dort genannten Zeiten belegt ist.

Beitragszeiten vom 01.01.1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsminderung liegen beim Kläger nicht in vollem Umfang vor und die bestehenden Lücken sind auch nicht mehr zu schließen. Nach den vorliegenden deutschen und jugoslawischen Versicherungsverläufen ist nämlich die Zeit ab 01.05.1996 nicht belegt; eine nachträgliche Belegung mit Beiträgen, wobei nur freiwillige in Betracht kommen, ist nicht mehr zulässig. So sind nach der Vorschrift des § 197 Abs. 2 SGB VI freiwillige Beiträge nur wirksam, wenn sie bis zum 31.03. des Jahres, das dem Jahr folgt, für das sie gelten sollen, gezahlt werden. Die in § 197 Abs. 2 SGB VI genannte Frist wird gemäß § 198 Satz 1 SGB VI durch ein Verfahren über einen Rentenanspruch, vorliegend vom 23.04.1996 bis zum Erlass des ersten Widerspruchsbescheides vom 22.05.1997 sowie seit Januar 2001 unterbrochen, woraus folgt, dass der Zeitraum bis zur nunmehrigen Antragstellung nicht mehr mit Beiträgen belegt werden kann.

Eine Hemmung der in § 197 Abs. 2 SGB VI vorgesehenen Beitragszahlungsfrist ist in entsprechender Anwendung von § 203 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nicht eingetreten. Zwar könnten die in der ehemaligen Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien bestehenden divisenrechtlichen Beschränkungen, die es dem Kläger unmöglich gemacht haben, von seiner Heimat aus Rentenversicherungsbeiträge nach Deutschland zu überweisen, grundsätzlich als Verhinderung durch höhere Gewalt im Sinne des § 203 Abs. 2 BGB angesehen werden. Der Kläger ist jedoch dadurch nicht im Sinne von § 203 BGB gehindert worden, die Frist des § 197 Abs. 2 SGB VI zu wahren, da er sich an die Beklagte oder die jugoslawische Verbindungsstelle hätte wenden können und müssen, wobei es nicht darauf ankommt, ob er von den Voraussetzungen einer Anwartschaftserhaltung Kenntnis gehabt hat oder nicht.

Auch § 197 Abs. 3 SGB VI greift nicht zugunsten des Kläger ein (vgl. zu allem BSG Urteil vom 11.05.2000 - B 13 RJ 85/88 R in SozR 3-2750 Artikel 2 § 6 Nr. 18). Nach Satz 1 dieser Bestimmung ist in Fällen besonderer Härte, insbesondere bei drohendem Verlust der Anwartschaft auf eine Rente auf Antrag der Versicherten die Zahlung von Beiträgen auch nach Ablauf der in § 197 Abs. 1 und 2 SGB VI genannten Frist zuzulassen, wenn der Versicherte an der rechtzeitigen Beitragszahlung ohne Verschulden gehindert war. Selbst wenn man eine etwaige Unkenntnis der §§ 240 Abs. 2, 241 Abs. 2 SGB VI in der bis 31.12.2000 gültigen Fassung, die auf unzureichende Informationsmöglichkeiten am ausländischen Wohnsitz eines Versicherten zurückzuführen ist, als unverschuldetes Hindernis der Beitragszahlung anerkennen würde, so könnte sich der Kläger jedoch nicht mehr auf mangelndes Verschulden berufen. Er hat nämlich jedenfalls hinsichtlich der Beiträge ab 1992 die in § 27 Abs. 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) geregelte Jahresfrist, die auch im Rahmen des § 197 Abs. 3 SGB VI entsprechend gilt, versäumt. Eine Nachzahlung wäre demnach allenfalls noch zuzulassen, wenn diese - anders als im vorliegenden Fall - zuvor infolge höherer Gewalt unmöglich gewesen wäre. Nicht als höhere Gewalt anzusehen ist das finanzielle Unvermögen des Klägers zur Zahlung etwaiger Beiträge.

Auch ein Fehlverhalten der Beklagten in Gestalt eines Verstoßes gegen ihre Beratungspflicht nach § 14 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I), das Grundlage für einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch wäre, liegt nicht vor. Der Kläger wurde rechtzeitig durch die Hinweise im Widerspruchsbescheid vom 22.05.1997 sowie das beigegebene "Merkblatt 6" auf die Erforderlichkeit der Aufrechterhaltung des Versicherungsschutzes und die Möglichkeit hingewiesen, sich etwa bei der Beklagten beraten zu lassen.

Zwar könnte eine Entrichtung von freiwilligen Beiträgen zu einem vom Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der ehemaligen Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien vom 12.10.1968 erfassten ausländischen Rentenversicherungssystem zur Erfüllung der Voraussetzungen des § 241 Abs. 2 SGB VI ebenfalls ausreichen; dies ist jedoch vorliegend nicht möglich. Dies ergibt sich insbesondere aus den Angaben des Klägers im Berufungsverfahren bzw. der Bestätigung des serbischen Versicherungsträgers, wonach dies während des erfolgten Rentenbezugs nicht möglich ist bzw. war.

Die Zeit ab Januar 1984 ist auch nicht mit beitragsfreien Zeiten, also mit Anrechnungszeiten, einer Zurechnungszeit oder Ersatzzeiten belegt. Eine Zurechnungszeit im Sinne des § 59 SGB VI scheidet schon deshalb aus, weil sie erst mit dem Eintritt der Erwerbsminderung beginnen kann, vgl. § 59 Abs. 2 Nr. 1 SGB VI.

Da die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung beim Kläger nicht vorliegen und auch nicht hergestellt werden können, steht ihm ein Rentenanspruch nicht zu. Die Berufung gegen das angefochtene Urteil des Sozialgerichts Landshut war deshalb als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen gemäß § 160 Abs.2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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