S 11 AS 67/05 ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Gelsenkirchen (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Gelsenkirchen (NRW)
Aktenzeichen
S 11 AS 67/05 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt S wird abgelehnt. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Antragsteller begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes einschließlich der angemessenen Kosten der Unterkunft.

Der 1974 geborene Antragsteller beantragte am 20.09.2004 die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes. In dem Antrag gab er an, an der L 0 in C als Untermieter einer Frau L zu wohnen. Die Antragsgegnerin bewilligte daraufhin für die Zeit vom 01.01.2005 bis 31.05.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von zuletzt monatlich 627,50 EUR (Bescheid vom 17.11.2004).

Im April 2005 trat die Antragsgegnerin in eine Prüfung zur Ermittlung einer eheähnlichen Gemeinschaft ein. Sie stellte u.a. fest, dass Frau L und ihr Vermieter – die Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft C (H1CC) – ein Untermietverbot vereinbart hatten. Die Antragsgegnerin stellte daraufhin die Zahlungen an den Antragsteller ein. Im Rahmen von persönlichen und telefonischen Vorsprachen behauptete der Kläger, bereits seit dem 18.11.2004 bei seinem Cousin in der Hstraße 00 zur Untermiete zu wohnen. Der monatliche Mietzins belaufe sich auf 200,00 EUR. Die Antragsgegnerin hob den Bewilligungsbescheid vom 17.11.2004 für die Zeit ab dem 01.05.2005 nach § 48 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuches – SGB X – auf und vertrat die Auffassung, dass der Antragsteller in einer eheähnlichen Gemeinschaft mit Frau L lebe (Bescheid vom 21.04.2005). Dieser Bescheid ist dem Antragsteller nicht bekanntgegeben worden (Rücklauf bei der Agentur für Arbeit C am 29.04.2005).

Die Antragsgegnerin zahlte dem Antragsteller für den Monat Mai 2005 einen Abschlag in Höhe von 345,00 EUR aus (Empfangsbescheinigung vom 10.05.2005). Nach Hausbesuchen bei dem Cousin des Antragstellers vertrat der Ermittlungsdienst der Antragsgegnerin in Berichten vom 12.05.2005 und vom 24.05.2005 zusammenfassend die Auffassung, dass ein ständiger Aufenthalt des Antragstellers in der Hstraße 00 nicht zu bestätigen sei. Die Antragsgegnerin verfügte daraufhin zum 31.05.2005 eine "sofortige Einstellung der Leistungen wegen unklarer Aufenthaltsverhältnisse" (Bescheid vom 31.05.2005).

Der Antragsteller behauptet mit seinem am 14.06.2005 erhobenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Wesentlichen, dass die Ausführungen in den Ermittlungsberichten des Ermittlungsdienstes nicht zutreffend seien. Im Übrigen seien die Leistungen zwar bereits vor zwei Wochen eingestellt worden, ihm sei allerdings bis zum heutigen Tage ein rechtsmittelfähiger Bescheid nicht zugestellt worden.

Der Antragsteller beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

ihm Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II in Höhe von monatlich 627,50 EUR zu zahlen.

Die Antragsgegnerin beantragt schriftsätzlich,

den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung anzulehnen.

Weiterer Einzelheiten wegen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichts- und der den Antragsteller betreffenden Leistungsakte der Antragsgegnerin.

II.

Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe war abzulehnen, weil das Begehren des Antragstellers - wie nachfolgend dargelegt wird - keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (§ 73a Sozialgerichtsgesetz - SGG - i.V.m. § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung - ZPO -).

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat keinen Erfolg. Er ist teilweise unzulässig, teilweise unbegründet.

Nach § 86b Abs. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Satz 1). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2). Die hier begehrte Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG setzt die Glaubhaftmachung des streitigen Rechtsverhältnisses voraus, aus dem der Antragsteller eigene Rechte – insbesondere Leistungsansprüche – ableitet (Anordnungsanspruch). Ferner ist erforderlich, dass die besonderen Gründe für die Notwendigkeit der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (Anordnungsgrund) vom jeweiligen Antragsteller glaubhaft gemacht werden. Dies ist im Rahmen einer summarischen Prüfung zu bestimmen (vgl. Grieger, ZfSH/SGB, 2004, 579 [583], Berlit, info also 2005, 3 (4 f.)).

Der Antrag ist bereits nicht zulässig, soweit er sich auf die Gewährung von Leistungen für die Zeit ab Juni 2005 bzw. auf die Zeit ab Eingang des Antrages auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bei Gericht bezieht. Ebenso wie in Hauptsacheverfahren müssen in Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes die allgemeinen Prozessvoraussetzungen erfüllt sein (vgl. nur Düring in Jansen, SGG, 1. Auflage 2003, § 86b, Rdnr. 2). Nach summarischer Prüfung kann die Kammer allerdings ein Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers nicht feststellen. Das Rechtschutzbedürfnis für einen Antrag nach § 86b Abs. 2 SGG fehlt in aller Regel, wenn der Antragsteller nicht vorher bei der zuständigen Behörde oder Widerspruchsbehörde sein Anliegen vorgetragen bzw. entsprechende Leistungen konkret beantragt hat (vgl. hierzu Kopp/Schenke, VwGO, 13. Auflage 2003, § 123, Rdnr. 22 mit zahlreichen weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte; Krodel, Das Sozialgerichtliche Eilverfahren, 1. Auflage 2005, Rdnr. 29, m.w.N.).

Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller durch Bescheid vom 17.11.2004 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes einschließlich Kosten der Unterkunft lediglich befristet für die Zeit bis zum 31.05.2005 bewilligt. Einen Weiterzahlungsantrag hat der Antragsteller nach Lage der Akten bislang jedoch noch nicht gestellt. Sein Vorbringen gegenüber der Antragsgegnerin im Rahmen seiner telefonischen und persönlichen Vorsprachen kann nicht als Antrag auf Weitergewährung der Leistungen für die Zeit ab dem 01.06.2005 ausgelegt werden, da sich dieses nur auf die Zahlungseinstellung für die Zeit ab dem 01.05.2005 bezogen hat. Darüber hinaus hat die Kammer den Eindruck, dass sich der Antragsteller bislang noch nicht mit dem Erfordernis eines Weiterzahlungsantrages befasst hat. Seinem Vorbringen - insbesondere in der Antragsschrift – zufolge scheint der Antragsteller eher davon auszugehen, dass die Antragsgegnerin mit dem Bewilligungsbescheid vom 17.11.2004 Leistungen ohne zeitliche Befristung erbracht hat, was allerdings nicht den Gegebenheiten entspricht. Nach summarischer Prüfung geht die Kammer davon aus, dass die Antragsgegnerin vor Einreichung des Antrages auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nicht mit den vom Antragsteller für die Zeit ab 01.06.2005 geltend gemachten Hilfeansprüchen befasst worden ist. Dieser Mangel ist auch nicht dadurch geheilt worden, dass der Antragsgegnerin das Leistungsbegehren durch Übermittlung der Antragsschrift bekannt gemacht worden ist (vgl. hierzu Berlit, info also 2005, 3 ff. sowie Sozialgericht – SG – Gelsenkirchen, Beschluss vom 22.06.2005 – Az.: S 8 SO 78/05 ER). Der Antragsteller selber hat zur Klärung nichts beigetragen, nachdem er die gerichtliche Anfrage vom 20.06.2005 (übermittelt per Telefax) bis zum Entscheidungszeitpunkt nicht beantwortet hat.

Nachdem die Antragsgegnerin für den Monat Mai 2005 einen Betrag von 345,00 EUR gezahlt hat, ist unter Zugrundelegung der Behauptungen des Antragstellers zunächst noch ein Betrag von 200,00 EUR (Mietzins für den Monat Mai 2005 - Hstraße 00) offen. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass für die Geltendmachung dieses Betrages im Wege einstweiliger Anordnung ein Anordnungsgrund fehlt (die Auslegung des Antrages als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 21.04.2005 gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG ist nicht statthaft, nachdem dieser Bescheid dem Antragsteller nicht bekannt gegeben und daher nicht wirksam geworden ist). Denn eine Eilbedürftigkeit im Sinne einer dringenden und gegenwärtigen Notlage, die eine sofortige (positive) Entscheidung unumgänglich macht (vgl. hierzu Verwaltungsgericht – VG – Gelsenkirchen, Beschluss vom 06.11.2000 – Az.: 3 L 2178/00 und Beschluss vom 23.01.2003 – Az.: 2 L 2994/02 m.w.N.) kann die Kammer nicht erkennen. Das ergibt sich bereits daraus, dass Leistungen für die Vergangenheit – hier: Kosten der Unterkunft für den Monat Mai 2005 - nicht im Wege einstweiliger Anordnung geltend gemacht werden können, da ein Anordnungsgrund – wie oben aufgezeigt – nur dann glaubhaft gemacht ist, wenn ein dringender gegenwärtiger Bedarf gegeben ist. Daran fehlt es hier jedoch. Sofern im Übrigen noch ein befristeter Zuschlag zum Arbeitslosengeld nach § 24 Abs. 1 SGB II für den Monat Mai 2005 nicht von der Antragsgegnerin ausgezahlt worden sein sollte, besteht unter Bezugnahme auf die obigen Ausführungen ebenfalls kein Anordnungsgrund.

Ob die Antragsgegnerin dem Antragsteller den Bescheid vom 31.05.2005 bekannt gegeben hat, kann schließlich dahinstehen. Denn die ihm zu zahlenden Leistungen waren mit dem Bescheid vom 17.11.2005 ohnehin bis zum 31.05.2005 befristet worden, so dass diesem "Einstellungsbescheid" im Ergebnis lediglich eine deklaratorische Bedeutung beizumessen ist.

Im Rahmen eines erneuten Leistungsantrages hat der Antragsteller Gelegenheit, die auch nach Auffassung der Kammer bestehenden Zweifel an seiner Bedürftigkeit auszuräumen.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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