L 11 B 108/05 SO ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
11
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 52 SO 9/05 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 B 108/05 SO ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 09.02.2005 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die 1957 geborene Antragstellerin (Ast) bewohnt in L. eine 59 qm große Zweizimmerwohnung alleine. Ihr 17-jähriger Sohn, für den sie zusammen mit ihrem geschiedenen und getrennt lebenden Ehemann das Sorgerecht inne hat, verbringt nur teilweise die Wochenenden bei ihr. Im Übrigen lebt er in einem Internat bzw beim früheren Ehemann der Ast.

Die Ast erhält vom Antragsgegner (Ag) Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gemäß den am 01.01.2005 in Kraft getretenen Bestimmungen der §§ 41 ff Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) für den Zeitraum vom 01.01.2005 bis 30.06.2005 in Höhe von 188,95 EUR monatlich. Bei der Bedarfsberechnung berücksichtigte der Ag dabei angemessene tatsächliche Aufwendungen für die Unterkunft gemäß § 42 Satz 1 Nr 2 SGB XII und § 29 SGB XII entsprechend in Höhe von mtl. 245,42 EUR zuzüglich 120,48 EUR für Heiz- und sonstige Nebenkosten abzüglich 10,- EUR für Warmwasser (vgl Bescheid vom 16.12.2004).

Die Ast leidet nach einem Verkehrsunfall an einem chronifizierten organischen Psychosyndrom nach Schädel-Hirn-Trauma sowie einer organisch gemischten affektiven Störung und befindet sich deshalb seit 1993 in ambulanter Behandlung durch die Institutsambulanz des Bezirkskrankenhauses K. (vgl fachärztliches Attest vom 10.03.2005).

Am 13.01.2005 beantragte sie beim Sozialgericht München (SG), den Ag im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, ihr die tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung sowie einen Mehrbedarf wegen kostenaufwendiger Ernährung zu bewilligen.

Sie benötige die Zweizimmerwohnung, weil ihr Sohn an Wochenenden teilweise bei ihr übernachte. Es müssten auch die Kosten für Lebensmittel und Taschengeld für ihren Sohn bei der Hilfegewährung berücksichtigt werden. Wegen ihrer Schwerbehinderung habe sie erhöhte Lebenshaltungskosten. Die Kosten für Gesundheit und Rehabilitation könne sie nicht niedriger halten. Deshalb könne sie ihre Miete nur zahlen, wenn sie hungere.

Der Ag beantragte, den Antrag abzulehnen.

Der geschiedene Ehemann der Ast übernehme die Kosten für den Internatsbesuch des Sohnes der Ast. Da der Sohn der Ast bereits 17 Jahre alt und erwerbsfähig sei, habe er im Fall einer eigenen Hilfebedürftigkeit einen eigenen Anspruch auf Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Der beantragte Mehrbedarf wegen kostenaufwendiger Ernährung könne mangels Glaubhaftmachung eines entsprechenden Bedarfes nicht übernommen werden.

Das SG lehnte den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit Beschluss vom 09.02.2005 ab. Die Ast habe einen Anordnungsanspruch weder hinsichtlich des Mehrbedarfes wegen kostenaufwendiger Ernährung noch hinsichtlich der Bewilligung der tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung glaubhaft machen können. Die Wohnung der Ast sei unangemessen groß und dementsprechend unangemessen teuer. Einwendungen gegen die vom Ag als unangemessen erachtete Kaltmietkosten seien von der Ast weder im Verwaltungsverfahren noch im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes geltend gemacht worden. Solche Einwendungen seien auch sonst nicht ersichtlich. Insbesondere habe die Ast die Unzumutbarkeit eines Wohnungswechsels nicht glaubhaft gemacht. Eine Sicherung der Unterkunft durch Übernahme von Mietrückständen scheitere an § 569 Abs 3 Nr 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), weil die dort vorgesehene Zweimonatsfrist bereits verstrichen sei.

Hiergegen wendet sich die Ast mit ihrer beim SG am 11.03.2005 eingegangenen Beschwerde. Sie beruft sich im Beschwerdeverfahren lediglich auf ein fachärztliches Attest des Bezirkskrankenhauses K. , Bezirk Schwaben, vom 10.03.2005.

Der Ag tritt dem entgegen. Die Ast erhalte keine Leistungen nach dem SGB II. Der Ag verweist zudem auf seine bisherigen Ausführungen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten in beiden Instanzen und auf die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

II.

1. Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Das SG hat ihr nicht abgeholfen (§ 174 SGG).

Die Beschwerde der Ast ist jedoch unbegründet, weil es das SG zu Recht abgelehnt hat, den Ag im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zur Übernahme der tatsächlichen Aufwendungen der Ast für Unterkunft und Heizung, zur Bewilligung eines Mehrbedarfes wegen kostenaufwendiger Ernährung sowie eines weiteren Mehrbedarfes für Lebensmittel und Taschengeld ihres Sohnes zu verpflichten.

Eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes im Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis (Regelungsanordnung) ist zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Abs 2 Satz 2 SGG). Das ist etwa dann der Fall, wenn dem Ast ohne eine solche Anordnung schwere oder unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (so BVerfG vom 25.10.1988 BVerfGE 79, 69/74 und vom 19.10.1977 BVerfGE 46, 166/179; Niesel, Der Sozialgerichtsprozess, 4.Aufl 2005, RdNr 643).

Bei der hier erforderlichen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage (vgl dazu Mayer-Ladewig, SGG, 7.Aufl 2002, § 86b RdNr 40) zeigt sich, dass der Ast der geltend gemachte Anspruch weder hinsichtlich der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung noch hinsichtlich des Mehrbedarfes für kostenaufwendige Ernährung zur Seite steht.

Der Senat verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf die ausführlichen und zutreffenden Entscheidungsgründe im hier angefochtenen Beschluss des SG vom 09.02.2005 (§ 142 Abs 2 Satz 3 SGG).

Die Ast hat diesen Entscheidungsgründen trotz Aufforderung im Beschwerdeverfahren nichts entgegengesetzt.

Ergänzend ist deshalb lediglich auf Folgendes hinzuweisen: Soweit die Ast sich weiterhin um die Bewilligung eines Mehrbedarfes für kostenaufwendige Ernährung gemäß § 42 Satz 1 Nr 3 iVm § 30 Abs 5 SGB XII bemüht, muss sie, worauf sie bereits in einem Beschluss des Verwaltungsgerichts München (VG) vom 19.08.2004 Az: M 18 E 04.3543 zu Recht hingewiesen worden ist, diesen Bedarf im einstweiligen Rechtsschutzverfahren zumindest glaubhaft machen. Das von ihr vorgelegte fachärztliche Attest des Bezirkskrankenhauses K. , Bezirk Schwaben, vom 10.03.2005 kommt lediglich zur Feststellung, dass aufgrund der Schwere und Dauer der Erkrankung bei ihr eine Erwerbsunfähigkeit vorliegt. Eine Feststellung zur Frage der Erforderlichkeit einer kostenaufwendigeren Ernährung ist hierin nicht enthalten; im Übrigen auch nicht in den sonstigen Attesten, die die Ast in den bisherigen Verwaltungsverfahren vorgelegt hat.

Soweit sie die Bewilligung der tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung begehrt, ist hier entscheidungserheblich, dass gemäß § 42 Satz 1 Nr 2 SGB XII, § 29 SGB XII entsprechend nach der Einordnung des Sozialhilferechts in das SGB ab dem 01.01.2005 Leistungen für die Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht werden, allerdings nur in Höhe des im Einzelfall angemessenen Umfanges. Die entsprechenden anwendbaren Vorschriften in § 29 Abs 1 Sätze 2, 3 SGB XII bestimmen, dass Aufwendungen für die Unterkunft, die im Einzelfall über den angemessenen Umfang hinaus gehen, nur so lange gewährt werden können, als es der betroffenen Person nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für 6 Monate.

Vor diesem Hintergrund hat es die Ast trotz ausdrücklichen Hinweises versäumt, die Unzumutbarkeit des Wohnungswechsels, die Unmöglichkeit, die Aufwendungen für die Unterkunftskosten zu senken oder einen sonstigen Ausnahmefall im vorliegenden Eilverfahren auch nur ansatzweise darzulegen, geschweige denn glaubhaft zu machen. An den diesbezüglichen Feststellungen, die bereits das VG am 19.08.2004 (aaO) im Verfahren nach § 123 Abs 1 VwGO getroffen hat, hat sich seither nichts geändert. Mithin sind auch die Voraussetzungen für eine Hilfe gemäß § 34 Abs 1 Sätze 2 und 3 SGB XII nicht glaubhaft gemacht.

Die Beschwerde der Ast kann nach alledem unter keinem Gesichtspunkt Erfolg haben.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

3. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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