L 15 SB 161/04

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
15
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 2 SB 750/03
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 15 SB 161/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 11. November 2004 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Klägerin zu Recht vom Beklagten das Merkzeichen "RF" (Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht), das ihr im Rahmen eines Feststellungsverfahrens nach § 69 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) zuerkannt worden war, wegen Besserung ihrer Sehfähigkeit entzogen worden ist.

Bei der 1925 geborenen Klägerin wurde zuletzt in Ausführung eines am 14.12.2000 vor dem Sozialgericht Regensburg geschlossenen Vergleichs mit Bescheid vom 22.12.2000 wie bisher ein GdB von 100, jedoch zusätzlich zum Merkzeichen "G" auch das Merkzeichen "RF" zuerkannt. Grundlage hierfür waren folgende Gesundheitsstörungen: 1. Herzschrittmacherimplantation, KHK Beschwerdestadium II, hypotone Kreislaufstörungen bei vegetativer Dystonie - Einzel-GdB 70 -, 2. Verlust der Brust links, Erkrankung der Brust links (in Heilungsbewährung) - Einzel-GdB 50 -, 3. rezidivierendes HWS- und LWS-Syndrom mit Schulter-Arm-Syndrom und Ischialgien - Einzel-GdB 30 -, 4. Schwerhörigkeit mit Hochtonverlust beidseits - Einzel-GdB 20 -, 5. seelische Störung - Einzel-GdB 30 -, 6. chronische Pyelonephritis mit Nierensteinleiden, Gallenblasenverlust - Einzel-GdB 20 -, 7. Verlust der Gebärmutter und Eierstöcke, mehrmalige Abszeßbildung im Genitalbereich - Einzel-GdB 10 -, 8. Sehminderung beidseits - Einzel-GdB 70 -.

Im Rahmen eines von Amts wegen im Januar 2003 eingeleiteten Nachprüfungsverfahrens, insbesondere bezüglich der am 13.01. 1998 erfolgten Brustoperation holte der Beklagte zahlreiche Befundberichte (Klinikum St. M. in A. , Frauenarzt M. und Augenarzt O.) ein. Nach versorgungsärztlicher Auswertung dieser Befunde wurde am 19.03.2003 versorgungsärztlich festgestellt, dass eine Heilungsbewährung der Brusterkrankung eingetreten sei und der Einzel-GdB hierfür nur noch 30 betrage. Auch das Sehvermögen habe sich (nach Kataraktoperation am linken Auge mit Hinterkammerlinsenimplantation) wesentlich gebessert. Diesbezüglich betrage der Einzel-GdB 20. Die Voraussetzungen für das Merkzeichen "RF" lägen deshalb nicht mehr vor. Die Klägerin wurde dementsprechend mit Anhörungsschreiben vom 01.04.2003 darüber informiert, dass beabsichtigt sei, die gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen "RF" nicht mehr festzustellen.

Hiergegen wandte die Klägerin ein, ihre Sehminderung habe sich nicht wesentlich gebessert. Seit ihrer Operation am 03.02.2000 sehe sie mit dem linken Auge immer schlechter und habe immer mehr Schmerzen. Es sei seit Mai 2000 eine Verschlechterung eingetreten. Sie habe auch starke Schmerzen wegen der fortschreitenden Osteochondrose, Polyneuropathie, Coxarthrose und Narbenschmerzen. Sie könne an keinen Veranstaltungen teilnehmen, Radio und Fernsehen seien eine wichtige Ablenkung.

Der Beklagte zog daraufhin einen Befundbericht des Internisten G. sowie nach Hinweis der Klägerin auf einen bevorstehenden stationären Aufenthalt ab 17.06.2003 in der Universitätsaugenklinik R. einen Arztbrief des Klinikums vom 15.05.2003 sowie einen Befundbericht von O. vom 30.06.2003 bei. Versorgungsärztlich wurde dieser augenärztliche Befund von Dr. B. am 16.07.2003 weiterhin als Besserung, allerdings mit Einzel-GdB 40 bewertet. Es seien zwar weitere Behinderungen festzustellen; die Voraussetzungen für das Merkzeichen "RF" seien jedoch nicht mehr gegeben. Daraufhin erging am 28.07. 2003 der streitgegenständliche Änderungsbescheid, mit dem ab Bekanntgabe des Bescheids das Merkzeichen "RF" entzogen wurde. Es wurden weiterhin ein GdB von 100 sowie das Merkzeichen "G" festgestellt. Außerdem "Zuckerkrankheit" (mit Diät und oralen Antidiabetika einstellbar) - Einzel-GdB 20 -, "Polyneuropathie" - Einzel-GdB 20 - und "Fingerpolyarthrose" - Einzel-GdB 10 -. Verschiedene Gesundheitsstörungen (benigne Hautveränderungen, Refluxösophagitis, Narbenbeschwerden) bedingten keinen GdB von wenigsten 10; die geltend gemachte "Coxarthrose" sei nicht nachgewiesen.

Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin Widerspruch und machte geltend, die Schmerzen am linken Auge seien fast unerträglich. Nach der Operation im Februar 2000 durch Dr. D. seien nach einigen Wochen ein Visusabfall mit Gesichtsfeldausfällen und Durchblutungsstörungen eingetreten. Im September 2001 sei sie in Weiden von Dr. G. auf dem rechten Auge operiert worden. Sie sehe fast nichts mehr, Sonnenlicht sei ihr oft unerträglich. Die Klägerin fügte einen Bericht des Orthopäden Dr. H. vom Juli 2001 bei.

Nach versorgungsärztlicher Stellungnahme durch Dr. S. erging am 25.09.2003 ein zurückweisender Widerspruchsbescheid.

Mit Klage vom 03.10.2003 hat sich die Klägerin an das Sozialgericht Regensburg gewandt und weiterhin die Zuerkennung des Merkzeichens "RF" begehrt.

Das Sozialgericht hat Beweis erhoben zunächst durch Beiziehung eines Befundberichts der Universitätsaugenklinik R. , in dem die Befunde aufgrund ambulanter Behandlungen am 28.06., 17.07., 15.09.2000 sowie 14.05.2003, ferner aufgrund stationärer Behandlung am 19./20.09.2000 und 16./17.06.2003 mitgeteilt worden sind. Es ist außerdem ein augenärztlicher Befundbericht von O. beigezogen worden, der auch zahlreiche Fremdbefunde (z.B. Nervenarzt Dr. T. , HNO-Arzt Dr. B. vom Juni 2001, Augenärztin Dr. G. vom September 2001, Nuklearmedizinerin Dr. B. vom August 2002, Augenarzt Prof. Dr. H. vom März 2003) beigefügt hat. Es ist auch ein Befundbericht der Augenärztin Dr. R. beigezogen worden, die die Klägerin zwischen 03.08.2000 und 28.05.2001 behandelt hatte.

Das Sozialgericht hat zunächst Prof. Dr. D. zum gerichtlichen Sachverständigen ernannt, der jedoch den Auftrag abgelehnt hat, weil er mit der Klägerin äußerst schlechte Erfahrungen gemacht habe. Mit Schriftsatz vom 03.04.2004 hat die Klägerin mitgeteilt, sie sei es gewesen, die mit Prof. Dr. D. schlechte Erfahrungen gemacht habe.

Das Gericht hat anschließend Prof. Dr. H. mit der Untersuchung und Begutachtung der Klägerin beauftragt. Dieser hat in seinem Gutachten vom 29.06.2004 bestätigt, dass im Vergleich zum Bescheid vom 22.12.2000 eine wesentliche Besserung der Sehfähigkeit der Klägerin eingetreten sei. Laut Gutachten vom 08.12.2000 des gerichtlichen Sachverständigen Dr. W. habe damals die Augenärztin Dr. R. bei der Klägerin einen Visus rechts von 0,1 und links von 0,2 festgestellt. Im September 2001 sei es aufgrund der Kataraktoperation des rechten Auges zu einem erheblichen Visusanstieg gekommen. Er selbst habe am rechten Auge einen Visus nach Korrektur von 0,8, links von 0,16 festgestellt. Allerdings sei eine beidseitige Pseudophakie nicht berücksichtigt worden. Der GdB betrage aufgrund der Visusminderung des linken Auges 20 %, wegen der beidseitigen Pseudophakie weitere 10 % und aufgrund der Gesichtsfeldeinschränkung der linken Seite (konzentrische Einschränkung der Außengrenzen auf 5 Grad bis 10 Grad) weitere 10 %, d.h. insgesamt 40 %. In einer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 05.08.2004 hat der Augenarzt Dr. M. festgestellt, dass die vom gerichtlichen Sachverständigen ermittelte Sehschärfe nach den Richtlinien der DOG einem GdB von 20 entspreche. Einem Zuschlag von 10 für die beidseitige Pseudophakie stimme er zu; ein weiterer Zuschlag von 10 auf GdB 40 wegen der Gesichtsfeldeinschränkung am linken Auge sei äußerst großzügig, da selbst bei vollständigem Verlust des linken Auges und gleichem Sehvermögen auf dem rechten Auge auch nur ein GdB von 40 zuerkannt würde. Obwohl bei der Klägerin am linken Auge eine erheblich verminderte Sehschärfe mit Gesichtsfeldeinengung durch eine Sehnervenatrophie vorliege, sei dennoch das beidäugige Sehvermögen nach Implantation einer Kunstlinse derart gut, dass eine wesentliche Funktionseinschränkung auf augenärztlichem Gebiet mit GdB 60 in keinem Fall vorliege. Nach einem Prüfvermerk der Medizinaldirektorin Pause vom 25.08. liege ein GdB von maximal 30 für das Sehvermögen der Klägerin vor.

Nachdem die Beteiligten ihr Einverständnis erklärt hatten, hat das Sozialgericht am 11.11.2004 die Klage ohne mündliche Verhandlung durch Urteil abgewiesen. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, durch die erfolgreiche Kataraktoperation des rechten Auges im September 2001 sei es im Vergleich zu den Verhältnissen, die dem Gutachten vom 08.12.2000 des gerichtlichen Sachverständigen Dr. W. zugrundelagen, zu einer wesentlichen Besserung des Sehvermögens der Klägerin gekommen. Dieses sei insgesamt mit einem GdB von 40 gegenüber früher von 70 einzuschätzen. Es sei auch nicht ersichtlich, dass die Klägerin ständig an das Haus gebunden sei. Die Voraussetzungen für das Merkzeichen "RF" seien zu Recht im angefochtenen Bescheid vom 28.03.2003 verneint worden.

Mit Schriftsatz vom 27.12.2004 hat die Klägerin dagegen Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegt und weiterhin gegen die Entziehung des Merkzeichens "RF" protestiert. Sie habe wirklich Beschwerden und könne nirgends hingehen. Sie wäre nicht in einem Heim, wenn sie allein leben könnte. Das rechte Auge sei gut, aber links habe sie fast immer Schmerzen und manchmal sehe sie schlecht, besonders wenn die Sonne scheine. Sie müsse Anfang 2005 an der linken Hüfte operiert werden. Dem Schriftsatz ist auch ein ärztliches Attest des Internisten G. vom 06.11.2003 beigefügt worden, wonach die Klägerin aufgrund ihrer physischen und psychischen Erkrankungen an öffentlichen Veranstaltungen innerhalb und außerhalb des Heims nicht teilnehmen könne. Ein weiteres Attest des Internisten und Kardiologen Dr. R. vom 12.11.2003 bestätigt, dass die Klägerin an einer chronischen Herzerkrankung mit wiederholten Herzrythmusstörungen und Sturzneigung leide. Sie sei daher in ihrer Mobilität eingeschränkt und könne an öffentlichen Veranstaltungen sowie Veranstaltungen im Altersheim nicht mehr teilnehmen.

Auf gerichtliche Anfrage hat jedoch Dr. R. am 31.01.2005 mitgeteilt, dass die Klägerin bei seiner letzten Untersuchung am 23.11.2004 ohne wesentliche kardiale Beschwerden gewesen sei. Dr. R. hat über dieses Untersuchungsergebnis auch dem Internisten G. berichtet. Darin heißt es, eine Ergometrie sei vor kurzem im Klinikum St. M. ohne Ischämiehinweise durchgeführt worden, es bestehe ein stabiler kardialer Status. Halbjährliche Kontrollen würden weiterhin empfohlen.

Mit gerichtlichem Schreiben vom 09.02.2005 ist der Klägerin mitgeteilt worden, dass sich aus den von Dr. R. übersandten Befunden keine Anhaltspunkte ergäben, wonach sie körperlich nicht in der Lage sei, ihre Wohnung zu verlassen, um öffentliche Veranstaltungen zu besuchen, zumal sie offensichtlich auch Arzttermine außer Haus wahrnehmen könne. Es werde empfohlen, die Berufung zurückzunehmen.

Dagegen hat die Klägerin mitgeteilt, sie müsse zu Dr. R. mit dem Taxi fahren. Dr. G. komme dagegen ins Haus. Es sei doch bekannt, dass sie an zahlreichen Krankheiten mit starken Schmerzen leide. Sie verstehe nicht, warum man ihr solche Schwierigkeiten bereite. Mit Schriftsatz vom 03.03.2005 hat die Klägerin noch ein Attest des Klinikums St. M. vom 25.02.2005 vorgelegt, wonach die Klägerin aufgrund ihrer Behinderung an öffentlichen Veranstaltungen nicht teilnehmen könne und wegen ihrer Schmerzen beim Gehen auf die Benutzung eines Taxis angewiesen sei.

Der Beklagte hat am 08.03.2005 zu den vorgelegten Attesten Stellung genommen und insbesondere darauf hingewiesen, dass die darin getroffenen Aussagen im Hinblick auf den Befundbericht von Dr. R. vom 31.01.2005 weitgehend zu relativieren seien. Dass eine erhebliche Gehbehinderung bei der Klägerin bestehe, sei durch Zuerkennung des Merkzeichens "G" anerkannt.

Die Klägerin hat am 15.03.2004 auf Anfrage mitgeteilt, dass sie mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nicht einverstanden sei. Sie sei vom 15.02. bis 01.03.2005 im Krankenhaus gewesen. Es seien die Diagnosen gestellt worden: Erhebliche linksventrikuläre Hypertrophie im Bereich der Herzspitze, diffuser Gefäßbefall. Sie könne wegen der diabetischen Polyneuropathie fast nicht mehr gehen. Die bestehende Coxarthrose könne man wegen der Herzerkrankung zur Zeit nicht operieren.

Mit Schriftsatz vom 01.04.2005 hat der Beklagte sich bereit erklärt, der Klägerin nach Abschluss des Verfahrens das Merkzeichen "B" ab Februar 2005 zusätzlich zuzuerkennen. In einer internistischen Stellungnahme hat der Versorgungsmediziner Dr. S. am 30.03.2005 zum Befundbericht des Klinikums St. M. vom 25.02.2005 Stellung genommen und die Auffassung vertreten, dass dort allenfalls gemeint sein könne, dass die Klägerin alleine "öffentliche Veranstaltungen" nicht mehr besuchen könne. Das Erfordernis einer Taxibenutzung erfülle noch nicht die Voraussetzungen für das Merkzeichen "RF". Die Klägerin weise auf eine schmerzhafte Coxarthrose links hin. Hierzu fehlten aktuelle chirurgische Untersuchungsbefunde. Es sei jedoch nicht zu erwarten, dass diese Coxarthrose Anlass für die Zuerkennung des Merkzeichens "RF" oder des Merkzeichens "aG" sein könnte.

Auf gerichtliche Anfrage hat die Klägerin am 17.04.2005 mitgeteilt, sie sei damit einverstanden, dass sie das Merkzeichen "B" erhalte. Sie beanspruche dennoch das Merkzeichen "RF". Wegen ihrer Herzerkrankung könne sie in keinen Raum gehen, wo kein Fenster offen sei. Alles Laute mache Schmerzen, z.B. bei Veranstaltungen lautes Gerede, Musik, Lärm usw.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 11.11.2004 sowie den Bescheid des Beklagten vom 28.07.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 25.09.2003 aufzuheben, soweit dadurch das Merkzeichen "RF" entzogen wurde.

Der Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 11.11.2004 zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Akten des Beklagten, die Akte des erledigten Klageverfahrens S 8 SB 318/00 sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig (§§ 143 ff., 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), sachlich jedoch unbegründet.

Das angefochtene Urteil des Sozialgerichts Regensburg und der ihm zugrundeliegende Bescheid des Beklagten vom 28.07.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 25.09.2003 sind nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte nach § 69 Abs. 4 SGB IX bei ihr die gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen "RF" feststellt und das Merkzeichen in den Schwerbehindertenausweis einträgt; denn nach § 3 Abs. 1 Nr. 5 der Schwerbehindertenausweisverordnung iVm § 1 Abs. 1 Nrn. 2 a und 3 der Verordnung über die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht vom 21.07.1992 (GVBl. 1992, 254) erfüllt die Klägerin die erforderlichen Voraussetzungen, die noch zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids vom 25.12.2000 vorgelegen hatten, nicht mehr.

§ 1 Abs. 1 Nr. 2a der o.g. Verordnung lautet: Von der Rundfunkgebührenpflicht werden befreit: Blinde oder nicht nur vorübergehend wesentlich Sehbehinderte mit einem GdB von wenigstens 60 allein wegen der Sehbehinderung;

Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Bei den Feststellungsbescheiden nach dem SchwbG bzw. § 69 SGB IX handelt es sich um Verwaltungsakte mit Dauerwirkung (BSG SozR 3-1300 § 48 Nr. 57 und BSG SozR 1300 § 48 Nr. 13).

Im Vergleich mit dem Sehvermögen der Klägerin, das zum Zeitpunkt des Erlasses des Vergleichsbescheids vom 22.12.2000 bestanden hat, ergab sich im Rahmen des vom Beklagten ab Januar 2003 durchgeführten Nachprüfungsverfahrens eine wesentliche Besserung.

Der vom Sozialgericht Regensburg im Klageverfahren S 8 SB 318/00 am 08.12.2000 gehörte Terminsgutachter Dr. W. erhielt von der damals die Klägerin behandelnden Augenärztin Dr. R. die Auskunft, dass der Visus der Klägerin auf dem rechten Auge nur noch 0,1, links 0,2 (Korrektur nicht möglich) betrage und außerdem erhebliche konzentrische Gesichtsfeldeinengungen beidseits mit maximal 20 Grad Abstand vom Zentrum bestünden. Der gerichtliche Sachverständige ermittelte aufgrund der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz (AP) 1996 Nr. 26.4 (Seiten 65 und 68) einen GdB von 70 und schlug dementsprechend die Zuerkennung des Merkzeichens "RF" ab Dezember 2000 vor. Diesem Vorschlag folgte der Beklagte im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs vom selben Tag und erließ daraufhin den oben genannten Ausführungsbescheid vom 22.12. 2000. Aus den seit Februar 2003 vom Beklagten und vom Sozialgericht Regensburg beigezogenen augenärztlichen Befunden geht eindeutig hervor, dass sich die Sehfähigkeit der Klägerin auf ihrem rechten Auge infolge der Kataraktoperation im September 2001 durch Dr. G. von 0,2 auf 1,0 (Berichte von Dr. F. von der Uniklinik für Augenheilkunde in R. vom 14.05. und 17.06.2003) bzw. auf 0,6/0,4 (Bericht Augenarzt O. vom 25.02./12.11.2003) und schließlich auf 0,6 bis 0,8 laut Gutachten von Prof. Dr. H. vom 29.06.2004 erhöht hat. Auch wenn sich die Sehfähigkeit auf dem linken Auge gegenüber Dezember 2000 von 0,2 auf 0,16 laut Gutachten von Prof. Dr. H. verschlechtert hätte - Dr. F. stellte bei den oben genannten Untersuchungen im Mai und Juni 2003 einen gleichbleibenden Wert von 0,2 auf dem linken Auge fest - und außerdem die Gesichtsfeldeinschränkung auf dem linken Auge konzentrisch auf 5 bis 10 Grad zugenommen hätte (ebenfalls laut Feststellung des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. H.) ergibt sich doch nach den überzeugenden Ausführungen dieses Sachverständigen unter Berücksichtigung der AP Nr. 26.4 insgesamt nur ein GdB von maximal 40. Dies geht auch aus der versorgungsärztlichen Stellungnahme des Augenarztes Dr. M. hervor. Die Versorgungsärztin P. zweifelte im Übrigen die hochgradige konzentrische Gesichtsfeldeinschränkung mangels morphologischen Substrats an und wies auch auf die unauffälligen Befunde im Bereich der Makula hin, die den schlechten Visus links nicht erklären könnten. In Anbetracht eines maximal anzusetzenden GdB von 40 für die Sehbehinderung erfüllt die Klägerin eindeutig nicht mehr die Voraussetzung in § 1 Abs. 1 Nr. 2 a der Verordnung über die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht; denn danach können nur wesentlich Sehbehinderte mit einem GdB von wenigstens 60 allein wegen der Sehbehinderung von der Rundfunkgebührenpflicht befreit werden.

§ 1 Abs. 1 Nr. 3 der oben genannten Verordnung sieht vor, dass "Behinderte, deren GdB nicht nur vorübergehend wenigstens 80 beträgt und die wegen ihres Leidens an öffentlichen Veranstaltungen ständig nicht teilnehmen können", ebenfalls von der Rundfunkgebührenpflicht befreit werden können. Nach den AP Nr. 33 Abs. 2 Buchstabe c gehören hierzu Behinderte, bei denen schwere Bewegungsstörungen - auch durch innere Leiden (schwere Herzleistungsschwäche, schwere Lungenfunktionsstörung) - bestehen und die deshalb auf Dauer selbst mit Hilfe von Begleitpersonen oder mit technischen Hilfsmitteln (z.B. Rollstuhl) öffentliche Veranstaltungen in zumutbarer Weise nicht mehr besuchen können. Das bei der Klägerin vorliegende Herzleiden ist nach den aktenkundigen Befunden von Dr. R. und vom Klinikum St. M. in A. nicht so schwerwiegend, dass die Klägerin praktisch ans Haus gebunden wäre. Sie benötigt zwar für ihre Arztbesuche ein Taxi, weil ihr das Gehen Schmerzen bereitet. Insbesondere besteht bei ihr eine Polyneuropathie an beiden Unterschenkeln und Füßen und neuerdings auch eine Coxarthrose links. Bei der Klägerin ist wegen ihres schweren Herzleidens seit Bescheid vom 17.03.1987 das Merkzeichen "G" wegen erheblicher Gehbehinderung anerkannt. Seit dem Bescheid vom 04.05.1998 liegt bei der Klägerin ein GdB von 100 vor. Dennoch kann ihr trotz dieser Gesundheitsstörungen zugemutet werden, öffentliche Veranstaltungen u.U. mit Hilfe einer Begleitperson oder technischer Hilfsmittel zu besuchen.

Über das Merkzeichen "B", dessen Zuerkennung der Beklagte nach Abschluss des Berufungsverfahrens in Aussicht gestellt hat, hatte der Senat nicht zu entscheiden, da Feststellungen zu diesem Merkzeichen nicht Streitgegenstand sind.

Die Berufung hatte somit keinen Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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