L 11 B 311/05 SO ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
11
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 52 SO 170/05 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 B 311/05 SO ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 24.05.2005 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten um die Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gemäß §§ 41 ff Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII).

Die Antragstellerin (ASt) bezog von der Antragsgegnerin (Ag) vom 01.07.2002 bis 31.07.2003 Hilfe zum Lebensunterhalt und Mietzuschuss gemäß dem früheren Bundessozialhilfegesetz (BSHG). Ihren Antrag auf Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung wies die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte mit Bescheid vom 02.05.2003 ab, weil die ASt noch in der Lage sei, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes im bisherigen Beruf als selbstständige Schneiderin mindestens sechs Stunden täglich tätig zu sein.

Mit ihrem am 29.04.2005 beim Sozialgericht München (SG) eingegangenen Antrag verwies sie auf ihren am 05.06.2002 gestellten Antrag auf Bewilligung von Sozialhilfe nach dem früheren BSHG. Die finanzielle Leistungsfähigkeit ihrer Tochter sei erschöpft, Reserven seien nicht mehr vorhanden, der Dispositionskredit sei ausgeschöpft. Seit einigen Monaten müsse sie privat Geld leihen, um ihre Ernährung sicherzustellen. Zur Aufklärung der Frage ihrer Erwerbsfähigkeit bat sie, sich einem gerichtsmedizinischen Gutachter vorstellen zu dürfen.

Die Ag trat dem Antrag auf einstweilige Anordnung entgegen. Mit Bescheid vom 09.10.2002 sei der Unterhaltsbeitrag gegen die unterhaltspflichtige Tochter festgesetzt worden.

Das SG legte den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes der ASt dahin aus, dass die ASt beim SG München den Erlass einer einstweiligen Anordnung sinngemäß mit Ziel, sich einem gerichtsmedizinischen Gutachter vorstellen zu dürfen, begehrt. Diesen Antrag lehnte das SG mit dem hier angefochtenen Beschluss vom 24.05.2005 ab. Es sei nicht überwiegend wahrscheinlich, dass die ASt unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage voll erwerbsgemindert i.S. des § 43 Abs 2 SGB VI sei (§ 41 Abs 1 Nr 2 SGB XII). In einem Eilverfahren sei eine Aufklärung des Sachverhalts dahingehend, dass ein gerichtlich bestellter Sachverständiger eingeschaltet werde, nicht angebracht.

Hiergegen wendet sich die ASt mit ihrer beim SG am 20.06.2005 eingegangenen Beschwerde.

Mit weiterem Schreiben vom 01.07.2005 legt sie ein fachärztliches chirurgisch-orthopädisches Gutachten des Dr.G. vom 27.06.2005 vor, der zu dem zusammenfassenden Ergebnis kommt, dass aufgrund der Erkrankungen der ASt seit dem Jahre 2004 wesentliche Tätigkeiten von wirtschaftlichem Wert von der ASt nicht mehr zu erbringen seien. Zudem verweist die ASt darauf, dass ihre Tochter die Zahlungen nun endgültig eingestellt habe. Einen ausdrücklichen Antrag im Beschwerdeverfahren stellt die ASt nicht, vielmehr beantragt sie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das Beschwerdeverfahren.

Die Ag tritt auch der Beschwerde entgegen. Die ASt habe bei der Arbeitsgemeinschaft für Beschäftigung M. einen Antrag auf Bewilligung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) gestellt. Es werde eine Untersuchung beim Referat für Gesundheit veranlasst, um abzuklären, ob die ASt erwerbsfähig i.S. des § 7 Abs 1 Nr 2, § 8 SGB II sei oder der Vorgang zur Sachbearbeitung als Antrag auf Bewilligung von Leistungen nach dem SGB XII behandelt werde. Bislang sei unklar gewesen, welche Leistungen die ASt im Ergebnis beantrage. Die ASt könne zudem davon ausgehen, dass die Arbeitsgemeinschaft für Beschäftigung M. den Widerruf der Kontovollmacht für das Konto der Tochter und den Widerruf der Einzugsermächtigung für Krankenkasse / Stadtwerke / Miete durch die Tochter der ASt zur Kenntnis genommen habe. Ein etwaiger Unterhaltsanspruch der ASt gegen ihre Tochter bleibe bei entsprechender Nachweisführung daher unberücksichtigt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten in beiden Instanzen Bezug genommen.

II.

1. Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig (§§ 172, 173 Sozialgeichtsgesetz -SGG-). Das SG hat ihr nicht abgeholfen (§ 174 SGG).

Die Beschwerde ist jedoch unbegründet, weil die ASt für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Ag kein Rechtsschutzbedürfnis hat.

Der Senat geht bei Auslegung der von der ASt eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen davon aus, dass es der ASt um die Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gemäß § 41 ff SGB XII geht. Die ASt machte bereits vor dem SG geltend, sie sei hilfebedürftig und könne keine Erwerbstätigkeit mehr ausüben.

Unabhängig von der Frage, ob das SG das Antragsbegehren der ASt abschließend behandelt hat, ist die Beschwerde der ASt insgesamt zurückzuweisen, weil die ASt - jedenfalls derzeit - kein Rechtsschutzbedürfnis für ein Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes hat, mit dem sie die Ag zur Bewilligung der vorgenannten Leistungen verpflichtet wissen will.

Die ASt hat bislang keinen Antrag auf Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gemäß § 41 Abs 1, § 18 Abs 1 SGB XII gestellt. Sie gesteht dies selbst ein, weil sie sich in ihren Einlassungen lediglich auf ihren früheren Antrag auf Bewilligung von Leistungen der Sozialhilfe nach dem BSHG beruft.

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats, dass eine um Hilfe nachsuchende Person, bevor sie den Träger der Sozialhilfe mit einem gerichtlichen Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes überzieht, zuerst dort um eine entsprechende Hilfe nachsuchen muss. Da sich die ASt weder durch einen formlosen noch durch einen förmlichen Antrag auf Bewilligung der begehrten Hilfe an die Ag gewandt hat, kann ihr Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bereits hierwegen keinen Erfolg haben.

Der ASt ist zuzumuten, die Entscheidung der zur Hilfeleistung nach dem SGB II angegangenen Arbeitsgemeinschaft für Beschäftigung M. abzuwarten oder ggf. hier vorläufigen Rechtsschutz zu suchen. Verweigert die Arbeitsgemeinschaft für Beschäftigung M. die notwendige Hilfe, die es der ASt ermöglicht, ihr Existenzminimum zu bestreiten bzw. ihren Wohnraum zu sichern, kann sie um Leistung bei der Ag nachsuchen und im Falle einer ablehnenden Entscheidung hier ggf. Leistungen im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes erstreiten. Der unmittelbare Gang zur Sozialgerichtsbarkeit, ohne vorher die zuständigen Behörden um Hilfe zu ersuchen, war zu keiner Zeit veranlasst.

Die Beschwerde hat nach alledem insgesamt keinen Erfolg.

2. Der Antrag auf Bewilligung von PKH für dieses Beschwerdeverfahren ist abzulehnen.

Aus den oben unter Nr.1. angeführten Gründen ergibt sich, dass das Beschwerdeverfahren, für das die ASt PKH beantragt hat, von Anfang an keine hinreichende Erfolgsaussicht i.S. des § 73a SGG i.V.m. §§ 114 ff Zivilprozessordnung hatte.

Auf die Frage der Mutwilligkeit und der subjektiven Bewilligungsvoraussetzungen für die PKH kommt es nach alledem nicht mehr an.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Das Verfahren der PKH ist kostenfrei.

4. Die Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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