L 8 B 272/05 AL ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 7 AL 189/05 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 8 B 272/05 AL ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Augsburg vom 20. Mai 2005 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Mit Bescheid vom 18.03.2005 lehnte die Agentur für Arbeit Augsburg (Bg.) den Antrag des Beschwerdeführers (Bf.) auf Gewährung von Überbrückungsgeld zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit nach § 57 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) ab, weil seit der Beendigung einer Förderung der selbständigen Tätigkeit nach diesem Buch noch nicht 24 Monate vergangen seien. Der dagegen erhobene Widerspruch, mit dem der Bf. im Wesentlichen vortrug, dass die Förderung des Arbeitslosen, mit dem Ziel, diesen in eine adäquate Beschäftigung zu bringen, aus Sicht der Bg. höchste Priorität haben sollte und es auch nicht einzusehen sei, warum die "Härtefallregelung" nicht angewandt werden könne, wurde mit Widerspruchsbescheid vom 24.03.2005 als unbegründet zurückgewiesen.

Hiergegen hat der Bf. am 30.03.2005 Klage zum Sozialgericht (SG) Augsburg erhoben und gleichzeitig einen Antrag auf vor- läufigen Rechtsschutz gestellt. Die Klage bzw. den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz hat der Bf. erneut dahingehend begründet, dass zwar seit der Beendigung der Förderung (30.06. 2003) einer selbständigen Tätigkeit nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) noch nicht 24 Monate vergangen seien, die Bg. jedoch nicht hinreichend geprüft habe, ob bei ihm besondere Gründe vorliegen, die es gestatten würden, von dieser Frist abzusehen (§ 57 Abs.4 SGB III). Den Antrag hat das SG mit Beschluss vom 20.05.2004 abgelehnt. Die Regelungsanordnung des § 86b Abs.2 Sozialgerichtsgesetz - SGG - diene der vorläufigen Einräumung einer bislang noch nicht bestehenden Rechtsposition. Es müsse ein Anordnungsanspruch bestehen, das heißt der materiell-rechtliche Anspruch, für den der vorläufige Rechtsschutz begehrt werde, müsse mit ausreichender Wahrscheinlichkeit bestehen. Bei Ermessensentscheidungen müsse eine Ermessensreduzierung auf null vorliegen. Es seien die Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu berücksichtigen. § 57 Abs.4 SGB III stelle eine Ausnahmeregelung dar. Besondere Gründe dürften vorliegen, wenn nach den Umständen des Einzelfalles die Wartefrist von 24 Monaten im Hinblick auf den Grund der Beendigung der selbständigen Tätigkeit objektiv als unverhältnismäßig anzusehen sei. Allerdings müssten die besonderen Gründe "in" der Person des Antragstellers liegen und sie dürften ihm nicht anzulasten sein. Außerhalb der Person liegende Umstände, die zur Beendigung der selbständigen Tätigkeit geführt hätten, wie zum Beispiel mangelnde Aufträge, könnten die Wartefrist hingegen nicht verkürzen. Gründe in der Person des Antragstellers lägen nicht vor. Die im Zusammenhang mit der früheren Förderung stehende selbständige Tätigkeit sei aus betriebsbedingten Gründen (fehlende Aufträge) wieder aufgegeben worden. Weiter sei zu beachten, dass nach herrschender Meinung in der Rechtsprechung und Literatur mit der Entscheidung im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes die Entscheidung in der Hauptsache grundsätzlich nicht vorgenommen werden dürfe.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Bf., mit der er geltend macht, das Gericht beziehe sich in seiner Beschlussfindung ebenfalls auf den Gesetzestext, auf dem auch die Arbeitsanweisung der Bg. beruhe. Ferner führe das SG in seinem Beschluss aus, dass Gründe in seiner Person nicht vorlägen, somit die Härtefallregelung also nicht greife. Das SG schließe sich somit, ohne kritisch zu hinterfragen, den in den Kommentaren ausgeführten Standpunkten an, die die anzuerkennenden Gründe "Krankheit" und "Unfall" nennen würden. Die Anwendung der Härtefallregelung führe zu Ungleichbehandlung. Zur Haltbarkeit der Härtefallregelung auf Grund einer daraus resultierenden Ungleichbehandlung nehme das SG dagegen bei seiner Beschlussfindung keinerlei Stellung. Ob die Bg. ihrer Verpflichtung zur Aufklärung und Beratung in genügender Weise nachgekommen sei, bleibe im Dunkeln. Ferner äußere sich das SG nicht zur auf den Kopf gestellten Logik, die der jeweiligen Gesetzesbegründung innewohne. Das von ihm verfolgte Vorhaben betreffe die Etablierung eines Marketing-Netzwerkes für Zahnärzte. Die neueste Rechtsprechung und eine kürzlich erfolgte Anpassung der Berufsordnung würden Zahnärzten nun die Möglichkeit zur Beteiligung an einem derartigen Netzwerk eröffnen, das Vorteile für Praxen realisiere. Der frühe Markteintritt sei von existenzieller Bedeutung für das Gelingen des Vorhabens. Deshalb arbeite er auch mit aller Kraft und Eile an dessen Realisierung. Seine Kosten (Miete, Krankenversicherung, Lebenshaltung) würden derzeit bereits seit drei Monaten weiterlaufen. Zusätzlich habe er Aufwendungen für Firmengründung und Arbeitsmaterialien, Markenschutz, Werbematerialien, Internetauftritt, Telefonate etc. zu tragen. Seine finanziellen Möglichkeiten seien nun erschöpft. Oder deutlicher, sollte nicht in Kürze eine einstweilige Anordnung ergehen, sei er gezwungen, Hartz IV zu beantragen. Damit dürfte dann die Chance vertan sein, die selbständige Tätigkeit aufzunehmen, um schnell wieder in Beschäftigung zu kommen und Arbeitsplätze zu schaffen.

Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II.

Die Beschwerde ist gemäß §§ 172, 173 SGG zulässig, in der Sache aber nicht begründet.

Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Abs.2 SGG). Dabei setzt der Erlass einer einstweiligen Anordnung das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes voraus.

Zu Recht hat das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt, da weder ein Anordnungsanspruch, der sich auf das materielle Recht bezieht, noch ein Anordnungsgrund vorliegen. Der Anordnungsgrund ist bei der Sicherungsanordnung die Gefahr einer Rechtsvereitelung oder Erschwerung der Rechtsverwirklichung.

Nach § 57 Abs.4 SGB III ist die Förderung ausgeschlossen, wenn nach Beendigung einer Förderung der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit nach dem SGB III noch nicht 24 Monate vergangen sind. Dies ist hier unstreitig der Fall. Im Zeitraum vom 01.01. 2003 bis 30.06.2003 erhielt der Bf. bereits Überbrückungsgeld (Übbg) zur Förderung der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit nach dem SGB III. Die im Zusammenhang mit der damaligen Förderung stehende selbständige Tätigkeit wurde aus betriebsbedingten Gründen (fehlende Aufträge) wieder aufgegeben. Am 11.02. 2005 beantragte der Bf. erneut die Gewährung von Übbg. Es ist auch nicht von vornherein ersichtlich, dass die Bg. ihr Ermessen bezüglich der Beurteilung, ob hier wegen besonderer in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe von dieser Frist abgesehen werden kann, nicht zutreffend ausgeübt hat. Die Aufgabe der Tätigkeit wegen fehlender Aufträge ist in der Mehrzahl der Fälle der typische Grund für die Beendigung des Unternehmens. Dieser Grund ist durch die wirtschaftliche Entwicklung bedingt und stellt keinen in der Person des Arbeitnehmers liegenden Grund dar, wie es zum Beispiel eine Erkrankung oder sonstige Verhinderung des Arbeitnehmers sind. Auch stand der Bf. wiederholt in persönlichem Kontakt mit der Bg. So wurden zum Beispiel in einem Beratungsgespräch am 04.08.2004 eingehend die beruflichen Möglichkeiten und die selbständige Tätigkeit mit einer Fachkraft des Bereichs Arbeitsvermittlung und Arbeitsberatung erörtert. Somit ist eine Beratung erfolgt. Zum anderen kann Ziel einer Beratung nicht sein, dem Arbeitnehmer die zielgerichtete Herbeiführung persönlicher Gründe zu ermöglichen. Im Übrigen darf im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes die Entscheidung in der Hauptsache nicht vorweggenommen werden.

Die Beschwerde war somit zurückzuweisen.

Dieser Beschluss ist nicht weiter anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved