L 1 R 28/05

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 19 RJ 510/02
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 1 R 28/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 12. Januar 2005 wird zurückgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist ein Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Der am XX.XXXXXX 1952 geborene Kläger erlernte keinen Beruf. Er war zuletzt bis 1988 als Platzwart auf einem Tennisplatz beschäftigt. Seinen Antrag auf Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 27. Juni 2001 lehnte die Beklagte nach Begutachtung durch den Internisten Dr. J. mit Bescheid vom 16. Oktober 2001 ab. Den dagegen gerichteten Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 26. März 2002 als unbegründet zurück.

Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht sind Befundberichte der behandelnden Ärzte, die Krankenakte des Klinikums N., Unterlagen des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung sowie die Verwaltungsakten der Beklagten und des Versorgungsamtes Hamburg beigezogen worden. Der Orthopäde Dr. S. hat in seinem Gutachten vom 27. Dezember 2002 nach Untersuchung des Klägers angegeben, bei diesem bestehe ein mechanischer Kreuzschmerz bei Wirbelgelenkverschleiß L5/S1 und Bandscheiben-verschmälerung L5/S1. Er ist zu dem Ergebnis gekommen, dass der Kläger mittelschwere körperliche Tätigkeiten mit gewissen Einschränkungen vollschichtig verrichten könne. Die Fachärztin für Psychiatrie Dr. W. hat unter dem 1. März 2004 ein Gutachten nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erstattet. Sie hat beim Kläger nach Untersuchung eine ausgeprägte Somatisierungsstörung bei dependenter Persönlichkeit diagnostiziert. Sein Leistungsvermögen sei aufgehoben. In seinem Gutachten vom 26. August 2004 hat der Neurologe und Psychiater Dr. F. nach Untersuchung des Klägers ausgeführt, dieser leide an einem Wirbelsäulenverschleißleiden und an einer depressiven Verstimmung, die streckenweise mittelschwerer, sonst oberflächlicher Tiefe sei. Der Gutachter ist wie Dr. S. zu dem Ergebnis gekommen, dass der Kläger körperlich mittelschwere Arbeiten mit gewissen Einschränkungen vollschichtig verrichten könne.

Das Sozialgericht hat die Klage nach Anhörung der Beteiligten mit Gerichtsbescheid vom 12. Januar 2005 abgewiesen. Der Kläger könne nach den Ausführungen von Dr. S. und Dr. F., denen sich das Gericht anschließe, noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein.

Gegen den ihm am 18. Januar 2005 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 18. Februar 2005 Berufung eingelegt. Er macht geltend, dass das Sozialgericht bei zwei sich widersprechenden Gutachten ein weiteres Gutachten hätte einholen müssen. Im Übrigen sei das Gutachten von Dr. W. überzeugender, da diese ihn eingehender untersucht habe. Dr. F. hingegen habe ohne Hinzuziehung eines Dolmetschers noch nicht einmal eine Stunde mit dem des Deutschen kaum mächtigen Kläger gesprochen.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 12. Januar 2005 und den Bescheid der Beklagten vom 16. Oktober 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. März 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 1. Juli 2001 Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat Befundberichte der behandelnden Ärzte eingeholt. Er hat die Verwaltungsakten der Beklagten beigezogen und zusammen mit den Prozessakten zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte und form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, aber nicht begründet.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 16. Oktober 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. März 2002 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nach § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der Fassung ab 1. Januar 2001 (n. F.), weil er weder voll noch teilweise erwerbsgemindert ist.

Nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI n. F. sind teilweise erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbsfähig zu sein. Volle Erwerbsminderung besteht gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI n. F. bei Versicherten, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbsfähig zu sein. Erwerbsgemindert ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI n. F. nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann. Dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Danach ist der Kläger nicht erwerbsgemindert. Für den Senat steht aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme fest, dass er mittelschwere Tätigkeiten mit den von Dr. S. und Dr. F. aufgeführten Einschränkungen noch vollschichtig verrichten kann.

Übereinstimmend sind die Gutachter Dr. S. und Dr. F. zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger mittelschwere Tätigkeiten mit gewissen Einschränkungen noch vollschichtig und damit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann. Dr. F. hat dieses Leistungsvermögen in seinem Gutachten überzeugend damit begründet, dass der Kläger neben dem von Dr. S. festgestellten Wirbelsäulenverschleißleiden an einer depressiven Verstimmung leide, die streckenweise mittelschwerer, sonst oberflächlicher Tiefe sei. Eine schwere und damit stark leistungsbeeinträchtigende psychogene Erkrankung bestehe nicht. Der Kläger sei nicht wie bei einer das Leistungsvermögen deutlich beeinträchtigenden Störung auf seine Schmerzen gedanklich und affektiv eingeengt. Er habe keinen Schmerztherapeuten konsultiert und nehme keine Schmerzmittel ein. Im Gespräch habe er darüber vergleichsweise abstandsvoll und mit angemessenem affektivem Beiklang, jedenfalls nicht im Sinne einer Überbewertung berichtet. Die ergänzend gehörte Tochter des Klägers habe zwar Schmerzen benannt, jedoch nicht als sein Leben im Ganzen dominierend beschrieben.

Der Einschätzung von Dr. W. in ihrem Gutachten vom 1. März 2004 ist entgegen zu halten, dass sie ihre Diagnosen allein auf die Angaben des Klägers und seiner Tochter, aber nicht auf das von ihm gezeigte Verhalten stützt. Dr. F. hingegen weist darauf hin, dass der Kläger zumindest ohne seine Tochter sehr wohl in der Lage sei, einen tragfähigen Kontakt zu einem Gegenüber aufzubauen. Er könne sich abgrenzen, vertrete eigene Positionen und erweise sich als gut in der Lage, eine zum Erreichen seines Ziels für sinnvoll erachtete Strategie zu entwerfen und druckvoll zu verfolgen. Damit ist die von Dr. W. gestellte Diagnose einer dependenten Persönlichkeitsstörung nicht nachvollziehbar. Sie selbst berichtet mehrfach, dass der Kläger in der Begutachtungssituation sehr lebhaft und zum Teil vorwürflich mit seiner Tochter gesprochen habe. Der Senat teilt daher nicht die Leistungsbeurteilung von Dr. W ...

Aus den vom Senat eingeholten Befundberichten ergibt sich gegenüber den Vorbegutachtungen keine Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Klägers. Der Neurologe und Psychiater Dr. H. hat in seinem Befundbericht vom 10. März 2005 ausgeführt, dass es bei Einnahme von Anitdepressiva zu einer gewissen Stabilisierung des Gesundheitszustandes gekommen sei. Der Orthopäde Dr. W1 hat bei einer einmaligen Vorstellung im April 2005 lediglich eine demonstrierte Lendenstrecksteife diagnostiziert. Auf internistischem Fachgebiet hat der Facharzt S1 keine spezifischen Befunde erhoben.

Anhaltspunkte für eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine spezifische Leistungsbehinderung, die die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit erforderlich machen würden, liegen nicht vor.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Der Senat hat die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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