L 8 AL 27/04

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 46 AL 1455/99
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 8 AL 27/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 01.08.2003 auf- gehoben und die Klage abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Rücknahme der Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) vom 22.01.1999 bis 23.03.1999 und die Erstattung zu Unrecht erhaltener Leistungen in Höhe von 3.624,44 DM streitig.

Der 1974 geborene Kläger war bis 31.12.1998 als Forstwirt bei der Nationalparkverwaltung B. beschäftigt. Am 28.12.1998 beantragte er die Bewilligung von Alg mit Wirkung zum 01.01.1999. Mit Bescheid vom 05.02.1999 wurde ihm ab 01.01. 1999 antragsgemäß Alg in Höhe von 42,06 DM täglich bewilligt. Nach einem Aktenvermerk vom 16.04.1999 beabsichtigte der Förster J. N. , für sich und seine Familie ein Holzhaus zu bauen. Um das Holz für dieses Haus zum richtigen Zeitpunkt zu schlagen (16.01.), beauftragte er die österreichische Firma S. aus H. , ca. 100 Bäume an diesem Tag zu fällen. Da dies mit zwei Arbeitern der Firma nicht möglich war, habe er seine Forstwirte gefragt, ob sie ihm dabei helfen würden. Er sei froh gewesen, dass die fünf Leute im zugesagt hätten. Daraufhin habe er diese fünf Arbeiter bei der Berufsgenossenschaft (BG) für diese Arbeit angemeldet, falls etwas passieren sollte. Nach Abschluss der Arbeiten nach der dritten Kalenderwoche meldete er die gearbeiteten Stunden der BG. An die Tatsache, dass vier dieser fünf Leute Alg beziehen, habe er nicht gedacht bzw. gemeint, dass dies erlaubt sei. Er habe bereitwillig jede Auskunft erteilt und aufgrund seiner Aufzeichnungen Nebenverdienstbescheinigungen erstellt. Nach der Bescheinigung über Nebeneinkommen arbeitete der Kläger in der Woche vom 11.01. bis 17.01.1999 am 16.01.1999 und in der dritten Kalenderwoche vom 18.01.1999 bis 24.01.1999 am 22.01.1999 insgesamt 20 Stunden gegen ein Nettoarbeitsentgelt von insgesamt 500,00 DM.

Mit Schreiben vom 03.05.1999 teilte die Beklagte dem Kläger mit, die von ihm ab 16.01.1999 ausgeübte Tätigkeit sei nicht mehr geringfügig gewesen. In der ab Beginn der Tätigkeit maßgebenden Beschäftigungswoche vom 16.01. bis 22.01.1999 sei er 20 Stunden täglich und damit mindestens 15 Stunden tätig gewesen. Folglich sei die Arbeitslosigkeit und somit auch der Anspruch auf Alg weggefallen. Arbeitslosigkeit liege frühestens wieder ab dem Tag vor, an dem er sich persönlich beim zuständigen Arbeitsamt gemeldet habe. Dies sei der 24.03.1999 gewesen. Somit habe er in der Zeit vom 16.01. bis 23.03.1999 keinen Leistungsanspruch. Hierzu trug der Kläger vor, zuerst sei nur die Rede davon gewesen, dass man nur einen Tag helfen solle, d.h. die Bäume an dem richtigen Tag zu fällen. Als allerdings in der darauffolgenden Woche das Wetter umschlagen sollte, habe der Förster N. gefragt, ob sie noch einmal helfen könnten. Es sei nie die Rede davon gewesen, dass man für die Arbeit Geld bekomme. Die Bezahlung sei nicht von den Arbeitern ausgegangen.

Mit Bescheid vom 08.06.1999 nahm die Beklagte die Entscheidung vom 05.02.1999 über die Bewilligung von Alg vom 16.01.1999 bis 23.03.1999 zurück. Durch die vom Kläger am 16.01.1999 ausgeübte, nicht mehr geringfügige Tätigkeit, falle die Arbeitslosigkeit im Sinne des § 118 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) weg. Arbeitslosigkeit läge erst ab dem Zeitpunkt wieder vor, an dem eine erneute Arbeitslosmeldung erfolgt sei. Dies sei der 24.03.1999 gewesen. Die für den betroffenen Zeitraum zu Unrecht erbrachten Leistungen einschließlich der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung seien zu erstatten. Zur Begründung des Widerspruchs führte der Kläger aus, gemäß § 118 Abs. 2 Satz 1 SGB III schließe die Ausübung einer weniger als 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung Beschäftigungslosigkeit als Voraussetzung für Arbeitslosigkeit und damit eines Anspruchs auf Alg nicht aus. Woche in diesem Sinn heiße "Montag bis Sonntag". Auch wenn es zur Woche an einer gesetzlichen Definition fehle, so sei dies zweifellos herrschende Meinung. Unter dieser Maßgabe habe er 10 Stunden pro Woche gearbeitet, der Vorschrift des § 118 Abs. 2 Satz 1 SGB III also genüge getan, so dass seine Beschäftigungslosigkeit fortbestanden habe. Selbst wenn, wie nicht, die 20 Arbeitsstunden in einer Woche geleistet worden wären, so würde zweifellos der 2. Halbsatz der genannten Vorschrift greifen. Denn dies wäre nur eine Abweichung von geringer Dauer und einmalig. Einmalig sei gegenüber "gelegentlich" wie es das Gesetz zulasse ein "Minus" und daher eine zulässige Ausnahme.

Mit Widerspruchsbescheid vom 30.08.1999 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Der Kläger habe am 16. und 22.01.1999 eine insgesamt 20 Stunden umfassende Tätigkeit ausgeübt. Er sei damit in der Beschäftigungswoche vom 16. bis 22.01.1999 nicht arbeitslos gewesen. Nachdem der Kläger diese Tätigkeit entgegen seiner Verpflichtung nicht unverzüglich mitgeteilt habe, sei zugleich die Wirkung der Arbeitslosmeldung entfallen. Die in der Widerspruchsbegründung vorgebrachten Einwände seien nicht stichhaltig. So könne von einem Sachverhalt nach § 118 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz SGB III keine Rede sein. Dies würde voraussetzen, dass die Beschäftigung einen längeren Zeitraum umfasse und darin liegende Über- bzw. Unterschreitungen der Geringfügigkeitsgrenze ggf. als "gelegentlich und von geringer Dauer" zu betrachten seien. Darüberhinaus habe dem Kläger bewußt sein müssen, dass seine Tätigkeit, zumal diese gegen Entgelt ausgeübt worden sei, leistungserheblich und damit anzeigepflichtig gewesen sei. Durch die im Merkblatt für Arbeitslose enthaltene Hinweise sei er über die Geringfügigkeitsgrenze einschließlich der Beurteilung nach Beschäftigungswoche, über das Erlöschen der Wirkung der Arbeitslosmeldung wie auch über seine Anzeigepflichten hinreichend informiert gewesen.

Zur Begründung der Klage hat der Kläger sein bisheriges Vorbringen wiederholt. Im Termin der mündlichen Verhandlung am 01.08.2003 hat er erklärt, es sei ursprünglich nur dieser eine Samstag als Arbeitstag geplant gewesen, nämlich der 16.01.1999. Aufgrund einer Wetteränderung habe dann Herr N. am Montag nochmals angerufen und um eine weitere Mithilfe für den kommenden Freitag, den 22.01.1999 gebeten.

Mit Urteil vom 01.08.2003 hat das SG den Bescheid vom 08.06. 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.08.1999 aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, es sei zu der Auffassung gelangt, dass der Kläger keine Beschäftigung aufgenommen habe und auch nicht eine selbständige Tätigkeit ausgeübt habe, als er am 16.01.1999 und 22.01.1999 jeweils 10 Stunden Holzarbeiten für den Förster N. verrichtet habe. Nach Auffassung der Kammer seien diese Tätigkeiten im Rahmen eines Gefälligkeitsverhältnisses und nicht eines Beschäftigungsverhältnisses erfolgt. Gerade in den ländlichen Gegenden des südlichen Bayerns werde die Hilfsbereitschaft insbesondere im Rahmen der Nachbarschaftshilfe groß geschrieben. Insbesondere in Not- und Eilfällen werde gegenseitige Hilfsbereitschaft erwartet. Herr N. habe sich im Januar 1999 insoweit in einer schwierigen Lage befunden, als genau zum richtigen Zeitpunkt am 16.01.1999 100 Bäume für die Errichtung seines eigenen Holzhauses gefällt werden mussten und diese Arbeit von der österreichischen Firma mit lediglich zwei Arbeitern allein nicht durchgeführt habe werden können. Allein die Hilfsbereitschaft des Klägers sei die Grundlage für sein Tätigwerden gewesen. Eine Vergütung sei weder vereinbart noch nach den Umständen zu erwarten gewesen. Die nachträgliche Bezahlung von DM 500,00 beim "traditionellen Hackbier" zwei Wochen später könne an dieser Beurteilung nichts ändern, zumal diese eher den Charakter einer Belohnung als einer Gegenleistung gehabt habe. Aber auch dann, wenn die vom Kläger am 16. und 22.01.1999 verrichteten Waldarbeiten als Beschäftigung im Sinne des § 122 Abs. 2 Nr. 2 SGB III anzusehen wären, wäre die Wirkung der Meldung nach dieser Vorschrift nicht erloschen, da der Kläger nach Auffassung des Gerichts nur eine geringfügige Beschäftigung aufgenommen hätte. Die ursprüngliche Tätigkeit habe am Samstag, den 16.01., 10 Arbeitsstunden umfasst. Diese 10 Arbeitsstunden lägen unter der Geringfügigkeitsgrenze des § 118 Abs. 2 SGB III. Erst nach Abschluss dieser Tätigkeit sei am Montag, den 18.01.1999, ein weiteres Tätigwerden des Klägers für 10 Stunden am Freitag den 22.01.1999, vereinbart worden. Da die Beschäftigungswoche und nicht die Kalenderwoche maßgeblich sei, sei die Kurzzeitigkeitsgrenze von 15 Stunden geringfügig und einmalig um 15 Stunden überschritten worden. Diese kurzzeitige und einmalige Überschreitung ändere deshalb nicht die Beurteilung der Beschäftigung als kurzzeitig.

Zur Begründung der Berufung führt die Beklagte aus, gemäß § 118 Abs. 2 1. Halbsatz SGB III schließe die Ausübung einer weniger als 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung die Beschäftigungslosigkeit nicht aus. Somit sei der Kläger in der Beschäftigungswoche vom 16. bis 22.01.1999 nicht beschäftigungslos gewesen, da er 20 Stunden gearbeitet habe. Nach § 118 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz SGB III würden bei der Feststellung der Beschäftigungslosigkeit gelegentliche Abweichungen der Arbeitszeit, die nur von geringer Dauer seien, unberücksichtigt bleiben. Gelegentliche Abweichungen seien solche, die nicht in regelmäßiger Wiederkehr auftreten und nicht voraussehbar seien. Sei eine Abweichung "gelegentlich", so habe sie nicht die Qualität einer grundsätzlichen Abänderung der Verhältnisse, von denen bei Beginn der Beschäftigung die Beurteilung der Kurzzeitigkeit abhing. Vorliegend habe das Beschäftigungsverhältnis insgesamt nur eine Woche gedauert. Eine Abweichung, die das gesamte Beschäftigungsverhältnis umfasse, könne aber insoweit nicht von geringer Dauer sein. Folglich habe ab dem 16.01.1999 eine Abänderung der bei Beschäftigungsbeginn bestehenden Verhältnisse vorgelegen, die zur Folge gehabt haben, dass ab diesem Tag Arbeitslosigkeit nicht mehr vorgelegen habe. Der Kläger sei seiner nach § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse zumindest grob fahrlässig nicht nachgekommen. Selbst nach Erhalt der DM 500,00 beim "traditionellen Hackbier" zwei Wochen nach Ausübung der "Nebentätigkeit" habe der Kläger diese nicht angezeigt. Er habe grob fahrlässig gehandelt. Bei der Berechnung von Fristen etc. werde üblicherweise vom Beginn des erstmaligen Eintreffens eines Ereignisses ausgegangen. Somit beginne die Woche, die für die Berechnung der Kurzzeitigkeit der Beschäftigung maßgebend sei, mit dem ersten Tag der Beschäftigung (§ 26 Abs. 1 SGB X i.V.m. § 187 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB -; siehe auch Steinmeyer in Gagel, SGB III, Rdnr. 73 zu § 118 SGB III). Folglich sei für die Berechnung der wöchentlichen Beschäftigung im Sinne von § 118 Abs. 2 SGB III der Beginn der Beschäftigung am 16.01.1999 maßgeblich. Diese Berechnung gehe auch unmißverständlich aus dem ausgehändigten Merkblatt 1 für Arbeitslose hervor. Ob eine Entgeltvereinbarung vorgelegen habe, sei für die Beurteilung, ob eine mehr als kurzzeitige Beschäftigung vorgelegen habe, unerheblich (vgl. Brand in Niesel, SGB III, Rdnr. 23 zu § 118). Entscheidend sei allein, dass die Beschäftigung weniger als 15 Stunden wöchentlich umfasse.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 05.08.2005 gab die Beklagte ein Teilanerkenntnis dahingehend ab, dass sie die Bewilligung von Alg erst ab 22.01.1999 aufhob.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts München vom 01.08.2003 aufzuheben und die Klage abzuweisen, soweit nicht dem Klagebegehren durch das Teil-Anerkenntnis Rechnung getragen wurde.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger vertritt die Auffassung, er sei von der durch die Beklagte vorgenommenen Gesetzesauslegung massiv benachteiligt. Da er in der Zeit seiner Arbeitslosigkeit im Übrigen gar nicht gearbeitet habe und sich nichts hinzuverdient habe, stehe er nun plötzlich schlechter da als jemand, der andauernd etwas nebenher verdiene. Das SG habe ihn aus guten Gründen hier nicht schlechter gestellt. Daher sei das Urteil jedenfalls aus diesen Gründen aufrecht zu erhalten. Er habe dem Forstdirektor N. ursprünglich nur unentgeltlich helfen wollen. Dass der Forstdirektor ihm dafür hinterher ein Trinkgeld gegeben hätte, sei keineswegs abgesprochen gewesen. Davon gehe auch das SG zutreffenderweise aus.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsunterlagen der Beklagten und der Verfahrensakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -); ein Ausschließungsgrund (§ 144 Abs. 1 SGG) liegt nicht vor.

In der Sache erweist sich das Rechtsmittel, soweit ihm nicht durch das Teilanerkenntnis vom 05.08.2005 stattgegeben wurde, als begründet.

Zu Unrecht hat das SG München mit Urteil vom 01.08.2003 der Klage voll umfänglich stattgegeben, da der Bescheid vom 08.06. 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.08.1999 rechtmäßig ist.

Die Beklagte war berechtigt, die Entscheidung über die Bewilligung von Alg vom 05.02.1999 für die Zeit vom 22.01.1999 bis 23.03.1999 zurückzunehmen.

Nach § 45 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) i.V.m. § 330 Abs. 2 SGB III darf, soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat, rechtswidrig ist, unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, wobei der unvollständigen Mitteilung im Sinne von § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X das gänzliche Verschweigen gleichsteht, jedenfalls dann, wenn dem Begünstigten eine Mitwirkungspflicht obliegt.

Der Kläger ist seiner nach § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB I vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderung der Verhältnisse (Aufnahme einer nicht geringfügigen Nebentätigkeit nach Abgabe seines Antrags auf Alg) zumindest grob fahrlässig nicht nachgekommen.

Durch die Aufnahme der Tätigkeit ab 16.01.1999 hat der Kläger seine Arbeitslosigkeit beseitigt. Arbeitslos ist ein Arbeitnehmer, der u.a. vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht. Dabei schließt nur die Ausübung einer weniger als 15 Stunden wöchentlich umfassenden und damit geringfügigen Beschäftigung Beschäftigungslosigkeit nicht aus (§ 118 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 SGB III).

Unstreitig hat der Kläger in der Beschäftigungswoche vom 16.01. bis 22.01.1999 eine insgesamt 20 Stunden umfassende Tätigkeit (Holzarbeiten für Herrn Hans N.) ausgeübt. Entgegen der Auffassung des SG handelt es sich um eine Beschäftigung im Sinne von § 119 SGB III. Der sozialrechtliche Begriff der Beschäftigung unterscheidet sich von dem Begriff des Arbeitsverhältnis. Beschäftigung umfasst jede Art des Einsatzes der körperlichen bzw. geistigen Kräfte im Erwerbsleben zur Herbeiführung einer Dienstleistung bzw. eines Arbeitserfolges, die der Befriedigung eines Bedürfnisses dient und im Wirtschaftsleben als Arbeit qualifiziert wird (BSG SozR 4100 § 168 Nr. 7).

Entgegen der Auffassung des Klägers handelt es sich nicht um eine Konstellation nach § 118 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz SGB III - gelegentliche Abweichung von geringer Dauer -. Denn dies würde voraussetzen, dass die Beschäftigung einen längeren Zeitraum umfasst und darin liegende Über- bzw. Unterschreitungen der Geringfügigkeitsgrenze gegebenenfalls als "gelegentlich oder von geringer Dauer" zu betrachten sind. Bei der Feststellung, ob die Geringfügigkeits- bzw. Kurzzeitigkeitsgrenze überschritten ist, ist auf die Beschäftigungswoche, nicht die Kalenderwoche, abzustellen. Die Beschäftigungswoche beginnt mit dem ersten Tag der Beschäftigung (hier der 16.01.1999) und umfasst sieben aufeinander folgende Tage. Daraus folgt, dass auch die Beschäftigung am 22.01.1999 in die Beschäftigungswoche fällt. Ob eine Entgeltvereinbarung vorlag, ist für die Beurteilung, ob eine mehr als kurzzeitige Beschäftigung vorlag, unerheblich. Entscheidend ist insoweit allein, dass die Beschäftigung weniger als 15 Stunden umfasst. Letztlich stellte sich das gezahlte Entgelt für jeweils 10 Stunden in Höhe von jeweils DM 250,00 auch als Gegenleistung für die ausgeübte Beschäftigung dar.

Der Kläger handelte insbesondere auch grob fahrlässig i.S. von § 45 Abs. 1 i.V.m. § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 SGB X. Die erforderliche Sorgfalt (grobe Fahrlässigkeit i.S. dieser Vorschrift) ist dann in besonders schwerem Maße verletzt, wenn schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt werden und daher nicht beachtet wird, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss (vgl. BSGE 42, 184). Dabei ist das Maß der Fahrlässigkeit, insbesondere nach der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit, dem Einsichtsvermögen der Beteiligten sowie den besonderen Umständen des Falles zu beurteilen (subjektiver Fahrlässigkeitbegriff im Sinne des BSGE 35, 108). Insbesondere ist somit in subjektiver Hinsicht ein gegenüber einfacher Fahrlässigkeit gesteigertes Verschulden nötig. Der Arbeitslose muss unter Berücksichtigung seiner individuellen Einsichts- und Urteilsfähigkeit seine Sorgfaltspflichten in außergewöhnlich hohem Maß an Fahrlässigkeit erheblich übersteigendem Ausmaß verletzt haben.

Allein aufgrund des Merkblattes 1 für Arbeitslose - Stand: Dezember 1998 bzw. Januar 1999 - musste der Kläger wissen, dass er die Beschäftigung bei Herrn N. anzuzeigen hatte. Dort heißt es unmißverständlich, dass die Woche in diesem Sinne sieben aufeinanderfolgende Tage umfasst, beginnend mit "dem ersten Tag der Beschäftigung" (Bl. 17 bzw. 18 des Merkblattes). Hinzukommt, dass der Kläger selbst nach Erhalt der DM 500,00 zwei Wochen nach Ausübung der "Nebentätigkeit" diese nicht angezeigt hat.

Somit war auf die Berufung der Beklagten das Urteil des SG München vom 01.08.2003 aufzuheben und die Klage, soweit ihr nicht durch Teilanerkenntnis stattgegeben wurde, abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Der Senat hat die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen, weil es der Frage grundsätzliche Bedeutung beimißt, ob bei der Beurteilung einer weniger als 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung oder Tätigkeit als Arbeitnehmer die Beschäftigungs- oder die Kalenderwoche zugrunde zu legen ist.
Rechtskraft
Aus
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