L 3 RA 15/02

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 11 RA 625/98
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 3 RA 15/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 14. Februar 2002 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens ( § 44 Zehntes Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - ( SGB X ) ) die Höhe der der Klägerin ab 31. Juli 1992 gewährten Erwerbsunfähigkeits- und der ab 01. Juni 1996 gewährten Altersrente für Frauen und dabei insbesondere streitig, ob in der polnischen Sozialversicherung zurückgelegte Beitragszeiten unter Berücksichtigung von Qualifikationsgruppen und Wirtschaftsbereichen gemäß § 22 Fremdrentengesetz ( FRG ) i.V.m. § 256 b Sechstes Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – ( SGB VI ) anstatt von Leistungsgruppen gemäß Anlage 1 zum FRG zu bewerten sind.

Die am X.XXXX 1936 geborene Klägerin ist im April 1972 aus D. (Polen) kommend in die Bundesrepublik Deutschland übergesiedelt und besitzt den Vertriebenenausweis A. Auf ihren Antrag vom Februar 1992 gewährte die Beklagte ihr zunächst ein Heilverfahren in der Zeit vom 2. Juli bis 30. Juli 1992, aus welchem die Klägerin als nur noch leistungsfähig für zwei Stunden bis unterhalbschichtig entlassen wurde. Den Antrag auf Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit beschied die Beklagte positiv und gewährte mit Bescheid vom 2. April 1993 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab dem 31. Juli 1992. Auf weiteren Antrag der Klägerin gewährte die Beklagte mit Bescheid vom 10. Juli 1996 die Altersrente für Frauen ab dem 1. Juni 1996. Bei der Gewährung beider Renten nahm die Beklagte hinsichtlich der Bewertung der polnischen Beitragszeiten eine Eingruppierung nach Leistungsgruppen gemäß Anlage 1 zum FRG vor. Der Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 2. April 1993, mit dem sie die Einstufung in männliche Leistungsgruppen geltend machte, blieb erfolglos ( Widerspruchsbescheid vom 25. Oktober 1993 und Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 5. November 1996 – 10 AN 312/93 - ).

Am 15. Oktober 1996 beantragte die Klägerin die Überprüfung der Rentenbescheide. Beide Renten seien unrichtig festgestellt worden, da für sie die Regelungen des SGB VI maßgeblich seien und deshalb die Tätigkeiten in D. (Polen) nicht in Leistungsgruppen, sondern gemäß § 22 FRG i.V.m. § 256 b SGB VI in Qualifikationsgruppen einzuordnen seien mit der Folge einer höheren Bewertung dieser Zeiten. Die Beklagte lehnte die beantragte Neufeststellung der Renten mit Bescheid vom 13. Januar 1998 und Widerspruchsbescheid vom 12. November 1998 mit der Begründung ab, es sei nicht feststellbar, dass bei Erlass der ursprünglichen Bescheide das Recht unrichtig angewandt oder von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen worden sei. Hinsichtlich der Bewertung der polnischen Beitragszeiten finde weiterhin die Eingruppierung nach Leistungsgruppen Anwendung, da die Klägerin vor dem 30. Juni 1990 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist sei und der Rentenbeginn vor dem 1. Januar 1996 liege.

Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin am 7. Dezember 1998 Klage vor dem Sozialgericht Hamburg erhoben, mit welcher sie zusätzlich einen anderen Rentenbeginn sowie die Berücksichtigung weiterer rentenrechtlicher Zeiten begehrt hat. Nachdem die Beklagte die Altersrente für Frauen mit Bescheid vom 25. Mai 2001 ab 1. Juni 1996 neu festgestellt hatte, hat das Sozialgericht die Klage durch Urteil vom 14. Februar 2002 abgewiesen. Bezüglich der Bewertung der in D. (Polen) zurückgelegten Beitragszeiten hat es ausgeführt, dass für den Personenkreis, der vor dem 1. Juli 1990 seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland ( ohne Beitrittsgebiet ) genommen und einen Anspruch auf Rentenzahlung für eine Zeit vor dem 1. Januar 1996 habe – dem die Klägerin angehöre –, die Regelungen des FRG mit der Maßgabe anzuwenden seien, dass Art. 6 § 5 des Gesetzes zur Neuregelung des Fremdrenten- und Auslandsrentenrechts und zur Anpassung der Berliner Rentenversicherung an die Vorschriften des Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetzes und des Angestelltenrentenversicherungs-Neuregelungsgesetzes – Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetz – ( FANG ) an Stelle von § 22 Abs. 1 FRG gelte. Somit habe die Bewertung der in Polen zurückgelegten Beitragszeiten – wie nach dem bis 1990 geltenden Recht – nach Leistungsgruppen entsprechend Anlage 1 zum FRG und nicht nach Qualifikationsgruppen und Wirtschaftsbereichen zu erfolgen. Hinsichtlich des Beginns der Renten hat das Sozialgericht die Klage ebenfalls als unbegründet, hinsichtlich des sonstigen Begehrens der Klägerin als unzulässig angesehen.

Gegen das ihr am 21. Februar 2002 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 19. März 2002 Berufung – beschränkt auf die Frage der Bewertung der in D. (Polen) zurückgelegten Beitragszeiten – eingelegt. Sie macht geltend, dass eine Vertrauensschutzregelung wie Art. 6 § 4 FANG in ihrer Zielrichtung auf den Kopf gestellt werde, wenn die neuen Kriterien für den Berechtigten günstiger seien als die nach der Übergangsregelung anzuwendenden alten Kriterien. Dies sei hier der Fall. Bei einer Einstufung der in D. (Polen) zurückgelegten Zeiten nach Qualifikationsgruppen und Wirtschaftsbereichen wäre sie erheblich besser gestellt als nach der Einstufung in Leistungsgruppen. Da das neue Recht zumindest im Hinblick auf sie, die Klägerin, eine Besserstellung vorsehe, sei im vorliegenden Fall das neue Recht anzuwenden. Bei einer Gegenüberstellung der Leistungsgruppen werde auch deutlich, dass die Werte der männlichen Versicherten erheblich höher seien als diejenigen der weiblichen Versicherten. Daraus folge, dass bis auf geringe Ausnahmen alle weiblichen Versicherten bei einer Bewertung nach Wirtschaftsbereichen und Qualifikationsgruppen zu günstigeren Bruttojahresarbeitsentgelten kämen, während alle männlichen Versicherten zu ungünstigeren Durchschnittswerten kämen. Durch die Ausnahmevorschrift des Art. 6 § 4 Abs. 3 FANG würden die männlichen Versicherten eindeutig bevorzugt werden, weil sie die günstigeren Werte aus den alten Leistungsgruppen behalten, wenn sie zu dem im Gesetz näher bestimmten Personenkreis gehören, während die weiblichen Versicherten, die ohne die Ausnahmevorschrift in den Genuss der Tabellenwerte nach der Anlage 14 SGB VI kämen, durch die Ausnahmevorschrift gegenüber den männlichen Versicherten benachteiligt seien. Hier liege ein Verstoß gegen das Gleichheitsgebot nach Art. 3 Grundgesetz vor. Von einem Vertrauenstatbestand könne also für die Gruppe der weiblichen Versicherten nicht gesprochen werden. Es sei im Gegenteil so, dass die Ausnahmeregelung, die an sich Versicherte schützen solle, bei ihr und allen anderen weiblichen Versicherten dieser Anspruchgruppe in das Gegenteil verkehrt werde. Zwar habe das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 26. Juni 1977 ( 1 BvL 17/73 ) die Regelung des FRG, wonach den rentenberechtigten Frauen niedrigere Verdienste zugeordnet werden, als mit Art. 3 Abs. 2 Grundgesetz vereinbar erklärt, jedoch könne diese Entscheidung nicht auf die hier streitige Regelung des Art. 6 § 4 FANG übertragen werden. Die Ungleichbehandlung von Männern und Frauen durch diese Regelung habe weder etwas mit der notwendigen Typisierung noch mit dem Eingliederungsprinzip zu tun. Da die Anlagen 13 und 14 des SGB VI auf der Einkommensstruktur der DDR beruhten und bekannt gewesen sei, dass die Unterschiede in den Verdiensten zwischen männlichen und weiblichen Versicherten in der DDR viel geringer waren als in der Bundesrepublik, stelle die Ausnahmevorschrift des Art. 6 § 4 Abs. 3 FANG für sie, die Klägerin, und alle übrigen vergleichbaren weiblichen Versicherten eine eklatante Ungleichbehandlung dar. Im Übrigen habe der Rentenbeginn nur aufgrund ihrer Erwerbsunfähigkeit schon im Juli 1992 gelegen habe. Ohne die Erwerbsunfähigkeit bei unmittelbarer Inanspruchnahme der Altersrente hätte der Rentenbeginn erst Mitte 1996 gelegen, so dass das neue, für sie günstigere Recht zu Anwendung gekommen wäre.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 14. Februar 2002 sowie den Bescheid der Beklagten vom 13. Januar 1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12. November 1998 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin unter Änderung des Bescheides vom 02. April 1992 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25. Oktober 1993, des Bescheides vom 10. Juli 1996 sowie des Bescheides vom 25. Mai 2001 eine höhere Rente ab Juli 1992 unter Bewertung der in Polen zurückgelegten Zeiten ( von August 1955 bis März 1972 ) nach Qualifikationsgruppen und Wirtschaftsbereichen gemäß § 22 FRG i.V.m. § 256 b SGB VI zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 14. Februar 2002 zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, die Regelung des Art. 6 § 4 Abs. 3 FANG verstoße nicht gegen das Gleichheitsgebot des Art. 3 Grundgesetz. Soweit bei den Leistungsgruppen die Anlage 11 für weibliche Versicherte niedrigere Entgelte ausweise als die Anlage 9 für männliche Versicherte, sei dies ein Spiegelbild der gesellschaftlichen Rolle der Frau in der alten Bundesrepublik und durch das Bundesverfassungsgericht auch für verfassungsgemäß erklärt worden. Dies müsse dann aus den gleichen Gründen auch für die in Art. 6 § 4 Abs. 3 FANG geregelte Übergangszeit gelten. Im Verhältnis zur zweiten Vergleichsgruppe der Spätaussiedler, die nach 1990 zugezogen seien, könne ebenfalls keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung festgestellt werden. Dass diesem Personenkreis die teilweise günstigeren Tabellenentgelte der Anlage 14 zum SGB VI zugeordnet würden, stelle nur auf den ersten Blick eine Begünstigung dar. Diese vermeintliche Begünstigung werde jedoch durch andere einschränkende Regelungen im FRG, wie die Reduzierung der ermittelten Entgeltpunkte auf 70 bzw. 60 Prozent, die Zuordnung des aktuellen Rentenwertes Ost bei Aufenthalt im Beitrittsgebiet und die Festlegung einer Entgeltpunkteobergrenze, mehr als kompensiert. Insgesamt sei deshalb weder ein Rechtsanwendungsfehler noch auf Seiten des Gesetzgebers ein Recht-setzungsfehler zu erkennen. Im Anschluss an den am 18. November 2003 durchgeführten Erörterungstermin hat die Beklagte eine Probeberechnung der Renten der Klägerin auf der Grundlage der Einstufung nach Qualifikationsgruppen und Wirtschaftsbereichen gem. § 22 FRG i.V.m. § 256 b SGB VI vorgenommen. Im Ergebnis wurden bei dieser Probeberechnung unter Anwendung der Qualifikationsgruppen und Wirtschaftsbereiche erheblich höhere persönliche Entgeltpunkte erreicht als bei der tatsächlichen Rentengewährung.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Übrigen wird auf den Inhalt der in der Sitzungsniederschrift vom 19. April 2005 aufgeführten Akten Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz – SGG - ) ist unbegründet. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig. Entgegen ihrer Auffassung hat die Klägerin keinen Anspruch auf Abänderung der Bescheide der Beklagten vom 2. April 1993, 10. Juli 1996 sowie 25. Mai 2001 und Gewährung einer höheren Rente wegen Erwerbsunfähigkeit und einer höheren Altersrente für Frauen ab Juli 1992.

Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist nach entsprechender Beschränkung der Berufung allein noch die Frage nach der Bewertung der in D. (Polen) zurückgelegten Beitragszeiten. Zu Recht und mit zutreffender Begründung, der sich der Senat anschließt und auf die er zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt ( § 153 Abs. 2 SGG ), hat das Sozialgericht dargelegt und ist mittlerweile auch zwischen den Beteiligten unstreitig, dass die Beklagte in den Bescheiden vom 02. April 1993 und 1. Juni 1996 die einfachgesetzlichen Regelungen richtig angewandt hat und unter diesem Gesichtspunkt der den Überprüfungsantrag ablehnende Bescheid vom 13. Januar 1998 in Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12. November 1998 rechtmäßig ist. Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass sich die hier streitige Regelung des Art. 6 § 4 Abs. 3 FANG einfachgesetzlich auch nicht dahingehend auslegen lässt, dass sie im Sinne einer Vertrauensschutzregelung nur dann Anwendung finden soll, wenn dies für den Versicherten günstiger ist als die Anwendung des neuen Rechts. Der Gesetzgeber hat nämlich durchaus gesehen, dass es vorkommen kann, dass das neue Recht günstiger ist als das alte. Dies ergibt sich aus Art. 6 § 4 Abs. 4 FANG, wonach – allerdings für eine andere Personengruppe – das neue Recht Anwendung findet, allerdings begrenzt auf den Rentenzahlbetrag, der sich bei Anwendung des alten Rechts ergeben würde. Dies zeigt, dass der Gesetzgeber den Versicherten nicht die jeweils für sie günstigste Regelung zukommen lassen wollte.

Entgegen der Auffassung der Klägerin verstößt die von der Beklagten bei Erlass der ursprünglichen Bescheide angewandte Regelung des Art. 6 § 4 Abs. 3 FANG auch nicht gegen das Gleichheitsgebot des Art. 3 Grundgesetz. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass diese Regelung lediglich für einen bestimmten Personenkreis die in der vorangegangenen Zeit bestehenden Regelungen fortschreibt. Zwar haben diese Regelungen von vornherein eine Ungleichbehandlung von Frauen gegenüber Männern bewirkt, jedoch hat das Bundesverfassungsgericht diese Ungleichbehandlung in seiner Entscheidung vom 26. Januar 1977 (s.o.) als Ausfluss der tatsächlich bestehenden gesellschaftlichen Rolle der Frau in der alten Bundesrepublik und deshalb als verfassungsgemäß angesehen. Da die jetzt von Klägerseite beanstandete Übergangsregelung des Art. 6 § 4 Abs. 3 FANG die vormals bestehende Ungleichbehandlung in keiner Weise verstärkt, sondern sie lediglich fortschreibt, vermag der Senat unter diesem Gesichtspunkt einen Verstoß gegen Art. 3 Grundgesetz nicht zu erkennen.

Auch im Verhältnis zu der Personengruppe der nach 1990 zugezogenen Spätaussiedler ist zumindest eine weitere geschlechtsspezifische – unter Verfassungsgesichtspunkten bedenkliche – Ungleichbehandlung nicht zu erkennen. Vielmehr ist es so, dass nach den neuen Regelungen Frauen und Männer gleich behandelt werden. Dies wurde im Ergebnis dadurch erreicht, dass sich die neuen Regelungen mit der Einstufung nach Qualifikationsgruppen und Wirtschaftsbereichen für Männer ungünstiger und für Frauen günstiger als die alte Einstufung nach Leistungsgruppen darstellen. Im Verhältnis der Klägerin zu einem männlichen Spätaussiedler, der nach 1990 zugezogen ist, hat sich die geschlechtsspezifische Ungleichbehandlung somit zumindest vermindert, wenn sie denn überhaupt noch besteht.

Eine verfassungsrechtlich bedenkliche Ungleichbehandlung besteht zur Überzeugung des Senats und entgegen der Auffassung der Klägerin des weiteren nicht zwischen einerseits den vor 1990 zugezogenen und andererseits den nach 1990 zugezogenen weiblichen Spätaussiedlern. Völlig zu Recht weist die Beklagte insoweit darauf hin, dass für die unter das neue Recht fallenden Spätaussiedler neben der Änderung der Bewertung der Zeiten weitere gesetzlichen Regelungen gelten, die gegenüber früheren Aussiedlern erheblich ungünstiger sind. Zwar hat die durchgeführte Probeberechnung ergeben, dass im konkreten Einzelfall die durch die Berücksichtigung von Qualifikationsgruppen/Wirtschaftsbereichen eingetretene Vergünstigung nicht in vollem Umfang durch die anderen nachteiligen gesetzlichen Regelungen ausgeglichen wird. Eine daraus resultierende Benachteiligung der Klägerin gegenüber einer später zugezogenen Spätaussiedlerin ist aber schon wegen der Zulässigkeit von Pauschalierungen hinzunehmen. Prinzip des Fremdrentengesetzes war im Übrigen seit je her die Integration der Aussiedler entsprechend der Lebensverhältnisse der Wohnbevölkerung der Bundesrepublik. Deshalb waren die bis Juni 1990 geltenden Regelungen unter anderem darauf abgestellt, weibliche Aussiedler nicht besser zu stellen als durchgehend im alten Bundesgebiet lebende Frauen. Da im alten Bundesgebiet üblicherweise Frauen wegen ihrer schlechteren Berufsbiographie niedrigere Renten als Männer bezogen, hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 26. Januar 1977 die Schlechterbehandlung von Frauen in den Tabellenwerten der Anlagen zum FRG auch als verfassungsgemäß angesehen. Erst am 30. Juni 1990 war die Wiedervereinigung Deutschlands mit tief greifenden wirtschaftlichen und sozialen Veränderungen und auch einer weitgehenden Angleichung der Berufsbiographien von männlichen und weiblichen Arbeitnehmern absehbar. Personen, die vor diesem Zeitpunkt in die alte Bundesrepublik gekommen sind, haben sich aber auf die zu der damaligen Zeit dort existierenden wirtschaftlichen Strukturen eingestellt, so dass es gerechtfertigt erscheint, sie auch noch für einen gewissen Zeitraum über die Wiedervereinigung hinaus danach zu behandeln. Etwas anderes gilt bei Aussiedlern, die erst nach der Wiedervereinigung nach Deutschland gekommen sind, da zu dieser Zeit die Strukturen zum Teil schon durch die in der früheren DDR herrschenden Verhältnisse – mit grundsätzlich niedrigeren Verdiensten, aber ohne relevante Unterscheidungen zwischen Männern und Frauen – geprägt waren. Insofern bestand für die von dem Gesetzgeber vorgenommene Differenzierung nach Zeitpunkt und Ort der Aufenthaltnahme im Gebiet der ( neuen ) Bundesrepublik Deutschland zur Überzeugung des Senats ein sachlicher Grund.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Berufungsverfahrens.

Der Senat hat die Revision gegen das Urteil wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zugelassen ( § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG ).
Rechtskraft
Aus
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