L 1 RJ 18/04

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 9 RJ 317/02
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 1 RJ 18/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 29. Januar 2004 insoweit aufgehoben, als dem Kläger Verschuldenskosten auferlegt worden sind. 2. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. 3. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. 4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Höhe der dem Kläger seit 1. Oktober 2000 gewährten Altersrente.

Der 1940 geborene Kläger war vom 1. April 1964 bis 30. Juni 1966 in Portugal versicherungspflichtig beschäftigt. Im Jahre 1971 ließ er sich die Rentenversicherungsbeiträge für in Deutschland zurückgelegte Beitragszeiten vom 16. Juli 1966 bis 24. Februar 1968 und vom 26. Juli 1968 bis 7. März 1969 erstatten. In der Zeit vom 28. Mai 1973 bis 30. September 2000 entrichtete er in Deutschland für 156 Monate vollwertige Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung und legte 75 Monate beitragsgeminderte Zeiten und 97 Monate beitragsfreie Zeiten zurück.

Mit Bescheid vom 2. Januar 2002 bewilligte die Beklagte dem Kläger eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit ab 1. Oktober 2000 in Höhe von monatlich DM 872,54 brutto. Bei der Vergleichsberechnung nach zwischenstaatlichem und nach innerstaatlichem Recht habe die Rentenberechnung nach zwischenstaatlichem Recht den höheren o. g. Betrag ergeben und sei daher maßgeblich. Der Rentenberechnung seien 17,6311 Entgeltpunkte für die innerstaatliche Rente und 17,9609 Entgeltpunkte für die zwischenstaatliche Rente zugrunde zu legen. Die Beklagte wies den gegen die Rentenhöhe gerichteten Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 29. April 2002 als unbegründet zurück.

Dagegen hat der Kläger am 2. April 2002 Klage erhoben. Die innerstaatliche Berechnung der Rente habe unter Außerachtlassung der portugiesischen Zeiten zu erfolgen. Daher seien die in Portugal zurückgelegten Zeiten nicht als beitragsfreie deutsche Zeiten anzusehen und müssten bei der Ermittlung der belegungsfähigen Kalendermonate außer Betracht bleiben.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 29. Januar 2004 abgewiesen und dem Kläger Mutwillenskosten in Höhe von EUR 150,- auferlegt. Die Beklagte habe die Rente richtig berechnet. Der für die Bewertung der beitragsgeminderten Zeiten zugrunde zu legende Gesamtzeitraum beginne immer mit der Vollendung des 17. Lebensjahres und umfasse daher zu Recht auch Zeiträume, in denen sich der Kläger in Portugal aufgehalten habe.

Gegen das ihm am 21. Februar 2004 zugestellte Urteil hat der Kläger am 8. März 2004 Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein Vorbringen aus dem Klageverfahren.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 29. Januar 2004 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 2. Januar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. April 2002 und der Anpassungsbescheide zu verurteilen, ihm Altersrente nach § 262 SGB VI zu gewähren,

hilfsweise für den Fall, dass die Neuberechnung der Rente zu einem geringeren monatlichen Leistungsbetrag als das ALG II führt, Gewährung von ALG II anstelle der Rente.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat die Verwaltungsakten der Beklagten beigezogen und zusammen mit den Prozessakten zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte und form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, aber nur teilweise begründet.

Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 2. Januar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. April 2002 und der Anpassungsbescheide ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer höheren Altersrente.

Da der Kläger Versicherungszeiten in Portugal zurückgelegt hat und ihm eine Altersrente allein aus deutschen Versicherungszeiten zusteht, ist nach Art. 46 EWG-Verordnung 1408/71 eine Vergleichsberechnung nach zwischenstaatlichem Recht und nach innerstaatlichem Recht durchzuführen. Die Rentenberechnung nach zwischenstaatlichem Recht ergibt den höheren o. g. Betrag und ist daher maßgeblich. Die Beklagte hat die der Rentenberechnung nach §§ 70 ff. Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) zugrunde gelegten Entgeltpunkte mit 17,6311 für die innerstaatliche Rente und mit 17,9609 für die zwischenstaatliche Rente richtig ermittelt. Zu Unrecht begehrt der Kläger eine höhere Bewertung der beitragsfreien und beitragsgeminderten Zeiten bei der Berechnung der innerstaatlichen Rente. Gemäß § 71 Abs. 1 SGB VI erhalten beitragsfreie Zeiten den Durchschnittswert an Entgeltpunkten, der sich aus der Gesamtleistung an Beiträgen im belegungsfähigen Zeitraum ergibt (Satz 1). Dabei erhalten sie den höheren Durchschnittswert aus der Grundbewertung aus allen Beiträgen oder der Vergleichsbewertung aus ausschließlich vollwertigen Beiträgen (Satz 2). Die beitragsfreien Zeiten sind danach mit dem Durchschnittswert von 0,0357 Entgeltpunkten aus der Grundbewertung zu bewerten, da der Durchschnittswert von 0,0349 Entgeltpunkten aus der Vergleichsbewertung geringer ist. Diese Werte hat die Beklagte richtig berechnet.

Bei der Grundbewertung werden gemäß § 72 Abs. 1 SGB VI für jeden Kalendermonat Entgeltpunkte in der Höhe zugrunde gelegt, die sich ergibt, wenn die Summe der Entgeltpunkte für Beitragszeiten und Berücksichtigungszeiten durch die Anzahl der belegungsfähigen Monate geteilt wird. Die belegungsfähigen Monate sind gemäß § 72 Abs. 2 und 3 SGB VI die Monate von der Vollendung des 17. Lebensjahres bis zum Rentenbeginn ohne die beitragsfreien Zeiten, die nicht auch Berücksichtigungszeiten sind, und die Pauschalzeit nach § 263 Abs. 2 SGB VI. Der belegungsfähige Gesamtzeitraum vom 10. September 1957 bis zum 30. September 2000 umfasst daher 517 Monate, von denen 97 Monate beitragsfreie Zeiten (Anrechnungszeiten wegen Arbeitslosigkeit) und 4 Monate Pauschalzeit zu subtrahieren sind, so dass 416 Monate verbleiben. Beitragsfreie Zeiten sind nach § 54 Abs. 4 SGB VI nur Kalendermonate, die mit Anrechnungszeiten, Zurechnungszeiten oder Ersatzzeiten belegt sind, für die keine Beiträge gezahlt wurden. Die portugiesischen Beitragszeiten und die Zeiten, in denen eine Beitragserstattung durchgeführt worden ist, sind daher nicht abzuziehen. Dividiert man die Summe der Entgeltpunkte für alle Beitragszeiten, also 14,8569 Punkte durch 416 Monate, so ergeben sich 0,0357 Punkte für die Grundbewertung.

Bei der Vergleichsbewertung nach § 73 SGB VI sind von den verbleibenden 416 Monaten noch beitragsgeminderte Zeiten, hier 75 Monate, zu subtrahieren, so dass sich 341 Monate ergeben. Teilt man 11,9068 Entgeltpunkte für vollwertige Beiträge durch 341 Monate, dann errechnet sich der Durchschnittswert für die Vergleichsbewertung mit 0,0349 Entgeltpunkten.

Mindestentgeltpunkte gemäß § 262 SGB VI sind nicht zu berücksichtigen, da der Kläger nicht mindestens 35 Jahre, also 420 Monate, belegt mit rentenrechtlichen Zeiten zurück gelegt hat. Sein Versicherungsverlauf weist lediglich 231 Monate deutsche und 27 Monate ausländische Beitragszeit sowie 97 Monate beitragsfreie Zeiten auf.

Bei der von ihm durchgeführten Berechnung übersieht der Kläger, dass Lücken in der Versicherungsbiographie (10. September 1957 bis 30. April 1973) den Wert der beitragsfreien Zeiten und der Rente insgesamt mindern. Aus diesem Grund ist auch die Rente, die nach zwischenstaatlichem Recht berechnet worden ist und die Beitragszeit vom 1. April 1964 bis 30. Juni 1966 einbezieht, höher als die innerstaatliche. Die zwischenstaatliche Rente ist daher unter Berücksichtigung von Art. 46 EWG-Verordnung 1408/71 berechnet worden. Mitgliedstaatliche gleichgestellte Zeiten, die vom belegungsfähigen Gesamtzeitraum abzusetzen gewesen wären, sind nicht nachgewiesen worden.

Der Hilfsantrag des Klägers war ebenfalls abzuweisen. Er hat keinen Anspruch auf die Gewährung von Arbeitslosengeld II. Denn gemäß § 7 Abs. 4 SGB II erhält diese Leistung nicht, wer Rente wegen Alters bezieht. Ein rückwirkender Verzicht auf die Gewährung der Altersrente ist nicht zulässig. Gemäß § 46 Abs. 2 SGB I ist ein Verzicht unwirksam, soweit durch ihn andere Leistungsträger belastet werden.

Bezüglich der Auferlegung von Verschuldenskosten ist die Berufung begründet. Nach § 192 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht im Urteil einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass der Beteiligte den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden in einem Termin die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung oder -verteidigung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreits hingewiesen worden ist. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Zwar hat der Kläger entgegen den Hinweisen der Vorsitzenden ohne Angabe von Gründen an seinem Klagebegehren festgehalten. Die von der Vorsitzenden erteilten Erläuterungen und Belehrungen waren allerdings nicht geeignet, ihm das Anliegen des Gerichts, die Klage zurückzunehmen, plausibel oder sogar einsichtig zu machen. Die Vorsitzende hat laut Protokoll lediglich darauf hingewiesen, dass die Rentenberechnung korrekt sei und dass Gründe dafür, dass sie falsch sei, nicht ersichtlich seien.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Der Senat hat die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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