L 11 B 51/05 SO ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
11
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 13 SO 6/05 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 B 51/05 SO ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Regensburg vom 07.02.2005 wird zurückgewiesen.
II. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts für dieses Beschwerdefahren wird abgelehnt.
III. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Antragsgegner (Ag) gewährte dem 1943 geborenen Antragsteller (ASt) seit Jahren Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG). Mit Bescheid vom 11.01.2005 bewilligte der Ag dem ASt für die Zeit vom 01.01.2005 "bis auf weiteres" Hilfe zum Lebensunterhalt gemäß §§ 19 ff Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) in Höhe von monatlich 324,74 EUR. In dem Bescheid wurde jeweils unter der Überschrift "Abrechnung" ausgeführt, dass der genannte Betrag für Januar bereits ausbezahlt sei und für Februar noch ausbezahlt werde. Im Anschluss daran enthält der Bescheid u.a. den Hinweis, dass die Hilfe jeweils für einen Monat gewährt werde. Bei Wegfall der Voraussetzungen werde die Hilfe eingestellt oder gekürzt, ohne dass es eines besonderes Widerrufs bedürfe.

Nachdem der ASt mit Schreiben vom 08.01.2005 geltend gemacht hatte, dass er noch keinen Antrag auf Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) erhalten habe und dem Ag eine Entscheidung über seine Arbeitsfähigkeit nicht zustehe, stellte ihm der Ag mit Schreiben vom 12.01.2005 anheim, bei der Agentur für Arbeit einen solchen Antrag zu stellen und teilte ihm mit, dass er seine Zahlungen zum 31.01.2005 einstelle. Daraufhin erklärte der ASt im Schreiben vom 13.01.2005, er werde "einen Antrag nach Hartz IV" stellen, den ihm der Ag bis heute verwehrt habe. Mit weiterem Schreiben vom 20.01.2005 brachte er vor, die Agentur für Arbeit habe seinen Antrag nicht angenommen, er müsse erst durch ärztliches Attest seine Arbeitsunfähigkeit nachweisen.

Mit dem am 31.01.2005 beim Sozialgericht Regensburg (SG) eingegangen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz beantragte der ASt sinngemäß,

der Ag werde verpflichtet, ihm die Hilfe zum Lebensunterhalt für Februar 2005 - wie aus dem Bescheid vom 11.01.2005 hervorgeht - sofort zu überweisen.

Der Ag beantragte,

den Antrag abzulehnen.

Mit dem hier angefochtenen Beschluss vom 07.02.2005 hat das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.

Hiergegen wendet sich der ASt mit seiner Beschwerde vom 14.02.2005.

Er beruft sich auf den Bescheid vom 11.01.2005, mit dem ihm Hilfe zum Lebensunterhalt gemäß §§ 19 ff SGB XII bewilligt worden sei und meint, die plötzliche Meinungsänderung des Ag könne nur als willkürlich gedeutet werden. Mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 23.02.2005 wiederholt er sinngemäß den beim SG gestellten Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz.

Der Ag beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten in beiden Instanzen Bezug genommen.

II.

1. Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz -SGG-). Das SG hat ihr nicht abgeholfen (§ 174 SGG).

Die Beschwerde des ASt ist jedoch unbegründet, weil es das SG zu Recht abgelehnt hat, den Ag im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zur Bewilligung von Leistungen der Sozialhilfe für den Monat Februar 2005 in Höhe von 324,74 EUR zu verpflichten.

Eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis (Regelungsanordnung) ist zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Abs 2 Satz 2 SGG). Das ist etwa dann der Fall, wenn dem ASt ohne eine solche Anordnung schwere oder unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (so BVerfG vom 25.10.1988 BVerfGE 79, 69/74 und vom 19.10.1977 BVerfGE 46, 166/179).

Eine solche Regelungsanordnung setzt aber voraus, dass der ASt einen Anordnungsgrund - das ist i.d.R. die Eilbedürftigkeit - und einen Anordnungsanspruch - das ist der materiell-rechtliche Anspruch, auf den er sein Begehren stützt - glaubhaft machen kann (§ 86b Abs 2 Sätze 2, 4 SGG iVm § 920 Abs 2, § 294 Abs 1 Zivilprozessordnung -ZPO-).

Bei der hier erforderlichen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage (vgl. dazu Meyer- Ladewig, SGG, 7.Auflage 2002, § 86b Rdnr 40) zeigt sich, dass dem ASt ein Anordnungsgrund nicht (mehr) zur Seite steht.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung des Anordnungsgrundes, also der Eilbedürftigkeit der Sache, ist in jeder Lage des Verfahrens, insbesondere also auch noch im Beschwerdeverfahren, der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung. Ist die Sache zu diesem Zeitpunkt nicht mehr im oben genannten Sinne dringlich, so kann eine einstweilige Anordnung nicht (mehr) ergehen. So ist es ständige Rechtsprechung im Sozialhilferecht, dass vorläufige Regelungen von Leistungsansprüchen, die abgelaufene Zeiträume betreffen, regelmäßig nicht mehr nötig sind, um wesentliche Nachteile abzuwenden.

Die Sache des ASt ist zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senates nicht mehr eilbedürftig.

Der Ag hat zwischenzeitlich, nachdem die zuständige Arbeitsgemeinschaft Landkreis Regensburg dem ASt für den Zeitraum vom 13.01.2005 bis einschließlich 19.02.2005 Leistungen nach dem SGB II in Aussicht gestellt hat, mit Schreiben vom 24.02.2005 erklärt, dass er an seiner Auffassung zur Frage der Erwerbsfähigkeit des ASt nicht mehr festhalte und dem ASt ab Antragseingang Leistungen nach dem SGB XII bewilligen könne und werde.

Bei dieser Sachlage kommt eine auf solche Leistungen gerichtete einstweilige Anordnung nicht mehr in Betracht. Zum einen ist der Bewilligungszeitraum (= Februar 2005), für den der ASt die Leistungen begehrt, abgelaufen und im Übrigen ist es dem ASt auch zuzumuten, einen dahingehenden (formlosen) Antrag bei dem Ag zu stellen.

2. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts für dieses Beschwerdeverfahren ist abzulehnen.

Aus den oben unter Nr 1 angeführten Gründen ergibt sich, dass das Beschwerdeverfahren, für das der ASt Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwaltes beantragt hat, von Anfang an keine hinreichende Erfolgsaussicht i.S. des § 73a SGG i.V.m. § 114 ff ZPO hatte. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung der Erfolgsaussichten der Beschwerde, für die der ASt PKH begehrt, ist der Zeitpunkt der Entscheidungsreife (so OLG Karlsruhe vom 18.07.1996 FamRZ 1997, 375; BayVGH vom 06.08.1996 NVwZ-RR 1997, 501; VGH BW vom 06.05.1998 NVwZ 1998, 1098). Das ist hier frühestens der Eingang der Beschwerdeerwiderung durch den Ag. Ab diesem Zeitpunkt war aber, wie oben ausgeführt, eine Eilbedürftigkeit im Sinne des § 86b Abs 2 Satz 2 SGG nicht gegeben.

Auf die Frage der Mutwilligkeit und auf die subjektiven Bewilligungsvoraussetzungen für die PKH kommt es nach alledem nicht mehr an.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Das Verfahren der Prozesskostenhilfe ist kostenfrei.

4. Die Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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