S 19 RA 291/04

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Dresden (FSS)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
19
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 19 RA 291/04
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
In einem Einzelfall kann sich das Ermessen des Leistungsträgers zur Bestimmung der Art der zu gewährenden Leistungen zur Teilhabe darauf reduzieren, dass eine Ausbildung zum Tauchlehrer zu gewähren ist.
I. Der Bescheid vom 18.12.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.01.2004 wird aufgehoben.
II. Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form einer Ausbildung zum Tauchlehrer in dem im Schreiben der Tauchschule E. (Behördenakte S. 117) genannten Umfang zu gewähren.
III. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Gewährung einer Ausbildung zum Tauchlehrer. Der am 1968 geborene Kläger war von 1986 bis 1999 als Restaurantfachmann bei der M ... AG beschäftigt, zuletzt als Oberkellner. Am 31.03.1998 verletzte er sich bei der Arbeit am linken Knie. Die Kniescheibenluxation wurde operativ behandelt. Es blieben belas-tungsabhängige Beschwerden im linken Kniegelenk mit zeitweisen Reizzuständen zurück. Der Kläger leidet ferner seit der Kindheit an einer Linsentrübung am linken Auge. 1998 wurde eine künstliche Linse eingesetzt, das räumliche Sehvermögen ist gestört. Am 30.05.2001 beantragte der Kläger bei der Beklagten Leistungen zur beruflichen Rehabili-tation. Mit Bescheid vom 20.12.2001 stellte die Beklagte dem Kläger Leistungen zur Erlangung eines Arbeitsplatzes als berufsfördernde Leistung zur Rehabilitation in Aussicht. In einem Reha-Beratungsgespräch am 11.07.2002 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er gerne eine Ausbildung zum Tauchlehrer als Maßnahme der beruflichen Rehabilitation durch-führen würde. Am 25.09.2002 legte er ein Schreiben der Tauchschule E. vom 05.09.2002 vor, in dem der Umfang der Tauchlehrerausbildung im Einzelnen dargestellt wird (Behörden-akte S. – BAS – 47 ff). Mit Bescheid vom 18.12.2002 lehnte die Beklagte die Übernahme der anfallenden Kosten für eine Ausbildung zum Tauchlehrer ab. Die Ausbildung zum Tauchlehrer sei keine staatlich anerkannte bzw. zugelassene Ausbildung. Desweiteren würden an die Tätigkeit eines Tauch-lehrers hohe körperliche und gesundheitliche Anforderungen gestellt. Eine gesundheitliche Gefährdung sei auf Grund der vorgebrachten Einschränkungen nicht auszuschließen. Mit Schreiben vom 10.01.2003, bei der Beklagten eingegangen am 13.01.2003, erhob der Kläger Widerspruch. Er fügte Nachweise darüber bei, dass der Beruf des Tauchlehrers staat-lich anerkannt ist und dass der Kläger am 26.04.1995 von Dr. S. , FA für Sportmedizin, am 04.08.1997 sowie am 30.11.1999 von Dr. L. , Ärztin für Allgemein- und Betriebsmedi-zin, und am 06.07.2001 von Dr. G. , Praktischer Arzt, nach den Grundsätzen einer sportärzt-lichen Tauglichkeitsuntersuchung für den Unterwassersport untersucht und für tauglich für Unterwassersport mit und ohne Gerät befunden wurde (BAS 70). Die Beklagte holte eine Auskunft des Arbeitsamtes Dresden vom 01.12.2003 ein. Demnach sei eine Vermittlung als Tauchsportlehrer bei bundesweiter Flexibilität denkbar. Mit Widerspruchsbescheid vom 26.01.2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Ausbildung zum Tauchlehrer sei nach der abschließenden Stellungnahme des leitenden Arztes nicht geeignet, die Erwerbsfähigkeit des Klägers wieder herzustellen und die Teilhabe am Arbeitsleben auf Dauer zu sichern. Die Tätigkeit als Tauchlehrer sei mit einer besonderen gesundheitlichen Beanspruchung verbunden. Der Kläger hat am 19.02.2004 Klage vor dem Sozialgericht Dresden erhoben. Er trägt im We-sentlichen vor, er sei mit dem Arbeitsamt zu dem Schluss gekommen, dass die Tätigkeit als Tauchlehrer für ihn geeignet sei. Er habe nachgewiesen, dass der Tauchlehrer ein staatlich anerkannter Beruf sei. Seine gesundheitliche Eignung sei durch Atteste des Sport- und des Augenarztes nachgewiesen. Ein Tauchlehrer absolviere täglich maximal zwei Tauchgänge à 30 min in Tiefen von 10 – 20 m. Unter Wasser würden die Gelenke entlastet. Während der Tauchgänge könne ein Überdruck auf die Augen nicht entstehen, weil die Maske die Nase überdecke und durch die Nase der Druckausgleich erfolge. Die Schwächung des räumlichen Sehens spiele beim Tauchen keine Rolle. Er sei im Prinzip bereit, sich einer Arbeitserprobung und Arbeitsfindung zu unterziehen. Die Beklagte habe ihm keine Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben angeboten, da sie keine geeignete Ausbildung gefunden habe. Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 18.12.2002 in der Fassung des Wi-derspruchsbescheides vom 26.01.2004 zu verurteilen, die Restkosten der Ausbildung des Klägers zum Tauchlehrer (Aufstellung der Tauchschule E. in der Behördenak-te S. 117) zu finanzieren. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, abgesehen von den Kniebeschwerden bestehe eine Sehminderung des linken Auges mit 60 % Sehkraft und einer künstlichen Linse. Wegen der erhöhten Druckverhältnisse bei Tauchgängen bestünden Bedenken wegen einer möglichen Eigen- und Fremdgefährdung. Der Kläger müsse sich einer Arbeitserprobung unterziehen. Es gebe sogar für Blinde und Sehbehinderte Ausbildungsmöglichkeiten. In der mündlichen Verhandlung am 27.09.2004 hat sich die Beklagte verpflichtet, dem Kläger eine Arbeitserprobung zu ermöglichen und im Anschluss daran zu prüfen, welche Umschu-lung dem Kläger vorgeschlagen werden könne. Daraufhin hat das Gericht auf Antrag der Be-teiligten das Ruhen des Verfahrens angeordnet. Mit Schreiben vom 21.10.2004 hat die Beklagte dem Kläger eine Berufsfindung und Arbeits-erprobung bewilligt. Das Berufsförderungswerk Dresden führte die Berufsfindung vom 01.11.2004 bis 12.11.2004 durch. Aus der arbeitspsychologischen Stellungnahme des Berufs-förderungswerkes Dresden vom 09.12.2004 (BAS 120 ff) ergibt sich, dass der Kläger Schwie-rigkeiten im Zusammenhang mit der Blendempfindlichkeit hatte und nach kurzer Zeit der Bildschirmarbeit und bei künstlichem Licht sich mitunter massive Kopfschmerzen einstellten. Alternative Berufsvorstellungen zu dem Wunschberuf des Tauchlehrers hätten sich nicht erru-ieren lassen. Die Regeln der Rechtschreibung beherrsche der Kläger nur rudimentär, große Defizite weise auch sein mathematisches Grundlagenwissen auf. Es kämen für ihn nur kauf-männisch-verwaltende und zeichentechnische Berufe in Betracht. Zusammenfassend sei er geeignet für den Beruf der Bürokraft nach § 48 BBiG und des Tauchlehrers, jeweils unter der Voraussetzung der Tauglichkeit aus medizinischer Sicht. Es werde empfohlen, den Kläger unter der Voraussetzung der Tauglichkeit aus fachärztlicher Sicht und späterer grundsätzlicher Vermittelbarkeit in eine Arbeitstätigkeit in seinen beruflichen Wünschen einer Ausbildung zum Tauchlehrer zu unterstützen. Eventuelle berufliche Alternativen werde er vermutlich erst im Falle einer eindeutig negativen tauchärztlichen Einschätzung akzeptieren können. Das Berufsförderungswerk Dresden hat ferner eine arbeitsmedizinische Stellungnahme vom 29.11.2004 vorgelegt (AS 126 ff). Der Kläger hat am 30.11.2004 eine Bescheinigung der Tauchschule E. ohne Datum vorge-legt (BAS 117), nach der die Ausbildungsdauer zum Tauchlehrer für den Kläger noch 1,5 Jah-re betrage. Die Ausbildung zum Chief Scuba Diver und zwei Spezialkurse habe er abge-schlossen. Die Ausbildungssumme für die weiteren Kurse incl. Lehrmaterial und Verwal-tungsaufwand betrage 4288 EUR. Hinzu komme eine Woche Prüfungslehrgang auf Elba. Die Kosten hierfür würden erst nach der Ausbildung bekannt. Der Kläger hat am 17.01.2005 das Verfahren wieder aufgerufen. Der Kläger sei definitiv nicht für Bildschirmtätigkeiten geeignet. Da er an Legasthenie leide, sei er für kaufmännisch-verwaltende und zeichentechnische Berufe ungeeignet. Er habe in den letzten zehn Jahren 800 Tauchgänge ohne negative gesundheitliche Auswirkungen durchgeführt. Die Beklagte hat eine ärztliche Begutachtung zur Bildschirmtauglichkeit und eine Konsultati-on durch den Taucharzt vorgeschlagen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Ge-richtsakte und der beigezogenen Behördenakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, und der Niederschrift zur mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet. Der Bescheid vom 18.12.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.01.2004 sind rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 54 Absatz 2 Satz 1 SGG. Der Kläger hat einen Anspruch auf Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in der Form einer Ausbildung zum Tauchlehrer. Der Kläger erfüllt für die begehrten Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach §§ 10 f Sozialgesetzbuch - Sechstes Buch (SGB VI) in der ab dem 1. Juli 2001 geltenden Fassung. Ausnahmen von der Anwen-dung dieses Rechts liegen nicht vor, § 301 Absatz 1 Satz 1 SGB VI. Nach § 10 Absatz 1 SGB VI haben Versicherte die persönlichen Voraussetzungen für Leis-tungen zur Teilhabe u.a. erfüllt, 1. deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert ist und 2. bei denen voraussichtlich a) bei erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit eine Minderung der Er-werbsfähigkeit durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben abgewendet werden kann, b) bei geminderter Erwerbsfähigkeit diese durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben wesentlich gebessert oder wiederhergestellt oder hierdurch deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden kann. Die Erwerbsfähigkeit des Klägers für die von ihm bis 1999 ausgeübte Tätigkeit als Oberkellner bei der M ... ist gemindert im Sinne des § 10 Absatz 1 Nr. 2 b) SGB VI. Eine geminder-te Erwerbsfähigkeit in diesem Sinne liegt vor, wenn die Leistungsfähigkeit des Versicherten für die Ausübung der bisherigen, in der Regel zuletzt ausgeübten, Tätigkeit aus gesundheitli-chen Gründen nicht unwesentlich und nicht nur vorübergehend eingeschränkt ist. Der Kläger ist auf Grund der nach einem Arbeitsunfall aufgetretenen Kniegelenksbeschwer-den nicht mehr in der Lage, seinen zuletzt ausgeübten Beruf als Oberkellner auszuüben. Die Beklagte hat deshalb die Notwendigkeit von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben bereits mit Bescheid vom 20.12.2001 und erneut mit Bescheid vom 21.10.2004 bestandskräftig fest-gestellt. Die geminderte Erwerbsfähigkeit des Klägers kann durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben im Sinne des § 10 Absatz 1 Nr. 2 b) SGB VI wesentlich gebessert werden. Eine wesentliche Besserung in diesem Sinne ist eine nicht nur geringfügige oder nicht nur kurzzei-tige Steigerung der durch gesundheitliche Beeinträchtigungen geminderten Leistungsfähigkeit oder die zumindest teilweise und nicht nur vorübergehende Behebung der Minderung der Leistungsfähigkeit. Wesentliche Besserung bedeutet dabei nicht die voraussichtlich dauerhafte und vollständige Behebung der geminderten Erwerbsfähigkeit. Dies ergibt sich aus der weite-ren Alternative des § 10 Absatz 1 Nr. 2 b) SGB VI: Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit. Durch die Erlernung eines Berufes, der seiner gesundheitlichen Eignung und seinen persönli-chen Fähigkeiten entspricht, könnte die Erwerbsfähigkeit des Klägers erheblich gebessert oder sogar wieder hergestellt werden. An der Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach § 11 SGB VI bestehen keine Zweifel. Schließlich liegen keine Gründe für einen Ausschluss der begehrten Leistungen vor. Denn die Voraussetzungen für einen der Tatbestände des § 12 SGB VI sind nicht erfüllt. Offenbleiben kann in diesem Zusammenhang insbesondere, ob der Kläger ggf. gemäß § 12 Absatz 1 Nr. 1 SGB VI Leistungen von einem anderen Versicherungsträger, hier dem Unfall-versicherungsträger, erhalten könnte. Denn die Beklagte hat bereits mit Bescheid vom 20.12.2001 und erneut vom 21.10.2004 bestandskräftig ihre grundsätzliche Leistungspflicht anerkannt. Insofern wäre es unzumutbar, den Kläger nunmehr auf einen eventuellen Anspruch gegen den Unfallversicherungsträger zu verweisen, dessen Voraussetzungen – soweit ersicht-lich – überhaupt noch nicht geprüft worden sind. Somit liegen entgegen den angefochtenen Entscheidungen der Beklagten die Voraussetzungen für ein Recht des Klägers auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben vor. Über Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung der Leistungen und der Rehabilitations-einrichtung hat die Beklagte nach pflichtgemäßen Ermessen zu entscheiden, vgl. § 13 Absatz 1 SGB VI in Verbindung mit §§ 15 SGB VI, 14 Absatz 2, 33 ff SGB IX. Insoweit fehlt dem Gericht in diesem Verfahren grundsätzlich die Entscheidungskompetenz, vgl. hierzu KassKomm-Niesel, § 13 Rn 13. Allerdings erlaubt eine Ermessensreduzierung auf Null es dem Gericht hier ausnahmsweise, die Beklagte zur Leistung einer bestimmten Ausbildung zu verurteilen. Unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände ist nämlich die Ausbildung zum Tauchleh-rer für den Kläger aus heutiger Sicht die einzig geeignete Ausbildung im Sinne des § 13 Absatz 1 SGB VI, § 33 Absatz 4 SGB IX. Es ist der Beklagten innerhalb des seit dem Jahr 2001 andauernden Verfahren nicht gelungen, eine Alternative ausfindig zu machen, die unter Beachtung der Eignung, Neigung und bisherigen Tätigkeit des Klägers, der Lage und Entwick-lung auf dem Arbeitsmarkt und der Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit sowie aller weiteren zu beachtenden Belange zumindest gleich geeignet wäre wie die Gewährung einer Ausbildung zum Tauchlehrer. Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass auf Grund der gesundheitlichen Einschrän-kungen und der persönlichen Eignung des Klägers eine Vielzahl möglicher Berufsausbildun-gen für den Kläger ausscheiden bzw. als wenig geeignet erscheinen. Insofern sind grundsätz-lich die Ermittlungen durch das Berufsförderungswerk Dresden im November 2004 zu Grunde zu legen. Demnach ist der Kläger grundsätzlich geeignet für die Ausbildung als Bürokraft und als Tauchlehrer, jeweils unter der Voraussetzung der Tauglichkeit aus medizinischer Sicht. Da das Berufsförderungswerk Dresden unter Mitwirkung des Klägers im November 2004 eine umfangreiche und umfassende Berufsfindung und Arbeitserprobung durchgeführt hat, kann davon ausgegangen werden, dass neben diesen beiden Berufen keine weiteren Berufe in Frage kommen, die ähnlich geeignet für den Kläger wären. Dies folgt aus den Einschränkungen des Klägers in gesundheitlicher Hinsicht einerseits, seinen Begabungen andererseits, die insbe-sondere durch die festgestellte Legasthenie begrenzt werden. Die Einschätzung durch das Be-rufsförderungswerk Dresden ist insofern ausführlich und gut nachvollziehbar fachlich begrün-det, so dass kein Grund dafür ersichtlich ist, ihr nicht zu folgen. Eine medizinische Tauglichkeit des Klägers für eine Ausbildung zur Bürokraft ist nicht gege-ben. Erforderlich wäre hierfür die Fähigkeit, über nicht unerhebliche Zeiträume am Bild-schirm zu arbeiten. Dass diese Fähigkeit aus medizinischen Gründen nicht gegeben ist, hat sich zur Überzeugung der Kammer bereits bei der Arbeitserprobung im November 2004 er-wiesen, als der Kläger immer wieder an Kopfschmerzen litt, deren Ursache sich trotz ver-schiedener Belichtungsverhältnisse nicht beheben ließ. Damit ist zur Überzeugung der Kammer eine Tauglichkeit des Klägers zur Ausübung des Berufes einer Bürokraft nur in sehr eingeschränktem Maße gegeben und wäre an die Zurverfü-gungstellung nicht unerheblicher Hilfsmittel gebunden, wie sie Blinden und Sehbehinderten üblicherweise zuerkannt werden. Die Ausübung des Berufes eines Tauchlehrers ist dem Kläger demgegenüber – aus heutiger Sicht – ohne Einschränkungen möglich. Dies hat der Kläger durch die Vorlage zahlreicher ärztlicher Bescheinigungen, etwa der auf Blatt 72 der Akte der Beklagten dokumentierten zweijährlichen Untersuchungen sowie des Untersuchungsbogens "Überdruck" vom 19.04.2004 (AS 53) nachdrücklich belegt. Die gesundheitliche Tauglichkeit des Klägers ist zur Überzeugung der Kammer ferner dadurch erwiesen, dass er in den vergangenen Jahren eine Vielzahl von Tauchgängen ohne gesundheitliche Komplikationen absolviert hat. Es ist gerichtsbekannt, dass für die orthopädischen Leiden des Kniegelenkes ein Aufenthalt unter Wasser grundsätzlich sogar eher förderlich als schädlich ist. Die von der Beklagten immer wieder vorgebrachten Bedenken hinsichtlich der Augenbe-schwerden des Klägers sind in keiner Weise medizinisch nachvollziehbar vorgetragen wor-den, so dass die Kammer keinen Anlass dafür sah, ihnen nachzugehen, vor allem weil die Tauglichkeit des Klägers für den Tauchsport auch im Hinblick auf die Augen immer wieder ärztlicherseits bestätigt worden ist. Anlass zur Durchführung weitergehender Ermittlung so-wohl in tauch- als auch in augenärztlicher Hinsicht bestand für die Kammer nicht, da der Klä-ger sich regelmäßigen ärztlichen Untersuchungen unterzogen hat und deren – positiven – Er-gebnisse dem Gericht vorliegen. Ob dieser Gesundheitszustand des Klägers in Zukunft anhalten wird oder wie er sich möglicherweise entwickeln wird, unterliegt allenfalls einer Prognoseentscheidung und im Übrigen der reinen Spekulation. Jedenfalls sind keine Hinweise dafür erkennbar, dass ein Wegfall oder eine Einschränkung der Tauglichkeit des Klägers zur Aus-übung des Tauchsports in der Zukunft zu erwarten oder auch nur mit einer beachtlichen Wahrscheinlichkeit drohen würde. Da schließlich auch die beeindruckende Motivation, mit der der Kläger seit Jahren beharrlich sein Ziel der Ausbildung zum Tauchlehrer trotz der – teilweise mit zwischenzeitlich widerlegten Argumenten vertretenen – ablehnenden Haltung der Beklagten weiterverfolgt, bei der Er-messensentscheidung nicht unberücksichtigt bleiben sollte, sind für die Kammer keine ernst-haften Gründe ersichtlich, die gegen die Gewährung einer Ausbildung zum Tauchlehrer für den Kläger sprächen. Insgesamt hat sich damit – mangels realisierbarer Alternativen – das Ermessen der Beklagten auf die Gewährung einer Ausbildung zum Tauchlehrer reduziert, was letztlich auch insofern belegt wird, als diese Maßnahme unter Zugrundlegung der auf BAS 117 aufgeschlüsselten Kosten für die Beklagte sogar billiger käme als eine – zeitlich ebenfalls aufwändigere – Ausbildung zur Bürokraft. Die Kammer sah sich auf Grund dieser Ermessensreduzierung auf Null ausnahmsweise in diesem Einzelfall dazu genötigt, die Beklagte zur Leistung einer bestimmten Leistung zur Teilnahme am Arbeitsleben zu verpflichten. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Rechtskraft
Aus
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