L 16 U 32/04

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 25 U 609/02
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 16 U 32/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 11. März 2004 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind im gesamten Verfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Feststellung, dass der bei ihm vorliegende vordere Pfannenrandabbruch der rechten Schulter Folge eines Arbeitsunfalls vom 20. Januar 1987 ist.

Der 1951 geborene Kläger war seit April 1984 und auch noch am 20. Januar 1987 als Direktionsassistent bei der G Hn Aktiengesellschaft (GAG) beschäftigt; die Arbeitsstelle befand sich in der M Straße Nr. in B. Am frühen Abend des 20. Januar 1987, einem Dienstag, stürzte der Kläger nach seinen Angaben in der Straße M U in Höhe seines Wohnsitzes (Hausnummer ) bei Glatteis auf die rechte Schulter. Um 19.45 Uhr begab er sich in die Notfallambulanz des Uklinikums St der FU B, wo ein vorderer Pfannenrandabbruch der rechten Schulter diagnostiziert wurde. Im Rahmen eines stationären Aufenthalts vom 4. Februar 1987 bis zum 20. Februar 1987 im Uklinikum St wurde der Kläger am 9. Februar 1987 im Bereich der rechten Schulter operiert. Er war vom 21. Januar 1987 bis zum 19. Juli 1987 arbeitsunfähig krank.

Im November 2001 zeigte der Kläger gegenüber der Beklagten an, dass es sich bei dem Unfall vom 20. Januar 1987 um einen Wegeunfall gehandelt habe, den er auf dem Weg von der Arbeitsstelle nach Hause erlitten habe. Auf Nachfrage der Beklagten führte der Kläger hierzu näher aus, er sei, nachdem er seinen Wagen nach der Fahrt von der Arbeitsstätte gegen 18.00 Uhr auf dem Seitenstreifen des M U abgestellt habe, auf dem Weg zu seinem Wohnhaus auf der Fahrbahn auf die rechte Schulter gestürzt. Die Beklagte zog daraufhin ein von der A-Versicherungs-AG in Auftrag gegebenes unfallchirurgisches Fachgutachten von PD Dr. B vom Universitätsklinikum Steglitz vom 18. August 1988, eine Stellungnahme des W-Klinikums in B vom 5. Februar 2002, eine Stellungnahme der Kaufmännischen Krankenkasse (KKH) vom 6. Februar 2002 sowie Unterlagen des Uklinikums B F in B (ehemals Uklinikum St) über den Unfall des Klägers aus dem Jahre 1987 bei; auf alle diese Unterlagen wird Bezug genommen. Mit Schreiben vom 19. Februar 2002 zeigte die GAG gegenüber der Beklagten das Vorliegen eines Arbeitsunfalls vom 20. Januar 1987 an.

Durch Bescheid vom 17. April 2002 lehnte die Beklagte die Gewährung von Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung aus Anlass des Ereignisses vom 20. Januar 1987 ab. Entgegen den von dem Kläger später gemachten Angaben habe er auf der Schadensanzeige vom 21. Februar 1987 für die A-Versicherung angekreuzt, dass es sich am Unfalltag um einen Weg ohne Bezug zum Beruf gehandelt habe. Da der Erstaussage ein höherer Beweiswert als später getätigten Aussagen zukomme, sei dieser Glauben zu schenken. Dies habe zur Folge, dass davon auszugehen sei, dass sich der Kläger zum Unfallzeitpunkt nicht bei einer versicherten Tätigkeit befunden habe. Hiergegen legte der Kläger mit der Begründung Widerspruch ein, für ihn habe sich der Unfall gar nicht als "Arbeitsunfall" dargestellt, da er gar nicht bei der Arbeit geschehen sei, sondern auf dem Heimweg. Diese Fallgestaltung sei im A-Fragebogen gar nicht vorgesehen gewesen. Dort sei aus statistischen Gründen nach einem Weg zur Arbeit gefragt worden. Dieses habe er korrekt verneint, da der Unfall gerade nicht auf dem Weg zur Arbeit geschehen sei. Der Widerspruch wurde durch den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 14. August 2002 zurückgewiesen.

Im Klageverfahren hat das Sozialgericht (SG) Berlin den Kläger über den behaupteten Arbeitsunfall vom 20. Januar 1987 befragt sowie den Zeugen O hierzu uneidlich vernommen; auf die Sitzungsniederschrift vom 11. März 2004 wird insoweit Bezug genommen.

Mit Urteil vom 11. März 2004 hat das SG der auf Feststellung, dass der vordere Pfannenrandabbruch der rechten Schulter Folge des Arbeitsunfalls vom 20. Januar 1987 sei, gerichteten Klage stattgegeben. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei begründet. Nach den Kriterien des § 550 Abs. 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) habe der Kläger bei einem Wegeunfall am 20. Januar 1987 einen vorderen Pfannenrandabbruch der rechten Schulter erlitten. Das äußere Ereignis (Sturz am 20. Januar 1987 in den frühen Abendstunden) sowie die dabei erlittenen Gesundheitsstörungen seien nachgewiesen. Die Angaben des Klägers zum Ablauf des Geschehens am Unfalltag seien in sich konsistent und enthielten auch die Schilderung von Details. Die Aussage des Klägers werde durch die äußeren Umstände gestützt. So sei im Klinikum St die erstmalige Behandlung am 20. Januar 1987 gegen 19.45 Uhr erfolgt. Die Diagnose eines vorderen Pfannenrandabbruchs der rechten Schulter sei im Aufnahmeschein des Klinikums St genannt. Zum Unfallzeitpunkt habe der Kläger auch einen mit der versicherten Tätigkeiten zusammenhängenden unmittelbaren Weg von dem Ort der Tätigkeit zurückgelegt. Er sei von der Arbeit nach Hause gefahren, um die Tasche abzustellen und die Post anzuschauen. Der Zeuge O habe ihn abholen sollen, um ihn dann zu einem geschäftlichen Termin zu fahren. Dem Zeugen O sei in Erinnerung geblieben, dass er dem Kläger eine Zeit lang jeden Tag die Direktionspost nach Hause gebracht und dort wieder habe abholen müssen. Zwischen den Erstangaben des Klägers und seinen späteren Angaben bestehe kein Widerspruch.

Mit der Berufung wendet sich die Beklagte gegen dieses Urteil. Sie trägt vor: Nach ihrer Auffassung würden alle Indizien gegen die Annahme sprechen, dass sich der Unfall am 20. Januar 1987 tatsächlich auf dem direkten Weg von der Arbeit nach Hause in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Arbeit ereignet habe. Eine Nachfrage im Unfallbetrieb habe ergeben, dass damals kein Unfall im Verbandsbuch dokumentiert worden sei. Ebenfalls würden sich aus der Personalakte des Klägers keine Anhaltspunkte über einen Arbeitsunfall bzw. Wegeunfall ergeben. Aus der Bescheinigung des Arbeitgebers über Arbeitsentgelt an die KKH vom 10. Februar 1987 ergebe sich ebenfalls kein Hinweis auf einen Arbeitsunfall. Da die GAG seit den siebziger Jahren intensiv durch die Prävention der Beklagten betreut werde, könne davon ausgegangen werden, dass das Unternehmen über seine Pflichten, insbesondere über die Anzeigepflicht im Zusammenhang mit Arbeitsunfällen, informiert gewesen sei. Aus ihrer Sicht sei damit nicht der Beweis erbracht, dass sich der Unfall am 20. Januar 1987 infolge einer versicherten Tätigkeit ereignet habe. Im Übrigen wird auf die Ausführungen in den streitbefangenen Bescheiden verwiesen. Auf die von der Beklagten vorgelegte Bescheinigung über Arbeitsentgelt und Arbeitszeit zur Berechnung des Krankengeldes vom 10. Februar 1987 für die KKH wird Bezug genommen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 11. März 2004 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und führt aus: Am Tag nach dem Unfall habe er sich bei der damaligen Sekretärin des kaufmännischen Vorstandes krank gemeldet mit dem Hinweis, dass er vor seinem Wohnhaus gestürzt sei. Zu diesem Zeitpunkt habe er nicht mitgeteilt, dass es sich um einen Arbeitsunfall gehandelt habe, da ihm dies zum damaligen Datum auch nicht bewusst gewesen sei.

Der Senat hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung des Zeugen S über das Ereignis am Abend des 20. Januar 1987; insoweit wird auf die Vernehmungsniederschrift vom 13. Dezember 2004 Bezug genommen. Der Senat hat eine Stellungnahme der GAG vom 26. November 2004 und ein Vorerkrankungsverzeichnis der KKH betreffend den Kläger beigezogen; hierauf wird Bezug genommen.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen Bezug genommen.

Die Akte des Landesamtes für Gesundheit und Soziales Berlin, die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakte haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist begründet.

Die von dem Kläger erhobene kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage im Sinne der §§ 54 Abs. 1, 55 Abs. 1 Nr. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist nicht begründet. Es lässt sich nicht zur Überzeugung des Senats feststellen, dass der bei dem Kläger vorliegende vordere Pfannenrandabbruch der rechten Schulter Folge eines Arbeitsunfalls vom 20. Januar 1987 ist.

Anwendbar sind noch die bis zum 31. Dezember 1996 geltenden Rechtsvorschriften der RVO, da der von dem Kläger geltend gemachte Arbeitsunfall vor dem In-Kraft-Treten des Sozialgesetzbuches - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII) am 1. Januar 1997 eingetreten sein soll (§§ 212 ff SGB VII). Arbeitsunfälle sind nach § 548 Abs. 1 RVO Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Als Arbeitsunfall gilt nach § 550 Abs. 1 RVO auch ein Unfall auf einem mit einer der in den § 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten Tätigkeiten zusammenhängenden Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit. Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls in Gestalt eines Wegeunfalls ist nach diesen Vorschriften, dass das Verhalten, bei dem sich der Unfall ereignet hat, in einem inneren (sachlichen) Zusammenhang mit der Betriebstätigkeit steht, der es rechtfertigt, das betreffende Verhalten der versicherten Tätigkeit zuzurechnen. Der Weg, den der Versicherte zurücklegt, muss, wenn es - wie hier - ein Heimweg im Sinne von § 550 Abs. 1 RVO sein soll, wesentlich dazu dienen, nach Beendigung der Tätigkeit die Wohnung zu erreichen. Maßgeblich ist dabei die Handlungstendenz des Versicherten, so wie sie insbesondere durch objektive Umstände des Einzelfalles bestätigt wird (vgl. BSG SozR 3-2200 § 550 Nrn. 4, 16; jeweils m.w.N.; BSG SozR 3-2700 § 8 Nr. 10). Fehlt es an einem inneren Zusammenhang in diesem Sinne scheidet der Versicherungsschutz selbst dann aus, wenn sich der Unfall auf derselben Strecke ereignet, die der Versicherte auf dem Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit gewöhnlich benutzt (vgl. BSG SozR 3-2200 § 550 Nr. 4, 16, jeweils n.w.N.). Die tatsächlichen Grundlagen des Vorliegens eines versicherten Heimweges müssen im Vollbeweis dargetan sein.

Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens ist aber bereits nicht (im Vollbeweis) erwiesen, dass sich der Kläger zum Unfallzeitpunkt auf dem grundsätzlich versicherten unmittelbaren Weg von seiner Arbeitsstelle in der M Straße Nr. in B zu seinem Wohnhaus im M U Nr. in B befand. Zwar steht, wie das SG zutreffend ausgeführt hat, fest, dass der Kläger am frühen Abend des 20. Januar 1987 auf der Straße M U in Höhe seines Wohnhauses auf die rechte Schulter gestürzt ist und sich hierbei einen vorderen Pfannenrandabbruch der rechten Schulter zugezogen hat. Dieser Unfallhergang ergibt sich aus den von der Beklagten beigezogenen Unterlagen, und zwar dem - zeitnahen - Gutachten von PD Dr. B vom 18. August 1988, den Unterlagen des Universitätsklinikums B F in B einschließlich der Unfallanzeige des Klägers gegenüber der A Versicherungs-AG vom 21. Februar 1987, dem Befund- und Behandlungsbericht von Prof. Dr. F vom 26. April 1988 für die A Versicherungs-AG und dem Aufnahmeprotokoll des Universitätsklinikums St der FU B vom 20. Januar 1987. Denn bereits in dem Gutachten von Dr. B finden sich Angaben, dass der Kläger am 20. Januar 1987 gegen 19.00 Uhr vor seinem Wohnhaus verunglückt sei, als er auf Glatteis ausrutschte. Denselben Unfallhergang hatte der Kläger in seiner Unfallanzeige vom 21. Februar 1987 an die A Versicherungs-AG geschildert, dass er nämlich beim Überqueren des Fahrdammes im M U infolge Winterglätte gestürzt sei. Auch im Befundbericht von Prof. Dr. F vom 26. April 1988 heißt es, dass der Kläger am 20. Januar 1987 gegen 19.00 Uhr infolge Glätte auf die rechte Schulter gestürzt sei. Dieser Unfallhergang wird im Übrigen auch von der Beklagten nicht bestritten. Ob der Unfall vom 20. Januar 1987 aber auch auf einem versicherten Heimweg im Sinne des § 550 Abs. 1 RVO eingetreten ist, hat sich nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens nicht zweifelsfrei feststellen lassen.

Den von der Beklagten angeforderten zeitnah zum Unfall erstellten Unterlagen lassen sich insoweit jedenfalls keinerlei Hinweise darüber entnehmen, dass sich der Kläger im Zeitpunkt des Unfallgeschehens noch auf dem Weg von der Arbeitsstelle nach Hause befunden hatte. So ist in dem Gutachten von Dr. B vom 18. August 1988 in Bezug auf das Unfallgeschehen und dessen Verlauf lediglich davon die Rede, dass der Kläger am 20. Januar 1987 gegen 19.00 Uhr vor seinem Wohnhaus verunglückt sei, als er auf Glatteis ausrutschte. Aussagen darüber, dass sich der Unfall im Rahmen eines Arbeitsweges ereignet hat, lassen sich dem Gutachten an keiner Stelle entnehmen. Gleiches gilt für das Protokoll über die Aufnahme des Klägers im Universitätsklinikum St am 20. Januar 1987 sowie für den Befund- und Behandlungsbericht von Prof. Dr. F vom 26. April 1988 für die AVersicherungs-AG. In beiden Stellungnahmen ist jeweils nur von dem Sturz auf die rechte Schulter infolge von Glatteis bzw. Glätte die Rede. Hinweise auf einen Wegeunfall finden sich in den Unterlagen an keiner Stelle. Auch die Unfallanzeige des Klägers gegenüber der A Versicherungs-AG vom 21. Februar 1987 stützt den Vortrag des Klägers nicht. Hier hat der Kläger im Rahmen von statistischen Angaben die Fragen, ob der Unfall auf dem Weg zur Arbeit, zur Schule oder schulischen Veranstaltungen eingetreten sei bzw. ob ein Berufsunfall oder schulischer Unfall vorgelegen habe, verneinend angekreuzt und die Frage, ob ein sonstiger Unfall (Unfall ohne Bezug zum Beruf, zur Schule oder zum Haushalt) vorgelegen habe, bejaht. Zwar ist dem Kläger zuzugestehen, dass der von ihm behauptete Weg von der Arbeitsstelle nach Hause von dem Fragenkatalog nicht ausdrücklich erfasst ist. Den Erstangaben des Klägers kommt entgegen der von der Beklagten vertretenen Rechtsauffassung auch kein höherer Beweiswert zu als seinen späteren Angaben (vgl. BSG, Urteil vom 11. November 2003 -B 2 U 41/02 R- zur Veröffentlichung vorgesehen). Im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtwürdigung des Verfahrensergebnisses lassen sich die Angaben in der "Schadensanzeige Unfall" aber jedenfalls nicht anspruchsbegründend heranziehen, weil danach jedweder Anhalt fehlt, dass sich der Kläger am Abend des 20. Januar 1987 auf dem Heimweg von der Arbeit befunden hatte.

Der vom Senat angeforderten Akte des Landesamtes für Gesundheit und Soziales B lassen sich ebenso wenig Anhaltspunkte für einen Wegeunfall entnehmen. In dem Antrag auf Feststellung einer Behinderung vom 18. Februar 1987 findet sich insoweit lediglich die Angabe, dass der Kläger bei einem Unfall eine Fraktur der rechten Schultergelenkspfanne erlitten habe. Schließlich hatte auch die Arbeitgeberin des Klägers, die GAG, seinerzeit keine Kenntnis davon, dass es sich bei dem Unfall vom 20. Januar 1987 um einen Wegeunfall handeln könnte. So enthält die von der Beklagten vorgelegte Bescheinigung der GAG über Arbeitsentgelt und Arbeitszeit zur Berechnung des Krankengeldes für Arbeitnehmer gegenüber der KKH vom 10. Februar 1987 keinerlei Angaben zum Vorliegen eines Arbeitsunfalls (Feld 4). Auch in der Personalakte des Klägers bei der GAG finden sich keine Eintragungen, die auf das Vorliegen eines Wegeunfalls hinwiesen. Dies hat der Kläger mit Schriftsatz vom 17. August 2004 bestätigt. Erst mit einem Schreiben vom 19. Februar 2002 hatte die GAG der Beklagten das Vorliegen eines Arbeitsunfalls angezeigt, wobei der geschilderte Unfallhergang allein auf den Angaben des Klägers beruhte und im Übrigen die Beschreibung des Unfallgeschehens nicht zwingend das Vorliegen eines Wegeunfalls nahe legt, zumal lediglich mitgeteilt wird, dass der Kläger beim Verlassen des Kfz mittig auf dem Fahrstreifen vor dem Wohnhaus gestürzt sei. Auch hier finden sich keine Hinweise darauf, dass der Kläger, wie er vorbringt, zuvor mit dem Pkw von der Arbeit nach Hause gefahren war.

Die Aussagen der Zeugen O und S bilden ebenfalls keine ausreichende Grundlage für die erforderliche Überzeugungsbildung des Senats. So konnte bereits keiner der Zeugen auf Grund eigener Wahrnehmung bestätigen, dass sich der Kläger zum Unfallzeitpunkt auf dem Heimweg von der Arbeit befunden hatte. Der Zeuge O hat im Rahmen seiner Aussage vor dem SG lediglich bestätigen können, dass er von dem Zeugen S über den Unfall des Klägers informiert worden sei und er dem Kläger eine Zeitlang die Dienstpost nach Hause gebracht habe. Die Aussage bleibt aber insgesamt vage und von Erinnerungslücken geprägt, worauf auch das SG in seiner Urteilsbegründung hingewiesen hat, zumal der Zeuge O angibt, der Kläger sei damals an Krücken gelaufen, was bei einer Schultergelenksfraktur ausgeschlossen werden kann. Die Aussagen des Zeugen O beziehen sich damit ausschließlich auf das Geschehen nach dem (unstreitigen) Sturz, so dass sich hieraus keine Schlüsse für das Vorliegen eines Wegeunfalls ableiten lassen. Gleiches gilt für die Aussage des Zeugen S, der ebenfalls nur Tatsachen bezeugen konnte, die zeitlich nach dem Sturzgeschehen eingetreten sind. Danach war er mit dem Kläger zusammen zu einer Veranstaltung der P abgeholt worden und der Kläger hatte schon im Auto gesessen. Er war dann im P-Hotel abgesetzt worden und der Fahrer hatte den Kläger wegen angegebener Schmerzen auf seine Anweisung ins Klinikum St gefahren. Die Aussage bestätigt damit wiederum nur das unstreitige Vorliegen eines Unfalls am Abend des 20. Januar 1987 sowie das nachfolgende Geschehen, nicht aber das Vorliegen von Umständen, die einen Wegeunfall nahe legen könnten.

Auch die Einlassungen des Klägers selbst vermochten nicht die volle Überzeugung des Senats zum Vorliegen eines Wegeunfalls zu begründen. Zwar kann sich das Gericht auch durch den Beteiligtenvortrag die erforderliche Überzeugung verschaffen, wenn der Beteiligte glaubwürdig und sein Vortrag widerspruchsfrei ist und das Vorbringen mit den sonstigen Ergebnissen im Einklang steht (Meyer-Ladewig, SGG, Kommentar, 7. Auflage, § 118, Rdnr. 8). Das Vorbringen des Klägers lässt sich indes vom zeitlichen Ablauf her nicht nachvollziehen. So ließ sich der für die Beurteilung eines Wegeunfalls relevante Zeitpunkt des Verlassens der Arbeitsstelle und des genauen Eintritts des Unfalls nach den Angaben des Klägers nicht sicher feststellen. In Bezug auf den Zeitpunkt des Verlassens des Dienstgebäudes gab der Kläger im Klageschriftsatz vom 9. September 2002 noch an, dass dies um 17.30 Uhr geschehen sei. Demgegenüber hat er im Termin vom 13. Dezember 2004 erklärt, er könne nicht mehr sagen, wann er das Büro am 20. Januar 1987 verlassen habe. Die Angaben des Klägers differieren jedoch auch hinsichtlich des Unfallzeitpunktes erheblich. So wird dieser Zeitpunkt u.a. auf 17.45 Uhr (Unfallanzeige des Klägers gegenüber der A Versicherungs-AG vom 21. Februar 1987), 18.00 Uhr (Unfall-Fragebogen der Beklagten, vom Kläger am 6. Dezember 2001 ausgefüllt) und 19.00 Uhr (Angaben des Klägers gegenüber dem Gutachter Dr. B im Rahmen des Gutachtens vom 18. August 1988 und gegenüber Prof. Dr. F im Rahmen des Befund- und Behandlungsberichts vom 26. April 1988) festgesetzt. Ein Unfallzeitpunkt um 19.00 Uhr lässt sich aber mit der Aussage des Zeugen S, er sei zu der vorgesehenen Zeit um 18.30 Uhr im P-Hotel eingetroffen, nachdem der Zeuge O zuvor zuerst den Kläger und dann ihn zu Hause abgeholt hatte, überhaupt nicht in Einklang bringen. Aber auch ein Unfallzeitpunkt um 17.45 Uhr oder 18.00 Uhr lässt sich vom zeitlichen Ablauf her mit der Aussage des Zeugen S (Eintreffen im P-Hotel gegen 18.30 Uhr) und dem Vorbringen des Klägers, der Zeuge O habe ihn gegen 18.45 Uhr bis 19.00 Uhr abgeholt, nicht in Übereinstimmung bringen. Im Ergebnis war damit auch vom zeitlichen Ablauf her nicht feststellbar, ob der Unfall, wie von dem Kläger behauptet, den Abschluss eines ohne Unterbrechung zurückgelegten Heimwegs dargestellt hat oder ob er sich auf sonstige Art und Weise, z.B. beim Verlassen des Wohnhauses, abgespielt hat. Hinzu kommt, dass die Beklagte zu Recht auf den Umstand verweist, dass die GAG seit den siebziger Jahren intensiv durch die Prävention der Beklagten betreut werde. Es bestehe seit dieser Zeit regelmäßig Kontakt. Die GAG habe immer eine Fachkraft für Arbeitssicherheit und Sicherheitsbeauftragte gehabt, die auch regelmäßig geschult worden seien. In Anbetracht dessen vermochten die Einlassungen des Klägers, der diesem Unternehmen in gehobener Position als Direktionsassistent angehört hat, ihm sei damals nicht bewusst gewesen, dass der Weg von der Arbeit nach Hause unter unfallversicherungsrechtlichem Schutz stehe, die Zweifel des Senats am Vorliegen eines Wegeunfalls eher noch zu vertiefen als zu beseitigen.

Da sich aber die anspruchsbegründenden Voraussetzungen für das Vorliegen des hier behaupteten Wegeunfalls auch unter Ausschöpfung aller Beweismittel nicht im Vollbeweis feststellen lassen, gehen die Folgen der objektiven Beweislosigkeit zu Lasten des Klägers, der aus diesen Tatsachen ein Recht herleiten will (vgl. BSG, Urteil vom 31. Oktober 1969 - 2 RU 40/67 = BSGE 30, 121; Kater/Leube, Gesetzliche Unfallversicherung, April 1997, Vor §§ 7 - 13, Rdnrn. 73 ff.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 1 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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