Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Neuruppin (BRB)
Aktenzeichen
S 5 RJ 305/01
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 2 RJ 55/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 19. Februar 2002 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich dagegen, dass die Beklagte von ihr Sozialversicherungsbeiträge nicht für den tatsächlich gezahlten, sondern für den nach dem für allgemein verbindlich erklärten Tarifvertrag zur Regelung eines Mindestarbeitsentgeltes in dem Baugewerbe in der Bundesrepublik Deutschland - TV - geschuldeten Arbeitslohn festsetzt und nachfordert.
Die Klägerin, die im Bereich der Bauwirtschaft tätig ist, beschäftigte nach den Feststellungen der Beklagten die Beigeladenen von 4 bis 10 als Arbeitnehmer, entlohnte sie jedoch nicht gemäß TV, sondern mit einem niedrigeren Lohn.
Mit Bescheid vom 06. Dezember 2000 stellte die Beklagte daher für den Zeitraum vom 12. Mai 1997 bis 31. Oktober 2000 eine Beitragsnachforderung in Höhe von 2192,59 DM fest, wobei sich der geschuldete Beitragsanspruch aus der Differenz zwischen TV und tatsächlich gezahltem untertariflichem Entgelt ergäbe. Die Entstehung des Beitragsanspruches, so die Beklagte, hänge nicht davon ab, ob das geschuldete Arbeitsentgelt gezahlt sei, sondern ergebe sich aus diesem selbst.
Den Widerspruch der Klägerin hiergegen vom 27. Dezember 2000 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22. Juni 2001 zurück.
Hiergegen hat sich die am 09. Juli 2001 beim Sozialgericht Neuruppin erhobene Klage gerichtet, zu deren Begründung die Klägerin ihr Vorbringen wiederholt und vertiefend dargelegt hat, die Allgemeinverbindlichkeitserklärung durch das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung verstoße sowohl gegen deutsches als auch europäisches Recht und sei daher unwirksam.
Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,
den Bescheid vom 06. Dezember 2000 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 22. Juni 2001 aufzuheben.
Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich im Wesentlichen auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden berufen.
Mit Urteil vom 19. Februar 2002 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung auf die angefochtenen Bescheide Bezug genommen und ergänzend ausgeführt, die Kammer habe keine verfassungsrechtlichen Bedenken hinsichtlich der Wirksamkeit der Allgemeinverbindlichkeitserklärung des TV. Eine derartige Prüfung sei im Verfahren vor dem Sozialgericht selbst dann, wenn solche Bedenken bestünden, nicht vorzunehmen. Auch eine Normenkontrolle nach Art. 100 Abs. 1 Grundgesetz wäre nicht möglich, da der TV kein Gesetz im formellen Sinne sei.
Gegen dieses, den Bevollmächtigten der Klägerin am 05. März 2002 zugestellte Urteil richtet sich deren am 25. März 2002 erhobene Berufung. Das Sozialgericht habe sich mit dem dargelegten Verstoß gegen europäisches Recht durch die Allgemeinverbindlichkeitserklärung des TV nicht auseinandergesetzt. Die Judikatur des Bundesverfassungsgerichts, nach der eine Allgemeinverbindlichkeitserklärung durch Rechtsverordnung die negative Koalitionsfreiheit nicht berühre, werde in der Literatur weitgehend abgelehnt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 19. Februar 2002 und den
Bescheid der Beklagten vom 06. Dezember 2000 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 22. Juni 2001 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beigeladenen zu 1) und 3) schließen sich der Beklagten an.
Die anderen Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie die Verwaltungsakten der Beklagten, die Klägerin betreffend, verwiesen, die in der mündlichen Verhandlung vorgelegen haben und deren Gegenstand gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte Berufung ist form- und fristgerecht erhoben, somit insgesamt zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.
Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 06. Dezember 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Juni 2001 sowie das dieses bestätigende Urteil des Sozialgerichts vom 19. Februar 2002 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Beitragspflicht der Arbeitgeber in der Sozialversicherung folgt nicht aus dem tatsächlich gezahlten, sondern aus dem rechtlich geschuldeten Entgelt.
Für alle Sozialversicherungszweige gelten einheitlich hinsichtlich der Definition von Einnahmen und Arbeitsentgelten §§ 14, 15 SGB IV. Danach sind gemäß § 14 SGB IV alle laufenden Einnahmen aus einer Beschäftigung Arbeitsentgelt, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung im Zusammenhang mit ihr erzielt werden.
Die Klägerin hat Beiträge für die in dem angefochtenen Bescheid genannten Arbeitnehmer auf der Grundlage des tatsächlich bezogenen Arbeitsentgeltes geleistet. Aus den besonderen Vorschriften der Sozialgesetzbücher folgt nicht, dass entgegen § 14 SGB IV sich der Beitragsanspruch der Sozialversicherungsträger ausschließlich nach dem geleisteten, also dem Arbeitnehmer zugeflossenen Entgelt bemisst und dementsprechend die Beitragspflicht der Klägerin erfüllt worden ist.
Rechtsgrundlage der Feststellung der Beitragsforderung der Beiträge zur Sozialversicherung sind die §§ 28 p Abs. 1 Satz 5 Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschrift (SGB IV) i. V. m. § 28 e SGB IV. Gemäß § 28 p Abs. 1 Satz 5 SGB IV erlassen die Rentenversicherungsträger im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Krankenpflege und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern. Gemäß § 28 e Abs. 1 SGB IV haben die Arbeitgeber, hier also die Klägerin, die gesamten Sozialversicherungsbeiträge zu zahlen. Grundlage der Beitragsforderung und damit der Feststellung der Beitragspflicht sind die besonderen Vorschriften des Sozialgesetzbuches. Dabei knüpfen die besonderen Regelungen des Sozialgesetzbuchs bei der Grundlage des Beitragsaufkommens an die Einnahmen des Arbeitnehmers an (§§ 226, 249 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - SGB V - , §§ 54, 57 Sozialgesetzbuch Elftes Buch - SGB XI - , §§ 174 ff., 162 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI und §§ 341 ff. Sozialgesetzbuch Drittes Buch - SGB III für die Beiträge in der Krankenpflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung).
Wie die Beklagte zutreffend annimmt, folgt der Anspruch auf die Erhebung der Beiträge durch die Sozialversicherungsträger und damit auch der Anspruch der Beklagten auf Feststellung und Forderung der Beitragshöhe als zuständige Stelle gemäß § 28 p Abs. 1 Satz 5 SGB IV aus § 22 SGB IV. Diese Norm regelt die Beitragsansprüche der Versicherungsträger, ist mithin Ermächtigungsgrundlage für die Erhebung, Feststellung und Forderung von Beiträgen. Danach entstehen Beitragsansprüche der Versicherungsträger, sobald ihre nach dem Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen (§ 22 Abs. 1 SGB IV). Die Höhe des Beitragsanspruches der Sozialversicherungsträger ist nach dieser Norm nicht an die Zahlung von Arbeitsentgelt geknüpft, sondern an die Voraussetzungen der besonderen Sozialgesetze. § 22 Abs. 1 SGB IV knüpft in Verbindung mit den besonderen Vorschriften der Sozialgesetzbücher damit an das öffentlich-rechtliche Versicherungs- oder Mitgliedschaftsverhältnis an, das kraft Gesetz bei Ausübung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung entsteht. Damit entstehen die Beiträge der Sozialversicherungsträger dann, wenn eine versicherungs- und beitragspflichtige Beschäftigung gegen Entgelt ausgeübt wird (BSG, Urteil vom 30. August 1994, Az.: 12 RK 59/92, SozR 3-2200 § 385 Nr. 5, NZA 1995, S. 701 bis 704). Auch die Fälligkeit der Beiträge gemäß § 23 SGB IV richtet sich nicht danach, ob ein Arbeitsentgelt tatsächlich ausgezahlt worden ist. Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB IV werden laufende Beiträge, die geschuldet werden, entsprechend der Regelung der Satzung der Kranken- und Pflegekassen fällig. Mithin ist der Beklagten darin zuzustimmen, dass sich die Höhe des Beitragsanspruches nicht nur danach richtet, welche Einnahmen der Versicherte tatsächlich erhält, sondern darüber hinaus auch Einnahmen erfasst werden, die zwar nicht zugeflossen sind, die aber für den genannten Zeitraum dem Arbeitnehmer geschuldet worden sind (BSG, Urteil vom 21. Mai 1996, Az.: 12 RK 64/94, SozR 3-2500 § 226 Nr. 2, BSGE 78, 224 bis 229). Dies folgt auch daraus, dass nach den besonderen Vorschriften der Sozialgesetzbücher Bemessungsgrundlage für die Beitragspflicht das Arbeitsentgelt aus einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung ist. Das sind alle laufenden einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung und in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden (§ 14 Abs. 1 SGB IV). Das so genannte Zuflussprinzip, nach dem ausschließlich zugeflossene Entgelte und Einnahmen der Beitragspflicht zugrunde zu legen waren, gilt für die Zeit nach dem In-Kraft-Treten des SGB IV nicht mehr (vgl. BSG, Urteil vom 21. Mai 1996, a.a.O.). Nach § 22 SGB IV stellt nämlich die Beitragsforderung der Sozialversicherungsträger eine öffentlich-rechtliche Forderung dar und unterliegt damit dem öffentlichen Recht. Genauso wie es den Arbeitsvertragsparteien nicht zusteht, durch Gestaltung eines zivilrechtlichen Vertrages das Entstehen eines Mitgliedschaftsverhältnisses in der gesetzlichen Krankenversicherung bzw. eines Versicherungsverhältnisses in einem anderen Zweige der Sozialversicherung zu regeln, können die Arbeitsvertragsparteien auch nicht einzelvertraglich über die Höhe der Beitragsforderung in der Weise disponieren, dass sie durch Zahlungsmodalitäten Einfluss auf die Beitragshöhe nehmen.
§§ 22, 23 SGB IV regeln als öffentlich-rechtliche Normen für das Sozialversicherungsrecht und das Recht der Arbeitsförderung (§ 1 Abs. 1 SGB IV), wann und - in Anknüpfung an arbeitsvertragliche Regelungen - auch, in welcher Höhe eine Beitragsforderung für Versicherungsträger und die Bundesanstalt für Arbeit kraft Gesetzes entsteht. Abzustellen ist dabei auf das geschuldete Arbeitsentgelt. Der 12. Senat des BSG hat hierzu bereits am 26. Oktober 1982 unter Verweisung auf die frühere Rechtsprechung ausgeführt, dass Arbeitgeber Beiträge auch für solche Entgelte zu entrichten haben, die sie ihren Arbeitnehmern bei Fälligkeit nicht gezahlt haben (BSGE 54, 132). Der 12. Senat des BSG hat sich zur Vermeidung von Nachteilen für die Versicherten, besonders bei späteren Rentenansprüchen, insoweit ausdrücklich vom steuerrechtlichen Zuflussprinzip gelöst. Es wäre mit dem Schutzzweck der Sozialversicherung nicht vereinbar und würde für die betroffenen Versicherten zu offensichtlich unbilligen Ergebnissen führen, wenn sich ein Arbeitgeber dadurch, dass er geschuldetes Arbeitsentgelt bei Fälligkeit nicht auszahlt, beitragsrechtliche Vorteile verschaffen könnte. Die Nichtzahlung von fälligem Arbeitsentgelt schlösse somit nicht aus, dass dennoch die darauf enthaltenen Beiträge vom Arbeitgeber zu entrichten seien.
In seiner Entscheidung vom 25. November 1985 - 12 RK 51/83 - hat das BSG diese Rechtsprechung fortgesetzt und erneut bestätigt, dass es unerheblich sei, ob das geschuldete Arbeitsentgelt (zunächst) gezahlt worden sei oder nicht. Die Nichtzahlung oder die verspätete Zahlung von geschuldetem Arbeitsentgelt hindere das Entstehen der Beitragsforderung nicht. Ein Arbeitgeber, der das Arbeitsentgelt nicht (rechtzeitig) zahle, könne sich dadurch seiner Beitragspflicht nicht entledigen. Die Beitragsforderung sei unabhängig vom Arbeitsentgelt und dessen Zahlung, sie hänge auch nicht davon ab, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe der Anspruch auf Arbeitsentgelt erfüllt werde. Der erkennende Senat schließt sich dieser Rechtsprechung an.
Zur Überzeugung des Senats hatten die Beigeladenen von 4) bis 10) gegen die Klägerin auch einen Anspruch auf das Arbeitsentgelt nach dem TV. Gemäß § 1 Abs. 3 a des Arbeitnehmerentsendegesetzes - ArbNEntsG - gilt der allgemein verbindliche Tarifvertrag zwischen den Arbeitsvertragsparteien zwingend. Nach dem im Arbeitsrecht geltenden Günstigkeitsprinzip kommt es daher hinsichtlich der Höhe des Lohnanspruchs nicht auf die arbeitsrechtliche Regelung eines geringeren Lohnes bei der Geltung eines günstigeren Tarifvertrages an. Die Nichtbefolgung eines Tarifvertrages und der dort festgelegten, für die Arbeitsvertragsparteien zwingenden Entgelthöhen hat nicht nur Auswirkungen auf das zivilrechtliche Arbeitsverhältnis. Wie ausgeführt, stellt die Beitragsforderung eine öffentlich-rechtliche Forderung dar, die an gesetzliche Tatbestandsmerkmale anknüpft. Es geht bei der Feststellung der Beitragshöhe nicht darum, wie die Parteien ihr Arbeitsverhältnis tatsächlich durchführen, sondern welche Forderungen rechtlich bestehen. Nach dem ArbNEntsG und den Regelungen des TV bestand tatsächlich ein höherer Arbeitsentgeltanspruch der Beigeladenen von 4) bis 10) aus dem sich die Höhe der Beiträge zur Sozialversicherung, wie sie von der Beklagten festgestellt worden sind, ergibt. Zwar entscheidet grundsätzlich die Höhe des Entgelts über die Höhe der Beiträge und die Arbeitsvertragsparteien haben es in der Hand, durch Vereinbarung des Beschäftigungsverhältnisses und der Entgelthöhe den Eintritt der öffentlich-rechtlichen Versicherung und Beitragspflicht aufgrund eines entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisses mit entsprechenden Beitragsforderungen der Einzugsstellen in der gesetzlichen Sozialversicherung und dem Arbeitsförderungsrecht auszulösen (BSG, Urteil vom 30. August 1994, a.a.O.). Die Dispositionsbefugnis der einzelnen Arbeitsvertragsparteien jedoch ist eingeschränkt durch das Tarifvertragsrecht, wenn die Tarifverträge für allgemeinverbindlich erklärt sind. Es verbleibt auch dann bei einer dem Zivilrecht unterliegenden Abrede der Entgelthöhe, die allerdings durch die Tarifvertragsparteien mitgestaltet worden ist.
Gegen dieses einfach-rechtliche Ergebnis bestehen auch keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken: Wie von der Klägerin selbst dargelegt, hat das Bundesverfassungsgericht durch Kammerbeschluss vom 18. Juli 2000 - 1 BVR 948/00 - festgestellt, dass eine Allgemeinverbindlichkeitserklärung durch Rechtsverordnung für den Mindestlohntarifvertrag die positive oder negative Koalitionsfreiheit des Art. 9 Abs. 3 Grundgesetz - GG - nicht berühre. Der erkennende Senat folgt dieser Auffassung. Die von der Klägerin vorgetragenen "erheblichen Zweifel" an dieser Rechtsprechung - die der Senat zudem nicht teilt - können zu einer Richtervorlage gemäß § 100 GG schon deshalb nicht ausreichen, da hierfür nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die volle Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit einer Norm gegeben sein müsste. Diese Norm könnte, wie das Sozialgericht zutreffend dargelegt hat, nicht der TV sein, da er kein Gesetz im Sinne des Art. 100 GG ist, sondern allenfalls § 1 Abs. 3 a ArbNEntsG.
Auch die auf Art. 3 Abs. 1 GG und die Rechtsprechung des BVerfG zu Einmalzahlungen gestützten Bedenken überzeugen nicht: In den vom BVerfG entschiedenen Fällen der Einmalzahlungen (insbesondere Weihnachts- und Urlaubsgeld) führte die Gesetzeslage dazu, dass sich rechtstreu verhaltende Arbeitgeber und Arbeitnehmer mit dem Ergebnis konfrontiert wurden, dass den geleisteten Beiträgen insoweit keine Gegenleistung gegenüber stand. Hier jedoch wird dieses Ergebnis nicht durch die Rechtsordnung, sondern durch ein im Widerspruch zu ihr stehendes Verhalten bewirkt. Befolgte die Klägerin den TV, stünden allen Beiträgen auch Leistungen gegenüber. Diese beiden Fallkonstellationen sind nicht vergleichbar. Auch den vorliegend von der Beklagten verlangten Beiträgen stehen entsprechende Leistungsansprüche gegenüber.
Auch die geltend gemachten europarechtlichen Bedenken greifen nicht durch. Zwar dürften bei der Allgemeinverbindlichkeitserklärung Wettbewerbsvorteile ausländischer Bewerber - allerdings nicht aus Mitgliedsländern der Europäischen Union - eine Rolle gespielt haben, im vorliegenden Fall jedoch sind die Rechte ausländischer Mitbewerber bzw. Staatsangehöriger aus den Mitgliedsländern der Europäischen Union erkennbar nicht berührt, so dass es hierauf für die Entscheidung nicht ankommt.
Die Rechtsprechung des Sozialgerichts Gelsenkirchen zum Vertrauensschutz der Arbeitgeber darauf, dass sie rechtswidrig vorenthaltene Beiträge auch später nicht zu leisten haben, überzeugt den Senat nicht. Insoweit bietet die Verjährungsvorschrift des § 25 SGB IV hinreichenden Schutz, die in Absatz 1 Satz 1 gerade von Gutgläubigkeit - und damit von Vertrauen - ausgeht. Im Übrigen bieten die gesetzlichen Vorschriften zum Beitragsrecht keinen Ansatz für die Berücksichtigung von Vertrauensgesichtspunkten.
Es war daher mit der Kostenfolge aus § 193 wie erkannt, die Berufung zurückzuweisen.
Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten: Die Beigeladenen zu 1. - 3. können solche nicht geltend machen (§ 193 Abs. 4 SGG) und die Beigeladenen zu 4. - 10. haben sich am Verfahren nicht beteiligt, insbesondere keine Anträge gestellt, sie haben damit weder gegenüber der Klägerin noch gegenüber der Beklagten obsiegt.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 SGG) liegen nicht vor.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich dagegen, dass die Beklagte von ihr Sozialversicherungsbeiträge nicht für den tatsächlich gezahlten, sondern für den nach dem für allgemein verbindlich erklärten Tarifvertrag zur Regelung eines Mindestarbeitsentgeltes in dem Baugewerbe in der Bundesrepublik Deutschland - TV - geschuldeten Arbeitslohn festsetzt und nachfordert.
Die Klägerin, die im Bereich der Bauwirtschaft tätig ist, beschäftigte nach den Feststellungen der Beklagten die Beigeladenen von 4 bis 10 als Arbeitnehmer, entlohnte sie jedoch nicht gemäß TV, sondern mit einem niedrigeren Lohn.
Mit Bescheid vom 06. Dezember 2000 stellte die Beklagte daher für den Zeitraum vom 12. Mai 1997 bis 31. Oktober 2000 eine Beitragsnachforderung in Höhe von 2192,59 DM fest, wobei sich der geschuldete Beitragsanspruch aus der Differenz zwischen TV und tatsächlich gezahltem untertariflichem Entgelt ergäbe. Die Entstehung des Beitragsanspruches, so die Beklagte, hänge nicht davon ab, ob das geschuldete Arbeitsentgelt gezahlt sei, sondern ergebe sich aus diesem selbst.
Den Widerspruch der Klägerin hiergegen vom 27. Dezember 2000 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22. Juni 2001 zurück.
Hiergegen hat sich die am 09. Juli 2001 beim Sozialgericht Neuruppin erhobene Klage gerichtet, zu deren Begründung die Klägerin ihr Vorbringen wiederholt und vertiefend dargelegt hat, die Allgemeinverbindlichkeitserklärung durch das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung verstoße sowohl gegen deutsches als auch europäisches Recht und sei daher unwirksam.
Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,
den Bescheid vom 06. Dezember 2000 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 22. Juni 2001 aufzuheben.
Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich im Wesentlichen auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden berufen.
Mit Urteil vom 19. Februar 2002 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung auf die angefochtenen Bescheide Bezug genommen und ergänzend ausgeführt, die Kammer habe keine verfassungsrechtlichen Bedenken hinsichtlich der Wirksamkeit der Allgemeinverbindlichkeitserklärung des TV. Eine derartige Prüfung sei im Verfahren vor dem Sozialgericht selbst dann, wenn solche Bedenken bestünden, nicht vorzunehmen. Auch eine Normenkontrolle nach Art. 100 Abs. 1 Grundgesetz wäre nicht möglich, da der TV kein Gesetz im formellen Sinne sei.
Gegen dieses, den Bevollmächtigten der Klägerin am 05. März 2002 zugestellte Urteil richtet sich deren am 25. März 2002 erhobene Berufung. Das Sozialgericht habe sich mit dem dargelegten Verstoß gegen europäisches Recht durch die Allgemeinverbindlichkeitserklärung des TV nicht auseinandergesetzt. Die Judikatur des Bundesverfassungsgerichts, nach der eine Allgemeinverbindlichkeitserklärung durch Rechtsverordnung die negative Koalitionsfreiheit nicht berühre, werde in der Literatur weitgehend abgelehnt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 19. Februar 2002 und den
Bescheid der Beklagten vom 06. Dezember 2000 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 22. Juni 2001 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beigeladenen zu 1) und 3) schließen sich der Beklagten an.
Die anderen Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie die Verwaltungsakten der Beklagten, die Klägerin betreffend, verwiesen, die in der mündlichen Verhandlung vorgelegen haben und deren Gegenstand gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte Berufung ist form- und fristgerecht erhoben, somit insgesamt zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.
Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 06. Dezember 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Juni 2001 sowie das dieses bestätigende Urteil des Sozialgerichts vom 19. Februar 2002 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Beitragspflicht der Arbeitgeber in der Sozialversicherung folgt nicht aus dem tatsächlich gezahlten, sondern aus dem rechtlich geschuldeten Entgelt.
Für alle Sozialversicherungszweige gelten einheitlich hinsichtlich der Definition von Einnahmen und Arbeitsentgelten §§ 14, 15 SGB IV. Danach sind gemäß § 14 SGB IV alle laufenden Einnahmen aus einer Beschäftigung Arbeitsentgelt, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung im Zusammenhang mit ihr erzielt werden.
Die Klägerin hat Beiträge für die in dem angefochtenen Bescheid genannten Arbeitnehmer auf der Grundlage des tatsächlich bezogenen Arbeitsentgeltes geleistet. Aus den besonderen Vorschriften der Sozialgesetzbücher folgt nicht, dass entgegen § 14 SGB IV sich der Beitragsanspruch der Sozialversicherungsträger ausschließlich nach dem geleisteten, also dem Arbeitnehmer zugeflossenen Entgelt bemisst und dementsprechend die Beitragspflicht der Klägerin erfüllt worden ist.
Rechtsgrundlage der Feststellung der Beitragsforderung der Beiträge zur Sozialversicherung sind die §§ 28 p Abs. 1 Satz 5 Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschrift (SGB IV) i. V. m. § 28 e SGB IV. Gemäß § 28 p Abs. 1 Satz 5 SGB IV erlassen die Rentenversicherungsträger im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Krankenpflege und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern. Gemäß § 28 e Abs. 1 SGB IV haben die Arbeitgeber, hier also die Klägerin, die gesamten Sozialversicherungsbeiträge zu zahlen. Grundlage der Beitragsforderung und damit der Feststellung der Beitragspflicht sind die besonderen Vorschriften des Sozialgesetzbuches. Dabei knüpfen die besonderen Regelungen des Sozialgesetzbuchs bei der Grundlage des Beitragsaufkommens an die Einnahmen des Arbeitnehmers an (§§ 226, 249 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - SGB V - , §§ 54, 57 Sozialgesetzbuch Elftes Buch - SGB XI - , §§ 174 ff., 162 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI und §§ 341 ff. Sozialgesetzbuch Drittes Buch - SGB III für die Beiträge in der Krankenpflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung).
Wie die Beklagte zutreffend annimmt, folgt der Anspruch auf die Erhebung der Beiträge durch die Sozialversicherungsträger und damit auch der Anspruch der Beklagten auf Feststellung und Forderung der Beitragshöhe als zuständige Stelle gemäß § 28 p Abs. 1 Satz 5 SGB IV aus § 22 SGB IV. Diese Norm regelt die Beitragsansprüche der Versicherungsträger, ist mithin Ermächtigungsgrundlage für die Erhebung, Feststellung und Forderung von Beiträgen. Danach entstehen Beitragsansprüche der Versicherungsträger, sobald ihre nach dem Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen (§ 22 Abs. 1 SGB IV). Die Höhe des Beitragsanspruches der Sozialversicherungsträger ist nach dieser Norm nicht an die Zahlung von Arbeitsentgelt geknüpft, sondern an die Voraussetzungen der besonderen Sozialgesetze. § 22 Abs. 1 SGB IV knüpft in Verbindung mit den besonderen Vorschriften der Sozialgesetzbücher damit an das öffentlich-rechtliche Versicherungs- oder Mitgliedschaftsverhältnis an, das kraft Gesetz bei Ausübung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung entsteht. Damit entstehen die Beiträge der Sozialversicherungsträger dann, wenn eine versicherungs- und beitragspflichtige Beschäftigung gegen Entgelt ausgeübt wird (BSG, Urteil vom 30. August 1994, Az.: 12 RK 59/92, SozR 3-2200 § 385 Nr. 5, NZA 1995, S. 701 bis 704). Auch die Fälligkeit der Beiträge gemäß § 23 SGB IV richtet sich nicht danach, ob ein Arbeitsentgelt tatsächlich ausgezahlt worden ist. Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB IV werden laufende Beiträge, die geschuldet werden, entsprechend der Regelung der Satzung der Kranken- und Pflegekassen fällig. Mithin ist der Beklagten darin zuzustimmen, dass sich die Höhe des Beitragsanspruches nicht nur danach richtet, welche Einnahmen der Versicherte tatsächlich erhält, sondern darüber hinaus auch Einnahmen erfasst werden, die zwar nicht zugeflossen sind, die aber für den genannten Zeitraum dem Arbeitnehmer geschuldet worden sind (BSG, Urteil vom 21. Mai 1996, Az.: 12 RK 64/94, SozR 3-2500 § 226 Nr. 2, BSGE 78, 224 bis 229). Dies folgt auch daraus, dass nach den besonderen Vorschriften der Sozialgesetzbücher Bemessungsgrundlage für die Beitragspflicht das Arbeitsentgelt aus einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung ist. Das sind alle laufenden einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung und in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden (§ 14 Abs. 1 SGB IV). Das so genannte Zuflussprinzip, nach dem ausschließlich zugeflossene Entgelte und Einnahmen der Beitragspflicht zugrunde zu legen waren, gilt für die Zeit nach dem In-Kraft-Treten des SGB IV nicht mehr (vgl. BSG, Urteil vom 21. Mai 1996, a.a.O.). Nach § 22 SGB IV stellt nämlich die Beitragsforderung der Sozialversicherungsträger eine öffentlich-rechtliche Forderung dar und unterliegt damit dem öffentlichen Recht. Genauso wie es den Arbeitsvertragsparteien nicht zusteht, durch Gestaltung eines zivilrechtlichen Vertrages das Entstehen eines Mitgliedschaftsverhältnisses in der gesetzlichen Krankenversicherung bzw. eines Versicherungsverhältnisses in einem anderen Zweige der Sozialversicherung zu regeln, können die Arbeitsvertragsparteien auch nicht einzelvertraglich über die Höhe der Beitragsforderung in der Weise disponieren, dass sie durch Zahlungsmodalitäten Einfluss auf die Beitragshöhe nehmen.
§§ 22, 23 SGB IV regeln als öffentlich-rechtliche Normen für das Sozialversicherungsrecht und das Recht der Arbeitsförderung (§ 1 Abs. 1 SGB IV), wann und - in Anknüpfung an arbeitsvertragliche Regelungen - auch, in welcher Höhe eine Beitragsforderung für Versicherungsträger und die Bundesanstalt für Arbeit kraft Gesetzes entsteht. Abzustellen ist dabei auf das geschuldete Arbeitsentgelt. Der 12. Senat des BSG hat hierzu bereits am 26. Oktober 1982 unter Verweisung auf die frühere Rechtsprechung ausgeführt, dass Arbeitgeber Beiträge auch für solche Entgelte zu entrichten haben, die sie ihren Arbeitnehmern bei Fälligkeit nicht gezahlt haben (BSGE 54, 132). Der 12. Senat des BSG hat sich zur Vermeidung von Nachteilen für die Versicherten, besonders bei späteren Rentenansprüchen, insoweit ausdrücklich vom steuerrechtlichen Zuflussprinzip gelöst. Es wäre mit dem Schutzzweck der Sozialversicherung nicht vereinbar und würde für die betroffenen Versicherten zu offensichtlich unbilligen Ergebnissen führen, wenn sich ein Arbeitgeber dadurch, dass er geschuldetes Arbeitsentgelt bei Fälligkeit nicht auszahlt, beitragsrechtliche Vorteile verschaffen könnte. Die Nichtzahlung von fälligem Arbeitsentgelt schlösse somit nicht aus, dass dennoch die darauf enthaltenen Beiträge vom Arbeitgeber zu entrichten seien.
In seiner Entscheidung vom 25. November 1985 - 12 RK 51/83 - hat das BSG diese Rechtsprechung fortgesetzt und erneut bestätigt, dass es unerheblich sei, ob das geschuldete Arbeitsentgelt (zunächst) gezahlt worden sei oder nicht. Die Nichtzahlung oder die verspätete Zahlung von geschuldetem Arbeitsentgelt hindere das Entstehen der Beitragsforderung nicht. Ein Arbeitgeber, der das Arbeitsentgelt nicht (rechtzeitig) zahle, könne sich dadurch seiner Beitragspflicht nicht entledigen. Die Beitragsforderung sei unabhängig vom Arbeitsentgelt und dessen Zahlung, sie hänge auch nicht davon ab, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe der Anspruch auf Arbeitsentgelt erfüllt werde. Der erkennende Senat schließt sich dieser Rechtsprechung an.
Zur Überzeugung des Senats hatten die Beigeladenen von 4) bis 10) gegen die Klägerin auch einen Anspruch auf das Arbeitsentgelt nach dem TV. Gemäß § 1 Abs. 3 a des Arbeitnehmerentsendegesetzes - ArbNEntsG - gilt der allgemein verbindliche Tarifvertrag zwischen den Arbeitsvertragsparteien zwingend. Nach dem im Arbeitsrecht geltenden Günstigkeitsprinzip kommt es daher hinsichtlich der Höhe des Lohnanspruchs nicht auf die arbeitsrechtliche Regelung eines geringeren Lohnes bei der Geltung eines günstigeren Tarifvertrages an. Die Nichtbefolgung eines Tarifvertrages und der dort festgelegten, für die Arbeitsvertragsparteien zwingenden Entgelthöhen hat nicht nur Auswirkungen auf das zivilrechtliche Arbeitsverhältnis. Wie ausgeführt, stellt die Beitragsforderung eine öffentlich-rechtliche Forderung dar, die an gesetzliche Tatbestandsmerkmale anknüpft. Es geht bei der Feststellung der Beitragshöhe nicht darum, wie die Parteien ihr Arbeitsverhältnis tatsächlich durchführen, sondern welche Forderungen rechtlich bestehen. Nach dem ArbNEntsG und den Regelungen des TV bestand tatsächlich ein höherer Arbeitsentgeltanspruch der Beigeladenen von 4) bis 10) aus dem sich die Höhe der Beiträge zur Sozialversicherung, wie sie von der Beklagten festgestellt worden sind, ergibt. Zwar entscheidet grundsätzlich die Höhe des Entgelts über die Höhe der Beiträge und die Arbeitsvertragsparteien haben es in der Hand, durch Vereinbarung des Beschäftigungsverhältnisses und der Entgelthöhe den Eintritt der öffentlich-rechtlichen Versicherung und Beitragspflicht aufgrund eines entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisses mit entsprechenden Beitragsforderungen der Einzugsstellen in der gesetzlichen Sozialversicherung und dem Arbeitsförderungsrecht auszulösen (BSG, Urteil vom 30. August 1994, a.a.O.). Die Dispositionsbefugnis der einzelnen Arbeitsvertragsparteien jedoch ist eingeschränkt durch das Tarifvertragsrecht, wenn die Tarifverträge für allgemeinverbindlich erklärt sind. Es verbleibt auch dann bei einer dem Zivilrecht unterliegenden Abrede der Entgelthöhe, die allerdings durch die Tarifvertragsparteien mitgestaltet worden ist.
Gegen dieses einfach-rechtliche Ergebnis bestehen auch keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken: Wie von der Klägerin selbst dargelegt, hat das Bundesverfassungsgericht durch Kammerbeschluss vom 18. Juli 2000 - 1 BVR 948/00 - festgestellt, dass eine Allgemeinverbindlichkeitserklärung durch Rechtsverordnung für den Mindestlohntarifvertrag die positive oder negative Koalitionsfreiheit des Art. 9 Abs. 3 Grundgesetz - GG - nicht berühre. Der erkennende Senat folgt dieser Auffassung. Die von der Klägerin vorgetragenen "erheblichen Zweifel" an dieser Rechtsprechung - die der Senat zudem nicht teilt - können zu einer Richtervorlage gemäß § 100 GG schon deshalb nicht ausreichen, da hierfür nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die volle Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit einer Norm gegeben sein müsste. Diese Norm könnte, wie das Sozialgericht zutreffend dargelegt hat, nicht der TV sein, da er kein Gesetz im Sinne des Art. 100 GG ist, sondern allenfalls § 1 Abs. 3 a ArbNEntsG.
Auch die auf Art. 3 Abs. 1 GG und die Rechtsprechung des BVerfG zu Einmalzahlungen gestützten Bedenken überzeugen nicht: In den vom BVerfG entschiedenen Fällen der Einmalzahlungen (insbesondere Weihnachts- und Urlaubsgeld) führte die Gesetzeslage dazu, dass sich rechtstreu verhaltende Arbeitgeber und Arbeitnehmer mit dem Ergebnis konfrontiert wurden, dass den geleisteten Beiträgen insoweit keine Gegenleistung gegenüber stand. Hier jedoch wird dieses Ergebnis nicht durch die Rechtsordnung, sondern durch ein im Widerspruch zu ihr stehendes Verhalten bewirkt. Befolgte die Klägerin den TV, stünden allen Beiträgen auch Leistungen gegenüber. Diese beiden Fallkonstellationen sind nicht vergleichbar. Auch den vorliegend von der Beklagten verlangten Beiträgen stehen entsprechende Leistungsansprüche gegenüber.
Auch die geltend gemachten europarechtlichen Bedenken greifen nicht durch. Zwar dürften bei der Allgemeinverbindlichkeitserklärung Wettbewerbsvorteile ausländischer Bewerber - allerdings nicht aus Mitgliedsländern der Europäischen Union - eine Rolle gespielt haben, im vorliegenden Fall jedoch sind die Rechte ausländischer Mitbewerber bzw. Staatsangehöriger aus den Mitgliedsländern der Europäischen Union erkennbar nicht berührt, so dass es hierauf für die Entscheidung nicht ankommt.
Die Rechtsprechung des Sozialgerichts Gelsenkirchen zum Vertrauensschutz der Arbeitgeber darauf, dass sie rechtswidrig vorenthaltene Beiträge auch später nicht zu leisten haben, überzeugt den Senat nicht. Insoweit bietet die Verjährungsvorschrift des § 25 SGB IV hinreichenden Schutz, die in Absatz 1 Satz 1 gerade von Gutgläubigkeit - und damit von Vertrauen - ausgeht. Im Übrigen bieten die gesetzlichen Vorschriften zum Beitragsrecht keinen Ansatz für die Berücksichtigung von Vertrauensgesichtspunkten.
Es war daher mit der Kostenfolge aus § 193 wie erkannt, die Berufung zurückzuweisen.
Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten: Die Beigeladenen zu 1. - 3. können solche nicht geltend machen (§ 193 Abs. 4 SGG) und die Beigeladenen zu 4. - 10. haben sich am Verfahren nicht beteiligt, insbesondere keine Anträge gestellt, sie haben damit weder gegenüber der Klägerin noch gegenüber der Beklagten obsiegt.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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