S 17 AY 3/05 ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Duisburg (NRW)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
17
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 17 AY 3/05 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag wird abgelehnt. Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I. Die Antragstellerin begehrt höhere Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, unter anderem Zahlung eines Pflegegeldes.

Die am 00.00.1979 geborene Antragstellerin ist wegen einer spastischen Tetraplegie mit geistiger Retardierung mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 100 schwerbehindert. Sie lebt im Haushalt ihrer Mutter A und steht unter Betreuung ihrer Schwester I. Die Antragstellerin bezog bis zum 31.12.2004 Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz sowie ein Pflegegeld gemäss § 69 a Abs. 3 BSHG. Die Antragstellerin ist im Besitze einer Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes. Mit Bescheid vom 21.12.2004 bewilligte ihr die Antragsgegnerin Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz in Höhe von 420,61 Euro. Auf den Inhalt des Bewilligungsbescheides wird Bezug genommen.

Neben Grundleistungen nach § 3 Abs. 2 Asylbewerberleistungsgestz umfassen die bewilligten Leistungen einen Barbetrag nach § 3 Abs. 1 Asylbewerberleistungsgesetz in Höhe von 40,90 Euro sowie anteilige Unterkunftskosten einschliesslich Heizkosten ohne Warmwasseranteile in Höhe von 221,21 Euro. Von den tatsächlichen Unterkunftskosten in Höhe von 409,03 Euro (Kaltmiete) sowie 109,93 Euro (Nebenkosten) sowie Heizkosten ohne Warmwasseranteile in Höhe von 50,00 Euro kürzte die Antragsgegnerin wegen Unangemessenheit der Mietkosten einen Betrag von 126,54 Euro. Pflegegeld bewilligte die Antragsgegnerin nicht. Gegen die Nichtleistung von Pflegegeld sowie die Kürzung der Unterkunftskosten wandte sich die Antragstellerin mit Widerspruch vom 10.01.2005, über den bisher noch nicht entschieden ist. Am 01.02.2005 hat die Antragstellerin einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bei Gericht gestellt.

Die Antragstellerin beantragt nach dem erkennbaren Inhalt ihres Begehrens,

die Antragsgegnerin zu verpflichten, ein Pflegegeld in bisheriger Höhe sowie ungekürzte Unterkunftskosten zu gewähren.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Die Antragsgegnerin weist darauf hin, dass die Antragstellerin ab dem 01.01.2005 nur noch Anspruch auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz habe und hiernach lediglich die angemessene Unterkunftskosten berücksichtigt werden könnten sowie die Zahlung eines Pflegegeldes aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen ausscheide. Wegen des weiteren Vorbringens der Antragsgegnerin wird auf den Schriftsatz vom 03.02.2005 verwiesen.

II.

Der gemäss § 86 b Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Antrag ist nicht begründet.

Gemäss § 86 b Abs. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch die Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Diese Vorschrift ist vorliegend anwendbar, weil die Antragstellerin in der Hauptsache sich nicht mit einer Anfechtungsklage im Sinne von § 86 b Abs. 1 SGG wehren könnte, sondern vielmehr eine Verpflichtungslage statthaft wäre.

Gemäss § 86 b Abs. 2 S. 4 SGG in Verbindung mit §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO setzt der Erlass einer einstweiligen Anordnung voraus, dass der geltend gemacht Hilfeanspruch (Anordnungsanspruch) und die besonderen Gründe für die Notwendigkeit der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (Anordungsgrund) vom jeweiligen Antragsteller glaubhaft gemacht werden.

Da nach Wesen und Zweck des einstweiligen Rechtsschutzes eine vorläufige Regelung grundsätzlich nicht die Entscheidung in der Hauptsache vorweg nehmen darf, kann eine Verpflichtung zu der Erbringung von Geldleistungen – wie sie im vorliegenden Fall begehrt wird – in diesem Verfahren nur ausgesprochen werden, wenn die Antragstellerin weiterhin glaubhaft macht, dass ihr andernfalls schwerwiegende Nachteile im Sinne einer existentiellen Notlage drohen und zudem bei summarischer Prüfung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass sie in der Hauptsache obsiegt. Diese Voraussetzung hat die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht.

Nach dem im einstweiligen Anordnungsverfahren gebotenen summarischen Prüfung der Rechtslage ist nicht zu erwarten, dass die Antragstellerin mit ihrem Antrag, ihr weiterhin Pflegegeld zu gewähren, in einem Hauptsacheverfahren obsiegen würde.

Eine Gewährung von Pflegegeld wie bisher nach § 69 a Abs. 2 BSHG scheidet für die Zeit ab dem 01.01.2005 aus, da das BSHG ab dem 01.01.2005 ausser Kraft getreten ist und durch das SGB XII ersetzt wurde. Die Gewährung von Pflegegeld nach § 64 SGB XII scheidet jedoch vorliegend aus, da die Antragstellerin als Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes keinen Anspruch auf Leistungen der Sozialhilfe hat (§ 23 Abs. 2 SGB XII).

Da die Antragstellerin im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes ist, ist sie gemäss § 1 Abs. 1 Nr. 3 des Asylbewerberleistungsgesetzes leistungsberechtigt. Ihr stehen daher Leistungen nur nach Maßgabe des Asylbewerberleistungsgesetzes zu.

Das Asylbewerberleistungsgesetz sieht ausdrücklich die Gewährung von Pflegegeld nicht vor. Die Gewährung von Pflegegeld kann allenfalls gemäss § 6 Asylbewerberleistungsgesetz in Betracht kommen. Hiernach können sonstige Leistungen insbesondere gewährt werden, wenn sie im Einzelfall zur Sicherung des Lebensunterhalts oder der Gesundheit unerlässlich, zur Deckung besonderer Bedürfnissen von Kindern geboten oder zur Erfüllung einer verwaltungsrechtlichen Mitwirkungspflicht erforderlich sind. Gemäss § 6 Abs. 2 Asylbewerberleistungsgesetz sind die Leistungen als Sachleistungen, beim Vorliegen besonderer Umstände als Geldleistung zu gewähren. Derartige besondere Umstände, die hier ausnahmsweise die Leistung eines Pflegegeldes rechtfertigen würden, hat die Antragstellerin weder vorgetragen, noch sind solche ersichtlich. Gemäss § 6 Asylbewerberleistungsgesetz sind sonstige Leistungen grundsätzlich als Sachleistungen zu gewähren. Nur ausnahmsweise kommt gemäss § 6 S. 2 Asylbewerberleistungsgesetz die Gewährung von Geldleistungen in Betracht. Schon aus diesem Regel-Ausnahme-Verhältnis zwischen Sach- und Geldleistungen im Asylbewerberleistungsgesetz ist herzuleiten, dass die Gewährung von Geldleistungen allenfalls dann in Betracht kommt, wenn die Pflegesachleistungen im Ergebnis nicht ausreichend wären die unerlässliche Pflege für die Klägerin zu leisten. Dies ist jedoch weder substantiiert vorgetragen, geschweige denn glaubhaft gemacht. Ob der Antragstellerin Hilfe zur Pflege nach § 6 S. 1 Asylbewerberleistungsgesetz im Übrigen zu bewilligen ist, ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens und bedarf deshalb keiner Entscheidung. Die Antragstellerin macht nur einen Pflegegeldanspruch geltend, so dass das Gericht nur hierüber zu befinden hat.

Soweit die Antragstellerin des Weiteren die Nichtberücksichtigung eines Teils der tatsächlichen Unterkunftskosten rügt, fehlt es zumindest an dem für ein einstweiliges Anordnungsverfahren notwendigen Anordnungsgrund.

Da nach Wesen und Zweck des einstweiligen Rechtsschutzes eine vorläufige Regelung grundsätzlich nicht die Entscheidung in der Hauptsache vorweg nehmen darf, kann eine Verpflichtung zur Erbringung von Geldleistungen, wie sie im vorliegendem Fall begehrt wird, nur ausgesprochen werden, wenn die Antragstellerin glaubhaft machen kann, dass sie anderenfalls schwerwiegende Nachteile im Sinne einer existentiellen Notlage, etwa durch Verlust der Wohnung droht. Dies ist bisher von der Antragstellerin weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht worden. Die Antragsgegnerin hat Unterkunftskosten in Höhe von 442,42 Euro berücksichtigt. Lediglich einen Teil in Höhe von 126,54 Euro hat sie wegen Unangemessenheit nicht berücksichtigt. Somit hat die Antragsgegnerin Unterkunftskosten in Höhe von rund 80 % erbracht. Es entspricht ständiger Rechtssprechung der Verwaltungsgerichte, dass in einem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Vermeidung einer Vorwegnahme der Hauptsache Regelleistungen lediglich in einem Umfang von 80 % zugesprochen werden können. Im Hinblick auf Unterkunftskosten kommt der Erlass einer einstweiligen Anordnung nur bei drohendem Verlust der Wohnung in Betracht. Beide Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben.

Die Klärung, ob die Antragsgegnerin zu Recht lediglich den angemessenen Teil der Unterkunftskosten berücksichtigt hat, muss daher der Entscheidung in einem nach Erlass des Widerspruchsbescheides eventuell durchzuführenden Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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