L 7 RA 175/04

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 8 RA 697/03
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 7 RA 175/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Leipzig vom 20. Februar 2004 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob die Beklagte als Versorgungsträger für das Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 Nr. 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) verpflich-tet ist, Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelli-genz festzustellen.

Der am ... geborene Kläger beendete sein Studium an der Technischen Uni-versität D ... mit der Erlangung des akademischen Grades Diplom-Forstingenieur am 26. September 1977. Ab 1. September 1977 war er beim Institut für Forstwissenschaften E ..., und vom 20. März 1978 bis 30. Juni 1990 war er beim Staatlichen Forstwirt-schaftsbetrieb W ... zunächst als Referent für Rohholzbereitstellung und ab 1. Januar 1980 als Leiter des Bereiches Wegebauzug tätig.

Der Antrag des Klägers auf Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften für die Zeit vom 26. September 1977 bis 30. Juni 1990 wurde mit Bescheid der Beklagten vom 17. Juli 2002 mit der Begründung abgewiesen, eine Versorgungsanwartschaft im Sinne von § 1 Abs. 1 AAÜG sei nicht entstanden. Es habe weder eine positive Versorgungszusa-ge (Anwartschaft) zu Zeiten der DDR vorgelegen noch habe der Kläger am 30. Juni 1990 (Schließung der Zusatzversorgungssysteme) eine Beschäftigung ausgeübt, die – aus bun-desrechtlicher Sicht – dem Kreis der obligatorisch Versorgungsberechtigten zuzuordnen wäre. Der dagegen mit Schreiben vom 7. August 2002 eingelegte Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 7. Mai 2003 zurückgewiesen. Der Kläger habe im Juni 1990 zwar als Ingenieur eine seiner Qualifikation entsprechende Be-schäftigung im Staatlichen Forstwirtschaftsbetrieb W ... ausgeübt. Es habe sich hierbei jedoch nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb (Industrie oder Bau) gehandelt, und es sei auch kein im Sinne von § 1 Abs. 2 der 2. Durchführungsbestimmung (2. DB) vom 24. Mai 1951 einem volkseigenen Produktionsbetrieb gleichgestellter Betrieb gewe-sen. Zur Begründung der dagegen erhobenen Klage hat der Kläger im Wesentlichen vorgetra-gen, beim Staatlichen Forstwirtschaftsbetrieb W ... habe es sich um einen volkseige-nen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens gehandelt. Die staat-lichen Forstwirtschaftsbetriebe seien juristische Personen und Rechtsträger aller volkseige-nen forstwirtschaftlich genutzten Vermögenswerte gewesen, die in das Register der volks-eigenen Wirtschaft, das Handelsregisters C, eingetragen worden seien. Die Aufgaben und wirtschaftlichen Aktivitäten der staatlichen Forstwirtschaftsbetriebe seien weit über eine rein forstwirtschaftliche Betätigung hinausgegangen. Einen wesentlichen Teil der Betäti-gung der staatlichen Forstwirtschaftsbetriebe habe die so genannte Zusatzproduktion oder industrielle Warenproduktion eingenommen. Für diesen Produktionssektor seien verschie-denste Betriebsstätten geschaffen worden, wie etwa Nerzfarmen, Entenmastanlagen, Obst-plantagen, Karpfenmastanlagen, Kunstwerkstätten, Tischlereien sowie Werkstätten für eine umfängliche Produktion von Holzartikeln, wie z.B. Holzzäune, Paletten für die Industrie usw. Die besondere Bedeutung der industriellen Massenproduktion für einen staatlichen Forstwirtschaftsbetrieb sei ebenfalls daran zu erkennen gewesen, dass dem Direktor eines staatlichen Forstwirtschaftsbetriebes stets ein Abteilungsleiter für industrielle Produktion direkt unterstellt gewesen sei. Diese Abteilung "industrielle Produktion" sei regelmäßig noch vom Bereich "forstliche Produktion" strukturell getrennt gewesen. Mithin sei also auch in den staatlichen Forstwirtschaftsbetrieben das fordistische Produktionsmodell strikt umgesetzt gewesen. Zu den weiteren Aufgaben eines Forstwirtschaftsbetriebes hätten auch bauwirtschaftliche Betätigungen gehört. So seien etwa betriebseigene "Baubrigaden", be-stehend aus Maurern, Malern, Elektrikern und anderen Handwerkern, damit betraut gewe-sen, Ein- bzw. Mehrfamilienhäuser für die im staatlichen Forstwirtschaftsbetrieb Beschäf-tigten zu bauen. Ebenfalls seien sämtliche betrieblich genutzten Bauwerke durch diese be-triebseigene Baubrigaden erstellt worden. Diese Bautätigkeit habe sich nicht lediglich auf den Bau von Wohnhäusern für die Beschäftigten oder Betriebsstätten beschränkt, sondern sei weit darüber hinausgegangen. So seien durch die dortigen Baubrigaden – unter aus-drücklicher staatlicher Förderung – Ferienwohnanlagen errichtet worden. Die Bautätigkeit in den Forstwirtschaftsbetrieben habe auch die Beschäftigung von Arbeitern im Wegebau beinhaltet. Auch die bauwirtschaftliche Betätigung sei eine wesentliche Ausprägung der staatlichen Forstwirtschaftsbetriebe gewesen.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 20. Februar 2004 abgewiesen. Zwar sei der staatliche Forstwirtschaftsbetrieb nach § 2 Abs. 2 der Verordnung vom 14. Februar 1952 juristische Person und Rechtsträger von Volkseigentum gewesen, als Rechtsträger habe er jedoch nur die Rechte zu verwirklichen und die Pflichten zu erfüllen gehabt, die sich aus dem ihm übertragenen Volkseigentum ergeben hätten, ohne jedoch selbst volkseigener Betrieb im Sinne der damaligen gesetzlichen Bestimmungen zu sein. Denn nach der Verordnung über die Aufgaben, Rechte und Pflichten der volkseigenen Be-triebe, Kombinate und VVB vom 28. März 1973 seien volkseigene Betriebe verpflichtet gewesen, zur Steigerung der Konsumgüterproduktion beizutragen (§ 8 Abs. 2 Satz 1). Zu einer Erweiterung des anspruchsberechtigten Personenkreises – über den Wortlaut der da-maligen DDR-Versorgungsordnung hinaus – habe keinerlei Veranlassung beanstanden, zumal der staatliche Forstwirtschaftsbetrieb W ... nicht nur volkseigen gewesen sei, sondern als holzverarbeitendes Unternehmen unmittelbar selbst keine "fordistische" Pro-duktion betrieben habe. Darunter sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts die industrielle Fertigung von Gütern zu verstehen. Ein Forstwirtschaftsbetrieb verarbeite indes u.a. lediglich geschlagenes Holz vorab in einem Rohzustand, damit dieser weiter von der Konsumgüterindustrie (beispielsweise zur Herstellung von Möbeln) weiter verwendet werden könne. Nach § 1 Abs. 2 der Bekanntmachung des Statuts der Staatlichen Forstwirt-schaftsbetriebe vom 8. August 1952 (GBl. I 1952, S. 37) seien die staatlichen Forstwirt-schaftsbetriebe den zuständigen Verwaltungen staatlicher Forstwirtschaftsbetriebe zuge-ordnet gewesen. Durch Beschluss über die Veränderung der Leitung der Forstwirtschaft vom 10. Oktober 1963 sei die zentrale Leitung der Forstwirtschaft der DDR durch die Hauptverwaltung Forstwirtschaft bei der Produktionsleitung des Landwirtschaftsrates beim Ministerrat der DDR unterstellt gewesen (GBl. I 1963, S. 35). Für den Betrieb habe somit keine Verantwortlichkeit des Industrie- und Bauministeriums der ehemaligen DDR bestan-den. "Gleichgestellt" im Sinne der Versorgungsordnung der Altersversorgung der techni-schen Intelligenz seien dem Wortlaut nach nur die "Hauptverwaltungen" selbst gewesen, nicht jedoch die diesen unterstellten Betriebe.

Gegen den ihm am 10. März 2004 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 8. April 2004 Berufung eingelegt und zur Begründung ausgeführt, er halte das Urteil des Sozialgerichts sowie die Auffassung der Beklagten für unzutreffend. Das Argument, die staatlichen Forstbetriebe hätten als Staatsbetrieb nicht im Sinne der "sozialistischen Pro-duktion" gearbeitet, halte den Realitäten nicht stand.

Der Kläger beantragt sinngemäß, 1. das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 8. März 2004 (gemeint: den Gerichtsbe-scheid des Sozialgerichts Leipzig vom 20. Februar 2004) und den Bescheid der Be-klagten vom 17. Juli 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Mai 2003 aufzuheben 2. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger die Beschäftigungszeit vom 26. September 1977 bis 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzver-sorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberfüh-rungsgesetz sowie die in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Industriebetriebe seien einem der Industrieministerien der DDR als staatlichem Leitungs-organ unterstellt gewesen. Dass nun derartige Industriebetriebe von der Versorgungsord-nung der technischen Intelligenz erfasst worden seien, ergäbe sich nicht zuletzt aus der Tatsache, dass das Ministerium für Industrie gemäß § 5 der Verordnung über die zusätzli-che Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichge-stellten Betrieben am Erlass von Durchführungsbestimmungen beteiligt gewesen sei (BSG, Urteil vom 9. April 2002, B 4 RA 41/01 R, amtlicher Umdruck, S. 10). Damit beanspruche die Versorgungsordnung von vornherein nur Geltung für Betriebe der Industrie und des Bauwesens sowie für die gleichgestellten Betriebe. Alle jene Betriebe, die einer anderen staatlichen Verantwortung in der DDR unterstanden hätten, fielen nicht unter den Anwen-dungsbereich der Verordnung. Staatliche Forstwirtschaftsbetriebe seien keine volkseigenen Betriebe. Nach § 8 Abs. 1 der Verordnung vom 16. Oktober 1968 über das Verfahren der Gründung und Zusammenlegung volkseigener Betriebe habe ein volkseigener Betrieb sei-nem Namen "VEB" voranzustellen gehabt. Dementsprechend seien staatliche Forstwirt-schaftsbetriebe Träger von Volkseigentum, aber keine volkseigenen Betriebe; dass sie möglicherweise im Wirtschaftssystem der DDR wie ein VEB behandelt worden seien und auch in das Register der volkseigenen Wirtschaft auf Grund der Statute einzutragen gewe-sen seien, sei für die Anwendung der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der Technischen Intelligenz unbeachtlich gewesen. Darüber hinaus stelle die Holzgewin-nung als Hauptzweck der Staatlichen Forstwirtschaftsbetriebe keine Herstellung, Verarbei-tung, Bearbeitung oder industrielle Produktion von Sachgütern dar. Dass die landwirt-schaftliche Produktion – und im weitesten Sinne zähle hierzu auch die Forstwirtschaftliche Produktion – nicht zum originären Geltungsbereich der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der Technischen Intelligenz gehört habe, ergebe sich schon aus der Tat-sache, dass die volkseigenen Güter als zutreffende Beschäftigungsstelle nur deshalb anzu-sehen seien, weil sie expliziert in der 2. Durchführungsbestimmung als den volkseigenen Betrieben gleichgestellte Betriebe aufgelistet seien.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der gerichtlichen Verfahrensakten aus den beiden Rechtszügen und die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genom-men.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht konnte auch in Abwesenheit des ordnungsgemäß geladenen Klägers verhan-deln und entscheiden (§ 153 Abs. 1 SGG i.V.m. § 110 Abs. 1 SGG). Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig. Das Sozialgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen.

Der Kläger hat gegen den beklagten Versorgungsträger keinen Anspruch auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelli-genz für den Zeitraum vom 26. September 1977 bis 30. Juni 1990 und der in diesem Zeit-raum erzielten tatsächlichen Arbeitsverdienste. Nach § 8 AAÜG, das einem Vormer-kungsverfahren nach § 149 Abs. 5 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) ähnlich und außerhalb des Rentenverfahrens durchzuführen ist, ist die Beklagte nur dann zu den vom Kläger begehrten Feststellungen verpflichtet, wenn dieser dem persönlichen Anwendungs-bereich des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes unterfällt, wie in § 1 Abs. 1 AAÜG geregelt. Erst wenn dies zu bejahen ist, ist in einem weiteren Schritt festzu-stellen, ob Beschäftigungszeiten zurückgelegt wurden, die einem Zusatzversorgungssys-tem, hier der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz, zuzuordnen sind (§ 5 AAÜG).

Der Kläger fällt schon nicht unter den Anwendungsbereich des § 1 AAÜG.

Nach der Bestimmung des § 1 Abs. 1 AAÜG gilt das Gesetz für Ansprüche und Anwart-schaften (Versorgungsberechtigungen), die aufgrund der Zugehörigkeit zu Versorgungs-systemen im Beitrittgebiet erworben worden sind (Satz 1). Soweit die Regelungen der Ver-sorgungssysteme einen Verlust der Anwartschaften bei Ausscheiden aus dem Versor-gungssystem vor dem Leistungsfall vorsahen, gilt dieser Verlust als nicht eingetreten (Satz 2).

Der Kläger war bei In-Kraft-Treten des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgeset-zes am 1. August 1991 nicht Inhaber einer erworbenen Versorgungsberechtigung im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Versorgung (Vollrecht) bei In-Kraft-Treten des An-spruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes am 1. August 1991 gehabt. Denn ein Versorgungsfall (Alter, Invalidität) war bis zu diesem Zeitpunkt nicht eingetreten.

Der Kläger war zu diesem Zeitpunkt auch nicht Inhaber einer bestehenden Versorgungs-anwartschaft. Diese Voraussetzung hätte er dann erfüllt, wenn er zu irgendeinem Zeitpunkt vor dem 30. Juni 1990 in das System – hier die zusätzliche Altersversorgung der Techni-schen Intelligenz – einbezogen gewesen wäre. Dies war jedoch nicht der Fall. Eine Einbe-ziehung in das Versorgungssystem konnte entweder durch eine Versorgungszusage in Form eines nach Artikel 19 Satz 1 des Einigungsvertrages (EV) bindend gebliebenen Ver-waltungsaktes erfolgen oder aber auch auf der Grundlage eines Einzelvertrages. Der Klä-ger hat nicht vorgetragen, in ein Versorgungssystem einbezogen worden zu sein. Er hat bei der Antragstellung vielmehr angegeben, keinem Zusatzversorgungssystem angehört zu haben. Der Kläger war auch nicht aufgrund einer späteren Rehabilitierungsentscheidung (Artikel 17 EV) in ein Versorgungssystem einbezogen worden.

Da der Kläger vor dem 30. Juni 1990 keine Versorgungsanwartschaft innehatte, liegt auch kein Anwendungsfall des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG einer gesetzlich fingierten Versor-gungsanwartschaft vor.

Eine Einbeziehung des Klägers in ein Versorgungssystem ergibt sich auch nicht in An-wendung der vom Bundessozialgericht in ständiger Rechtsprechung vorgenommenen er-weiternden verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG (vgl. Urteil vom 10. April 2000 – B 4 RA 18/01 RSozR 3-8570 § 1 Nr. 8 S. 73; Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 31/01 RSozR 3-8570 § 1 Nr. 2; Urteil vom 29. Juli 2004 – B 4 RA 12/04 R – abgedruckt in JURIS). Dieser fiktive bundesrechtliche Anspruch auf Erteilung einer Ver-sorgungszusage richtet sich nach der jeweiligen Ausgestaltung der zu Bundesrecht gewor-denen leistungsrechtlichen Regelungen der Versorgungssysteme. Bezogen auf das hier in Betracht kommende Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz sind die Rege-lungen der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 18. August 1950 (GBl. Nr. 93 S. 844) und der dazu ergangenen 2. Durchführungsbestimmung (2. DB) vom 24. Mai 1951 (GBl. I Nr. 62 S. 488) maßgeblich. Ein derartiger – fiktiver – bundesrechtli-cher Anspruch auf Erteilung einer Zusage hängt von folgenden drei Voraussetzungen ab (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 31/01 RSozR 3-8570 § 1 Nr. 2 S. 14, Urteil vom 10. April 2002 – B 4 RA 10/02 R – Nr. 5 S. 33, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 41/01 R – Nr. 6 S. 40 f, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 3/02 R – Nr. 7 S. 60, Urteil vom 10. April 2002 – B 4 RA 18/01 R – Nr. 8 S. 74), nämlich von 1. der Berechtigung, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraus-setzung) und 2. der Ausübung einer entsprechenden Tätigkeit (sachliche Voraussetzung) und zwar 3. in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwe-sens (§ 1 Abs. 1 der 2. DB) oder in einem durch § 1 Abs. 2 der 2. DB gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung). Dabei kommt es für die Anwendbarkeit des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungs-gesetzes (§ 1 Abs. 1 AAÜG) nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (a.a.O.) auf die am 30. Juni 1990 gegebene Sachlage mit Blick auf die am 1. August 1991 gegebene bundesrechtliche Rechtslage an. Diese oben genannten drei Voraussetzungen müssen nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum Stichtag am 30. Juni 1990 kumulativ vorgelegen haben (vgl. hierzu BSG, Urteile vom 29. Juli 2004 – B 4 RA 4/04 R und B 4 RA 12/04 R – Urteil vom 8. Juni 2004 – B 4 RA 56/03 – abgedruckt in JURIS).

Hiervon ausgehend war der Kläger nicht Inhaber einer fingierten Versorgungsanwart-schaft, weil er am 30. Juni 1990 keinen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hatte.

Der Kläger hat zwar, indem er am 26. September 1977 den Abschluss als Diplom-Forstingenieur erlangt hatte, die persönliche Voraussetzung für eine fiktive Einbeziehung in die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz erfüllt. Er erfüllt jedoch die betriebliche Voraussetzung für einen fiktiven bundesrechtlichen "An-spruch" auf Erteilung einer Versorgungszusage nicht. Diese setzt voraus, dass eine Be-schäftigung in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens oder in einem diesen gleichgestellten Betrieben ausgeübt wurde. Der vorsorgungsrechtlich maßgebliche Betriebstyp ist durch die drei Merkmale "Betrieb", "volkseigen" und "Pro-duktion (Industrie oder Bauwesen)" gekennzeichnet (BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 41/01 RSozR 3-8570 § 1 Nr. 6 S. 41 ff., Urteil vom 10. April 2002 – B 4 RA 5/02 R – JURIS).

Der Beschäftigungsbetrieb des Klägers, der Staatliche Forstwirtschaftsbetrieb W ..., war kein volkseigener Betrieb im Sinne der Verordnung über die volkseigenen Kombinate, Kombinatsbetriebe und volkseigenen Betriebe vom 8. November 1979 (GBl. I Nr. 38 S. 355, im Folgenden: Kombinats-VO).

Zwar waren die staatlichen Forstwirtschaftsbetriebe als "andere Betriebe" Wirtschaftsein-heiten im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 6 des Gesetzes über das Vertragssystem in der sozialis-tischen Wirtschaft vom 25. März 1982 (Vertragsgesetz [GBl. I S. 293]). Daraus resultieren rechtliche Gemeinsamkeiten mit den volkseigenen Betrieben im Sinne der Kombinats-Verordnung. So waren die staatlichen Forstwirtschaftsbetriebe nach § 1 Abs. 1 Satz 1 des Rahmenstatuts der staatlichen Forstwirtschaftsbetriebe (veröffentlicht als Anlage zur An-ordnung über die Aufgaben der stattlichen Forstwirtschaftsbetriebe und die Betreuung des LPG- und Privatwaldes vom 11. Februar 1959, GBl. S. 121) als Betriebe im Sinne des § 1 der Verordnung vom 20. März 1952 über Maßnahmen zur Einführung des Prinzips der wirtschaftlichen Rechnungsführung in den Betrieben der volkseigenen Wirtschaft (GBl. S. 255) juristische Personen. Die staatlichen Forstwirtschaftsbetriebe führten nach § 1 Abs. 1 Satz 2 des Rahmenstatuts im Rechtsverkehr den Namen " staatlicher Forstwirt-schaftsbetrieb" unter Hinzufügung einer Ortsbezeichnung, die vom übergeordneten Ver-waltungsorgan festgelegt wird. Volkseigene Betriebe waren jedoch nur Betriebe, die nach den Regelungen der §§ 35 ff. der Kombinats-VO gegründet worden waren. Sie hatten nach § 31 Abs. 3 der Kombinats-VO einen Namen zu führen, der die Bezeichnung "VEB" enthalten musste.

Auch § 2 Abs. 1 des Vertragsgesetzes unterscheidet unter anderem zwischen volkseigenen Betrieben der Kombinate (Nr. 2), volkseigenen Betrieben, die keinem Kombinat angehören (Nr. 3) und anderen Betrieben und Einrichtungen, die staatliche Aufgaben und staatliche Planaufgaben erhalten (Nr. 6).

Weil der Beschäftigungsbetrieb des Klägers bereits nach seiner Rechtsform kein volksei-gener Betrieb im Sinne von § 1 Abs. 1 der 2. DB war, kommt es entgegen der Auffassung des Klägers letztlich nicht darauf an, ob tatsächlich wesentlicher Teil der Betätigung der staatlichen Forstwirtschaftsbetriebe die so genannte Zusatzproduktion oder industrielle Warenproduktion eingenommen hat. Dagegen spricht im Übrigen jedoch bereits die Ein-ordnung der Forstwirtschaftsbetriebe in die Systematik der Volkswirtschaftszweige der DDR (Ausgabe 1985, hrsg. vom Ministerrat der DDR – Staatliche Zentralverwaltung für Statistik). Nach dieser Systematik sind die Forstwirtschaftsbetriebe unter der Ziffer 3, also dem Wirtschaftsbereich Land- und Forstwirtschaft, und nicht unter dem Volkswirtschafts-zweig Industrie (Nr. 1) erfasst.

Die staatlichen Forstwirtschaftsbetriebe waren auch keine einem volkseigenen Produkti-onsbetrieb gemäß § 1 Abs. 2 der 2. DB gleichgestellten Betriebe. Deren Auflistung in § 1 Abs. 2 der 2. DB ist abschließend (BSG, Urteil vom 26. Oktober 2004 – B 4 RA 23/04 R – Juris, Rn. 19). Danach waren den volkseigenen Produktionsbetrieben nur gleichgestellt: wissenschaftliche Institute; Forschungsinstitute; Versuchsstationen; Laboratorien; Kon-struktionsbüros; Technische Hochschulen; Technische Schulen; Bauakademie und Bau-schulen; Bergakademie und Bergbauschulen; Schulen, Institute und Betriebe der Eisen-bahn, Schifffahrt sowie des Post- und Fernmeldewesens; Maschinen-Ausleih-Stationen und volkseigene Güter, Versorgungsbetriebe (Gas, Wasser, Energie); Vereinigungen volkseigener Betriebe, Hauptverwaltungen und Ministerien. Die staatlichen Forstbetriebe sind in dieser Aufzählung nicht erfasst.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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