L 10 AL 4/03

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 13 AL 739/01
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 10 AL 4/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 04.12.2002 und der Bescheid vom 07.07.2000 in der Fassung des Bescheides vom 26.07.2000 und in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.08.2001 aufgehoben. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
II. Auf die Klage wird der Bescheid vom 13.12.1999 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 30.12.1999, 04.01.2000, 21.03.2000 und vom 24.03.2000 abgeändert und die Beklagte verurteilt, der Klägerin ab 01.12.1999 das Arbeitslosengeld unter Erhöhung des ungerundeten Bemessungsentgeltes vom 10 vH zu gewähren. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
III. Die Beklagte hat die Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Klägerin beider Instanzen zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Höhe des Arbeitslosengeldes (Alg).

Die 1944 geborene Klägerin war bis zum 30.11.1999 als Kassiererin beschäftigt. Sie meldete sich am 22.11.1999 persönlich arbeitslos und beantragte Alg. Nach der Arbeitsbescheinigung der Arbeitgeberin vom 26.11.1999 bezog die Klägerin in den letzten zwölf Monaten (Dezember 1998 bis November 1999) ein versicherungspflichtiges Bruttoarbeitsentgelt von 41.716,00 DM. Die Beklagte bewilligte ab 01.12.1999 Alg in Höhe von wöchentlich 297,22 DM für die Dauer von 660 Kalendertagen (Bescheid vom 13.12.1999). Der Berechnung lag ein Bemessungsentgelt von wöchentlich 800,00 DM zu Grunde (Leistungsgruppe A/ Kindermerkmal 0).

Mit Widerspruch vom 23.12.1999 beanstandete die Klägerin unter Bezugnahme auf Gehaltsabrechnungen - die in Abweichung zur Arbeitsbescheinigung vom 26.11.1999 zusätzlich für den Monat November 1999 eine Überstundengrundvergütung von brutto 317,40 DM und ein Weihnachtsgeld von brutto 1.976,00 DM sowie für den Monat Juli 1999 ein Urlaubsgeld von brutto 1.675,00 DM auswiesen - die Höhe des Alg und die Anspruchsdauer. Die Beklagte half dem Widerspruch insofern ab, als die Dauer des Anspruches auf 780 Kalendertage abgeändert wurde (Änderungsbescheid vom 30.12.1999).

Mit weiterem Änderungsbescheid vom 04.01.2000 erhöhte die Beklagte in Anwendung der ab 01.01.2000 geltenden Leistungsentgeltverordnung 2000 den Alg-Zahlbetrag ab 01.01.2000 auf wöchentlich 304,71 DM.

Auf Nachfrage der Beklagten vom 31.01.2000, ob sie den Widerspruch aufrecht erhalte, hielt die Klägerin mit Schreiben vom 27.02.2000 (persönlich am 28.02.2000 abgegeben) an ihrem Widerspruch fest. Sie führte an, dass ihr Bruttoarbeitslohn in der Zeit vom 01.12.1998 bis 30.11.1999 insgesamt 45.684,40 DM betragen habe und sich hieraus ein Alg in Höhe von monatlich 1.388,00 DM errechne. Auf dem Schreiben war handschriftlich vermerkt: "Ergänzung Gesamtbrutto DM 42.224,40 v. 1.1. - 30.11.99 + Gehalt v. Dez. 98 DM 3.460,00 = Gesamtbrutto v. Dez. 98 - Nov. 99 45.684,40 DM."

Mit Bescheiden vom 21.03.2000 hob die Beklagte den Bescheid vom 13.12.1999 auf und bewilligte Alg ab 01.12.1999 in Höhe von wöchentlich 299,74 DM für eine Dauer von 780 Kalendertagen und unter Berücksichtigung eines Bemessungsentgelts - jetzt mit Einschluss der im November 1999 bezogenen Überstundengrundvergütung - von wöchentlich 810,00 DM. Mit Änderungsbescheid vom 24.03.2000 erfolgte die rückwirkende Anpassung an die Leistungsentgeltverordnung 2000 (Alg-Zahlbetrag ab 01.01.2000 wöchentlich 307,30 DM).

Mit Schreiben vom 01.07.2000 beantragte die Klägerin die Überprüfung der Bescheide vom 13.12.1999 und 21.03.2000 nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Die Erhöhung des Zahlbetrages um 2,00 DM könne nicht richtig sein, da ein Gesamtbruttoverdienst von 45.684,40 DM bei der Bemessung des Alg zu berücksichtigen sei. Dies hätte auch eine Mitarbeiterin der Widerspruchsstelle des Arbeitsamtes N. am 28.02.2000 schriftlich auf dem persönlich abgegebenen Schreiben vom 27.02.2000 vermerkt.

Den Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 07.07.2000 ab, da die Alg-Berechnung nicht zu beanstanden sei. Dagegen erhob die Klägerin den Widerspruch vom 12.07.2000. Die Mitarbeiterin der Widerspruchsstelle hätte schriftlich bestätigt, dass bei der Berechnung ein Betrag von 5.684,40 DM vergessen worden sei.

Mit Änderungsbescheid vom 26.07.2000 erhöhte die Beklagte ab 22.06.2000 das Bemessungsentgelt um 10 vH auf 890,00 DM (Leistungssatz wöchentlich 328,93 DM), da nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 24.05.2000 einmalig gezahlte Arbeitsentgelte bei beitragsfinanzierten Lohnersatzleistungen zu berücksichtigen seien. Zur Begründung ihres Widerspruches vom 24.08.2000 führte die Klägerin aus, dass die "Nachzahlung" für die Zeit vom 01.12.1999 bis 21.06.2000 fehle. Auch sei das Gehalt für Dezember 1998 bei der Alg-Berechnung vergessen worden.

Nach Dynamisierung des Bemessungsentgelts zum 01.12.2000 ohne Änderung des Bemessungsentgeltes (Arbeitsentgelt wöchentlich 894,49 DM) erhöhte die Beklagte auf Grund der ab 01.01.2001 geltenden Leistungsentgeltverordnung 2001 den Alg-Zahlbetrag ab 01.01.2001 auf wöchentlich 338,66 DM (Änderungsbescheid vom 03.01.2001).

Die Widersprüche vom 12.07.2000 und 24.08.2000 wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 20.08.2001 zurück. Die Klägerin bringe vor, dass Einmalzahlungen bei der Alg-Berechnung zu berücksichtigen seien. Jedoch komme eine Erhöhung des Bemessungsentgelts um 10 vH für Ansprüche, über die am 21.06.2000 bereits unanfechtbar entschieden worden sei, erst vom 22.06.2000 an in Betracht. Vorliegend sei über den Alg-Anspruch (zuletzt) mit Änderungsbescheid vom 24.03.2000 bestandskräftig entschieden worden, mithin die Erhöhung zutreffend ab 22.06.2000 festgesetzt worden.

Hiergegen erhob die Klägerin die unter dem Az: S 13 AL 739/01 geführte Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG). Sie hielt daran fest, dass das Bemessungsentgelt zu niedrig sei. Der Verdienst für Dezember 1998 und anteiliges Urlaubs- und Weihnachtsgeld sei nicht berücksichtigt worden.

In der Folgezeit dynamisierte die Beklagte mit Bescheid vom 20.12.2001 das Bemessungsentgelt zum 01.12.2001 und erhöhte es auf wöchentlich 910,00 DM (Zahlbetrag 344,19 DM). Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 21.05.2002). Zur Begründung der dagegen zum SG erhobenen Klage (Az: S 13 AL 440/02) verwies die Klägerin auf eine fehlerhafte Alg-Berechnung. Bei Berücksichtigung des Gehaltes für Dezember 1998 ergäbe sich ein höheres Alg.

Ebenfalls im Verlauf des Klageverfahrens setzte die Beklagte mit Bescheid vom 03.01.2002 und Widerspruchsbescheid vom 21.05.2002 den Zahlbetrag des Alg ab 01.01.2002 auf wöchentlich 176,05 EUR (= 344,32 DM) fest (Bemessungsentgelt wöchentlich 465,00 EUR). Grund hierfür sei die Anwendung der ab 01.01.2002 geltenden Leistungsentgeltverordnung 2002. Am 23.05.2002 erhob die Klägerin hiergegen Klage zum SG (Az: S 13 AL 441/02). Sie gab im Wesentlichen an, dass das Alg zu niedrig bemessen sei. Das Gehalt für Dezember 1998 sei nicht berücksichtigt worden.

Das SG hat die Klagen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und mit Urteil vom 04.12.2002 abgewiesen. Der Bescheid vom 21.03.2000 sei nicht zu beanstanden, da die Beklagte nach Vorlage der Verdienstbescheinigungen und Berücksichtigung der Überstundengrundvergütung aus dem November 1999 das Bemessungsentgelt zutreffend berechnet habe. Der Bemessungszeitraum habe sich auch auf den Monat Dezember 1998 bezogen. Das auf den Widerspruch vom 23.12.1999 hin durchgeführte Widerspruchsverfahren sei durch den nicht angefochtenen Änderungsbescheid vom 21.03.2000 abgeschlossen worden, so dass über den Alg-Anspruch bestandskräftig entschieden worden sei und die Beklagte die Erhöhung des Bemessungsentgeltes um 10 vH zu Recht erst ab 22.06.2000 vorgenommen habe. Die Dynamisierung des Alg zum 01.12.2001 und die Anpassung des Alg ab 01.01.2002 an die Leistungsentgeltverordnung 2002 seien ebenfalls nicht zu beanstanden.

Gegen das Urteil hat die Klägerin, die seit dem 19.02.2002 Arbeitslosenhilfe (Alhi) bezieht (bewilligt mit Bescheid vom 22.02.2002 und weiterbewilligt mit Bescheid vom 13.02.2003), am 03.01.2003 Berufung eingelegt. Es gehe ihr um die Berechnung des Alg und der Alhi. Die Höhe des Alg könne nicht stimmen, da sich bei einer Steigerung des Bemessungsentgeltes von 465,00 auf 910,00 DM nur eine Erhöhung des Zahlbetrages um 0,13 DM ergeben habe (Hinweis auf die Bescheide vom 20.12.2001 und 03.01.2002). Das Urlaubs- und Weihnachtsgeld sei bei der Bemessung zu berücksichtigen. Trotz schriftlicher Bestätigung einer Mitarbeiterin der Beklagten habe die Beklagte das im Monat Dezember 1998 erzielte Bruttoarbeitsentgelt bei der Bemessung nicht einbezogen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, 1. das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 04.12.2002 aufzuheben und a) den Bescheid der Beklagten vom 07.07.2000 in der Fassung des Bescheides vom 26.07.2000 und in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.08.2001 aufzuheben, und b) den Bescheid vom 20.12.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2002 und den Bescheid vom 03.01.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2002 aufzuheben, sowie 2. auf ihre Klage hin den Bescheid vom 13.12.1999 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 30.12.1999, 04.01.2000, 21.03.2000, 24.03.2000 und vom 03.01.2001 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab 01.12.1999 ein höheres Arbeitslosengeld zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen und die Klage gegen den Bescheid vom 13.12.1999 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 30.12.1999, 04.01.2000, 21.03.2000, 24.03.2000 und vom 03.01.2001 abzuweisen, soweit das Klagebegehren über eine Erhöhung des ungerundeten Bemessungsentgeltes für die Zeit vom 01.12.1999 bis 21.06.2000 um 10 vH hinaus geht.

Sie bezieht sich auf ihre vorhergehenden Ausführungen. Bei der schriftlichen Bestätigung handele es sich nur um eine Ergänzung des von der Klägerin persönlich abgegebenen Schreibens. Im Übrigen hat die Beklagte im Erörterungstermin vom 15.07.2005 anerkannt, das ungerundete Bemessungsentgelt für die Zeit vom 01.12.1999 bis 21.06.2000 um 10 vH zu erhöhen.

Während des Berufungsverfahrens änderte die Beklagte mit den Bescheiden vom 17.01.2003 (Widerspruchsbescheid vom 20.02.2003) und 03.01.2004 (Widerspruchsbescheid vom 27.04.2004) den Zahlbetrag der Alhi ab 01.01.2003 bzw. 01.01.2004 nach Maßgabe der ab 01.01.2003 bzw. 01.01.2004 geltenden Leistungsentgeltverordnungen. Die jeweils dagegen erhobenen und unter den Az: S 8 AL 180/03 und S 8 AL 293/04 geführten Klagen - die Klägerin hat erneut eine fehlerhafte Bemessung vorgebracht - hat das SG zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und mit Urteil vom 16.03.2005 abgewiesen, da die Neubemessungen der Alhi nach den jeweils geltenden Leistungsentgeltverordnungen nicht zu beanstanden seien.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogene Akte der Beklagten, auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz und auf die weiteren Akten des SG (S 8 AL 180/03 und S 8 AL 293/04) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) und zum Teil begründet. Das SG hat unzutreffend die Klage gegen den Bescheid vom 26.07.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.08.2001 abgewiesen. Die Bewilligung des Alg ist insofern rechtswidrig, als die Klägerin von der Beklagten bereits ab 01.12.1999 ein höheres Alg beanspruchen kann und zwar unter der Berücksichtigung einer Erhöhung des bisher errechneten ungerundeten Bemessungsentgelts um 10 vH. Die Klagen gegen den Bescheid vom 20.12.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2002 und gegen den Bescheid vom 03.01.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2002 hat das SG zu Recht abgewiesen.

Gegenstand der Klagen und der Berufung sind der Bescheid vom 07.07.2000 in der Fassung des Bescheides vom 26.07.2000 und in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.08.2001 (Überprüfung nach § 44 SGB X), der Bescheid vom 20.12.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2002 (Dynamisierung) sowie der Bescheid vom 03.01.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2002 (Anwendung der Leistungsentgeltverordnung 2002).

Aber auch der Bewilligungsbescheid vom 13.12.1999 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 30.12.1999 und 21.03.2000 ist Gegenstand der Klage und der Berufung. Die Klägerin hat mit den zum SG erhobenen Klagen deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie sich gegen die Bemessung des Alg wendet. Der Einbeziehung in das Klageverfahren steht nicht die - vom SG angenommene - Bestandskraft des Bescheides vom 13.12.1999 in der Fassung der Änderungsbescheide entgegen. Gegen den Bewilligungsbescheid vom 13.12.1999 hat die Klägerin mit Schreiben vom 23.12.1999 Widerspruch erhoben, wobei die nachfolgenden Änderungsbescheide u.a. vom 30.12.1999 und 21.03.2000 Gegenstand des Widerspruchsverfahrens geworden sind. Einen Abschluss hat dieses Widerspruchsverfahren bisher nicht gefunden, da die Beklagte durch den Änderungsbescheid vom 21.03.2000 den Widerspruch nicht durch Abhilfe erledigt hat. Zwar hat die Beklagte über den Alg-Anspruch der Klägerin neu entschieden, allerdings hat sie dem Widerspruch nur zum Teil - hinsichtlich der Anspruchsdauer - abgeholfen. Abgeholfen im Sinne des § 85 Abs 1 SGG ist dem Widerspruch, wenn dem Begehren des Widerspruchsführers in vollem Umfang stattgegeben wird. Ausweislich ihres Schreibens vom 27.02.2000, mit dem die Klägerin an dem Widerspruch vom 23.12.1999 festhielt, ging es ihr auch um die Höhe des Alg und zwar unter Berücksichtigung eines Bemessungsentgelts von 45.684,40 DM. Sie hat den begehrten Leistungssatz konkret beziffert ("monatlich 1.388,00 DM"). Es kommt nicht darauf an, aus welchen Gründen die Klägerin der Auffassung ist, dass ein Bemessungsentgelt in dieser Höhe der Alg-Berechnung zu Grunde zu legen sei. Vielmehr ist entscheidend, dass die Änderungsbescheide die Klägerin nicht klaglos gestellt haben, zumal die Klägerin einen deutlich höheren Alg-Zahlbetrag erwartet hatte. Das Widerspruchsverfahren ist demnach nicht durch Abhilfe beendet worden.

Ebenfalls Gegenstand des Verfahrens sind die während des Klageverfahrens ergangenen Änderungsbescheide vom 04.01.2000 und 24.03.2000 (Anwendung der Leistungsentgeltverordnung 2000) sowie vom 03.01.2001 (Anwendung der Leistungsentgeltverordnung 2001), da diese Bescheide den ursprünglichen Bewilligungsbescheid insofern abändern, als die bewilligte Leistung erhöht wird (§ 96 Abs 1 SGG).

Nachdem das SG eine Entscheidung über den Bewilligungsbescheid vom 13.12.1999 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 30.12.1999 und 21.03.2000 sowie der Änderungsbescheide vom 04.01.2000, 24.03.2000 und 03.01.2001 nicht getroffen hat, entscheidet der Senat erstinstanzlich. Das Fehlen eines Widerspruchsbescheides ist für die Zulässigkeit der Klage ohne Bedeutung. Denn die Beklagte hat eindeutig zu erkennen gegeben, dass sie dem Anliegen der Klägerin auf Bemessung des Alg nach einem Bruttoarbeitsentgelt in der von der Klägerin genannten Höhe nicht folgt.

Nicht zum Gegenstand des Klageverfahrens oder Berufungsverfahrens geworden sind dagegen die Bescheide über die Alhi-Bewilligung vom 22.02.2002 und 13.02.2003 sowie die nachfolgenden Änderungsbescheide vom 17.01.2003 und 03.01.2004 jeweils in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 20.02.2003 bzw. 27.04.2004, über die das SG mit Urteil vom 16.03.2005 entschieden hat. Eine Einbeziehung nach § 96 Abs 1 SGG scheidet aus, da durch die Alhi-Bewilligungsbescheide die bisher angegriffenen Bescheide nicht abgeändert oder ersetzt wurden. Eine entsprechende Anwendung des § 96 Abs 1 SGG aus prozessökonomischen Gründen kommt ebenfalls nicht in Betracht. Zwar bestimmt sich das Bemessungsentgelt für die Alhi grundsätzlich nach dem hier streitigen Bemessungsentgelt, nach dem das Alg zuletzt bemessen worden ist (§ 200 Abs 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch -SGB III- in der bis 31.12.2004 geltenden Fassung). Allerdings betrifft die Alhi-Bewilligung einen neuen Leistungsanspruch, dessen Voraussetzungen über denen des Alg-Anspruches hinausgehen, so dass mit einer Entscheidung über den Alg-Anspruch nicht auch abschließend über die Alhi-Bescheide entschieden werden kann.

Der Bewilligungsbescheid vom 13.12.1999 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 30.12.1999 und 21.03.2000 sowie der Änderungsbescheide vom 04.01.2000 und 24.03.2000 ist insofern rechtswidrig, als nach der nunmehr zu Grunde zu legenden Rechtslage das Bemessungsentgelt nicht erst ab 22.06.2000, sondern bereits ab 01.12.1999 um 10 vH zu erhöhen war. Die Anspruchsdauer hat die Beklagte zutreffend bestimmt, wobei sich die Dauer des Alg-Anspruches aus § 127 Abs 2 SGB III in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung ergibt. Bei vollendetem 55. Lebensjahr beträgt die Dauer (höchstens) 26 Monate; dies sind 780 Kalendertage (§ 339 Satz 1 SGB III).

Nach § 129 Nr 2 SGB III beträgt das Alg für Arbeitslose, die - wie die Klägerin - nicht mindestens ein Kind im Sinne des § 32 Abs 1, 3 bis 5 des Einkommensteuergesetzes haben, 60 vH des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt). Das Bemessungsentgelt ist nach § 132 Abs 1 SGB III in der bis 31.12.2001 anzuwendenden Fassung das im Bemessungszeitraum durchschnittlich auf die Woche entfallende Entgelt, das der Erhebung der Beiträge nach dem SGB III zugrunde lag. Für die Berechnung des Bemessungsentgelts ist das Entgelt im Bemessungszeitraum durch die zahl der Wochen zu teilen, für die es gezahlt worden ist (§ 132 Abs 2 Satz 1 SGB III). Der Bemessungszeitraum umfasst die Entgeltabrechnungszeiträume, die in den letzten 52 Wochen vor der Entstehung des Anspruches, in denen Versicherungspflicht bestand, enthalten sind und beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem letzten Versicherungspflichtverhältnis vor der Entstehung des Anspruches abgerechnet waren (§ 130 Abs 1 SGB III in der bis 31.12.2004 anzuwendenden Fassung); vorliegend also die Entgeltabrechnungszeiträume Dezember 1998 bis November 1999.

Nach § 134 Abs 1 Satz 1 SGB III in der bis 31.12.2004 anzuwendenden Fassung ist für Zeiten einer Beschäftigung als Entgelt nur das beitragspflichtige Arbeitsentgelt zu berücksichtigen, das der Arbeitslose erzielt hat. Außer Betracht bleiben Arbeitsentgelte, die einmalig gezahlt worden sind (§ 134 Abs 1 Satz 3 Nr 1 SGB III in der vor dem 01.01.2001 anzuwendenden Fassung).

Zutreffend hat die Beklagte das Bruttoarbeitsentgelt (Festgehalt, Kassenzulage, Überstundengrundvergütung, ohne Einmalzahlungen), das die Klägerin ausweislich der Gehaltsabrechnungen in der Zeit von Dezember 1998 bis November 1999 erhalten hat, der Beitragsbemessung zugrunde gelegt. Im Einzelnen ergibt sich ein Bruttoentgelt für die Monate Dezember 1998 bis Juli 1999 von jeweils 3.460,00 DM, für August bis Oktober 1999 jweils 3.509,00 DM sowie für November 1999 in Höhe von 3.826,40 DM, also insgesamt 42.033,40 DM. Hieraus ergibt sich ein Bemessungsentgelt von gerundet wöchentlich 810,00 DM (42.033,40 DM / 52 Wochen = ungerundet 808,33 DM). Das Leistungsentgelt bestimmt sich nach dem pauschal um die gewöhnlich anfallenden gesetztlichen Abzüge geminderten Bemessungsentgelt (§ 136 Abs 1 SGB III). Für das Jahr 1999 sind die entsprechenden Werte der Leistungsengeltverordnung 1999 zu entnehmen, wobei sich bei einem Bemessungsentgelt von wöchentlich 810,00 DM und unter Berücksichtigung der Leistungsgruppe A / Kindermerkmal 0 ein Zahlbetrag von wöchentlich 299,74 DM ergibt.

Allerdings ist zu berücksichtigen, dass bereits ab Entstehung des Alg-Anspruches am 01.12.1999 das Bemessungsentgelt um 10 vH zu erhöhen ist. Dies ergibt sich aus § 434c Abs 1 Satz 1 SGB III (eingefügt mit Wirkung vom 01.01.2001). Da sich die Höhe des vor dem 01.01.2001 entstandenen Alg-Anspruches der Klägerin nach § 134 Abs 1 Satz 3 Nr 1 SGB III in der vor dem 01.01.2001 geltenden Fassung richtet, ist nach dieser Vorschrift das errechnete Bemessungsentgelt, das sich vor der Rundung ergibt, ab 01.12.1999 um 10 vH zu erhöhen. Über den Alg-Anspruch der Klägerin war noch nicht unanfechtbar entschieden, so dass die Erhöhung nicht erst ab dem 22.06.2000 gilt (§ 434c Abs 1 Satz 2 SGB III).

Dagegen ist entgegen der Auffassung der Klägerin der Bemessung nicht ein Bruttoarbeitsentgelt von 45.684,40 DM zugrundezulegen. Auf eine Zusicherung der Mitarbeiterin der Beklagten kann sich die Klägerin nicht berufen. Die handschriftlichen Ergänzungen auf dem Schreiben vom 27.02.2000 erläutern lediglich das Widerspruchsvorbringen der Klägerin. Allein aus dem Umstand, dass eine Bedienstete der Beklagten der Klägerin behilflich war und deren Widerspruchsbegehren handschriftlich festgehalten hat, kann keine schriftliche Zusage gefolgert werden, Alg unter Berücksichtigung des notierten Bemessungsentgeltes zu bewilligen (vgl § 34 Abs 1 Satz 1 SGB X).

Demnach ist der Bewilligungsbescheid vom 13.12.1999 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 30.12.1999 und 21.03.2000 sowie der Änderungsbescheide vom 04.01.2000 und 24.03.2000 insofern abzuändern, als die Klägerin Alg bereits ab 01.12.1999 unter Berücksichtigung einer Erhöhung des Bemessungsentgelts um 10 vH verlangen kann. Der Änderungsbescheid vom 03.01.2001 ist nicht zu beanstanden, da die Beklagte bei der Anwendung der Leistungsentgeltverordnung 2001 das zutreffende Bemessungsentgelt zugrunde gelegt hat.

Aus den genannten Gründen ist auch der Bescheid vom 07.07.2000 und der Bescheid vom 26.07.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.08.2001 aufzuheben. Die Beklagte hat unrichtig die Abänderung des (nicht bestandskräftigen) Bewilligungsbescheides vom 13.12.1999 abgelehnt. Auch durfte die Beklagte nicht im Rahmen eines Zugunstenverfahrens nach § 44 Abs 1 SGB X entscheiden. Entgegen dem Wortlaut dieser Vorschrift ("auch nachdem er unanfechtbar geworden ist") ist nicht davon auszugehen, dass § 44 Abs 1 SGB X für jeden Fall der Überprüfung - auch nicht bestandskräftiger Bescheide - einschlägig ist. Denn ansonsten würde sich jeder Rechtsbehelf gegen einen nicht günstigenden Verwaltungsakt als Verfahren gemäß § 44 SGB X darstellen.

Die Dynamisierung des Alg zum 01.12.2001 und die Anpassungen des Alg ab 01.01.2002 an die Leistungsentgeltverordnung 2002 erfolgten unter Berücksichtigung eines zutreffenden Bemessungsentgeltes, so dass die Bescheide vom 20.12.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2002 und vom 03.01.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2002 nicht zu beanstanden sind. Dem steht das Vorbringen der Klägerin nicht entgegen, die Höhe des Alg könne nicht stimmen, da sich bei einer Steigerung des Bemessungsentgeltes von 465,00 auf 910,00 DM nur eine Erhöhung des Zahlbetrages um 0,13 DM ergeben habe. Die Klägerin übersieht, dass der Betrag des Bemessungsentgeltes im Bescheid vom 20.12.2001 in DM und im Bescheid vom 03.01.2002 in EUR ausgewiesen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Hinblick auf das teilweise Obsiegen der Klägerin ist der Beklagten die Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Klägerin aufzuerlegen.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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