L 6 KR 771/03

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Nordhausen (FST)
Aktenzeichen
S 6 KR 388/02
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 KR 771/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Reicht ein Apotheker einer Krankenkasse ärztliche Verordnungen entgegen den Bestimmungen des am 1. November 1998 in Kraft getretenen Arznei- und Hilfsmittellieferungsvertrages (abgeschlossen nach § 129 Abs. 5 SGB V von Landesverbänden von Krankenkassen mit einem Landesverband der Apotheken, hier: Thüringer Apothekenverband) verspätet ein, kann er seinen Anspruch auf Vergütung nicht mehr geltend machen. Dies ergibt sich mangels ausdrücklicher Regelung aus dem Sinn und Zweck der im Vertrag geregelten Abrechnungsmodalitäten.

2. Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag bzw. aus Bereicherungsrecht sind angesichts der vertraglichen Sonderregelung ausgeschlossen (vgl. BSG vom 17. Mai 2000 - Az.: B 3 KR 19/99 B).
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nordhausen vom 30. Juni 2003 in der Fassung des Urteilsergänzungsbeschlusses vom 13. Oktober 2003 wird zurückgewiesen.

Das Urteil des Sozialgerichts Nordhausen vom 30. Juni 2003 in der Fassung des Urteilsergänzungsbeschlusses vom 13. Oktober 2003 wird hinsichtlich der Entscheidung über die Kosten abgeändert.

Der Kläger trägt die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens und die Kosten des Berufungsverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auch für das Berufungsverfahren auf 239,84 Euro festgesetzt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch des Klägers auf Vergütung der von ihm an zwei Versicherte der Beklagten (BKK) gelieferten Arzneimittel streitig.

Der Kläger ist Apotheker und betrieb bis zum Frühjahr 2005 die S.-Apotheke in Bad L.

Der Kläger lieferte aufgrund ärztlicher Verschreibungen in sieben Fällen Arzneimittel an zwei Versicherte der Beklagten und reichte dieser die sieben ärztlichen Verschreibungen jeweils später als einen Monat nach Ablauf des Kalendermonats der Belieferung zur Bezahlung ein. Die Beklagte bezahlte die mit den eingereichten Verschreibungen jeweils geforderten Beträge in der Folgezeit. Sie ließ danach dem Kläger durch ihre Abrechnungsstelle so genannte Berichtigungsmitteilungen übersenden, denen Kopien der Verschreibungen in digitalisierter Form (sog. Images) mit dem jeweiligen Abzugsbetrag sowie dem Vermerk "Verordnung ungültig" beigefügt waren. Der jeweilige Abzugsbetrag errechnete sich aus dem Gesamtbetrag der Verschreibung abzüglich des fünfprozentigen Krankenkassenrabatts gemäß § 130 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V). Dabei belief sich der Abzugsbetrag der zwei Verschreibungen betreffenden Berichtigungsmitteilung vom 20. Oktober 2000 auf insgesamt 143,69 DM (entspricht 73,47 EUR), der vier Verschreibungen betreffenden Berichtigungsmitteilung vom 2. Juli 2001 auf insgesamt 292,13 DM (entspricht 149,36 EUR) sowie der eine Verschreibung betreffenden Berichtigungsmitteilung vom 6. Juli 2001 auf 33,27 DM (entspricht 17,01 EUR), mithin auf insgesamt 469,09 DM (entspricht 239,84 EUR).

Auf die jeweiligen Einsprüche des Klägers hin begründete die Beklagte die Absetzungen ausweislich der Angaben des Klägers damit, dass gemäß der Nummer 4.2 Abs. 1 des Arznei- und Hilfsmittelliefe¬rungsvertrags (AHLV) die Rezepte spätestens einen Monat nach Ablauf des Kalendermonats der Belieferung bei der Verrechnungsstelle einzureichen seien, was jedoch hinsichtlich der sieben berichtigten Verschreibungen nicht ge¬schehen sei. Die tatsächliche Belastung des Kontos des Klägers über einen Gesamtbetrag von 73,47 Euro erfolgte am 25. Januar 2001 sowie über einen weiteren Gesamtbetrag von 166,37 Euro am 7. September 2001.

Am 18. März 2002 hat der Kläger Zahlungsklage bei dem Sozialgericht Nordhausen erhoben und zur Begründung geltend gemacht, die Beklagte sei trotz der Überschreitung der Abrechnungsfrist nicht zur Zahlungsverweigerung berechtigt, denn die Formulierung der Nummer 4.2. Abs. 1 AHLV begründe keinen Rechts¬verlust. Wäre etwas Derartiges gewollt gewesen, hätte dies ausdrücklich geregelt werden müssen. Auch aus den gemäß § 69 Satz 3 SGB V entsprechend anwendbaren schuldrechtlichen Grundsätzen folge kein Recht der Beklagten, die Zahlung zu verweigern. Vielmehr seien die Sanktionen bei Vertragsverstößen abschließend in Nummer 5.3. Abs. 1 AHLV geregelt. Außerdem dürften die geforderten Beträge weder rechnerisch noch sachlich gemäß Nummer 4.7 Abs. 1 AHLV berichtigt werden. Schließlich sei die Beklagte auch unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsfüh¬rung ohne Auftrag sowie unter bereicherungsrechtlichen Gesichtspunkten zur Zahlung ver¬pflichtet. Dies ergebe sich ebenfalls aus § 69 Satz 3 SGB V. Der geltend gemachte Zinsanspruch gründe sich auf §§ 286 Abs. 2 Nr. 3, 291 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB).

Das Sozialgericht Nordhausen hat die Klage mit Urteil vom 30. Juni 2003 abgewiesen, die Erstattung der außergerichtlichen Kosten ausgeschlossen und zur Begründung ausgeführt, dass es sich bei der Fristbestimmung der Nummer 4.2. Abs. 1 AHLV um eine Ausschlussfrist handele, so dass der Zahlungsanspruch des Klägers, wenn er nach der vereinbarten Monatsfrist abrechne, wieder entfalle. Dies ergebe sich aus Sinn und Zweck der Vorschrift und bedürfe keiner ausdrücklichen Regelung. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus den ergänzenden Bestimmungen des AHLV, insbesondere nicht aus der Vertragsmaßnahmenbestimmung der Nummer 5.3. Der AHLV sei außerdem lex specialis gegenüber den allgemeinen zivilrechtlichen Bestimmungen, so dass ein Rückgriff insbesondere auf das Bereicherungsrecht ausscheide. Das Sozialgericht hat im Urteil die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

Auf Antrag der Beklagten vom 12. August 2003 hat das Sozialgericht Nordhausen mit Urteilsergänzungsbeschluss vom 13. Oktober 2003 dem Kläger, gestützt auf § 197a des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i.V.m. § 154 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), die Gerichtskosten auferlegt und gleichzeitig den Streitwert auf 239,84 Euro festgesetzt.

In seiner am 5. September 2003 gegen das seinem Bevollmächtigten am 7. August 2003 zugegangenen Urteil eingelegten Berufung wiederholt der Kläger im Wesentlichen seinen erstinstanzlichen Vortrag und fügt ergänzend hinzu, dass die Beklagte keine Rechtsgrundlage für die Rückforderung der bereits gezahlten Arzneimittelkosten gehabt habe. Der hier zugunsten der Beklagten allein in Betracht kommende Bereicherungsanspruch bestehe im vorliegenden Fall nicht, da der Kläger den zunächst von der Beklagten erhalten Arzneimittelkaufpreis nicht ohne rechtlichen Grund erhalten habe.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Nordhausen vom 30. Juni 2003 zu verurteilen, an ihn 239,84 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 v.H. über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatzüberleitungsgesetzes (ab 1. Januar 2002 über dem Basiszinssatz nach § 247 Abs. 1 BGB) aus 73,47 Euro seit dem 25. Januar 2001 und aus 166,37 Euro seit dem 7. September 2001 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie stützt sich zur Begründung im Wesentlichen auf die Gründe des angefochtenen Urteils und führt ergänzend aus, dass, falls man trotz des klaren Wortlauts des AHLV zu dem Ergebnis komme, für den Fall der verspäteten Einreichung der Verordnungen bestehe keine Sanktionsmöglichkeit, es sich dabei um eine planwidrige Vertragslücke handeln müsse, die gemäß Nummer 5.6 Abs. 2 AHLV nach Sinn und Zweck des Vertrags zu schließen sei. Die Monatsfrist mache aber nur dann Sinn, wenn die Überschreitung auch entsprechend sanktioniert werden könne.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des aus dem Verfahren Az. L 6 KR 770/03 beigezogenen Rahmenvertrags nach § 129 SGB V (in Kraft getreten am 01. Juli 1993), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die frist- und formgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung ist, obwohl der Wert des Beschwerdegegenstandes gemäß § 144 Abs.1 Satz 1 Nr.1 SGG 500,- EUR nicht übersteigt, zulässig, denn das Sozialgericht hat die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 144 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 SGG). An diese Zulassung ist der Senat gemäß § 144 Abs. 3 SGG gebunden.

Außerdem sind zu dem Rechtsstreit die Versicherten, an die der Kläger die Arzneimittel abgegeben hat, nicht gemäß § 75 Abs. 2 SGG beizuladen. Denn die Entscheidung über den erhobenen Zahlungsanspruch greift nicht so unmittelbar in ihre Rechtssphäre ein, dass sie auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen könnte (vgl. BSG, Urteil vom 17. Januar 1996 – Az.: 3 RK 26/94, BSGE 77, S. 194 ff.).

Die Berufung ist jedoch unbegründet.

Zwar ist die Klage zulässig. So ist der Sozialrechtsweg für Rechtsstreitigkeiten zwischen nichtärztlichen Leistungserbringern und Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 SGG gegeben (vgl. BSG, Urteil vom 24. Januar 1990 – Az.: 3 RK 11/88, SozR 3-2200 § 367d Nr. 1 sowie Limpinsel in Jahn/Klose, Sozialgesetzbuch (SGB) für die Praxis – Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung, Stand: Mai 2005, § 69 Rdnrn. 3 und 6). Zu Recht hat der Kläger auch eine Leistungsklage erhoben. Die Beteiligten stehen nämlich in einem Gleichordnungsverhältnis zueinander, in dem Verwaltungsakte nicht ergehen können (vgl. BSG, Urteil vom 17. Januar 1996, a.a.O.). Insbesondere war auch kein gesetzliches Vorverfahren durchzuführen; auf das vertragliche Einspruchsverfahren nach Nummer 4.7 Abs. 4 AHLV kommt es insoweit nicht an.

Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung der begehrten Arzneimittelkosten.

Dies ergibt sich nach Auffassung des Senats aus einer Zusammenschau der hier allein zugrunde zu legenden Nummern 4.1 Abs. 1, 4.2 Abs. 1, 4.3 Abs. 7 sowie 4.7 AHLV.

Im Krankenversicherungsrecht selbst gibt es keine Normen, die das Zahlungsbegehren des Klägers regeln. Vielmehr bestimmt allein § 69 i.V.m. § 129 SGB V die Rechtsbeziehungen zwischen den Krankenkassen und den Apotheken. Nach letzterer Vorschrift sind die Beziehungen vertraglich zu gestalten und werden daher, entgegen der Auffassung des Klägers, gerade nicht nach den Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag abgewickelt (vgl. BSG, Urteil vom 17. Januar 1996, a.a.O.).

§ 129 SGB V regelt den Abschluss von Rahmenverträgen über die Arzneimittelversorgung, und zwar in Absatz 2 bis 4 auf Bundesebene und in Absatz 5 auf Landesebene. Nach Absatz 2 regeln die Spitzenverbände der Krankenkassen und die für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildete maßgebliche Spitzenorganisation der Apotheker in einem gemeinsamen Rahmenvertrag das Nähere für die Abgabe verordneter Arzneimittel an Versicherte. Für die hier maßgeblichen Zeiträume (Dezember 1998 bis Januar 2000) enthielt jedoch der Rahmenvertrag nach § 129 SGB V vom 10. März 1993, der bis zum 31. Dezember 2000 galt, keine Bestimmungen über das Zustandekommen und die Abwicklung des Zahlungs- und Lieferanspruchs zwischen Krankenkasse und Apotheke. Solche Bestimmungen gehören im Übrigen auch nicht zu dem in §§ 129 Abs. 1, 4 und 6, 130 SGB V gesetzlich vorgeschriebenen (Mindest-)Inhalt der Rahmenverträge nach § 129 Abs. 2 SGB V.

Nach § 129 Abs. 5 SGB V können deshalb die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen mit der für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen maßgeblichen Organisation der Apotheker auf Landesebene ergänzende Verträge schließen. Letzteres ist mit dem zwischen den Landesverbänden der in den Kopfzeilen des AHLV genannten Krankenkassen und dem Landesverband der Apotheken, hier dem Thüringer Apothekerverband e.V., abgeschlossenen und zum 1. November 1998 in Kraft getretenen AHLV geschehen. Unstreitig sind im Übrigen im vorliegenden Fall der Kläger und die Beklagte gemäß § 129 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Abs. 3 SGB V den Rechtswirkungen des AHLV unterworfen; der Kläger ist Mitglied des Thüringer Apothekerverbands (Nummer 1.2 Abs. 2 AHLV) und die Beklagte eine Betriebskrankenkasse (Nummer 1.2 Abs. 1 AHLV i.V.m. § 2 Abs. 5 des Rahmenvertrags nach § 129 SGB V).

Die nach § 129 SGB V abgeschlossenen Verträge, also auch der hier zugrunde zu legende AHLV, regeln vorrangig nicht die Beziehungen zwischen den vertragsschließenden Verbänden, sondern zwischen den einzelnen Krankenkassen und den Apothekern. Sie wirken insoweit normativ und sind wie Rechtsnormen allein nach dem "objektivierten Willen des Gesetzes" auszulegen (vgl. BSG, Urteil vom 17. Januar 1996, a.a.O.).

In Anwendung dieser Grundsätze folgt nach Überzeugung des Senats und in Übereinstimmung mit der erstinstanzlichen Entscheidung sowie der Auffassung der Beklagten, dass es sich bei der Bestimmung der Nummer 4.2 Abs. 1 AHLV, die die Frist für die Abrechnung von Verordnungen regelt, welche der Kläger hinsichtlich der streitigen sieben Verordnungen unstreitig nicht eingehalten hatte, um eine Ausschlussfrist handelt mit der Folge, dass der Kläger nach Ablauf der Frist seinen Anspruch gegen die Beklagte auf Vergütung der "verfristeten" Verordnungen nicht mehr geltend machen kann.

Zwar ist dem Kläger zuzustimmen, dass sich diese Rechtsfolge nicht ausdrücklich aus dem AHLV ergibt, da dieser außer der Vorschrift der Nummer 5.3 über Vertragsmaßnahmen keine Sanktionsvorschrift für eine Verletzung z.B. der hier maßgeblichen Abrechnungsfrist nach Nummer 4.2 Abs. 1 enthält. Bei der gebotenen und allein den "objektivierten Willen des Gesetzes" zu erforschenden Auslegung des AHLV (s.o.) folgt jedoch, dass Nummer 4.2 Abs. 1 keine bloß unverbindliche Ordnungsvorschrift ist, deren Verletzung folgenlos bleibt. Vielmehr ergibt sich aus Sinn und Zweck der im AHLV geregelten Abrechnungsmodalitäten, nämlich der Sicherstellung einer angesichts der enormen Anzahl regelmäßiger Abrechnungsvorgänge erforderlichen effizienten und zügigen Rechnungslegung, dass eine Abrechnung von Arzneimittellieferungen, neben der hier nicht einschlägigen Arzneimittelvereinbarung gemäß § 300 SGB V, nur nach den Maßgaben der Bestimmungen des AHLV erfolgt. Wird danach – wie hier – unter Nichteinhaltung der vertraglichen Abrechnungsfrist abgerechnet, so ist die Abrechnung nicht vertragsgemäß und damit unzulässig. Der Vergütungsanspruch des vertragswidrig handelnden Apothekers gegen die Krankenkasse kann folglich nicht mehr geltend gemacht werden.

Dem so gewonnenen Ergebnis widerspricht nicht der Umstand, dass die Krankenkasse die Arzneimittelkosten bereits an den Kläger bezahlt hatte, denn diese Zahlung erfolgt ohne Prüfung der sachlichen und rechnerischen Richtigkeit und deshalb gemäß Nummer 4.3 Abs. 7 AHLV auch nur unter Vorbehalt. Die sachliche und rechnerische Prüfung bleibt nach dieser Vorschrift dem nachfolgenden Beanstandungsverfahren nach Nummer 4.7 AHLV vorbehalten. Unschädlich ist dabei entgegen der Auffassung des Klägers, dass in Nummer 4.7 AHLV die Verletzung der Abrechnungsfrist nach Nummer 4.2 Abs. 1 nicht ausdrücklich als Beanstandungsgrund genannt ist. Der Grund für die Beanstandung ist hier vielmehr die sachliche Unrichtigkeit der vom Kläger angesetzten Arzneimittelkosten der maßgeblichen sieben Verschreibungen, da für diese ein Vergütungsanspruch nicht mehr geltend gemacht werden kann. Dieser Beanstandungsgrund ist aber unzweifelhaft von der Bestimmung der Nummer 4.7 AHLV umfasst. Dagegen ist die Verletzung der Abrechnungsfrist nach Nummer 4.2 Abs. 1 AHLV lediglich die Begründung für den Beanstandungsgrund "fehlender Vergütungsanspruch". Der Vollständigkeit halber bleibt anzufügen, dass wegen der Anwendbarkeit der vertraglichen Vorschrift der Nummer 4.7 AHLV, für die Rückabwicklung der unter Vorbehalt seitens der Beklagten erfolgten Bezahlung der Arzneimittelkosten eben nicht, wie der Kläger meint, der Rückgriff auf bereicherungsrechtliche Grundsätze zulässig ist. Ebenso wenig ist im vorliegenden Fall § 50 Abs. 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) anwendbar, da hier Nummer 4.7 AHLV als vertragliche Grundlage für die von der Beklagten im Wege der Verrechnung vorgenommenen Rückbuchungen Vorrang genießt.

Auch aus der Vorschrift der Nummer 5.3 AHLV über Vertragsmaßnahmen ergibt sich nicht, dass das Entfallen des Vergütungsanspruchs eine unzulässige Rechtsfolge wäre. Bei den Vertragsmaßnahmen der Nummer 5.3 AHLV handelt es sich vielmehr um zusätzliche Sanktionen für Vertragsverstöße, die neben den ohnehin aus dem vertragswidrigen Verhalten resultierenden Rechtsfolgen als strafähnliche Sanktion verhängt werden können. Das Entfallen des Vergütungsanspruchs wegen eines vertragswidrigen Verhaltens ist eine bloße vertragliche Rechtsfolge ohne strafähnlichen Charakter und bleibt deshalb von den möglichen Vertragsmaßnahmen unberührt.

Schließlich scheidet hier auch die vom Kläger behauptete Anwendbarkeit der Regelungen über die Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA) bzw. aus dem Bereicherungsrecht auf die Zahlungspflicht von Krankenkassen für ärztlich verordnete Arzneimittel nach höchstrichterlicher Rechtsprechung aus (vgl. z.B. BSG, Beschluss vom 17. Mai 2000 – Az.: B 3 KR 19/99 B, m.w.N., zitiert nach juris). Aufwendungsersatzansprüche nach den Vorschriften über die GoA sind danach dann nicht gegeben, wenn besondere Bestimmungen des bürgerlichen Rechts das Verhältnis zwischen Geschäftsführer und Geschäftsherrn abweichend regeln oder wenn Vorschriften des öffentlichen Rechts eine erschöpfende Regelung darstellen, die einen Rückgriff auf die Grundsätze über die GoA nicht erlaubt. Das Gleiche gilt in Bezug auf die Anwendbarkeit der zivilrechtlichen Grundsätze über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung, der die besonderen Erfordernisse des auf der vertragsärztlichen Verordnung basierenden Versorgungssystems entgegenstehen. Bestimmungen, die die Vergütung ärztlicher oder sonstiger Leistungen von der Erfüllung bestimmter formaler oder inhaltlicher Voraussetzungen abhängig machen, haben innerhalb dieses Systems die Funktion zu gewährleisten, dass sich die Leistungserbringung nach den für die (vertragsärztliche) Versorgung geltenden gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen vollzieht. Das wird dadurch erreicht, dass dem Arzt oder sonstigen Leistungserbringer für Leistungen, die er unter Verstoß gegen derartige Vorschriften bewirkt, auch dann keine Vergütung zusteht, wenn diese Leistungen im übrigen ordnungsgemäß erbracht sind. Ihre Steuerungsaufgabe könnten die genannten Regelungen nicht erfüllen, wenn der Arzt oder der mit ihm zusammenarbeitende nichtärztliche Leistungserbringer die gesetz- oder vertragswidrig bewirkten Leistungen über einen Wertersatzanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung oder einen Aufwendungsersatzanspruch aus GoA im Ergebnis dennoch vergütet bekäme (so BSG, Beschluss vom 17. Mai 2000, a.a.O.). Entsprechendes muss auch für die – formalen – Voraussetzungen der Frist und der Form der an die Leistung anschließenden Abrechnung gelten, da auch hier die betreffenden Regelungen ihre Steuerungsaufgabe im Hinblick auf die Sicherstellung einer angesichts der enormen Anzahl regelmäßiger Abrechnungsvorgänge erforderlichen effizienten und zügigen Rechnungslegung ansonsten nicht erfüllen könnten.

Da der Kläger mithin keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung der begehrten Arzneimittelkosten hat, entfällt auch der mit der Klage geforderte Verzugsschaden in Form von Zinsen gemäß §§ 247 Abs. 1, 288 Abs. 2 BGB i.V.m. § 69 SGB V.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO. § 197a SGG ist anzuwenden, wenn – wie hier – in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören. Im vorliegenden Fall waren dem Kläger die Kosten des Berufungsverfahrens (§ 162 Abs. 1 VwGO) aufzuerlegen, da seine Berufung ohne Erfolg geblieben ist.

Dementsprechend war auch der Tenor des Urteils des Sozialgerichts Nordhausen vom 30. Juni 2003 in der Fassung des Urteilsergänzungsbeschlusses vom 13. Oktober 2003 im Kostenausspruch insoweit abzuändern, als dort die Kostenerstattung, betreffend die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten, ausgeschlossen wird und dem Kläger die Gerichtskosten auferlegt werden. Gemäß § 154 Abs. 1 i.V.m. § 162 Abs. 1 VwGO umfasst die Kostentragungspflicht des unterlegenen Teils grundsätzlich die gesamten Verfahrenskosten des Rechtszugs, also Gerichtskosten und außergerichtliche Kosten. Gründe für ein Abweichen von diesem Grundsatz benennt das Sozialgericht nicht und sind auch sonst nicht ersichtlich. Dem Kläger waren deshalb gemäß § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO auch die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens aufzuerlegen. Die Abänderung durch das Berufungsgericht ist auch zulässig, obwohl nur der Kläger Rechtsmittel gegen das erstinstanzliche Urteil eingelegt hat, denn der Grundsatz des Verbots der reformatio in peius, der aus § 123 SGG folgt und der gemäß § 153 Abs. 1 SGG auch für das Berufungsverfahren gilt, findet auf die Kostenentscheidung keine Anwendung (vgl. Mayer-Ladewig in Mayer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 8. Auflage 2005, § 123 Rdnr. 5; Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, 13. Auflage 2003, Vorbem. vor § 154 Rdnr. 5).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG i.V.m. §§ 13 Abs. 2, 14, 22 Abs. 1, 25 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) in der bis zum 30. Juni 2004 gültigen Fassung (GKG a.F.) sowie § 72 Nr. 1 des Gerichtskostengesetzes in der ab 1. Juli 2004 gültigen Fassung (GKG n.F.). Danach bemisst sich der Wert des Streitgegenstandes in Übereinstimmung mit der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung nach den mit der Leistungsklage geltend gemachten Arzneimittelkosten Die daneben geltend gemachten Zinsansprüche bleiben bei der Wertfestsetzung außer Betracht.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil Gründe im Sinne des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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