L 11 B 257/05 SO ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
11
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 9 SO 58/05 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 B 257/05 SO ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 24.03.2005 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der 1951 geborene Antragsteller (Ast) beantragte bei der Antragsgegnerin (Ag) mit Schreiben vom 03.12.2004 einmalige Beihilfen gemäß §§ 12, 21 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) "wegen Wohnungseinrichtung für 2004" für eine neu angemietete Wohnung in der L.str., N. , sowie für im Einzelnen aufgezählte Bekleidungsgegenstände. Der Mietvertrag sei nach Auskunft der Wohnungsbaugesellschaft G. (Vermieter) von der AG genehmigt worden, weswegen er nunmehr zur Einrichtung derselben die aufgezählten Gegenstände benötige.

Die Ag legte ein Schreiben der Wohnungsbaugesellschaft N. Gruppe, Immobilienunternehmen, vom 14.09.2004, eingegangen am 11.10.2004, vor, wonach dem Ast bestätigt wird, dass man bereit sei, ihm eine Wohnung in der L.str., N. , mietweise voraussichtlich ab 01.10.2004 zu überlassen. Voraussetzung für den Abschluss eines Mietvertrages sei die Einzahlung der ersten Miete in Höhe von 192,80 EUR, einer Sicherheitsleistung in Höhe von 3 Monatsmieten (578,40 EUR), Vorauszahlung der Betriebskosten in Höhe von 83,00 EUR und der Namensschilder in Höhe von 21,00 EUR. Unter Hinweis auf seine Mitwirkungspflicht und Rechtsfolgen im Falle einer Nichtmitwirkung (§§ 60, 66 Abs 1 SGB I) lud die Ag den Ast mit Schreiben vom 16.12.2004 zu einer Vorsprache am 21.12.2004, um den Sachverhalt weiter aufklären zu können.

Der Ast ließ den Termin ergebnislos verstreichen und drohte mit Schreiben vom 13.01.2005, den Rechtsweg zu beschreiten.

Mit Schreiben vom 19.01.2005 lud die Ag den Ast zu einem weiteren Termin zur Sachaufklärung am 26.01.2005, zudem der Ast wiederum nicht erschien.

Die Ag versagte daraufhin mit Bescheid vom 26.01.2005 die Bewilligung von Sozialhilfe ab dem 10.12.2004 wegen mangelnder Mitwirkung des Ast bei der notwendigen Sachaufklärung gemäß §§ 60, 66 Abs 1 SGB I.

Die hiergegen zum Bayer.Verwaltungsgericht Ansbach erhobene Klage ist nach Rechtswegverweisung nunmehr beim Sozialgericht Nürnberg (SG) unter dem Az: S 9 SO 62/05 anhängig.

Am 10.02.2005 beantragte der Ast beim Verwaltungsgericht Ansbach, die Ag im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm sofort die beantragten Mittel, also Mietkosten und Wohnungseinrichtung für eine neu angemietete Wohnung in der L.str., N. , sowie für Bekleidungsgegenstände zur Verfügung zu stellen.

Das Verwaltungsgericht Ansbach verwies auch dieses Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes an das SG, das nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 24.03.2005, zu der der Ast nicht erschienen ist, mit Beschluss vom selben Tage den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ablehnte. Der Ast sei trotz hinreichender Belehrung wiederholt den Aufforderungen zur Sachverhaltsaufklärung iS des § 60 SGB I nicht nachgekommen. Zur Überzeugung des SG sei ein persönliches Mitwirken und auch ein persönliches Erscheinen des Ast bei der Ag zur weiteren Sachverhaltsaufklärung zwingend erforderlich gewesen. So sei z.B. der Mietvertrag entgegen den Ausführungen des Ast nicht zu den Akten der Ag gelangt. Darüber hinaus seien u.a. wegen unbekannten Aufenthaltes der Ehefrau des Ast weitere Fragen zu klären gewesen, weil nach den der Ag vorliegenden Unterlagen der Ast nach wie vor unter seiner früheren Anschrift zu erreichen sei und dort lebe. Die Ag habe mithin keine Möglichkeit zur Prüfung gehabt, welche Hausrats- und Wohnungsgegenstände der Ast benötige und welche er aus seiner bisherigen Wohnung übernehmen könne.

Hiergegen wendet sich der Ast mit seiner am 12.05.2005 beim SG eingegangenen Beschwerde. Ohne einen ausdrücklichen Antrag zu stellen, führt er aus, das SG habe einseitig die Angaben der Gegenseite berücksichtigt. Die Ag sei seit Oktober 2004 nicht mehr bereit gewesen, seine Anträge entgegenzunehmen. Die Ag habe den Abschluss des Mietvertrages mündlich zugestimmt und müsse deshalb als Kostenträger eintreten. Er selbst habe schriftlich alle notwendigen Unterlagen eingereicht. Den Termin vom Januar 2005 habe er wegen Erkrankung nicht annehmen könnnen.

Die Ag tritt dem entgegen und beantragt sinngemäß, die Beschwerde zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die vorliegenden Gerichtsakten in beiden Rechtszügen sowie auf die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Der Ast bezieht seit dem 01.01.2005 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Auf eine gerichtliche Anfrage vom 23.06.2005 hat er nicht mehr reagiert.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Das SG hat ihr nicht abgeholfen (§ 174 SGG).

Die Beschwerde des Ast ist jedoch unbegründet, weil es das SG zu Recht abgelehnt hat, die Ag im Wege der einstweiligen Anordnung zur Übernahme der geltend gemachten Leistungen nach dem BSHG bzw nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) zu verpflichten.

Eine einstweilige zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis (Regelungsanordnung) ist zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86 b Abs 2 Satz 2 SGG). Das ist etwa dann der Fall, wenn dem Ast ohne eine solche Anordnung schwere oder unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (so BVerfG vom 25.10.1988 BVerfGE 79, 69/74 und vom 19.10.1977 BVerfGE 46, 166/179; Niesel, Der Sozialgerichtsprozess, 4. Auflage 2005, RdNr 643).

Eine solche Regelungsanordnung setzt aber voraus, dass der Antragsteller Angaben zum Vorliegen eines Anordnungsgrundes - dass ist in der Regel die Eilbedürftigkeit - und zum Vorliegen eines Anordnungsanspruches - dass ist der materiell-rechtliche Anspruch, auf den er sein Begehren stützt - glaubhaft machen kann (§ 86 b Abs 2 Sätze 2, 4 SGG iVm § 920 Abs 2, § 294 Abs 1 Zivilprozessordnung - ZPO -; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage 2005, § 86 b RdNr 41).

Bei der hier erforderlichen Überprüfung der Sach- und Rechtslage (vgl dazu im Einzelnen BVerfG vom 12.05.2005 Az: 1 BvR 569/05) zeigt sich, dass dem Ast weder ein Anordnungsgrund noch ein Anordnungsanspruch zur Seite steht.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung des Vorliegens eines Anordnungsgrundes, also der Eilbedürftigkeit der Sache, ist in jeder Lage des Verfahrens, insbesondere also auch im Beschwerdeverfahren, der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung. Vor dem Hintergrund des bisherigen Verhaltens des Ast, insbesondere unter Berücksichtigung seiner Beschwerdeschrift vom 10.05.2005, kann der Senat zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Eilbedürftigkeit der Sache feststellen. Die dem Senat vorliegenden Unterlagen deuten eher darauf hin, dass der Mietvertrag - der Ast hat einen solchen noch nicht vorgelegt - bislang auch noch nicht abgeschlossen worden ist. In den Akten findet sich ein Schreiben der W. N. Gruppe Immobilienunternehmen, vom 14.09.2004, wonach Voraussetzung für den Abschluss eines Mietvertrages die Zahlung von insgesamt 737,30 EUR sei. Die Ermittlungen der Ag deuten ebenfalls darauf hin, dass der Ast nach wie vor (auch) unter seiner bisherigen Wohnadresse zu erreichen ist. Der Ast hat es insoweit unterlassen, an der weiteren Sachverhaltsaufklärung substantiiert mitzuwirken, ganz zu schweigen von einer Glaubhaftmachung der Eilbedürftigkeit einer Entscheidung. Insoweit ist es dem Ast zumutbar, eine solche Entscheidung in einem etwaigen Hauptsacheverfahren abzuwarten.

Der Senat hat aber auch durchgreifende Bedenken gegen das Vorliegen eines Anordnungsanspruches. Er schließt sich hier den Ausführungen des SG im angefochtenen Beschluss an, dessen Entscheidungsgründen er diesbezüglich folgt (§ 142 Abs 2 Satz 3 SGG).

Im Hinblick auf die Beschwerdebegründung des Ast bleibt lediglich anzumerken, dass der Ast keine überzeugenden Gründe dafür vorbringen kann, warum es ihm nunmehr über 8 Monate hinweg nicht möglich gewesen sein soll, die von der Ag geforderten Unterlagen beizubringen und die noch offenen Fragen aufzuklären. Er hat es aber insbesondere auch unterlassen, sich für das Nichterscheinen zu den Terminen bei der Ag bzw beim SG vorab - etwa telefonisch - zu entschuldigen und eine Terminsverlegung zu beantragen. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 31.01.2005 rechtfertigt das nicht, sie allein zeigt auch nicht, warum dem Ast eine Besprechung der Angelegenheit nicht möglich gewesen sein soll. Nähere Erläuterungen des Ast hierzu fehlen. Ebenso hat er auf die Anfrage des Senats vom 23.06.2005 nicht mehr reagiert, so dass der Senat insgesamt zur Überzeugung gelangt ist, dass die Angaben des Ag zu seiner mangelnden Mitwirkung im Verwaltungsverfahren glaubhaft sind. Nachdem auch die erforderlichen Hinweise auf die Rechtsfolgen einer solchen mangelnden Mitwirkung erteilt worden sind, bestehen aus derzeitiger Sicht keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Ag vom 26.01.2005.

Vor diesem Hintergrund führt auch die erforderliche Güter- und Folgenabwägung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren (vgl dazu BVerfG vom 12.05.2005 aaO) zu keinem anderen Ergebnis, weil es dem Ast unbenommen bleibt, nunmehr am Verwaltungsverfahren iS der §§ 60 ff SGB I mitzuwirken und so die erforderlichen Leistungen zu erhalten, sofern sie ihm in der Sache überhaupt zustehen.

Die Beschwerde hat nach alledem keinen Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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