L 11 B 57/05 AS ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 13 AS 1/05 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 B 57/05 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Bayreuth vom 17.02.2005 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Mit Bescheid vom 22.12.2004 bewilligte die Antragsgegnerin (Ag) dem Antragsteller (ASt), der mit seiner Mutter zusammenlebt, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) für den Zeitraum vom 01.01.2005 bis 31.03.2005 in Höhe von 525,00 EUR monatlich. Hiervon entfielen 345,00 EUR auf die Regelleistungen und 180,00 EUR auf Unterkunft und Heizung (150,00 EUR Miete, 30,00 Strom, jeweils hälftiger Anteil des ASt). Die Kosten der Wohnung hielt die Ag nicht für angemessen.

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Widerspruch ein. Gleichzeitig beantragte er beim Sozialgericht Bayreuth (SG), die Ag im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm für die Zeit vom 01.01.2005 bis 31.03.2005 die tatsächlich anfallenden Wohnungskosten in Höhe von 505,00 EUR / Monat (Miete 250,00 EUR, Nebenkosten 50,00 EUR, Heizung 205,00 EUR) zu bewilligen. Ihm blieben nur 20,00 EUR zum Leben. Auch könne er davon die Kosten für den von der Ag geforderten Umzug nicht bezahlen. Seine Mutter sei kein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft. Diese sei vermögenslos und lehne es ab, Sozialhilfe zu beantragen.

Mit Beschluss vom 17.02.2005 wies das SG den Antrag zurück. Die Kosten für die Unterkunft seien anteilmäßig auf die Mitglieder der Haushaltsgemeinschaft aufzuteilen. Dies gelte auch dann, wenn ein Bewohner - wie vorliegend die Mutter des ASt - nicht Mitglied der Bedarfsgemeinschaft, sondern lediglich der Haushaltsgemeinschaft sei. Soweit der ASt höhere Heizungskosten fordere, sei ebenfalls nur eine anteilige Berücksichtigung möglich. Im Übrigen sei ohnehin nur die Mutter des ASt Vertragspartnerin des Stromlieferanten. Auch habe der ASt nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass tatsächlich Heizungskosten in Höhe von 205,00 EUR monatlich entstünden. So sei davon auszugehen, dass der Anteil des Haushaltsstroms an den Gesamtkosten 40 v.H. betrage. Die restlichen 60 v.H. verteilten sich auf die Kosten für Heizung und Warmwasser. Der dem ASt bewilligte Heizkostenanteil von 30,00 EUR / Monat weiche daher nicht wesentlich von den tatsächlichen Aufwendungen ab. Im Übrigen existiere keine gesetzliche Regelung i.S. § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II, wonach für Heizungskosten - zumindest für eine Übergangszeit - die tatsächlichen Aufwendungen zu tragen seien.

Gegen diesen Beschluss hat der ASt Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht (BayLSG) eingelegt, der das SG nicht abgeholfen hat (Verfügung des Vorsitzenden der 13.Kammer).

Zur Begründung hat er im Wesentlichen vorgetragen, seine Mutter habe man als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft und der Haushaltsgemeinschaft gänzlich ignoriert. Daten und Einkommensverhältnisse seiner Mutter dürften nicht zu seinem Nachteil erhoben werden. Das SG habe ausschließlich zu seinem Nachteil telefonisch nachermittelt und eine Überraschungsentscheidung gefällt. Im Übrigen sei das SGB II verfassungswidrig.

Der ASt beantragt, den Beschluss des SG Bayreuth vom 17.02.2005 aufzuheben und die Ag im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm für die Zeit vom 01.01.2005 bis 31.03.2005 die tatsächlich entstandenen Wohnkosten in Höhe von 505,00 EUR / Monat zu bewilligen und an ihn auszuzahlen.

Die Ag beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Der ASt habe keine neuen rechtserheblichen Tatsachen vorgebracht.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz -SGG-). Das SG hat ihr nicht abgeholfen (§ 174 SGG).

Die Beschwerde des ASt ist jedoch unbegründet. Die Frage, ob die Ag im vorliegenden Verfahren passivlegitimiert ist oder ob sie den die Leistung ablehnenden Verwaltungsakt im Namen der Leistungsträger gemäß § 6 SGB II erlassen hat, kann hier offen blieben, weil die Beschwerde auch im Übrigen keinen Erfolg hat.

Eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis (Regelungsanordnung) ist zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Abs 2 Satz 2 SGG). Das ist etwa dann der Fall, wenn dem ASt ohne eine solche Anordnung schwere oder unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (BVerfG vom 25.10.1988, BVerfGE 79, 69/74 und vom 19.10.1977 BVerfGE 46, 166/179).

Eine solche Regelungsanordnung setzt aber voraus, dass der ASt einen Anordnungsgrund - das ist in der Regel die Eilbedürftigkeit - und einen Anordnungsanspruch - das ist der materiell-rechtliche Anspruch, auf den er sein Begehren stützt - glaubhaft machen kann (§ 86b Abs 2 Sätze 2, 4 SGG i.V.m. §§ 920 Abs 2, 294 Abs 1 Zivilprozessordnung -ZPO-).

Bei der hier erforderlichen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage (vgl. dazu Meyer- Ladewig, SGG, 7.Auflage 2002, § 86b Rdnr 40) zeigt sich, dass dem ASt ein Anordnungsgrund nicht (mehr) zur Seite steht.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung des Anordnungsgrundes, also der Eilbedürftigkeit der Sache, ist in jeder Lage des Verfahrens, insbesondere auch noch im Beschwerdeverfahren, der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung. Ist die Sache zu diesem Zeitpunkt nicht mehr im o.g. Sinne dringlich, so kann eine einstweilige Anordnung nicht (mehr) ergehen. So ist es ständige Rechtsprechung im Sozialhilferecht, dass vorläufige Regelungen von Leistungsansprüchen, die abgelaufene Zeiträume betreffen, regelmäßig nicht mehr nötig sind, um wesentliche Nachteile abzuwenden (BayLSG Beschluss vom 02.03.2005 - L 11 B 51/05 SO ER).

Die Sache des ASt ist zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats nicht mehr eilbedürftig, denn der Zeitraum, für den der ASt Leistungen geltend macht (01.01.2005 bis 31.03.2005), ist bereits abgelaufen. Bei dieser Sachlage kommt eine auf solche Leistungen gerichtete einstweilige Anordnung nicht mehr in Betracht. Die Beschwerde ist daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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