L 1 B 68/05 KR-ER

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 13 KR 18/05 ER
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 1 B 68/05 KR-ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Sozialgerichts Chemnitz vom 25. April 2005 aufgehoben und festgestellt, dass die Klage gegen den Bescheid der Beschwerdegegnerin vom 13. Dezember 2004 in der Gestalt des Wider-spruchsbescheides vom 09. Februar 2005 aufschiebende Wirkung hat.
II. Die Beschwerdegegnerin hat dem Beschwerdeführer die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Beschwerdeführer (Bf.) wendet sich gegen Beendigung seiner Mitgliedschaft bei den Beschwerdegegnerin (Bg.)

Gegenüber dem Bf., der bei der Bg. als hauptberuflich selbständig Tätiger freiwillig versi-chert und bei der Pflegekasse pflichtversichert ist, setzte die Bg. mit Bescheid vom 02. August 2004 den monatlichen Gesamtbeitrag zur Kranken- und Pflegeversicherung auf 481,26 EUR ab 01. Juli 2004 fest. Der Bf. habe ihre Einkommensabfrage vom Juni 2004 nicht beantwortet. Deshalb habe sie nach den gesetzlichen Vorgaben seine beitragspflichti-gen Einnahmen auf monatlich 3.487,50 EUR festgelegt. Der Beitrag sei bis zum 15. Au-gust 2004 zu zahlen. Der Bescheid sei hinsichtlich des zugrunde gelegten Einkommens bis zum 30. Juni 2005 befristet. Vor diesem Termin sei eine Änderung des Bescheides bezüg-lich der Einkommenshöhe möglich, wenn sich die durch Verordnung festgelegte Beitrags-bemessungsgrenze ändere.

Dagegen legte der Bf. am 17. August 2004 unter Vorlage eines Auszugs aus einem Be-scheid des Finanzamtes Freiberg (Seite 2 mit teilweise geschwärztem Inhalt) Widerspruch ein. Als freiwillig versicherter Selbständiger sei die Grundlage für die Beitragshöhe immer der Einkommensteuerbescheid. Diesen könne er der Bg. erst dann vorlegen, wenn dieser ihm vom Finanzamt zugestellt und bestandskräftig geworden sei. Der Einkommensteuer-bescheid für das Jahr 2002 sei ihm am 11. Juni 2004 bekannt gegeben worden, aber auf-grund eines eingelegten Einspruchs noch nicht bestandskräftig. Da er annehme, dass die Höhe der Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit nicht verändert werde, werde der noch nicht bestandskräftige Steuerbescheid 2002 übergeben. Die Bg. teilte dem Bf. daraufhin mit, für freiwillige Mitglieder seien für die Beitragsbe-rechnung alle Einnahmen, unabhängig von ihrer steuerlichen Behandlung zugrunde zu legen. Dazu zählten neben den Einnahmen aus der selbständigen Tätigkeit auch Einnah-men aus Vermietung und Verpachtung. Diese Einkunftsart habe der Bf. auf dem Einkom-mensteuerbescheid geschwärzt. Um eine erneute Beitragsberechnung vornehmen zu kön-nen, bitte sie um die erneute Einreichung des Einkommensteuerbescheides. Dagegen ver-trat der Bf. die Auffassung, bezüglich ihrer Darlegungen zu den Einnahmen aus Vermie-tung und Verpachtung, die Grundlage bei der Berechnung der Beiträge bilden sollten, liege die Bg. zum heutigen Zeitpunkt völlig falsch. Dies werde nur diskutiert, sei aber nicht ge-setzlich festgelegt. Er nehme an, dass die Bg. hier falsch informiert worden sei. Er gehe davon aus, dass damit diese Angelegenheit als erledigt betrachtet werden könne und erwar-te die Rücknahme der Bescheide.

Mit Schreiben vom 21. September 2004 informierte die Bg. den Bf., am Fälligkeitstag ha-be kein Zahlungseingang auf seinem Beitragskonto festgestellt werden können. Die Bei-träge würden jeweils am 15. des Folgemonats für den vorangegangen Monat fällig. Er mö-ge den Beitragsrückstand in Höhe von 459,74 EUR (einschließlich 4,50 EUR Säumniszu-schläge) innerhalb von 10 Tagen einzahlen. Vorsorglich weise sie darauf hin, dass die freiwillige Mitgliedschaft des Bf. mit dem Ablauf des nächsten Zahltages ende, wenn für zwei Monate die Beiträge nicht entrichtet worden seien. Dies gelte auch, wenn er durch die Zahlung von Beitragsteilen in Verzug gerate.

Mit weiterem Schreiben vom 07. Oktober 2004 führte die Bg. gegenüber dem Bf. aus, ei-nen entsprechenden Nachweis seiner Einnahmen habe sie nicht erhalten. Es sei ihr deshalb nicht möglich gewesen, eine Neuberechnung seiner Beiträge vorzunehmen. Der Wider-spruch habe keine aufschiebende Wirkung (§ 86a Sozialgerichtsgesetz – SGG). Er werde gebeten, für die Erhaltung seines Kranken- und Pflegeversicherungsschutzes bis zur ab-schließenden Bearbeitung seines Widerspruchs oder bis zur Vorlage der vollständigen Un-terlagen die ihm mitgeteilten Beiträge zu entrichten. Eine freiwillige Mitgliedschaft ende gemäß § 192 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) mit Ablauf des nächsten Zahltages, wenn für zwei Monate trotz Hinweises auf die Rechtsfolgen die Beiträge nicht entrichtet worden seien.

Der Widerspruch gegen den Bescheid vom 02. August 2004 blieb ohne Erfolg (Wider-spruchsbescheid vom 27. Oktober 2004).

Schon zuvor am 14. Oktober 2004 hatte der Bf. beim Sozialgericht Chemnitz (SG) hin-sichtlich der Höhe der von der Bg. geltend gemachten Beiträge Klage in der Hauptsache erhoben (Az. S 10 KR 720/04).

Die Bg. teilte dem Bf. mit Schreiben vom 03. November 2004 mit, am Fälligkeitstag habe kein Zahlungseingang auf seinem Beitragskonto festgestellt werden können. Die Beiträge würden jeweils am 15. des Folgemonats für den vorangegangenen Monat fällig. Man bitte ihn, den Beitragsrückstand (insgesamt 618,21 EUR, einschließlich Säumniszuschläge in Höhe von 6,00 EUR; letzter Buchungstag, bis zu dem Zahlungen berücksichtigt worden seien: 03. November 2004) innerhalb von 10 Tagen einzuzahlen. Vorsorglich weise sie darauf hin, dass die freiwillige Mitgliedschaft des Bf. mit dem Ablauf des nächsten Zahlta-ges ende, wenn für zwei Monate die Beiträge nicht entrichtet worden seien. Dies gelte auch, wenn er durch die Zahlung von Beitragsteilen in Verzug gerate.

Unter dem 24. November 2004 stellte die Bg. dem Bf. gegenüber fest, dass er Beiträge für seine freiwillige Versicherung zweimal am Zahltag trotz Hinweises auf die Rechtsfolgen nicht entrichtet habe. Am 03. November 2004 habe man ihn über die Folgen des Zahlungs-versäumnisses informiert. Seine Mitgliedschaft in der freiwilligen Krankenversicherung und der Pflegeversicherung ende deshalb nach § 191 Nr. 3 SGB V und § 49 Abs. 1 Satz 2 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) zum 15. Dezember 2004, wenn er die Zahlung des ausstehenden Gesamtbetrages von 781,18 EUR nicht bis zum 06. Dezember 2004 anweise. Es ergebe sich ein Saldo bis 31. Oktober 2004 in der Krankenversicherung von 705,40 EUR, in der Pflegeversicherung von 59,28 EUR sowie Säumniszuschläge in Höhe von 16,50 EUR (Rückstand insgesamt 781,18 EUR; letzter Buchungstag, bis zu dem Zahlun-gen berücksichtigt worden seien: 24. November 2004). Ende seine Versicherung, bleibe ihm keine Möglichkeit, in der gesetzlichen Krankenversicherung Aufnahme zu finden, soweit keine Pflichtversicherung eintrete. Unter bestimmten Voraussetzungen könnten die Beiträge vom Sozialhilfeträger übernommen werden. Er möge dies bitte beim Sozialamt prüfen lassen. Dieser Bescheid sei auch im Auftrag der Pflegekasse erstellt worden.

Mit Bescheid vom 13. Dezember 2004 beendete die Bg. – zugleich auch im Auftrag der Pflegekasse – aufgrund der Nichtzahlung der Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Pfle-geversicherung die Mitgliedschaft des Bf. bei ihr zum 15. Dezember 2004. Sollte der aus-gewiesene Rückstand in Höhe von 781,18 EUR nicht sofort ausgeglichen werden, müsse sie Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Bf. einleiten. Er werde gebeten zu beach-ten, dass er ab dem Ende der Mitgliedschaft keine Leistungen von der Bg. mehr in An-spruch nehmen könne. Gleichzeitig sei seine Gesundheitskarte nicht mehr gültig. Er werde gebeten, die Karte zurückzusenden oder in seiner Geschäftsstelle abzugeben.

Dagegen hat der Bf. mit Schreiben vom 20. Dezember 2004 Widerspruch eingelegt. Der Bg. sei bekannt, dass er beim SG gegen den von ihr erstellten Beitragsbescheid vom 02. August 2004 Klage erhoben habe. Mit ihrer Kündigung greife sie unberechtigt und gesetzwidrig in ein noch laufendes Verfahren ein, weil vom SG noch keine Entscheidung getroffen worden sei. Es sei unzutreffend, dass er die Beiträge nicht entrichtet habe. Re-gelmäßig und termingerecht habe er allmonatlich 657,58 EUR (zugleich für seine ebenfalls bei der Bg. als hauptberuflich selbständig tätige versicherte Ehefrau) entsprechend dem vorangegangenen Beitragsbescheid überwiesen.

Am 06. Januar 2005 hat der Bf. beim SG "einstweiligen Rechtsschutz" mit dem Ziel bean-tragt, dass die Bg. die Beendigung seiner freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung vom 13.12.2004 zum 15.12.2004 mit sofortiger Wirkung für ungültig erkläre.

Im erstinstanzlichen Verfahren hat die Bg. für den Bf. ein Saldo von 1.021,98 EUR festge-stellt. Der Bf. hat die Einkommensteuerbescheide für 2001 und 2002 vorgelegt.

Der Widerspruch gegen den Bescheid vom 13. Dezember 2004 ist ohne Erfolg geblieben (Widerspruchsbescheid vom 09. Februar 2005). Hiergegen hat der Bf. am 22. April 2005 beim SG Klage erhoben (S 10 KR 254/05).

Eine Durchschrift des kompletten Widerspruchsbescheides, die die Bg. an das SG über-sandt hat, ist dem Bf. mit Schreiben des SG vom 14. April 2005 übersandt worden. Im erst-instanzlichen Verfahren hat der Bf. vorgetragen, die Seite 5 des Widerspruchsbescheides (Rechtsmittelbelehrung) sei ihm nicht zugegangen. Aus dem vorgenannten Grund könne der Bescheid nicht "rechtsgültig" sein.

Mit Beschluss vom 25. April 2005 hat das SG den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes abgelehnt. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung komme vorliegend nicht in Betracht. Es bestünden bereits erhebliche Zweifel an der Zulässigkeit und damit an den Erfolgsaussichten der Klage in der Hauptsache. Die Widersprüche des Bf. gegen die Bescheide vom 13. Dezember 2004 über die Beendigung der Mitgliedschaft vom 15. De-zember 2004 habe die Bg. mit Widerspruchsbescheid vom 09. Februar 2005 als unbegrün-det zurückgewiesen. Der Widerspruchsbescheid sei nach Lage der Akten am 11. Februar 2005 zur Post gegeben worden und gelte nach der Bekanntgabefiktion des § 37 Abs. 2 SGB X als dem Bf. am 14. Februar 2005 bekannt gegeben. Die Klagefrist sei damit nach § 87 SGG am 14. März 2005 abgelaufen. Innerhalb dieser Klagefrist habe der Bf. keine Klage erhoben.

Entgegen seines Vortrages sei eine Klageerhebung nicht bereits in dem Antragsschriftsatz vom 05. Januar 2005 zu sehen. Eine fristwahrende Klageerhebung könne auch nicht in der unter dem 14. Oktober 2004 erhobenen Klage (S 13 KR 720/04) gesehen werden. Streitge-genstand jenes Verfahrens sei die Rechtmäßigkeit der Beitragsbemessung ab dem 01. Juli 2004. Diese sei zwar Voraussetzung für die im vorliegenden Verfahren streitige Beendi-gung der Mitgliedschaft zum 15. Dezember 2004. Damit werde der Bescheid vom 13. De-zember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09. Februar 2005 jedoch nicht zum Gegenstand des bereits anhängigen Klageverfahrens hinsichtlich der Beitrags-bemessung. Die Voraussetzungen für eine Einbeziehung seien in § 96 SGG geregelt. Durch die Feststellung der Beendigung der Mitgliedschaft zum 15. Dezember 2004 habe die Bg. jedoch die bereits streitbefangene Beitragsbemessung weder abgeändert noch er-setzt.

Der Bf. könne sich im Rahmen des Verfahrens über die Gewährung einstweiligen Rechts-schutzes auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Rechtsmittelbelehrung im Wider-spruchsbescheid vom 09. Februar 2004 unterblieben sei, die Klagefrist daher nach § 66 Abs. 2 SGG ein Jahr ab Bekanntgabe betrage und deshalb die mit Schriftsatz vom 21. April 2005 unter der Bezeichnung "Widerspruch" erhobene Klage noch fristgerecht sei. Im Rahmen der vorzunehmenden summarischen Prüfung gehe das Gericht nicht davon aus, dass eine lediglich lückenhafte Bekanntgabe der Widerspruchsbescheide überwiegend wahrscheinlich sei.

Die abschließende Prüfung des Vortrages des Bf. bleibe dem Hauptsacheverfahren vorbe-halten, in welchem die Behauptung des lückenhaften Zugangs des Widerspruchsbescheides gegebenenfalls durch weitere Beweisaufnahme zur klären sein werde. Dies übersteige den Rahmen der in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vorzunehmenden Sach-verhaltsaufklärung. Im Rahmen des § 191 Satz 1 Nr. 3 SGB V sei nicht ein Rückstand mit zwei vollen Monatsbeiträgen erforderlich. Es genüge, wenn Teile dieser Monatsbeiträge nicht entrichtet seien. Der erforderliche Beitragsrückstand sei bereits eingetreten, wenn ein Monatsbeitrag voll und ein zweiter Monatsbeitrag teilweise nicht bei Fälligkeit entrichtet worden sei. Hierauf und auf die weiteren Rechtsfolgen des § 191 Satz 1 Nr. 3 SGB V habe die Bg. zu 1. den Bf. mit Schreiben vom 21. September 2004 sowie mit Bescheid vom 24. November 2004 jeweils eingehend hingewiesen. Der Hinweis habe zugleich die nach der Rechtsprechung erforderliche Information enthalten, dass der Ausschluss aus dem ge-samten System der gesetzlichen Krankenversicherung erfolge und auch das Recht entfalle, Mitglied einer anderen Krankenkasse zu werden, solange die Voraussetzungen für eine Mitgliedschaft nicht neu erfüllt würden.

Gegen den am 28. April 2005 zugestellten Beschluss richtet sich die am 12. Mai 2005 beim SG eingelegte Beschwerde, der das SG nicht abgeholfen hat.

Der Bf. hat vorgetragen, er könne seit Dezember 2004 die dringend notwendige ständige ärztliche Kontrolle und Medikamenteneinnahme nicht vornehmen. Erinnerungsschreiben der Bg. vom 21. Juni 2004 und 26. Juli 2004 habe er nicht erhalten. Der Widerspruchsbe-scheid vom 09. Februar 2005 sei ihm unvollständig übergeben worden. Dieser sei damit nicht rechtswirksam geworden. Die strittige Seite 5 des Widerspruchsbescheides habe die Bg. auch bei Übersendung des Widerspruchsbescheides per Telefax an das SG vergessen. Die Seite sei erst später nachgeliefert worden. Unter Beifügung einer Kopie der Central Krankenversicherung AG hat er ausgeführt, eine Aufnahme in die private Krankenversi-cherung sei nicht zustande gekommen. Damit bestehe für Leben und Gesundheit eine gro-ße Gefahr, weil die mit dem Diabetes und dem Bluthochdruck verbundene ärztliche Über-wachung nicht realisiert werden könne. Mit der Ablehnung einer privaten Krankenversi-cherung und der Verweigerung einer Mitgliedschaft bei der Bg. sei ein Ausschluss aus dem System der sozialen Sicherung der Bundesrepublik Deutschland eingetreten. Dies wider-spreche dem Grundgesetz.

Der Bf. beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts Chemnitz vom 25. April 2005 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 13. De-zember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09. Februar 2005 festzustellen.

Die Bg. beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, die in der Hauptsache erhobene Klage sei wegen Verfristung unzuläs-sig. Der Widerspruchsbescheid sei somit bestandskräftig geworden. Für die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes bleibe kein Raum mehr. Die Beendigung der freiwilligen Mitgliedschaft ziehe die Beendigung der Pflichtversicherung in der gesetzlichen Pflegever-sicherung mit sich und sei eine Entscheidung über die Versicherungspflicht, die von § 86 a Abs. 2 Nr. 1 SGG erfasst werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge, der Gerichtsakten des Sozialgerichts Chemnitz mit den Az. S 10 KR 720/04 und S 10 KR 254/05 sowie der Verwaltungsakten der Bg. Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere statthaft und fristgemäß erhoben (§ 172 Abs. 1, § 173 SGG).

Das SG hat zutreffend nur die Krankenversicherung als Antragsgegnerin angesehen, ob-wohl der streitgegenständliche Bescheid "auch im Auftrag der Pflegekasse erstellt" wurde. Allerdings ist auf den Widerspruch nur der Widerspruchsausschuss der Bg. tätig geworden, so dass es schon deswegen zweifelhaft ist, ob die Klage und der Antrag, die den angegrif-fenen Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides betreffen, einen Bescheid der Pflegekasse zum Gegenstand haben. Ungeachtet dessen folgt schon aus § 123 SGG i. V. m. § 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), dass der Bf. sich nur gegen die Bg., nicht aber auch gegen deren Pflegekasse gewendet hat. Denn Gegenstand des Bescheides vom 13. Dezember 2004 ist allein die Beendigung der freiwilligen Mitgliedschaft des Bf. bei der Bg ... Die Beendigung des als Pflichtmitgliedschaft konstruierten Versicherungsverhält-nisses mit der Pflegekasse (§ 20 Abs. 3 SGB XI) endet kraft Gesetzes (§ 49 Abs. 1 Satz 2 SGB XI) mit dem Ende der freiwilligen Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversi-cherung, wenn kein anderer Pflichtversicherungstatbestand eingreift und es auch zu keiner freiwilligen Weiterversicherung kommt. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Pfle-gekasse der Bg. unabhängig von der Entscheidung der Bg. eigenständig – und damit grob rechtswidrig – die Mitgliedschaft des Bf. bei der Pflegekasse beenden wollte. Selbst wenn man davon ausgeht, dass die Pflegekasse einen deklaratorischen Bescheid über das Ende der Mitgliedschaft des Klägers erlassen wollte, ist aufgrund der vorstehenden Ausführun-gen davon auszugehen, dass dieser deklaratorische Bescheid unter der aufschiebenden Be-dingung der Wirksamkeit des Bescheides der Bg. ergangen ist.

Die Beschwerde ist auch begründet. Zu Unrecht hat das SG den Antrag des Bf. auf "Ge-währung einstweiligen Rechtsschutzes" abgelehnt.

Der Antrag des Bf. auf "Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes" war dahin auszulegen (§ 123 SGG), dass es ihm – nach Klageerhebung in der Hauptsache – um die Weiterfüh-rung der freiwilligen Mitgliedschaft bei der Bg. geht. Dazu bedarf es jedoch keines Eilver-fahrens ("Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes"), da die aufschiebende Wirkung kraft Gesetzes eintritt. Das Gericht kann aber auf Antrag durch Beschluss aussprechen, dass die Klage aufschiebende Wirkung hat (deklaratorischer Beschluss; Meyer-Ladewig, SGG, 7. Aufl., § 86b Rn. 15 m.w.N. und § 86a Rn. 8).

Hier ist die aufschiebende Wirkung der Klage festzustellen. Nach § 86a Abs. 1 SGG hat die Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung, wobei dies auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Drittwirkung gilt.

Hinsichtlich des Begehrens des Bf. in der Hauptsache – Zurücknahme der angefochtenen Bescheide der Bg. hinsichtlich der Beendigung der freiwilligen Mitgliedschaft bei dieser und der damit kraft Gesetzes verbundenen Beendigung der Pflichtmitgliedschaft bei der Pflegekasse (mit der Möglichkeit der Weiterversicherung nach § 26 SGB XI) – ist die Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG) – gegebenenfalls verbunden mit einer Fest-stellungsklage nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG – richtige Klageart (vgl. BSG SozR 3-2500 § 191 Nr. 2). Entgegen der Rechtsansicht der Bg. entfällt die aufschiebende Wirkung nach § 86a Abs. 2 SGG nicht. Nach Abs. 2 Nr. 1 der Vorschrift entfällt die aufschiebende Wir-kung bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten.

Diese Tatbestandsvoraussetzungen, wobei hier allein ein Ausschluss der aufschiebenden Wirkung nach § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG in Betracht kommt, sind hier nicht erfüllt. Die Ent-scheidung der Bg. betrifft keine Entscheidung über eine Versicherungspflicht, sondern eine über die Beendigung der freiwilligen Mitgliedschaft des Bf. nach § 191 Nr. 3 SGB V.

Unbeachtlich ist auch der Einwand der Bg. die Klage des Bf. in der Hauptsache gegen den Widerspruchsbescheid vom 09. Februar 2005 sei wegen Versäumung der einmonatigen Klagefrist unzulässig. Jedenfalls in den Fällen der deklaratorischen Feststellung der auf-schiebenden Wirkung kommt es nicht auf die Erfolgsaussicht an. Die aufschiebende Wir-kung tritt nach § 86a Abs. 1 SGG kraft Gesetzes ein. Selbst die Unzulässigkeit des Rechts-behelfs oder des Rechtsmittels lassen die aufschiebende Wirkung nicht entfallen (wie hier Keller in Meyer-Ladewig, SGG, 8. Aufl., § 86a Rn. 10 m.w.N., siehe ferner Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl. § 80 Rn. 50). Dies gebietet die Rechtssicherheit in be-sonderer Weise. Es muss für die Beteiligten unmittelbar erkennbar sein, ob eine aufschie-bende Wirkung eingetreten ist. Daher ist grundsätzlich auf den formalen Vorgang der Ein-legung des Rechtsbehelfs bzw. des Rechtsmittels abzustellen. Ob etwas anderes im Fall der offensichtlichen Unzulässigkeit gilt, kann hier dahingestellt bleiben. Aufgrund der sich widersprechenden Angaben und der Unklarheit, ob und wann dem Bf. der vollständige Bescheid mit Rechtsbehelfsbelehrung bekannt gegeben worden ist, liegt ein derartiger Fall hier nicht vor.

Dass eine Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung bei einer Entscheidung über die Be-endigung einer freiwilligen Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung hat, widerspricht auch nicht dem Sinn und Zweck der Vorschrift. Nach Abs. 2 Nr. 1 entfällt die aufschiebende Wirkung in den Fällen, in denen die Funktionsfähigkeit der Leistungsträger, insbesondere der Sozialversicherung, zu sichern ist. Damit verbleibt es bei dem geltenden Recht, wenn die Entscheidung über die Pflicht zur Zahlung oder die Anforderung von Bei-trägen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben im Streit ist (Gesetzesentwurf der Bundesregierung BT-Drs. 14/5943, S. 25). D. h. die Funktionsfähigkeit der Bg. wird durch die aufschiebende Wirkung einer Anfechtungsklage gegen Bescheide, die die freiwillige Mitgliedschaft eines Versicherten beenden, nicht beeinträchtigt. Der Krankenkasse ist es unbenommen, gegenüber dem säumigen Mitglied ihre Beitragsforderung geltend zu ma-chen, denn insoweit entfällt die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage.

Die weiteren Voraussetzungen des § 86a Abs. 2 SGG sind nicht erfüllt, insbesondere han-delt es sich hier nicht um eine Anfechtungsklage in Angelegenheiten der Sozialversiche-rung bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung herabsetzen oder entziehen (§ 86a Abs. 2 Nr. 3 SGG)

Sofern die Bg. darauf verweist, die Beendigung der freiwilligen Mitgliedschaft ziehe die Beendigung der Pflichtversicherung in der gesetzlichen Pflegeversicherung nach sich und sei insofern eine Entscheidung über die Versicherungspflicht, die von § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG erfasst werde, ist dies nur teilweise zutreffend. Nach § 20 Abs. 3 SGB XI sind frei-willige Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig in der so-zialen Pflegeversicherung, d. h. wer Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung ist, ist auch Mitglied der sozialen Pflegeversicherung. Die Mitgliedschaft bei der Pflegekasse endet mit dem Tod des Mitglieds oder mit Ablauf des Tages, an dem die Voraussetzungen des § 20 oder des § 21 SGB XI entfallen, sofern nicht das Recht zur Weiterversicherung nach § 26 SGB XI ausgeübt wird (§ 49 Abs. 1 Satz 2 SGB XI). Da die Mitgliedschaft in der gesetzlichen Pflegeversicherung eines freiwillig in der gesetzlichen Krankenversiche-rung Versicherten von dessen Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung ab-hängt, hat die aufschiebende Wirkung einer Anfechtungsklage gegen die Beendigung einer freiwilligen Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung zugleich aufschieben-de Wirkung in Bezug auf eine Pflichtmitgliedschaft in der gesetzlichen Pflegeversiche-rung, da diese – wie hier – allein vom Bestehen der Mitgliedschaft in der freiwilligen Krankenversicherung abhängt. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 und 4 SGG

Diese Entscheidung ist endgültig (§ 177 SGG)
Rechtskraft
Aus
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