L 6 AL 64/04

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 52 AL 4799/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 6 AL 64/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. Juni 2004 wird als unzulässig verworfen. Für das Berufungsverfahren haben die Beteiligten einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Aufhebung des Bescheides vom 24. Juni 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. September 2003, mit dem der Bescheid über die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe vom 31. Mai 2002 für die Zeit ab dem 14. Mai 2003 aufgehoben worden ist.

Dem im Jahre 1951 geborenen Kläger bewilligte die Beklagte letztmals vor Erlass des hier streitigen Bescheides vom 1. Juni 2002 bis zum 31. Mai 2003 Arbeitslosenhilfe (Bescheid vom 31. Mai 2002); ab dem 1. Juli 2002 senkte sie den täglichen Leistungssatz auf 18,60 Euro (Bescheid vom 26. Juni 2002) ab, ab dem 1. Januar 2003 kam es zu einer erneuten Absenkung auf 18,49 Euro (Bescheid vom 7. Januar 2003).

Am 16. April 2003 unterbreitete die Beklagte dem Kläger einen Vermittlungsvorschlag für eine Tätigkeit als Mobilitätshelfer bei der t gGmbH. Nach der persönlichen Vorsprache des Klägers am 24. April 2003 kam es jedoch nicht zum Abschluss eines entsprechenden Arbeitsvertrages.

In der Folgezeit forderte die Beklagte den Kläger mit (undatiertem) Schreiben, in dem darauf hingewiesen worden war, unbedingt die Rechtsfolgenbelehrung und die weiteren Hinweise auf der Rückseite zu beachten, auf, 10 schriftliche Bewerbungen am 13. Mai 2003 um 10.00 Uhr im Zimmer 331 des Arbeitsamtes Steglitz nachzuweisen und zu diesem Termin seine Bewerbungsmappe mitzubringen. In dem über diese Vorsprache gefertigten Vermerk heißt es:

"PV auf 01 zur Vorlage von Bewerbungen. Es lagen keine bewerbungen vor, auf abmeldung hingewiesen, derzeit bei JOB-Consult in betreuung (H. F). Bewerbungskostenantrag aushg. da unmittelbar von Arbeits- losigkeit bedroht und zur finanzierung der ausstehenden bewerbungen Durchsprache VV. t. Sperrzeittatbestand liegt vor. Unterlagen an 521 L weiter. bei erneuter alome Aufnahme Pool PSA nach bewerbungsstand und Durchsicht ABM. Art: V000/130503/521/D/Dr. N, 521D."

Ab dem 13. Mai 2003 stellte die Beklagte zunächst formlos die Zahlung von Arbeitslosenhilfe ein.

Am 19. Mai 2003 sprach der Kläger beim Arbeitnehmerbüro des IBK (Institut für Internationale Bildung und Kommunikation) vor und übergab einen Arbeitslosenhilfeantrag samt Kontoauszug vom 2. Mai 2003. Beides leitete das Arbeitnehmerbüro an die Beklagte weiter, wo es am 20. Mai 2003 einging. Hierzu wurde am 27. Mai 2003 folgendes vermerkt:

"Keine Annahme des Antrages Ahli F ab 1.6.03, da neue Alo-Meldung er- forderlich. Abmeldung ab 13.5.03. SZ ist zu prüfen."

Am 24. Juni 2003 erließ die Beklagte - ohne vorherige Anhörung - zwei getrennte Bescheide. Mit dem einen teilte sie mit, für die Zeit vom 25. April 2003 bis zum 15. Mai 2003 sei eine Sperrzeit eingetreten, da der Kläger das Zustandekommen eines Beschäftigungsverhältnisses als Mobilitätshelfer bei der Firma t vereitelt habe, die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 25. April 2003 bis zum 12. Mai 2003 sei daher aufzuheben bzw. zurückzunehmen und der Kläger habe die in diesem Zeitraum geleistete Arbeitslosenhilfe in Höhe von 332,82 Euro zu erstatten. Mit dem weiteren - jetzt noch streitigen Bescheid - hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe ab dem 14. Mai 2003 mit der Begründung auf, der Kläger habe im Beratungsgespräch vom 13. Mai 2003 deutlich gemacht, Eigenbemühungen abzulehnen, da er an diesem Tag trotz Aufforderung keine Bewerbungsunterlagen vorgelegt habe. Über die Rechtsfolgen sei er belehrt worden. Er sei ab diesem Zeitpunkt nicht mehr arbeitslos gewesen und habe keinen Leistungsanspruch mehr. Sein Arbeitsgesuch werde bis zur erneuten persönlichen Arbeitslosmeldung als erledigt betrachtet. Im Übrigen habe der Kläger gewusst bzw. wissen müssen, dass fehlende Eigenbemühungen zum Wegfall bzw. Verlust des Anspruches führten, da er durch die Ausführungen im Merkblatt sowie mindestens im Beratungsgespräch hierüber informiert worden sei.

Mit Bescheid vom 10. Juli 2003 bewilligte die Beklagte dem Kläger rückwirkend ab dem 11. Juni 2003 erneut Arbeitslosenhilfe, die sie wegen Arbeitsaufnahme am 1. Juli 2003 ab diesem Zeitpunkt wieder aufhob.

Der gegen den "Sperrzeitbescheid" eingelegte Widerspruch ist ebenso erfolglos geblieben (Widerspruchsbescheid vom 18. August 2003) wie der Widerspruch gegen den mit fehlenden Eigenbemühungen begründeten - jetzt noch streitigen - Bescheid (Widerspruchsbescheid vom 4. September 2003).

Im anschließenden Klageverfahren hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 24. Juni 2004 erklärt, der Bescheid vom 24. Juni 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. August 2003 werde aufgehoben. Der Kläger hat nach Annahme dieses Teilanerkenntnisses nur noch beantragt, den Bescheid vom 24. Juni 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. September 2003 aufzuheben. Mit Urteil vom 24. Juni 2004 hat das Sozialgericht (SG) die Klage abgewiesen.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. Juni 2004 und den Bescheid vom 24. Juni 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. September 2003 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den jetzt noch streitigen Bescheid für rechtmäßig.

Mit Schreiben vom 21. Oktober 2004, dem Kläger zugestellt am 30. Oktober 2004, ist er darauf hingewiesen worden, dass die Berufung entgegen der dem Urteil vom 24. Juni 2004 beigefügten Rechtsmittelbelehrung nicht zulässig sei, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 500,00 Euro nicht übersteige. Eine Entscheidung über die Zulassung der Berufung sei vom SG nicht getroffen worden. Ihm wurde empfohlen, die Berufung zurückzunehmen und gegebenenfalls Nichtzulassungsbeschwerde zu erheben. Der Kläger hat auf dieses Schreiben nicht reagiert

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, insbesondere die Schriftsätze der Beteiligten, sowie die die Klägerin betreffende Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die vom Kläger eingelegte Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts (SG) Berlin vom 24. Juni 2004 ist als unzulässig zu verwerfen. Denn sie ist unzulässig (§ 158 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)), weil sie vom SG nicht zugelassen worden ist. Der Senat hat insoweit von dem ihm eingeräumten Ermessen, durch Beschluss zu entscheiden (§ 158 Satz 2 SGG), Gebrauch gemacht.

Entgegen der Auffassung des SG, das in der Rechtsmittelbelehrung seines Urteils darauf hingewiesen hat, dass das Urteil mit der Berufung angefochten werden könne, bedurfte die Berufung der Zulassung.

Nach § 144 Abs. 1 SGG muss die Berufung zugelassen werden, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes (1.) bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 500,- Euro oder (2.) bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 5.000,- Euro nicht übersteigt (Satz 1). Dies gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (Satz 2). Die letztgenannte Ausnahme ist hier nicht erfüllt, weil der Kläger keine wiederkehrende oder laufende Leistung, sondern die Aufhebung des Bescheides vom 24. Juni 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. September 2003 begehrt. Mit diesem Bescheid ist für die Zeit ab dem 14. Mai 2003 der Bescheid vom 31. Mai 2002 aufgehoben worden, durch den die Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 1. Juni 2002 bis zum 31. Mai 2003 Arbeitslosenhilfe bewilligt hatte, wobei deren Höhe letztmals mit Bescheid vom 7. Januar 2003 für Bezugszeiten ab dem 1. Januar 2003 auf 18,49 Euro täglich abgesenkt worden war. Auch handelt es sich nicht um eine Erstattungsstreitigkeit. Ob die Berufung der Zulassung bedarf, hängt danach davon ab, ob der Wert des Beschwerdegegenstandes 500,- Euro übersteigt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Dies ist nicht der Fall, da der Kläger durch das erstinstanzliche Urteil nicht in dem in § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG vorausgesetzten Maße beschwert ist.

Denn das SG hat nur über seinen Antrag auf Aufhebung des Bescheides vom 24. Juni 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. September 2003 entschieden. Dieser regelte, wie bereits ausgeführt, die Aufhebung des Bewilligungsbescheides vom 31. Mai 2002 (in der Fassung der Anpassungsbescheide vom 26. Juli 2002 und 7. Januar 2003) für die Zeit vom 14. Mai 2003 bis zum 31. Mai 2003 und damit für insgesamt 18 Leistungstage (18 x 18,49 Euro = 332,82 Euro). Der Wortlaut des Bescheides ist eindeutig und eröffnet keinen Auslegungsspielraum. Es wird die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe ab dem 14. Mai 2003 unter Hinweis darauf aufgehoben, dass der Kläger am 13. Mai 2003 deutlich gemacht habe, Eigenbemühungen (bei der Beschäftigungssuche) abzulehnen, da er an diesem Tag trotz Aufforderung keine Bewebungsunterlagen vorgelegt habe und über die Rechtsfolgen belehrt worden sei. Nur ersteres ist die Regelung des Bescheides, letzteres die - richtige oder unrichtige - Begründung hierfür.

Dagegen trifft der genannte Bescheid – selbst wenn die Beklagte dies geglaubt haben sollte – keine Regelung über die Ablehnung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 1. Juni 2003 bis zum 10. Juni 2003 (ab dem 11. Juni 2003 ist dem Kläger durch Bescheid vom 10. Juli 2003 wieder Arbeitslosenhilfe bewilligt worden). Denn dem hier streitigen Bescheid vom 24. Juni 2003 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheides) ist noch nicht einmal andeutungsweise eine solche Entscheidung zu entnehmen, vielmehr wird allein der Bezug zur vorangegangenen Bewilligungsentscheidung hergestellt, die allein den Zeitraum bis zum 31. Mai 2003 betraf. Möglicherweise muss die Beklagte über diesen Zeitraum, auf den sich der vom Kläger am 19. Mai 2003 beim Arbeitnehmerbüro des Instituts für Internationale Bildung und Kommunikation eingereicht und an die Beklagte weitergeleitete Antrag (jedenfalls auch) bezieht, noch entscheiden. Dies wäre nur dann nicht der Fall, sofern die Beklagte hierüber schon in dem bereits genannten Bescheid vom 10. Juli 2003 im Sinne einer Ablehnung befunden haben sollte, was vom Senat nicht beurteilt werden kann, weil der Bescheid sich nicht in den hier vorliegenden Akten (Gerichtsakte und Verwaltungsakte) befindet. Dieser Frage muss aber in diesem Rechtsstreit auch nicht nachgegangen werden, da ein (behaupteter) Anspruch auf Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 1. Juni 2003 bis zum 10. Juni 2003 nicht Streitgegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens war, weshalb das angefochtene Urteil des SG insoweit auch keine Entscheidung getroffen hat. Diese Frage ist daher außerhalb der vom Kläger erhobenen Berufung mit der Beklagten zu klären.

Da weder dem Tenor noch den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils des SG eine Entscheidung über die Zulassung der Berufung zu entnehmen ist (die dem Urteil beigefügte Rechtsmittelbelehrung ist die, wie sie bei einer zulässigen Berufung üblicherweise erteilt wird, weshalb sie nicht den Anforderungen an eine erforderliche positive Entscheidung des Sozialgerichts über eine Zulassung der Berufung genügt, vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 11. Mai 1999, B 11/10 AL 1/98 R), kann die vom Kläger erstrebte Überprüfung des sozialgerichtlichen Urteils nur dann stattfinden, wenn er erfolgreich eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts vom 24. Juni 2004 (eine so genannte Nichtzulassungsbeschwerde nach § 145 SGG) beim Landessozialgericht Berlin einlegt. Zwar ist die Beschwerde dort normalerweise innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten einzulegen (§ 145 Abs. 1 Satz 2 SGG). Diese Frist wäre im vorliegenden Fall bereits verstrichen. Da aber dann, wenn die Rechtsmittelbelehrung im Urteil des SG falsch ist, die Frist zur Einlegung der Beschwerde ein Jahr seit Zustellung (§ 66 Abs. 2 Satz 1 SGG) beträgt, könnte im vorliegenden Fall noch bis zum 28. Juli 2005 Beschwerde eingelegt werden kann, da das Urteil des SG dem Kläger am 28. Juli 2004 zugestellt worden ist.

Für eine Zulassung des Rechtsmittels im Berufungsverfahren fehlt dem Senat die Entscheidungsmacht. Die Möglichkeit der Zulassungsentscheidung ist auf das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde beschränkt. Es ist dem Senat auch verwehrt, die vom Kläger ausdrücklich eingelegte Berufung in eine Nichtzulassungsbeschwerde umzudeuten. Eine solche Umdeutung ist auch dann nicht zulässig, wenn der Rechtsmittelführer - so wie hier - nicht rechtskundig vertreten wird (BSG, Urteil vom 20. Mai 2003, B 1 KR 25/01 R, veröffentlicht in Breithaupt 2004 S. 82 ff.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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