L 15 B 327/05 VG ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
15
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 1 VG 1/03 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 15 B 327/05 VG ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Würzburg vom 24.05.2004 wird zurückgewiesen.

Gründe:

Die Beschwerde der Klägerin, der das Sozialgericht Würzburg nicht abgeholfen hat, ist zulässig (§§ 172 ff. Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Sie erweist sich jedoch als unbegründet.

Im Rahmen des seit März 2000 beim Sozialgericht Würzburg anhängigen Klageverfahrens über die streitgegenständliche Frage, ob der Klägerin ein Versorgungsanspruch nach § 1 des Gesetzes zur Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (OEG) zusteht, beantragte die Klägerin mit Schriftsatz vom 30.05.2003 zur Vermeidung unzumutbarer Verzögerung aufgrund eines Eilverfahrens eine baldige Beschädigtenversorgung zum Ausgleich des schädigungsbedingten Mehraufwands.

Die 1955 geborene Klägerin wurde zwar am 21.09.1972 Opfer einer brutalen Vergewaltigung - der Täter wurde im Februar 1973 wegen Notzucht in Tateinheit mit Nötigung zur Unzucht, gefährlicher Körperverletzung und Hausfriedensbruch zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten verurteilt -. Der erstmals am 25.02.1998 gestellte Antrag auf Versorgung nach dem OEG war jedoch erfolglos, weil die Klägerin zu den vom Beklagten angesetzten Untersuchungsterminen nicht erschien und auch einen Hausbesuch einer für OEG-Angelegenheiten besonders ausgebildeten Sonderbetreuerin nicht wünschte (Bescheid vom 09.02.1999/Widerspruchsbescheid vom 15.02.2000). Auch im anschließenden Klageverfahren gelang es nicht, die Klägerin durch einen gerichtlichen Sachverständigen auf psychiatrischem Fachgebiet untersuchen zu lassen, ferner ihre finanzielle Bedürftigkeit festzustellen, die nach § 10a OEG Anspruchsvoraussetzung für Personen ist, die vor In-Kraft-Treten des OEG (am 16.05.1976) geschädigt worden sind. Die Klägerin war und ist der Auffassung, dass die im erledigten Rentenklageverfahren vor dem Sozialgericht Würzburg (S 2 RA 114/98) eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten beigezogen werden sollten und dies zur Entscheidung nach § 1 OEG ausreiche. Der Beklagte unterbreitete auch insbesondere nach Auswertung des beigezogenen nervenärztlichen Gutachtens des gerichtlichen Sachverständigen Dr.S. vom 26.07.1999 zur Frage des Ausmaßes ihrer gesundheitsbedingten Minderung der Erwerbsfähigkeit zunächst am 06.02.2001 ein Vergleichsangebot, in dem Beschädigtenversorgung nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 30 v.H. angeboten wurde. Der Beklagte gab ferner am 22.10.2003 ein Teilanerkenntnis ab, in dem ab Antragstellung eine MdE in Höhe von 50 v.H. wegen psychoreaktiver Störung anerkannt wurde, ein Anspruch auf Beschädigtenversorgung jedoch vom Nachweis einer Bedürftigkeit der Klägerin im Sinne des § 10a OEG abhängig gemacht wurde.

Nachdem die Klägerin auf beide Angebote nicht eingegangen war und insbesondere keine Auskünfte über ihre Vermögensverhältnisse gegeben hatte, wies das Sozialgericht am 24.05.2005 aufgrund mündlicher Verhandlung sowohl die Klage durch Urteil als auch den eingangs genannten Antrag vom 30.05.2003 durch Beschluss zurück. Da mangels Mitwirkung der Klägerin keine Klarheit über die Höhe ihres Einkommens (Rente der BfA, Zusatzversorgung, Zinsen, Haus- und Grundbesitz) habe erzielt werden können und die Klägerin nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast die Folgen dafür trage, dass Tatsachen, die den geltend gemachten Anspruch begründen, nicht nachgewiesen werden können, habe die Klage keinen Erfolg gehabt.

Aus demselben Grund hat das Sozialgericht den Antrag der Klägerin auf einstweiligen Rechtsschutz nach § 86b Abs.2 Satz 1 SGG abgelehnt.

Nach dieser Vorschrift kann ein Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach § 86b Abs.2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.

Das Sozialgericht hat das Vorliegen der Voraussetzungen von § 86b Abs.2 Sätze 1 und 2 SGG verneint. Diese Entscheidung des Sozialgerichts ist nicht zu beanstanden, weil weder die Voraussetzungen für eine Sicherungsanordnung im Sine von § 86b Abs.2 Satz 1 SGG noch für eine Regelungsanordnung im Sinne von § 86b Abs.2 Satz 2 SGG vorlagen. Zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag, der für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgebend ist (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 8. Auflage, Rdnr.18 zu § 86b), war klar, dass mangels materiell begründeten Anspruchs auf Leistungen nach dem OEG kein Anordnungsanspruch und mangels Gefahr einer Rechtsvereitelung oder Erschwerung der Rechtsverwirklichung auch kein Anordnungsgrund vorlag. Wie der Beklagte mit Schriftsatz vom 29.07.2005 im Beschwerdeverfahren zutreffend ausgeführt hat, liegen die Gründe dafür, dass die Klägerin noch keine Versorgungsleistungen nach dem OEG erhält bzw. dass über ihren Anspruch noch nicht endgültig - unter Umständen auch ablehnend - materiell entschieden werden konnte, darin, dass sie nicht im erforderlichen Maß mitgewirkt hat. Der von der Klägerin gestellte Antrag nach § 86b Abs.2 SGG war daher mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Er ist somit zu Recht abgewiesen worden.

Die Beschwerde war daher als unbegründet zurückzuweisen.

Die Entscheidung ergeht kostenfrei, sie ist nicht weiter anfechtbar (§§ 177, 183 SGG).
Rechtskraft
Aus
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