L 6 KR 770/03

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Nordhausen (FST)
Aktenzeichen
S 6 KR 363/02
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 KR 770/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Gibt ein Apotheker Arzneimittel an Versicherte einer Ersatzkasse nach Ablauf der Vorlagefrist der ärztlichen Verordnung nach dem Arzneilieferungsvertrag (abgeschlossen nach § 129 Abs. 5 SGB V von den Spitzenverbänden der Ersatzkassen mit den Landesverbänden der Apotheken) aus, entsteht kein Vergütungsanspruch gegen die Ersatzkasse, selbst wenn diese Rechtsfolge in dem Vertrag nicht ausdrücklich angeordnet wird. Dem steht nicht entgegen, dass ärztliche Verschreibungen ohne Festlegung einer Gültigkeitsdauer sechs Monate gültig sind.

2. Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag bzw. Bereicherungsrecht sind angesichts der vertraglichen Sonderregelung ausgeschlossen (vgl. BSG vom 17, Mai 2000 - Az.: B 3 KR 19/99 B).

3. Ein Anspruch des Apothekers auf die Zuzahlungen des Versicherten besteht nicht.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nordhausen vom 30. Juni 2003 in der Fassung des Urteilsergänzungsbeschlusses vom 13. Oktober 2003 wird zurückgewiesen.

Das Urteil des Sozialgerichts Nordhausen vom 30. Juni 2003 in der Fassung des Urteilsergänzungsbeschlusses vom 13. Oktober 2003 wird hinsichtlich der Entscheidung über die Kosten abgeändert.

Der Kläger trägt die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens und die Kosten des Berufungsverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auch für das Berufungsverfahren auf 402,78 Euro festgesetzt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch des Klägers auf Vergütung der von ihm an zwei Versicherte der Beklagten (KKH) gelieferten Arzneimittel streitig.

Der Kläger ist Apotheker und betrieb bis zum Frühjahr 2005 die S.-Apotheke in Bad L.

Die Versicherte der Beklagten, A. B., löste am 20. Juli 2000 ein am 16. Juni 2000 ausgestelltes Rezept in der Apotheke des Klägers ein. Eine Rücksprache seitens des Klägers mit dem verordnenden Arzt vor Abgabe der Medikamente erfolgte nicht. Am 25. Juli 2000 löste der Versicherte der Beklagten, R. G., ein am 25. November 1999 ausgestelltes Rezept in der Apotheke des Klägers ein. Auch hier erfolgte keine Rücksprache seitens des Klä¬gers mit dem verordnenden Arzt vor Abgabe der Medikamente. Die Versicherte B. löste erneut am 16. Januar 2002 ein am 11. Dezember 2001 ausgestelltes Rezept in der Apotheke des Klägers ein. Wiederum erfolgte seitens des Klägers vor Abgabe der Arzneimittel keine Rücksprache mit dem verordnenden Arzt. Die Beklagte zahlte dem Kläger jeweils in der Folgezeit den Abgabepreis der aufgrund der genannten Verschreibungen gelieferten Arzneimittel, abzüglich 5 v.H. Krankenkassenrabatt sowie abzüglich der von ihren Versicherten an den Kläger entrichteten Zuzahlungen.

Namens und im Auftrag der Beklagten beanstandete die Firma I. GmbH mit Schreiben vom 24. Juli 2001 die ärztliche Verschreibung vom 25. November 1999 über einen Betrag von 201,04 DM (entspricht 102,79 EUR), abzüglich 5 v.H. Krankenkassenrabatt, sowie die Verschreibung vom 16. Juni 2000 über einen Betrag von 336,27 DM (entspricht 171,93 EUR), abzüglich 5 v.H. Krankenkassenrabatt, jeweils wegen Überschreitung der Belieferungsfrist und verrechnete den Absetzungsbetrag von insgesamt 510,43 DM (entspricht 260,98 EUR) in der Folgezeit, und zwar vor dem 25. Januar 2002, mit einer weiteren Abrechnungsforderung des Klägers. Auch die Vergütung der ärztlichen Verschreibung vom 11. Dezember 2001 über einen Betrag von 141,80 EUR, abzüglich 5 v.H. Krankenkassenrabatt, wurde Namens und im Auftrag der Beklagten durch die Firma I. GmbH mit Schreiben vom 06. September 2002 wegen Überschreitung der Belieferungsfrist retaxiert.

Der Kläger erhob gegen die beiden Verrechnungsankündigungen jeweils Einspruch, der seitens der Firma I. GmbH wiederum jeweils mit Hinweis auf die Überschreitung der Belieferungsfrist zurückgewiesen wurde.

Am 13. März 2002 hat der Kläger Zahlungsklage bei dem Sozialgericht Nordhausen erhoben und diese unter dem 16. Januar 2003 hinsichtlich des retaxier¬ten Rezeptes vom 11. Dezember 2001 um einen Feststellungsantrag erweitert.

Zur Begründung der Klage hat der Kläger im Wesentlichen vorgetragen, dass der Zahlungsanspruch trotz der in dem zwischen den Parteien geltenden Arzneilieferungsvertrag (ALV) vereinbarten Lieferungsfrist (§ 4 Abs. 5 ALV) bestehe, da sich aus der Formulierung des § 4 Abs. 5 dieses Vertrages nicht ableiten lasse, dass ein Verstoß gegen die Vorschrift zu einem Verlust des Vergütungsanspruches führe. Eine derart schwer¬wiegende Folge hätte ausdrücklich vereinbart werden müssen. Dies sei aber auch gar nicht gewollt gewesen, wie sich aus dem nachfolgenden § 6 ALV ergebe. Nach dieser Bestimmung könnten Verstöße gegen den Vertrag durch eine Verwarnung, eine Vertragsstrafe und oder dem Ausschluss von der Versorgung der Versicherten geahndet werden. Eine ausdrückliche Vereinbarung im ALV, dass der Anspruch auf Bezahlung der erbrachten Leistung entfalle, sei dagegen nicht erfolgt. Auch § 21 ALV, der Beanstandungen anlässlich der Rechnungsprüfung zum Gegenstand habe, komme als Grundlage für die Absetzungen nicht in Betracht, da auch hier eine Berichtigung wegen Fristüberschreitung nicht genannt sei. Der Grund für die verspätete Vorlage der Verschreibungen müsse sich vermutlich aus einem Vermerk, z.B. zum Grund für eine etwaige verspätete Belieferung, auf der Rückseite der Original-Rezepte ergeben. Die Beklagte habe jedoch die Originale der Verschreibungen vom 25. November 1999 und vom 16. Juni 2000 trotz mehrmaliger Aufforderung nicht vorgelegt. Dass die Originale inzwischen von der Beklagten vernichtet worden seien, könne nicht zu seinen Lasten gehen. Die beiden Rezepte der Versicherten B. habe sich diese wegen Urlaubs der verschreibenden Ärztin auf Vorrat ausstellen lassen und deshalb auch erst ca. einen Monat nach dem Ausstellungsdatum in der Apotheke zur Belieferung vorgelegt. Zum Beweis hierfür benenne er sie als Zeugin. Im Übrigen bestünden Bedenken gegen die in § 4 Abs. 5 ALV geregelte Gültigkeitsdauer ärztlicher Verschreibungen, da in § 2 Abs. 1 und 4 der aufgrund des Arzneimittelgesetzes erlassenen Verordnung über verschreibungspflichtige Arzneimittel bestimmt werde, dass Verschreibungen 6 Monte gültig seien, falls der Arzt selbst keine Gültigkeitsdauer seiner Verschreibung festgelegt habe. Außerdem sei der Apotheker nach § 17 Abs. 4 der Apothekenbetriebsordnung verpflichtet, ärztliche Verschreibungen unverzüglich auszuführen. Er sei deshalb zur Abgabe der verschriebenen Arzneimittel gesetzlich verpflichtet. Auch genieße er Vertrauensschutz, da der ALV bereits seit 1995 bestehe und es bis Mai 2001 kein solches Retaxationsverfahren wegen verspäteter Vorlage von Verschreibungen gegeben habe. Letztlich sei die Beklagte auch unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag gemäß § 677 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) sowie unter bereicherungsrechtlichen Gesichtspunkten (§ 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB) zur Bezahlung der eingeklagten Forderung verpflichtet, denn die Beklagte sei durch die Lieferung der Arzneimittel von ihrer Leistungsverpflichtung gegenüber ihren Versicherten frei geworden und habe sich gleichzeitig Aufwendungen erspart und sei damit um diese bereichert. Dem stehe auch § 814 BGB nicht entgegen, da nicht davon ausgegangen werden könne, dass er in diesen Fällen zur Leistung nicht verpflichtet gewesen sei, geschweige denn, dass er ein entsprechendes Bewusstsein gehabt habe. Seine Lieferverpflichtung ergebe sich vielmehr aus § 17 Abs. 4 der Apothekerbetriebsordnung. Auch würden durch den bereicherungsrechtlichen Anspruch keine vertraglichen Regelungen umgangen, da dieser gerade für den Fall der rechtsgrundlosen Leistung gelte. Zumindest jedoch dürfe er nicht mit den Zuzahlungen der Versicherten, die in den jeweiligen Absetzungsbeträgen zwar enthalten, die die Beklagte jedoch nicht an die Versicherten zurückgezahlt habe, belastet werden. Schließlich mache er Zinsen als Verzugsschaden ab dem jeweiligen Zeitpunkt geltend, ab dem sein Konto mit den Absetzungen belastet worden sei.

Das Sozialgericht Nordhausen hat die Klage mit Urteil vom 30. Juni 2003 abgewiesen, die Erstattung der außergerichtlichen Kosten ausgeschlossen und zur Begründung ausgeführt, dass zum einen kein Zahlungsanspruch hinsichtlich der Verschreibungen vom 25. November 1999 und vom 16. Juni 2000 bestehe, da sich aus § 4 Abs. 1 ALV ergebe, dass ein Zahlungsanspruch des Apothekers gegen¬über der Ersatzkasse nur dann entstehe, wenn die Abgabe der Mittel aufgrund einer ord¬nungsgemäß ausgestellten vertragsärztlichen Verordnung und un¬ter Einhaltung der gesetzlichen und der vertraglich vereinbarten Abgabebestimmungen erfolge. Erfolge die Abgabe an Versicherte ohne eine ordnungsgemäß ausgestellte vertragsärztliche Verordnung oder unter Verstoß gegen die vereinbarten Abgabebe¬stimmungen, so entstehe ein Zahlungsanspruch des Apothekers gegenüber der Ersatzkas¬se bereits dem Grunde nach nicht. Da hier die Abgabebestimmungen des § 4 Abs. 5 ALV unstreitig nicht eingehalten worden seien (Über¬schreitung der Monatsfrist nach Ausstellung der Verordnung und keine Rücksprache des Apo¬thekers mit dem verordnenden Arzt), sei ein Zahlungsanspruch des Klägers hinsichtlich der von ihm an die Versicherten der Beklagten gelieferten Arzneimittel aufgrund dieser ärztlichen Ver¬ordnungen nicht entstanden. Die Frage der Entstehung des Zahlungsanspruchs des Apothekers gegenüber der Beklagten sei von der Problematik der Ahndung von Vertragsverstößen (§ 6 des ALV) zu trennen. Zum anderen sei auch der Feststellungsantrag hinsichtlich der retaxierten Verschreibung vom 11. Dezember 2001 unbegründet, da auch diesbezüglich die Abgabebestimmungen nicht eingehalten worden seien. Bereicherungsrecht scheide aus, da der ALV lex specialis sei. Das Sozialgericht hat die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

Auf Antrag der Beklagten hat das Sozialgericht Nordhausen dem Kläger mit Urteilsergänzungsbeschluss vom 13. Oktober 2003, gestützt auf § 197a des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i.V.m. § 154 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), die Gerichtskosten auferlegt und gleichzeitig den Streitwert auf 402,78 Euro festgesetzt.

In seiner am 5. September 2003 gegen das seinem Bevollmächtigten am 7. August 2003 zugestellte Urteil eingelegten Berufung verweist der Kläger im Wesentlichen auf seinen erstinstanzlichen Vortrag und fügt ergänzend hinzu, dass im neuesten Rahmenvertrag vom 5. April 2004 in § 3 Abs. 2 ausdrücklich bestimmt werde, dass ein vertraglicher Zahlungsanspruch gegenüber der Krankenkasse nicht bestehe, wenn eine der vorgenannten Voraussetzungen nach Abs. 1, darunter die Belieferungsfrist von einem Monat ab Ausstellung der Verschreibung, nicht erfüllt sei. Hierdurch werde jedenfalls deutlich, dass die Notwendigkeit einer bisher fehlenden Rechtsfolgenregelung gesehen worden sei. Letztlich könne nach seiner Auffassung Grundlage für einen Rückforderungsanspruch der Beklagten allein der vom Sozialgericht verneinte Bereicherungsanspruch sein, denn gemäß § 69 Satz 3 SGB V seien die Vorschriften des BGB entsprechend anzuwenden. Der Bereicherungsanspruch zugunsten der Beklagten bestehe aber im vorliegenden Fall nicht, da der Kläger den unter Vorbehalt (§ 16 Abs. 1 Satz 3 ALV) erhaltenen Arzneimittelkaufpreis nicht ohne rechtlichen Grund erhalten habe. Auch sei kein Schaden der Beklagten erkennbar. Soweit sich gegenseitige Bereicherungsansprüche zur Aufrechnung gegenüber stünden, erkläre er ausdrücklich die Aufrechnung. Der begehrte Zinssatz beruhe auf § 288 Abs. 2 BGB i.V.m. § 69 SGB V.

Mit Schriftsatz vom 9. August 2004 hat der Kläger angekündigt, dass er, nachdem die Beklagte auch die Vergütung der ärztlichen Verschreibung vom 11. Dezember 2001 über eine Betrag von 141,80 EUR, abzüglich 5 v.H. Krankenkassenrabatt, im Dezember 2002 mit einer anderen Forderung verrechnet habe, diesbezüglich vom Feststellungsantrag auf den Zahlungsantrag übergehe.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Nordhausen vom 30. Juni 2003 zu verurteilen, an ihn 402,78 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 v.H. über dem Basiszinssatz aus 260,98 Euro seit dem 25. Januar 2002 und aus 141,80 Euro seit dem 1. Januar 2003 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie stützt sich zur Begründung im Wesentlichen auf die Gründe des angefochtenen Urteils sowie die im erstinstanzlichen Verfahren abgegebenen Stel¬lungnahmen. Ergänzend führt sie aus, dass sich aus § 17 Abs. 4 der Apothekenbetriebsordnung kein Kontrahierungszwang ergebe. Dies zeige § 17 Abs. 5 der Apothekenbetriebsordnung, wonach verschriebene Arzneimittel nicht abgegeben werden dürften, wenn sich aus der Verschreibung Unklarheiten ergeben. Im vorliegenden Falle sei aber gerade unklar gewesen, ob die Verschreibungen noch gültig gewesen seien. § 4 Abs. 3 ALV sei entgegen der Auffassung des Klägers hier nicht einschlägig, da bei den streitgegenständlichen Verordnungen keine Angaben gefehlt hätten.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die frist- und formgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung ist, obwohl der Wert des Beschwerdegegenstandes gemäß § 144 Abs.1 Satz 1 Nr.1 SGG 500,- EUR nicht übersteigt, zulässig, denn das Sozialgericht hat die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 144 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 SGG). An diese Zulassung ist der Senat gemäß § 144 Abs. 3 SGG gebunden.

Des Weiteren ist auch der während des laufenden Berufungsverfahrens seitens des Klägers mit Schriftsatz vom 9. August 2004 erfolgte Übergang vom Feststellungsantrag auf den Leistungsantrag in Bezug auf die Arzneimittelkosten für die ärztliche Verschreibung vom 11. Dezember 2001 ohne weiteres zulässig. Es handelt sich hierbei nämlich nicht um eine Klageänderung i.S.d. § 153 Abs. 1 i.V.m. § 99 SGG. Vielmehr ist hierin eine Erweiterung des Klageantrags in der Hauptsache zu sehen, die gemäß § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG nicht als Klageänderung gilt (vgl. Leitherer in Mayer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 8. Auflage 2005, § 99 Rdnr. 4 m.w.N.; BSG, Urteil vom 17. Januar 1996 – Az.: 3 RK 26/94, BSGE 77, S. 194 ff.).

Schließlich sind zu dem Rechtsstreit die Versicherten, an die der Kläger die Arzneimittel abgegeben hat, nicht gemäß § 75 Abs. 2 SGG beizuladen. Denn die Entscheidung über den erhobenen Zahlungsanspruch greift nicht so unmittelbar in ihre Rechtssphäre ein, dass sie auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen könnte (vgl. BSG, Urteil vom 17. Januar 1996, a.a.O.).

Die Berufung ist jedoch unbegründet.

Zwar ist die Klage zulässig. So ist der Sozialrechtsweg für Rechtsstreitigkeiten zwischen nichtärztlichen Leistungserbringern und Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 SGG gegeben (vgl. BSG, Urteil vom 24. Januar 1990 – Az.: 3 RK 11/88, SozR 3-2200 § 367d Nr. 1 sowie Limpinsel in Jahn/Klose, Sozialgesetzbuch (SGB) für die Praxis – Fünftes Buch (V) – Gesetzliche Krankenversicherung, Stand: Mai 2005, § 69 Rdnrn. 3 und 6). Zu Recht hat der Kläger auch eine Leistungsklage erhoben bzw. ist auf diese übergegangen. Die Beteiligten stehen nämlich in einem Gleichordnungsverhältnis zueinander, in dem Verwaltungsakte nicht ergehen können (vgl. BSG, Urteil vom 17. Januar 1996, a.a.O.). Insbesondere war auch kein gesetzliches Vorverfahren durchzuführen; auf das vertragliche Einspruchsverfahren nach § 21 Abs. 2 bis 4 ALV kommt es insoweit nicht an.

Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung der begehrten Arzneimittelkosten.

Dies ergibt sich nach Auffassung des Senats aus einer Zusammenschau der hier allein zugrunde zu legenden §§ 4 Abs. 1 und 5, 16 Abs. 1 und 21 Abs. 1 ALV.

Im Krankenversicherungsrecht selbst gibt es keine Normen, die das Zahlungsbegehren des Klägers regeln. Vielmehr bestimmt allein § 69 i.V.m. § 129 SGB V die Rechtsbeziehungen zwischen den Krankenkassen und den Apotheken. Nach letzterer Vorschrift sind die Beziehungen vertraglich zu gestalten und werden daher, entgegen der Auffassung des Klägers, gerade nicht nach den Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag abgewickelt (vgl. BSG, Urteil vom 17. Januar 1996, a.a.O.).

§ 129 SGB V regelt den Abschluss von Rahmenverträgen über die Arzneimittelversorgung, und zwar in Absatz 2 bis 4 auf Bundesebene und in Absatz 5 auf Landesebene. Nach Absatz 2 regeln die Spitzenverbände der Krankenkassen und die für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildete maßgebliche Spitzenorganisation der Apotheker in einem gemeinsamen Rahmenvertrag das Nähere für die Abgabe verordneter Arzneimittel an Versicherte. Für die hier maßgeblichen Zeiträume (November 1999 bis Juli 2000 und Dezember 2001 bis Januar 2002) enthielten jedoch weder der Rahmenvertrag vom 10. März 1993, der bis zum 31. Dezember 2000 galt, noch der ab 1. Oktober 2001 geltende Rahmenvertrag vom 6. August 2001 Bestimmungen über das Zustandekommen und die Abwicklung des Zahlungs- und Lieferanspruchs zwischen Krankenkasse und Apotheke. Solche Bestimmungen gehören im Übrigen auch nicht zu dem in §§ 129 Abs. 1, 4 und 6, 130 SGB V gesetzlich vorgeschriebenen (Mindest-)Inhalt der Rahmenverträge nach § 129 Abs. 2 SGB V.

Nach § 129 Abs. 5 SGB V können deshalb die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen mit der für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen maßgeblichen Organisation der Apotheker auf Landesebene ergänzende Verträge schließen. Letzteres ist mit dem im Jahre 1995 zwischen den Landesvertretungen der Ersatzkassen und den Landesverbänden der Apotheken abgeschlossenen ALV geschehen. Unstreitig ist im Übrigen im vorliegenden Fall sowohl der Kläger als auch die Beklagte gemäß § 129 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Abs. 3 SGB V den Rechtswirkungen des ALV unterworfen; der Kläger ist Mitglied des Thüringer Apothekerverbands, einem Mitgliedsverband des DAV (§ 2 Abs. 2 ALV), und die Beklagte eine Mitgliedskasse des Verbands der Angestellten-Krankenkassen (§ 2 Abs. 1 ALV).

Die nach § 129 SGB V abgeschlossenen Verträge, also auch der hier zugrunde zu legende ALV, regeln vorrangig nicht die Beziehungen zwischen den vertragsschließenden Verbänden, sondern zwischen den einzelnen Krankenkassen und den Apothekern. Sie wirken insoweit normativ und sind wie Rechtsnormen allein nach dem "objektivierten Willen des Gesetzes" auszulegen (vgl. BSG, Urteil vom 17. Januar 1996, a.a.O.).

Gemäß § 4 Abs. 1 ALV erfolgt die Abgabe von Arzneimitteln aufgrund einer ordnungsgemäß ausgestellten vertragsärztlichen Verordnung zu La¬sten der angegebenen Ersatzkasse. Die Abgabestimmungen ergeben sich dabei aus den gesetzlichen Regelungen und den weiteren Bestimmungen des ALV.

Eine solche weitere Abgabebestimmung stellt § 4 Abs. 5 ALV dar, wonach die Arzneimittel nur dann abgegeben werden dürfen, wenn die Verordnung innerhalb von einem Monat nach ihrer Aus¬stellung in der Apotheke vorgelegt wird. Wird die Verordnung nach diesem Zeitpunkt, aber innerhalb von zwei Monate nach ihrer Ausstellung in der Apotheke vorgelegt, dürfen die Mittel abgegeben werden, wenn zuvor Rücksprache mit dem Arzt ge¬nommen wurde und der Arzt gegen die Abgabe keine Einwände erhebt sowie der Apotheker dies auf dem Verordnungsblatt vermerkt. Die Aufnahme einer solchen Belieferungsfrist in den ALV gehört auch zu den zulässigen Regelungsgegenständen von Verträgen nach § 129 SGB V (vgl. Kranig in Hauck/Noftz, Sozialgesetzbuch Gesamtkommentar/SGB V – Gesetzliche Krankenversicherung, 3. Band, Stand: Juli 2005, K § 129 Rdnr. 15).

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 2 Abs. 1 Nr. 7 und Abs. 4 der aufgrund des Arzneimittelgesetzes erlassenen Verordnung über verschreibungspflichtige Arzneimittel, der bestimmt, dass Verschreibungen 6 Monte gültig sind, falls der Arzt selbst keine Gültigkeitsdauer seiner Verschreibung festgelegt hat. Hierbei handelt es sich nach Sinn und Zweck der arzneimittelrechtlichen Bestimmungen, nämlich der Abwehr von Gefahren für Leib und Leben bei der Abgabe von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln, um eine Höchstgültigkeitsdauer, so dass nur ein Abweichen nach oben von Gesetzes wegen ausgeschlossen ist. Dagegen widerspricht es nicht dem Gesetzeszweck und bleibt deshalb den vertragsschließenden Beteiligten nach § 129 SGB V im Rahmen der zu treffenden Bestimmungen über die näheren Modalitäten der Arzneimittelversorgung unbenommen - wie hier - auch eine kürzere Gültigkeitsdauer vorzusehen.

Auch § 17 Abs. 4 der Apothekenbetriebsordnung, der den Apotheker verpflichtet, ärztliche Verschreibungen unverzüglich auszuführen, steht der Bestimmung einer Belieferungsfrist nicht entgegen. Denn dem Apotheker obliegt eine eigenständige aber begrenzte Prüfungspflicht hinsichtlich der vorgelegten vertragsärztlichen Verordnungen, deren Modalitäten in § 17 der Apothekenbetriebsordnung (dort insbesondere in Abs. 5) und – soweit es sich um spezielle Pflichten bei der Arzneimittelabgabe an Versicherte handelt – in § 129 SGB V und in den dazu das Nähere bestimmenden Rahmenverträgen auf Bundes- bzw. Landesebene über die Arzneimittelversorgung festgelegt sind. Der Apotheker hat danach u.a. zu prüfen, ob die vorgelegte Verordnung den formalen Anforderungen, wie etwa die Einhaltung der Belieferungsfrist des § 4 Abs. 5 ALV, entspricht (vgl. Limpinsel in Jahn/Klose, a.a.O., § 129 Rdnr. 2). Daraus folgt aber entgegen der Auffassung des Klägers unzweifelhaft, dass die Belieferungspflicht nach § 17 Abs. 4 der Apothekenbetriebsordnung durch die - wenn auch begrenzte - Prüfungspflicht des Apothekers eingeschränkt ist. Wollte man dagegen dem Kläger folgen, so würde dies dazu führen, dass selbst eine Verschreibung bei der die Sechsmonatsfrist des § 2 Abs. 4 der Verordnung über verschreibungspflichtige Arzneimittel verstrichen ist, vom Apotheker mit dem Hinweis auf § 17 Abs. 4 der Apothekenbetriebsordnung auszuführen wäre. Dass dies zu unvertretbaren Ergebnissen führen würde, bedarf keinen weiteren Ausführungen.

Im vorliegenden Fall lieferte der Kläger die verschriebenen Arzneimittel (mit einem um den fünfprozentigen Krankenkassenrabatt gemäß § 130 Abs. 1 SGB V verminderten Gesamtwert in Höhe von 402,78 Euro) letztlich unbestritten an zwei bei der Beklagten Versicherte, obwohl die Belieferungsfrist gemäß § 4 Abs. 5 ALV abgelaufen war und ohne mit dem jeweils verordnenden Arzt Rücksprache gehalten zu haben. Auf die Gründe für die verspätete Vorlage der Verschreibungen kommt es entgegen der Ansicht des Klägers hierbei nicht an. Maßgeblich für die Frage, ob ein Arzneimittel aufgrund einer Verschreibung abgegeben werden darf, ist insoweit allein die Einhaltung der Fristen des § 4 Abs. 5 ALV bzw. innerhalb der Zweimonatsfrist die fehlenden Einwände des verordnenden Arztes gegen die Lieferung trotz des Ablaufs der Monatsfrist. Sonstige Ausnahmen für eine verspätete Lieferung sieht der maßgebliche ALV nicht vor, weshalb es auch auf die vom Kläger angebotene Zeugenvernehmung der Versicherten B. oder auf die Vorlage der Originalverschreibungen zum Nachweis der Gründe für die verspätete Vorlage der Verschreibungen nicht ankommt.

In Übereinstimmung mit der erstinstanzlichen Entscheidung sowie mit der Beklagten geht auch der Senat davon aus, dass mit der vertragswidrigen, weil trotz Ablaufs der Vorlagefrist erfolgten Lieferung der Arzneimittel an zwei Versicherte der Beklagten kein Vergütungsanspruch des Klägers entstanden ist.

Zwar ist dem Kläger zuzustimmen, dass sich diese Rechtsfolge nicht ausdrücklich aus dem ALV ergibt, da dieser außer der Vorschrift des § 6 über Vertragsmaßnahmen keine Sanktionsvorschrift für eine Verletzung z.B. der hier maßgeblichen Belieferungsfrist nach § 4 Abs. 5 enthält. Bei der gebotenen und allein den "objektivierten Willen des Gesetzes" zu erforschenden Auslegung des ALV (s.o.) folgt jedoch, dass § 4 Abs. 5 keine bloß unverbindliche Ordnungsvorschrift ist, deren Verletzung folgenlos bleibt. Vielmehr ergibt sich aus Sinn und Zweck der im ALV geregelten Abgabebestimmungen, hier insbesondere aus § 4 Abs. 1, dass die Abgabe von Arzneimitteln durch den Apotheker nur dann zu Lasten der Krankenkasse erfolgen darf, wenn zum einen eine ordnungsgemäß ausgestellte vertragsärztliche Verordnung vorgelegt wird und zum anderen die sonstigen gesetzlichen und vertraglichen Abgabebestimmungen eingehalten werden. Zu den vertraglichen Abgabebestimmungen zählt aber gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 ALV gerade die Bestimmung über die Belieferungsfrist nach § 4 Abs. 5 ALV. Erfolgt danach – wie hier – eine Arzneimittelabgabe unter Nichteinhaltung der Abgabebestimmungen, so geht dies im Umkehrschluss nicht zu Lasten der Krankenkasse. Es entsteht folglich kein Vergütungsanspruch des vertragswidrig handelnden Apothekers gegen die Krankenkasse.

Dabei teilt der Senat zum einen nicht die Ansicht des Klägers, aus der erstmaligen Aufnahme einer ausdrücklichen Bestimmung (§ 3 Abs. 2) in den Rahmenvertrag nach § 129 Abs. 2 SGB V vom 5. April 2004 dergestalt, dass ein vertraglicher Zahlungsanspruch gegenüber der Krankenkasse nicht besteht, wenn eine der Voraussetzungen nach § 3 Abs. 1, darunter die Belieferungsfrist von einem Monat ab Ausstellung der Verschreibung, nicht erfüllt ist, werde deutlich, dass die Notwendigkeit einer bisher fehlenden Rechtsfolgenregelung gesehen worden sei. Angesichts des oben durch Auslegung gewonnen Ergebnisses deutet die Aufnahme einer entsprechenden Bestimmung in den neuen Rahmenvertrag nach Überzeugung des Senats vielmehr darauf hin, dass mithilfe einer ausdrücklichen und bundeseinheitlichen Regelung Differenzen bei der Auslegung, wie sie unter anderem im vorliegenden Verfahren zutage getreten sind, ausgeräumt werden sollten.

Dem zuvor gewonnenen Ergebnis widerspricht zum anderen auch nicht der Umstand, dass die Krankenkasse die Arzneimittelkosten bereits an den Kläger bezahlt hatte, denn diese Bezahlung erfolgt ohne Prüfung der sachlichen und rechnerischen Richtigkeit und deshalb gemäß § 16 Abs. 1 Satz 3 ALV auch nur unter Vorbehalt. Die sachliche und rechnerische Prüfung bleibt nach dieser Vorschrift dem nachfolgenden Beanstandungsverfahren nach § 21 ALV vorbehalten. Unschädlich ist dabei entgegen der Auffassung des Klägers, dass in § 21 ALV die Verletzung der Belieferungsfrist nach § 4 Abs. 5 nicht ausdrücklich als Beanstandungsgrund genannt ist. Der Grund für die Beanstandung ist hier vielmehr die sachliche Unrichtigkeit der vom Kläger angesetzten Arzneimittelkosten der maßgeblichen drei Verschreibungen, da für diese kein Vergütungsanspruch besteht. Dieser Beanstandungsgrund ist aber unzweifelhaft von der Bestimmung des § 21 ALV umfasst; der fehlende Vergütungsanspruch ist sozusagen der Musterfall für eine sachliche Unrichtigkeit. Dagegen ist die Verletzung der Belieferungsfrist nach § 4 Abs. 5 ALV lediglich die Begründung für den Beanstandungsgrund "fehlender Vergütungsanspruch". Der Vollständigkeit halber bleibt anzufügen, dass wegen der Anwendbarkeit der vertraglichen Vorschrift des § 21 ALV für die Rückabwicklung der unter Vorbehalt seitens der Beklagten erfolgten Bezahlung der Arzneimittelkosten eben nicht, wie der Kläger meint, der Rückgriff auf bereicherungsrechtliche Grundsätze zulässig ist. Ebenso wenig ist im vorliegenden Fall § 50 Abs. 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) anwendbar, da hier § 21 ALV als vertragliche Grundlage für die von der Beklagten im Wege der Verrechnung vorgenommenen Rückbuchungen Vorrang genießt.

Auch aus der Vorschrift des § 6 ALV über Vertragsmaßnahmen ergibt sich nicht, dass das Nichtentstehen des Vergütungsanspruchs eine unzulässige Rechtsfolge wäre. Bei den Vertragsmaßnahmen des § 6 ALV handelt es sich vielmehr um zusätzliche Sanktionen für Vertragsverstöße, die neben den ohnehin aus dem vertragswidrigen Verhalten resultierenden Rechtsfolgen als strafähnliche Sanktion verhängt werden können. Das Nichtentstehen des Vergütungsanspruchs wegen einer vertragswidrigen Leistung ist eine bloße vertragliche Rechtsfolge ohne Sanktionscharakter und bleibt deshalb von den möglichen Vertragsmaßnahmen unberührt.

Des Weiteren ergibt sich auch aus § 4 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 ALV nichts anderes. Nach dieser Bestimmung berechtigt das Fehlen bestimmter nach § 4 Abs. 2 ALV erforderlicher und vom verordnenden Arzt zu vermerkender Angaben auf der Verordnung nicht zur Zurückweisung des Verordnungsblatts bei der Abrechnung. Ungeachtet des Umstands, dass hier das Fehlen des Ausstellungsdatums der Verordnung gerade nicht einbezogen ist, ist diese Bestimmung im vorliegenden Falle ohnehin nicht von Belang, da hier gerade keine Angaben auf den maßgeblichen Verordnungen fehlen bzw. die Ablehnung der Vergütung nicht auf das Fehlen von Angaben gestützt wird.

Außerdem liegen hier auch die vom Kläger für sich reklamierten Vertrauensschutzgesichtspunkte nicht vor. Allein die Behauptung, dass seit dem In-Kraft-Treten des ALV im Jahr 1995 vorher noch nie ein Retaxierungsverfahren stattgefunden habe, besagt noch nicht, dass in anderen Fällen trotz Verletzung der Belieferungsfrist die Arzneimittelkosten bezahlt worden sind. Dies behauptet im Übrigen auch der Kläger nicht. Jedenfalls aber bliebe es der Beklagten unbenommen, eine für rechtswidrig erkannte Verwaltungspraxis jederzeit umzustellen, ohne dass hier Vertrauensgesichtspunkte zu beachten wären.

Schließlich scheidet hier auch die vom Kläger behauptete Anwendbarkeit der Regelungen über die Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA) bzw. aus dem Bereicherungsrecht auf die Zahlungspflicht von Krankenkassen für ärztlich verordnete Arzneimittel nach höchstrichterlicher Rechtsprechung aus (vgl. z.B. BSG, Beschluss vom 17. Mai 2000 – Az.: B 3 KR 19/99 B m.w.N., zitiert nach juris). Aufwendungsersatzansprüche nach den Vorschriften über die GoA sind danach dann nicht gegeben, wenn besondere Bestimmungen des bürgerlichen Rechts das Verhältnis zwischen Geschäftsführer und Geschäftsherrn abweichend regeln oder wenn Vorschriften des öffentlichen Rechts eine erschöpfende Regelung darstellen, die einen Rückgriff auf die Grundsätze über die GoA nicht erlaubt. Das Gleiche gilt in Bezug auf die Anwendbarkeit der zivilrechtlichen Grundsätze über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung, der die besonderen Erfordernisse des auf der vertragsärztlichen Verordnung basierenden Versorgungssystems entgegenstehen. Bestimmungen, die die Vergütung ärztlicher oder sonstiger Leistungen von der Erfüllung bestimmter formaler oder inhaltlicher Voraussetzungen abhängig machen, haben innerhalb dieses Systems die Funktion zu gewährleisten, dass sich die Leistungserbringung nach den für die (vertragsärztliche) Versorgung geltenden gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen vollzieht. Das wird dadurch erreicht, dass dem Arzt oder sonstigen Leistungserbringer für Leistungen, die er unter Verstoß gegen derartige Vorschriften bewirkt, auch dann keine Vergütung zusteht, wenn diese Leistungen im Übrigen ordnungsgemäß erbracht sind. Ihre Steuerungsaufgabe könnten die genannten Regelungen nicht erfüllen, wenn der Arzt oder der mit ihm zusammenarbeitende nichtärztliche Leistungserbringer die gesetz- oder vertragswidrig bewirkten Leistungen über einen Wertersatzanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung oder einen Aufwendungsersatzanspruch aus GoA im Ergebnis dennoch vergütet bekäme (so BSG, Beschluss vom 17. Mai 2000, a.a.O.).

Lediglich ergänzend sei angefügt, dass der Kläger auch keinen Anspruch auf "zumindest" die Zuzahlungen der Versicherten der Beklagten hat, denn diese Zuzahlungen dürfte er selbst im Falle des Bestehens eines Vergütungsanspruchs, jedenfalls wertmäßig und zusätzlich zu den Arzneimittelkosten, nicht behalten. Vielmehr ist er gemäß § 43b Abs. 1 Satz 1 SGB V verpflichtet, den Anspruch der Krankenkasse auf die von ihm einzuziehenden Zuzahlungen mit seinem Vergütungsanspruch gegen die Krankenkasse zu verrechnen. Die Beklagte durfte daher gegenüber dem Kläger auch den Gesamtbetrag der Kosten der vertragswidrig gelieferten Arzneimittel einschließlich der entsprechenden Zuzahlungen in Abzug bringen.

Da der Kläger mithin keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung der begehrten Arzneimittelkosten hat, entfällt auch der mit der Klage geforderte Verzugsschaden in Form von Zinsen gemäß § 288 Abs. 2 BGB i.V.m. § 69 SGB V.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). § 197a SGG ist anzuwenden, wenn – wie hier – in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören. Im vorliegenden Fall waren dem Kläger die Kosten des Berufungsverfahrens (§ 162 Abs. 1 VwGO) aufzuerlegen, da seine Berufung ohne Erfolg geblieben ist.

Dementsprechend war auch das Urteil des Sozialgerichts Nordhausen vom 30. Juni 2003 in der Fassung des Urteilsergänzungsbeschlusses vom 13. Oktober 2003 hinsichtlich der Kostenentscheidung insoweit abzuändern, als dort die Kostenerstattung, betreffend die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten, ausgeschlossen wird und dem Kläger die Gerichtskosten auferlegt werden. Gemäß § 154 Abs. 1 i.V.m. § 162 Abs. 1 VwGO umfasst die Kostentragungspflicht des unterlegenen Teils grundsätzlich die gesamten Verfahrenskosten des Rechtszugs, also Gerichtskosten und außergerichtliche Kosten. Gründe für ein Abweichen von diesem Grundsatz benennt das Sozialgericht nicht und sind auch sonst nicht ersichtlich. Dem Kläger waren deshalb gemäß § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO auch die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens aufzuerlegen. Die Abänderung durch das Berufungsgericht ist auch zulässig, obwohl nur der Kläger Rechtsmittel gegen das erstinstanzliche Urteil eingelegt hat, denn der Grundsatz des Verbots der reformatio in peius, der aus § 123 SGG folgt und der gemäß § 153 Abs. 1 SGG auch für das Berufungsverfahren gilt, findet auf die Kostenentscheidung keine Anwendung (vgl. Mayer-Ladewig in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 123 Rdnr. 5; Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, 13. Auflage 2003, Vorbem. vor § 154, Rdnr. 5). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass die Beklagte mit Ihrem im Schriftsatz vom 25. August 2003 gestellten Antrag auf Urteilsergänzung ausdrücklich nur die Kostentragung des Klägers hinsichtlich der Gerichtskosten begehrt, denn über die Kosten des Verfahrens entscheidet das Gericht von Amts wegen nach den gesetzlichen Bestimmungen, ohne dass es hierbei an Anträge gebunden ist (vgl. § 161 Abs. 1 VwGO sowie Kopp/Schenke, a.a.O.).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG i.V.m. §§ 13 Abs. 2, 14, 15, 22 Abs. 1, 25 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) in der bis zum 30. Juni 2004 gültigen Fassung (GKG a.F.) sowie § 72 Nr. 1 des Gerichtskostengesetzes in der ab 1. Juli 2004 gültigen Fassung (GKG n.F.). Danach bemisst sich der Wert des Streitgegenstandes in Übereinstimmung mit der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung nach den mit der Leistungs- und Feststellungsklage geltend gemachten Arzneimittelkosten; eine Wertreduzierung hinsichtlich des vom Feststellungsantrag umfassten Teils der Arzneimittelkosten scheidet aus, da der (negative) Feststellungsantrag eine künftige Leistung des Klägers – Rückzahlung dieser Arzneimittelkosten im Wege der Verrechnung – ausschließen sollte (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 33. Auflage 2004, § 13 GKG Rdnr. 11). Außerdem bleiben die daneben geltend gemachten Zinsansprüche bei der Wertfestsetzung außer Betracht.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil Gründe im Sinne des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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