L 4 B 220/05 KR ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 11 KR 161/05 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 B 220/05 KR ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 4. Mai 2005 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der 1960 geborene Antragsteller ist Mitglied der Antragsgegnerin. Er hat mit Schreiben vom 29.03.2005 bei der Antragsgegnerin die sofortige Kostenübernahme für ein Gehgestell, Sauerstofftherapiegeräte, zwei Duschschieberollstühle, Unterarmgehstützen, einen Rollstuhl für Straßenverkehr und zwei weitere Rollstühle beantragt. Eine ärztliche Verordnung lag nicht vor. Der Antragsteller gab an, er habe seit 1988 in N. keinen Kassenarzt ausfindig machen können, der eine Behandlung, Diagnostik und Beurteilung der bei ihm vorliegenden Erkrankungen hätte anbieten können. Die Beklagte hat den Antrag mit Bescheid vom 08.04.2005 abgelehnt. Hiergegen hat der Antragsteller mit Schreiben vom 12.04.2005 Widerspruch eingelegt. Mit Schreiben ebenfalls vom 12.04.2005, beim Sozialgericht Nürnberg eingegangen am 14.04.2005, beantragte er den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Die Antragsgegnerin sollte verpflichtet werden, ihm die beantragten Hilfsmittel sofort zu bewilligen. Hilfsweise beantragte er, ihm die Kosten für einen Umzug nach Nordrhein-Westfalen zu bezahlen, ihm Stellen zu nennen, die für einen Umzug in eine behindertengerechte Wohnung nach Nordrhein-Westfalen zuständig sind, ihm Kassenfachärzte in N. zu benennen, die über ausreichende Kompetenz verfügen, die Notwendigkeit eines Umzugs nach Nordrhein-Westfalen zu erkennen, ihm die Fahrtkosten zu bezahlen, um Fachärzte aufzusuchen, die auf dem Gebiet seiner Erkrankung versiert sind und schließlich, den vor dem Sozialgericht 1997 geschlossenen Vergleich sofort zu erfüllen. Am 06.04.2005 teilte er mit, durch den behandelnden Arzt sei eine Rollstuhlversorgung verschrieben worden.

Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 04.05.2005 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Soweit der Antragsteller multiple Hilfsmittel begehre, fehle es nicht lediglich an einem glaubhaft gemachten Anspruchsgrund, dieser sei nach dem Sachstand schlechthin ausgeschlossen.

Die vom Antragsteller hilfsweise wiederholten Anträge seien bereits Gegenstand früherer Antragsverfahren gewesen. Die Antragsgegnerin habe vertragsärztliche Leistungserbringer benannt. Die gesetzliche Krankenversicherung (und damit die Antragsgegnerin) sei nicht verpflichtet, Aufklärung und Hilfestellung für den Umzug in ein anderes Bundesland zu leisten. Da auch für Fahrkosten zu einer ambulanten Behandlung eine vertragsärztliche Verordnung Voraussetzung sei und diese Verordnung fehle, bestehe auch insoweit kein Anordnungsanspruch.

Hiergegen richtet sich die am 10.05.2005 beim Sozialgericht Nürnberg eingegangene Beschwerde, zu deren Begründung der Kläger darauf hinweist, er leide an MCS, einer Krankheit, die von Fachärzten diagnostiziert und wissenschaftlich gesichert sei und nur deshalb zu seinem Tode führen werde, weil er keinen Arzt finden könne, der diese Krankheit zu behandeln vermöge. Die von der Antragsgegnerin benannten N. Kassenärzte hätten ihm mehrfach erklärt, sie könnten keine Behandlung anbieten und also auch keine ärztliche Bescheinigung ausstellen. Er habe Anspruch auf sämtliche von ihm beantragten Hilfsmittel.

Der Antragsteller beantragte sinngemäß, den Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 04.05.2005 aufzuheben und den im Antragsverfahren gestellten Anträgen vollumfassend stattzugeben.

Die Antragsgegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie legt einen Bescheid vom 12.05.2005 vor, worin sie dem Antragsteller einen Faltrollstuhl leihweise zur Verfügung stellt.

Die vertragsärztliche Verordnung vom 27.04.2005 war per Fax am 06.05.2005 eingegangen.

Beigezogen wurden die Akten des Sozialgerichts, auf den Inhalt im Übrigen Bezug genommen wird.

II.

Die frist- und formgerecht eingelegte Beschwerde, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat, ist zulässig (§§ 172, 173, 174 SGG). Die Beschwerde ist unbegründet.

Das Sozialgericht hat zutreffend den Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.

Gemäß § 86b Abs.2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschert werden könnte (Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Beide Arten einstweiliger Anordnung setzen einen Anordnungsanspruch - dies ist der materielle Anspruch, für den der Antragsteller vorläufigen Rechtsschutz sucht - und einen Anordnungsgrund voraus, der insbesondere in der Eilbedürftigkeit einer vorläufigen Regelung besteht. Beide Voraussetzungen sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs.2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs.2 ZPO). Ein Anordnungsanspruch ist nicht glaubhaft gemacht.

Bezüglich der vom Antragsteller beanspruchten Hilfsmittelversorgung hat das Sozialgericht im angefochtenen Beschluss zutreffend ausgeführt, dass Versicherte Hilfsmittel gemäß § 33 Abs.1 Satz 1 nur beanspruchen können, wenn diese im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen. Diese Notwendigkeit ist durch vertragsärztliche Verordnung festzustellen. Für den von der Antragsgegnerin bewilligten Faltrollstuhl liegt nun eine solche Verordnung vor, was die Behauptung des Antragstellers, ihm sei geeignete ärztliche Behandlung nicht verfügbar, widerlegt. Für die außerdem beantragten Hilfsmittel fehlt die Verordnung.

Soweit der Antragsteller weiterhin Hilfestellung der Antragsgegnerin im Zusammenhang mit dem von ihm für notwendig erachteten Umzug nach Nordrhein-Westfalen im Wege der einstweiligen Anordnung verlangt, ist dem Sozialgericht ebenfalls dahingehend zu folgen, dass der Wohnsitzwechsel freie Entscheidung der Versicherten ist und Leistungen hierzu von den gesetzlichen Krankenversicherungen nicht zu erbringen sind. Soweit der Antragsteller Fahrkosten zur ambulanten fachärztlichen Behandlung in Wege der einstweiligen Anordnung fordert, fehlt hier ebenso wie bei den Hilfsmitteln ein Anordnungsanspruch. Die Voraussetzungen des § 60 SGB V sind nach der im Anordnungsverfahren ausreichenden summarischen und pauschalen Prüfung der Sach- und Rechtslage nicht erfüllt.

Soweit der Antragsteller schließlich fordert, die Beklagte zu verpflichten, den am 19.08.1997 geschlossenen Vergleich (Aktenzeichen S 7 KR 45/96) sofort zu erfüllen, wird darauf hingewiesen, dass Punkt III. des Vergleichs nicht gegeben ist. Der Antragsteller trägt selbst vor, dass eine Behandlung seiner Krankheit in Nordrhein-Westfalen (also im Inland) möglich ist. Außerdem handelt es sich nicht um die Regelung eines vorläufigen Zustandes, sondern um ein rechtskräftig beendetes Verfahren.

Wegen des fehlenden Anordnungsanspruchs braucht nicht überprüft zu werden, ob ein Anordnungsgrund vorliegt. Eine einstweilige Anordnung kann nicht erlassen werden.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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