L 13 SB 92/03

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
13
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 13 SB 92/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Beklagte hat der Klägerin keine außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Klägerin war durch Bescheid vom 28. Mai 1996 ein Grad der Behinderung (GdB) von 90 zuerkannt worden, dem verwaltungsintern u.a. ein Einzel-GdB von 80 für ein operiertes bestrahltes und chemotherapeutisch behandeltes Brustdrüsenleiden links mit Achselrevision 3/96 im Stadium der Heilungsbewährung sowie ein Einzel-GdB von 30 für ein Asthma bronchiale zugrunde gelegt worden waren. Nach Anhörung der Klägerin setzte der Beklagte durch Bescheid vom 3. August 2001 den GdB auf insgesamt 70 herab, wobei verwaltungsintern für das Brustdrüsenleiden wegen einer erreichten Heilungsbewährung lediglich noch ein Einzel-GdB von 30 zugrunde gelegt wurde, ferner war zusätzlich eine Darmdivertikulose mit Divertikulitisneigung intern mit einem Einzel-GdB von 20 bewertet worden. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies der Beklagte nach Einholung eines Befundberichtes des behandelnden Arztes für Chirurgie Dr. L durch Widerspruchsbescheid vom 15. März 2002 zurück.

Die hiergegen erhobene Klage hat das Sozialgericht nach Einholung von Befundberichten durch die behandelnden Ärzte mit Urteil vom 23. Mai 2003 abgewiesen. Die Herabsetzung des Gesamt-GdB von 90 auf 70 sei gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch (SGB X) rechtmäßig, da die nach den Anhaltspunkten 1996, Nr. 26.12 S. 114 vorgesehene Heilungsbewährungszeit von fünf Jahren abgelaufen sei, ohne dass ein Rezidiv aufgetreten sei. Die ausgeprägte Divertikulitis sei nach den AHP 1996, Nr. 26.10 S. 96 mit einem Einzel-GdB von 20 bis 30 zu bewerteten, wenn sie mit stärkeren und häufig rezidivierenden oder anhaltenden Symptomen einhergehe, wie dies vorliegend der Fall sein dürfte. Der Gesamt-GdB betrage 70. Mit der hiergegen eingelegten Berufung brachte die Klägerin ein Attest der Ärzte für Lungen- und Bronchialheilkunde W/Dr. P vom 5. August 2003 bei, wonach hinsichtlich der Erkrankung der Lunge ein fortschreitender Übergang eines anfänglich bestandenen allergischen Asthma bronchiale in eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung mit jetzt fixierter mittelgradiger Obstruktion und respiratorischer Partialinsuffizienz bestehe, wodurch die körperliche Belastbarkeit deutlich herabgesetzt sei. Die Klägerin brachte ferner ein Attest des Arztes für Chirurgie Dr. L vom 27. August 2003 bei, in dem ausgeführt ist, dass sie an einer rezidivierenden aufflammenden ausgeprägten Divertikulose des Colon descendens und einem bislang nicht erklärbaren Gewichtsverlust leide. Die körperlichen Beeinträchtigungen seien in keiner Weise gebessert, im Gegenteil seien sie z.T. massiv verschlimmert, "siehe Asthma oder Divertikulitis". Im Rahmen einer daraufhin versorgungsärztlich angeregten lungenfachärztlichen Begutachtung kam die Fachärztin für Innere Medizin R mit Gutachten vom 5. Januar 2004 zu dem Ergebnis, dass sich eine chronische Emphysembronchitis seit März 2003 wesentlich verschlimmert habe. Unter Berücksichtigung der klinischen/paraklinischen lungenspezifischen Untersuchungsbefunde betrage der Einzel-GdB diesbezüglich 40. Auch im Hinblick auf das bekannte chronische Darmleiden lasse sich besonders im letzten halben Jahr eine deutliche Zunahme der Symptomatik nachweisen, hieraus folge ein Einzel-GdB von 50. Der Gesamt-GdB betrage 90. Daraufhin stellte der Beklagte durch Bescheid vom 5. Februar 2004 einen Gesamt-GdB von 90 für die Zeit ab Juni 2003 fest.

Die Klägerin hat daraufhin den Rechtsstreit insgesamt für erledigt erklärt und beantragt,

dem Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Der Beklagte beantragt,

den Antrag, ihm die Kosten aufzuerlegen, zurückzuweisen.

Er habe keinen Anlass zur Klage gegeben. Die erfolgte Herabsetzung des GdB von 90 auf 70 wegen der Heilungsbewährung sei nicht zu beanstanden gewesen. Die Anhebung des GdB ab Juni 2003 habe sich eindeutig aus einer Verschlimmerung des bereits bei der Klägerin festgestellten Asthma bronchiale und des Darmleidens ergeben.

II.

Nachdem das Verfahren anders als durch Urteil beendet worden war, war gemäß § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Das Gericht entscheidet hierbei unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen; weiter sind die Gründe für Klageerhebung und die Erledigung zu berücksichtigen. Zu prüfen sind darüber hinaus die Gründe für die Klageerhebung, also die Frage, ob der Beklagte Veranlassung zur Klage gegeben hat und ob er im Laufe des Rechtsstreits auf eingetretene Änderungen angemessen reagiert hat.

Unter Beachtung dieser Grundsätze entspricht es sachgemäßem Ermessen, den Beklagten nicht mit den außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu belasten. Er hat keine Veranlassung zur Klageerhebung bzw. zur Einlegung der Berufung gegeben. Gegenstand des Verfahrens war die Herabsetzung eines GdB auf der Grundlage des § 48 SGB X. Voraussetzung für die Feststellung, ob eine Änderung im Sinne der Vorschrift vorliegt, ist ein Vergleich zwischen den objektiven Verhältnissen im Zeitpunkt der bindend gewordenen letzten bescheidmäßigen Feststellung der Leistung und dem Zustand im Zeitpunkt der Neufeststellung, wobei eine Änderung erst in einem nachfolgenden Rechtsbehelfsverfahren nicht heilt (BSG, SozR 3-1500 § 54 Nr. 18). Die Herabsetzung des GdB von 90 auf 70 durch den angefochtenen Bescheid war im Zeitpunkt des Erlasses dieses Bescheides vom 3. August 2001 durch die eingetretene Heilungsbewährung im Hinblick auf das Brustdrüsenleiden gerechtfertigt und entsprach den Vorgaben der Anhaltspunkte, wie das Sozialgericht im angefochtenen Urteil zu Recht ausgeführt hat.

Die Anhebung des GdB auf 90 während des Berufungsverfahrens erfolgte im Anschluss an das Gutachten durch die Fachärztin für Innere Medizin R vom 5. Januar 2004 wegen einer Verschlimmerung des Asthma bronchiale, welches nunmehr mit einem Einzel-GdB von 40 statt zuvor 30 bewertet wurde, sowie wegen einer Verschlimmerung des Darmleidens, welches durch die Gutachterin mit 50 statt zuvor mit 20 bewertet wurde. Als Zeitpunkt der Verschlimmerung stellte die Gutachterin bezüglich des Asthmaleidens März 2003 fest, das Darmleiden habe sich vor ca. sechs Monaten, also im Juni/Juli 2003 verschlimmert. Dem folgend stellte der Beklagte im Bescheid vom 5. Februar 2004 den GdB von 90 für die Zeit ab Juni 2003 fest. Anhaltspunkte dafür, dass dieser Zeitpunkt der Verschlimmerung fehlerhaft festgestellt wurde, wurden weder geltend gemacht noch waren diese sonst ersichtlich. Vielmehr bescheinigten sowohl die Ärzte für Lungen- und Bronchialheilkunde W/Dr. P in ihrem Attest vom 5. August 2003 wie auch der Arzt für Chirurgie Dr. L in seinem Attest vom 27. August 2003 eine erhebliche Verschlimmerung dieser Leiden. Damit war davon auszugehen, dass der angefochtene Bescheid im Zeitpunkt seines Erlasses rechtmäßig gewesen ist und dass der Beklagte lediglich einer späteren Verschlimmerung des Zustandes der Klägerin durch die erneute Zuerkennung eines GdB von 90 Rechnung getragen hat, so dass Kosten des Verfahrens nicht zu übernehmen waren.

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
Rechtskraft
Aus
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