L 30 AL 113/03

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
30
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 9 AL 176/02
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 30 AL 113/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers werden der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Cottbus vom 23. Juni 2003 sowie der Bescheid der Beklagten, mit dem dem Kläger ab 14. Januar 2002 Arbeitslosengeld gewährt worden ist, in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. März 2002 geändert. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger für den Zeitraum vom 14. Januar 2002 bis 02. April 2002 Arbeitslosengeld auf der Grundlage eines Bemessungsentgeltes von 480,- EUR wöchentlich zu gewähren. Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Höhe von gewährtem Arbeitslosengeld im Zeitraum vom 14. Januar 2002 bis zum 02. April 2002.

Der am ... 1954 geborene verheiratete Kläger war bis zum 30. Juni 1997, zuletzt als Arbeitsvorbereiter, bei der Glaswerk Sch. GmbH beschäftigt. Ausweislich der Arbeitsbescheinigung der Glaswerk Sch. GmbH vom 19. Juni 1997 erhielt der Kläger in der Zeit von Januar 1997 bis Juni 1997 ein gleichbleibendes Bruttoarbeitsentgelt in Höhe von 3983,- DM monatlich, insgesamt 23.989,- DM, bei einer 39-Stunden-Arbeitswoche. In die Lohnsteuerkarte des Klägers für das Jahr 1997 war zu Beginn des Jahres die Steuerklasse IV mit einem Kinderfreibetrag eingetragen.

Auf seine Arbeitslosmeldung vom 19. Juni 1997 mit Wirkung zum 01. Juli 1997 bewilligte die Beklagte dem Kläger ab 01. Juli 1998 Arbeitslosengeld für eine Anspruchsdauer von 468 Tagen in Höhe von 361,80 DM wöchentlich (Bemessungsentgelt 920,- DM wöchentlich/Leistungsgruppe A/Leistungssatz 67 v. H./AFG-LeistungsVO 1997). Für die Zeit vom 01. Januar 1998 bis zum 17. Mai 1998 erhielt er unter Zugrundelegung eines unveränderten Bemessungsentgelts von 920,- DM wöchentlich Arbeitslosengeld in Höhe von 364,07 DM wöchentlich (Leistungsgruppe A/Leistungssatz 67 v.H./SGB III - LeistungsentgeltVO 1998).

Während des Zeitraums vom 18. Mai 1998 bis zum 19. März 1999 befand sich der Kläger in einer von der Beklagten geförderten Maßnahme der beruflichen Weiterbildung (Lehrgang: Qualifikation zum Elektroinstallateur für Service) und erhielt ab dem 18. Mai 1998 Unterhaltsgeld in Höhe von 364,07 DM wöchentlich (Bemessungsentgelt 920,-DM wöchentlich/Leistungsgruppe A/Leistungssatz 67 v. H./SGB III - LeistungsentgeltVO 1998). Ab 01. Juli 1998 wurde das Bemessungsentgelt auf 940,- DM wöchentlich erhöht, der Kläger erhielt ab diesem Zeitpunkt Unterhaltsgeld in Höhe von 331,24 DM wöchentlich (Bemessungsentgelt 940,- DM wöchentlich/Leistungsgruppe A/Leistungssatz 60 % (niedrigerer Leistungssatz von 60 % statt 67 % zuvor wegen Wegfalls der Berücksichtigung des Kindes S. wegen Beendigung der Berufsausbildung im Juli 1998)/SGB III - LeistungsentgeltVO 1998) und ab dem 01. Januar 1999 (bis 31. März 1999) Unterhaltsgeld in Höhe von 333,69 DM wöchentlich (BE 940,- DM wöchentlich/ Leistungsgruppe A/Leistungssatz 60 %/ SGB III-LeistungsentgeltVO 1999 - Änderungsbescheid vom 11. Januar 1999).

Vom 22. März 1999 bis zum 22. September 1999 war der Kläger als Produktionsarbeiter bei der Fa. Baukeramik C., anschließend vom 27. September 1999 bis zum 31. Dezember 2001 als Elektriker bei dem Elektromeister W. versicherungspflichtig beschäftigt. Hierbei erzielte er im Zeitraum vom 01. Januar 2001 bis zum 31. Dezember 2001 ausweislich der Arbeitsbescheinigung des Elektromeisters K. W. vom 10. Januar 2002 ein Gesamtbruttoarbeitsentgelt in Höhe von 28.696,90 DM, in dem eine Einmalzahlung in Höhe von 373,90 DM für den Monat Dezember 2001 enthalten war.

Der Kläger meldete sich bei dem Arbeitsamt Cottbus - Dienststelle Finsterwalde - am 08. Januar 2002 mit sofortiger Wirkung arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. In seinem Antrag gab er an, auf seiner Lohnsteuerkarte sei die Steuerklasse IV ohne Kinderfreibeträge eingetragen. Mit Bewilligungsbescheid (vom 19. Februar 2002 (?); Datum ist nicht lesbar) gewährte die Beklagte dem Kläger nach Ablauf eines Ruhenszeitraums wegen Urlaubsabgeltung (01. Januar 2002 bis zum 13. Januar 2002) Arbeitslosengeld in Höhe von 123,34 EUR wöchentlich ab dem 14. Januar 2002 (Bemessungsentgelt 280,00 EUR wöchentlich/ Leistungsgruppe A/ Leistungssatz 60 %/SGB III - LeistungsentgeltVO 2002).

Wegen der Höhe des Arbeitslosengeldes legte der Kläger unter Hinweis auf die Regelung des § 133 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) am 25. Februar 2002 Widerspruch ein, der durch Widerspruchsbescheid vom 12. März 2002 als unbegründet zurückgewiesen wurde.

Ab dem 03. April 2002 nahm der Kläger ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis als Elektriker auf.

Gegen den Widerspruchsbescheid vom 12. März 2002 hat der Kläger am 08. April 2002 Klage vor dem Sozialgericht Cottbus erhoben. Die Beklagte habe die Regelung des § 133 Abs. 1 SGB III übersehen. Zwar sei dort dem Wortlaut nach nur von Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe die Rede, nicht anderes gelte jedoch im Wege verfassungskonformer Auslegung des § 133 Abs. 1 SGB III für Unterhaltsgeld. Denn nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz sei hier kein plausibler Grund ersichtlich, warum der Bezieher von Unterhaltsgeld, der später eine geringer bezahlte Arbeit annehme, schlechter gestellt werden solle, als jemand, der statt dessen nur Arbeitslosengeld bezogen und sich u. U. nicht um eine berufliche Weiterqualifikation bemüht habe.

Das Sozialgericht Cottbus hat durch Gerichtsbescheid vom 23. Juni 2003 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, § 133 Abs. 1 SGB III fände keine Anwendung, weil Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe und Unterhaltsgeld keinen einheitlichen Anspruch darstellten. Eine verfassungskonforme Auslegung des § 133 Abs. 1 SGB III nach dem aus Art. 3 GG herrührenden Gleichheitsgrundsatz sei nicht geboten, da dem Gesetzgeber bei der Formulierung des § 133 Abs. 1 SGB III hinsichtlich der fehlenden Einbeziehung des Unterhaltsgeldes kein redaktionelles Versehen unterlaufen sei.

Gegen den dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 03. Juli 2003 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 21. Juli 2003 Berufung eingelegt und zur Begründung das erstinstanzliche Vorbringen wiederholt. Ergänzend hat er ausgeführt, dass schon der gesamte Sinn und Zweck des SGB III, nämlich die Arbeitsförderung, eine Gleichstellung von Beziehern von Unterhaltsgeld und von Beziehern von Arbeitslosengeld erfordere. Schließlich solle der Arbeitslose dazu motiviert werden, durch Weiterbildungsmaßnahmen seine Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu erhöhen. Dies würde dadurch erschwert werden, wenn man der Auffassung der Beklagten folgte, dass der Arbeitslosengeldbezug anders zu behandeln sei als der Unterhaltsgeldbezug.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Cottbus vom 23. Juni 2003 sowie den Bescheid der Beklagten, mit dem dem Kläger Arbeitslosengeld ab 14. Januar 2002 bewilligt worden ist, in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. März 2002 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger für den Zeitraum vom 14. Januar 2002 bis zum 02. April 2002 Arbeitslosengeld auf der Grundlage des Bemessungsentgeltes von 480,- EUR wöchentlich (940,- DM wöchentlich) zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hielt den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Leistungsakte der Beklagten (Stammnummer ...), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig. Sie ist ohne weitere Zulassung gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 500,00 EUR übersteigt. Der Kläger hat im streitbefangenen Zeitraum von elf Wochen und zwei Tagen (= 79 Tage) bei einem wöchentlichen Leistungssatz von 123,34 EUR (= 17,62 EUR täglich) Arbeitslosengeld in Höhe von 1 391,98 EUR bezogen. Im vorliegenden Verfahren macht er Arbeitslosengeld unter Zugrundelegung eines Bemessungsentgeltes in Höhe von 480,00 EUR geltend, was dem dem Unterhaltsgeld zugrunde liegenden Bemessungsentgelt in Höhe von 940,00 DM wöchentlich entspräche. Bei einem Bemessungsentgelt in Höhe von wöchentlich 480,00 EUR unter Zugrundelegung der Leistungsgruppe A ergibt sich ausweislich der SGB III-Leistungsentgeltverordnung 2002 vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I Seite 4036) ein allgemeiner Leistungssatz von wöchentlich 179,97 EUR (= 25,71 täglich). Dies ergäbe für den streitbefangenen Zeitraum einen Bezug von Arbeitslosengeld in Höhe von 2 031,09 EUR. Hieraus errechnet sich eine Differenz zu dem tatsächlich bezogenen Arbeitslosengeld in Höhe von 639,11 EUR.

Die Berufung ist auch begründet. Das Sozialgericht Cottbus hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Klage ist zulässig und begründet.

Der Kläger hat Anspruch auf Gewährung eines höheren Arbeitslosengeldes als das ihm von der Beklagten bereits für den streitbefangenen Zeitraum bewilligte Arbeitslosengeld.

Nach § 117 Abs. 1 SGB III in der Fassung des 1. SGB III-ÄndG vom 16. Dezember 1997 (BGBl. I Seite 2970) haben Anspruch auf Arbeitslosengeld Arbeitnehmer, die

1. arbeitslos sind,

2. sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet und

3. die Anwartschaftszeit erfüllt haben.

Der Kläger war seit der Beendigung seiner Beschäftigung bei dem Elektromeister W. zum 31. Dezember 2001 bis zur Aufnahme einer erneuten Beschäftigung am 03. April 2002 bis zum 02. April 2002 arbeitslos (§§ 118, 119 SGB III); er hat sich anlässlich seiner persönlichen Arbeitslosmeldung beim Arbeitsamt Cottbus - Dienststelle Finsterwalde - am 08. Januar 2002 arbeitslos gemeldet, Arbeitslosengeld beantragt und sich der Arbeitsvermittlung ausweislich seiner Angaben im Antrag uneingeschränkt zur Verfügung gestellt. Der Kläger hat auch die erforderliche Anwartschaftszeit unter Berücksichtigung des § 123 SGB III erfüllt.

Nach § 123 Satz 1 Nr. 1 SGB III hat die Anwartschaft unter anderem erfüllt, wer in der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat. Nach § 124 Abs. 1 SGB III beträgt die Rahmenfrist drei Jahre und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die Rahmenfrist reicht nicht in eine vorangegangene Rahmenfrist hinein, in der der Arbeitslose eine Anwartschaftszeit erfüllt hatte (§ 124 Abs. 2 SGB III).

Vorliegend reicht die Rahmenfrist vom 07. Januar 2002 bis zum 08. Januar 1999. In dieser Zeit war der Kläger vom 22. März 1999 bis zum 22. September 1999 als Produktionsarbeiter bei der Fa. Baukeramik C. und vom 27. September 1999 bis zum 31. Dezember 2001 bei der Firma W. als Elektriker, das heißt mindestens zwölf Monate, versicherungspflichtig beschäftigt im Sinne der §§ 24, 25 Abs. 1 SGB III und hat somit die Anwartschaft im Sinne des § 123 Satz 1 Nr. 1 SGB III erfüllt.

Nach § 129 SGB III in der Fassung des Gesetzes zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften: Lebenspartnerschaften vom 16. Februar 2001 (BGBl. I Seite 266) beträgt das Arbeitslosengeld

für Arbeitslose, die mindestens ein Kind im Sinne des § 32 Abs. 1, 3 bis 5 des Einkommenssteuergesetzes haben, sowie für Arbeitslose, deren Ehegatte oder Lebenspartner mindestens ein Kind im Sinne des § 32 Abs. 1, 3 bis 5 des Einkommenssteuergesetzes hat, wenn beide Ehegatten oder Lebenspartner unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt leben, 67 % (erhöhter Leistungssatz),

für die übrigen Arbeitslosen 60 % (allgemeiner Leistungssatz)

des pauschalierten Nettoentgeltes (Leistungsentgeltes), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt).

Nach § 130 Abs. 1 SGB III umfasst der Bemessungszeitraum die Entgeltabrechnungszeiträume, die in den letzten 52 Wochen vor der Entstehung des Anspruches, in denen Versicherungspflicht bestand, enthalten sind und beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem letzten Versicherungspflichtverhältnis vor der Entstehung des Anspruches abgerechnet waren.

Nach § 132 Abs. 1 SGB III ist Bemessungsentgelt das im Bemessungszeitraum durchschnittlich auf die Woche entfallende Entgelt, das der Erhebung der Beiträge nach diesem Buch zugrunde lag. Für die Berechnung des Bemessungsentgeltes ist das Entgelt im Bemessungszeitraum durch die Zahl der Wochen zu teilen, für die es gezahlt worden ist (§ 132 Abs. 2 Satz 1 SGB III).

Nach § 132 Abs. 3 SGB III in der Fassung des 4. Euro-Einführungsgesetzes vom 21. Dezember 2000 (BGBl. I Seite 1983) ist das Bemessungsentgelt auf den nächsten durch 5 teilbaren Euro-Betrag zu runden. Leistungsentgelt ist nach § 136 Abs. 1 SGB III das um die gesetzlichen Entgeltabzüge, die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallen, verminderte Bemessungsentgelt. Entgeltabzüge sind nach § 136 Abs. 2 Satz 1 SGB III Steuern, die Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung sowie die sonstigen gewöhnlich anfallenden Abzüge, die zu Beginn des Kalenderjahres maßgeblich sind

Nach § 137 Abs. 1 SGB III richtet sich die als gewöhnlicher Abzug zugrunde zu legende Steuer nach der Leistungsgruppe, der der Arbeitslose zuzuordnen ist, wobei nach § 137 Abs. 2 Nr. 1 SGB III zuzuordnen sind Arbeitnehmer, auf deren Lohnsteuerkarte die Lohnsteuerklasse I oder IV eingetragen ist, der Leistungsgruppe A.

Nach § 151 Abs. 2 Nr. 2 SGB III in der hier maßgeblichen Fassung war das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung ermächtigt, durch Rechtsverordnung jeweils für ein Kalenderjahr die für die Bemessung des Arbeitslosengelde maßgeblichen Leistungsentgelte zu bestimmen.

Ausweislich der Arbeitsbescheinigung des Elektromeisters K. W. vom 10. Januar 2002 erhielt der Kläger bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden in den Monaten Januar 2001 bis Dezember 2001 ein Gesamtbruttoarbeitsentgelt in Höhe von 28 696,90 DM. Hieraus ergab sich ein der Bewilligung von Arbeitslosengeld ab dem 14. Januar 2002 zugrundezulegendes wöchentliches Bemessungsentgelt in Höhe von gerundet 280,00 EUR (28 696,90 geteilt durch 52 Wochen = 551,86 DM wöchentlich geteilt durch 1,95583 = 282,16 EUR gerundet gemäß § 132 Abs. 3 SGB III auf 280,00 EUR wöchentlich).

Der Kläger hat jedoch Anspruch auf Bewilligung von Arbeitslosengeld unter Zugrundelegung eines höheres Bemessungsentgeltes unter Berücksichtigung des § 133 Abs. 1 SGB III. Danach ist Bemessungsentgelt mindestens das Entgelt, nach dem das Arbeitslosengeld oder die Arbeitslosenhilfe zuletzt bemessen worden ist, wenn der Arbeitslose innerhalb der letzten drei Jahre vor der Entstehung des Anspruchs Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe bezogen hat. Diese Voraussetzungen sind nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht erfüllt, da der Kläger innerhalb der letzten drei Jahre vor der Entstehung des Anspruches zu keinem Zeitpunkt Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe bezogen hat. Der letzte Tag des Arbeitslosengeldbezuges des Klägers vor Entstehung des neuen Arbeitslosengeldanspruches im Januar 2002 war der 17. Mai 1998. Die Dreijahresfrist währte vom 07. Januar 2002 bis zum 08. Januar 1999. Jedoch hat er innerhalb des Dreijahreszeitraumes Unterhaltsgeld bezogen, nämlich vom 18. Mai 1998 bis zum 19. März 1999. Allerdings ist das Unterhaltsgeld in der Vorschrift des § 133 Abs. 1 SGB III nicht benannt.

Die Regelung des § 133 Abs. 1 SGB III in der hier maßgeblichen Fassung des 2. SGB III-ÄndG vom 21. Juli 1999 (BGBl. I Seite 1648) lässt sich im Hinblick auf den in Art. 3 Abs. 1 GG enthaltenen Gleichbehandlungsgrundsatz nicht rechtfertigen. Der allgemeine Gleichheitssatz, nach dem alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln sind (Art. 3 Abs. 1 GG) ist dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppe keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können (vgl. BVerfGE 55, 72, 88; 65, 104, 112 f.; 170, 230, 239 f.; 71, 146, 145 f,). Dabei ist es grundsätzlich Sache des Gesetzgebers, die Tatbestände zu bestimmen, die er gleich behandeln will. Sein Spielraum endet allerdings dort, wo die ungleiche Behandlung der geregelten Tatbestände evidentermaßen mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten sachgerechten Betrachtungsweise unvereinbar ist, wo also ein einleuchtender Grund für die gewählte Differenzierung fehlt. Derartige plausible Gründe für die Differenzierung dahingehend, warum der Vorbezug von Unterhaltsgeld innerhalb der Frist des § 133 Abs. 1 SGB III nicht wie der Vorbezug von Arbeitslosengeld/Arbeitslosenhilfe zu berücksichtigen ist, sind jedenfalls zum streitgegenständlichen Zeitpunkt, nämlich im Januar 2002 unter der Geltung des SGB III, nicht erkennbar.

Dies hat das Bundessozialgericht in seiner Entscheidung vom 21. Oktober 2003 (SozR 4-4300 § 133 Nr. 1) für den Bezug von Unterhaltsgeld vor dem 01. Januar 1998 im Einklang mit der Rechtsprechung zu § 112 Abs. 5 Nr. 2 a AFG in der Fassung des Vierten Gesetzes zur Änderung des AFG vom 12. Dezember 1977 (4. AFG ÄndG - BGBl I S. 2557 - vgl. hierzu BSG vom 22. Juli 1982 - 7 RAr 107/81), dessen Regelungsinhalt mit dem des § 133 Abs. 1 Satz 1 SGB III vergleichbar ist, anders gesehen Es hat als Grund für die Differenzierung zwischen dem Bezug von Unterhaltsgeld und dem Bezug von Arbeitslosengeld/Arbeitslosenhilfe - jedenfalls unter Geltung des AFG - den Umstand gesehen, dass der Unterhaltsgeldbezug nach § 107 Satz 1 Nr. 5 d AFG in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Bundeserziehungsgeldgesetzes und anderer Vorschriften vom 06. Dezember 1991 (BGBl. I S. 2142) als so genannte Gleichstellungszeit den Zeiten einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gleichgestellt und damit von der rechtlichen Konzeption etwas grundlegend anderes als der Bezug von Arbeitslosengeld sei. Aus dem für den Bezug von Unterhaltsgeld vor dem 01. Januar 1998 maßgeblichen § 107 Satz 1 Nr. 5 d AFG ergebe sich ein systematischer Unterschied in der sozialpolitischen Zielsetzung der Leistungen von Arbeitslosengeld und Unterhaltsgeld.

Mit Einführung des SGB III ist ein solcher Unterschied jedoch entfallen. Dies ergibt sich zum einen aus § 116 SGB III, wonach Arbeitslosengeld (§ 116 Nr. 1 SGB III), Arbeitslosenhilfe (§ 116 Nr. 6 SGB III) und Unterhaltsgeld (§ 116 Nr. 2 SGB III) gleichermaßen als Entgeltersatzleistungen bezeichnet werden. Zugleich sind die in § 107 AFG normierten Gleichstellungszeiten gänzlich entfallen. Durch den Bezug von Unterhaltsgeld kann also nach dem SGB III ein neuer Arbeitslosengeldanspruch nicht mehr erworben werden.

§ 133 Abs. 1 SGB III erlaubt jedoch eine verfassungskonforme Auslegung, nach der sie dem Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG standhält. § 133 Abs. 1 Satz 1 SGB III stellt nach der Gesetzesbegründung eine Privilegierung derjenigen Arbeitslosen dar, die eine vorhergehende Arbeitslosigkeit mit dem Bezug von Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe dadurch beendet haben, dass sie eine Beschäftigung aufgenommen haben, in der sie ein geringeres Entgelt als das dem Arbeitslosengeld zugrunde gelegte Entgelt verdienten, und nunmehr erneut arbeitslos geworden sind. Arbeitslose sollen vor Nachteilen bei Aufnahme einer geringer entlohnten Beschäftigung durch diese Vorschrift geschützt werden und ihre Bereitschaft erhöhte werden, ihre Arbeitslosigkeit auch durch Aufnahme einer geringer entlohnten Beschäftigung zu beenden. Damit sollen Hemmnisse, die einer Rückkehr in das Erwerbsleben entgegenstehen könnten, beseitigt werden (vgl. BT-Drucksache 13/4941 Seite 178 zu § 133 Abs. 1; Brand, in Niesel, SGB III, 2. Auflage, § 133 Rz. 2; Valgolio, in Hauck/Noftz, SGB III, K § 133 Rz. 4). In Betracht kommt daher eine verfassungskonforme Auslegung des § 133 Abs. 1 SGB III dahingehend, nach der auch ein höheres Entgelt, das dem Bezug von Unterhaltsgeld in den letzten drei Jahren vor der Entstehung des Anspruches zugrunde lag, gegenüber dem Entgelt aus dem Bemessungszeitraum nach §§ 130, 131 SGB III vorgeht. Insbesondere im Hinblick auf den vom Gesetzgeber verfolgten Sinn und Zweck der Regelung (vgl. BT-Drucksache 13/4991 Seite 178 zu § 133 Abs. 1) ist nicht erkennbar, warum die vom Gesetz erwünschte Zwischenbeschäftigung nach einer ganztätigen Weiterbildungsmaßnahme mit Bezug von Unterhaltsgeld anders behandelt werden soll als wenn der Arbeitslose in der Zeit Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe bezogen hätte (in diesem Sinne Valgolio, a. a. O., K § 133 Rz. 16 bis 18), und zwar insbesondere auch unter Berücksichtigung des § 116 SGB III in der im Jahre 2002 geltenden Fassung, in dem Unterhaltsgeld gleichberechtigt und gleichrangig mit Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe als Entgeltersatzleistung genannt wird.

Der Kläger hat somit für den hier streitbefangenen Zeitraum vom 14. Januar 2002 bis zum 02. April 2002 nach § 133 Abs. 1 SGB III in der zuvor dargestellten verfassungskonformen Auslegung Anspruch auf Arbeitslosengeld unter Zugrundelegung eines Bemessungsentgeltes von 480,00 EUR wöchentlich, nach dem er bis zum 18. März 1999 Unterhaltsgeld auf der Grundlage eines wöchentlichen Bemessungsentgeltes von 940,00 DM wöchentlich erhalten hatte (940 DM geteilt durch 1,95583 = 480,61 EUR; gerundet nach § 132 Abs. 3 SGB III auf 480,00 EUR).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.

Die Revision war zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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