L 9 KR 98/02

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 87 KR 1153/01
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 9 KR 98/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 22. April 2002 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Versorgung des Klägers mit besonderen Speiseölen.

Der Kläger, geboren im Jahre 1959, ist bei der beklagten Krankenkasse versichert. Er leidet an einer seltenen genetisch bedingten Störung des Fettsäurestoffwechsels (Adrenomyeloneuropathie), die dazu führt, dass er wegen des Fehlens eines Transportproteins besonders langkettige Fettsäuren in seinem Körper nicht abbauen kann. Auf Grund seiner Krankheit ist eine besonders fettarme Diät angezeigt, die durch die hier streitbefangenen Öle, die der Organismus des Klägers aufnehmen und verarbeiten kann, ergänzt wird. Hierdurch konnte der Kläger den Fortgang seiner Erkrankung zumindest günstig beeinflussen.

Seit Feststellung seiner Krankheit im Jahre 1992 unterzog sich der Kläger regelmäßig klinischen Verlaufsuntersuchungen und wurde dabei mit zwei Spezialölen - Glyceroltrioleat (GTO) und Glyceroltrierukat (GTE) - versorgt, die er außerhalb von Krankenhausaufenthalten direkt von einem Anbieter in Süddeutschland bezog, der sie unter der Bezeichnung "L Ö" vertreibt. Eine arzneimittelrechtliche Zulassung dieser Stoffe besteht nicht.

Nachdem der Kläger bei der Beklagten die Erstattung bzw. Übernahme von Kosten für die selbst beschafften bzw. selbst zu beschaffenden Öle beantragt hatte, holte die Beklagte ärztliche Stellungnahmen des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Berlin-Brandenburg e. V. (MDK) ein, die durch den Arzt Dr. F unter dem 2. Februar und dem 30. August 1999 erfolgten und zu der Einschätzung führten, die Verordnung der Öle sei medizinisch vertretbar. Die Beklagte erstattete bzw. übernahm daraufhin die angefallenen Kosten bis Ende März 2000.

Nachdem jedoch Dr. F für den MDK in einer weiteren Stellungnahme vom 16. November 1999 ausgeführt hatte, die streitbefangenen Öle seien Diätetika, sie dürften nach den Arzneimittelrichtlinien (AMRL) auch nicht geleistet werden, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 19. April 2000 die weitere Kostenübernahme unter Bezugnahme auf die MDK-Einschätzung ab. Im anschließenden Widerspruchsverfahren holte die Beklagte eine weitere Stellungnahme des MDK vom 13. Juni 2000 ein, in der Dr. Fr mitteilte, eine therapeutische Alternative zu den streitbefangenen Ölen sei ihm nicht bekannt. Mit Widerspruchsbescheid vom 21. März 2001 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück: Eine Kostenerstattung sei nicht möglich, weil es sich bei den streitbefangenen Ölen nicht um Arzneimittel, sondern um Lebensmittel handele, deren Verordnung durch die Arzneimittelrichtlinien ausgeschlossen sei.

Am 30. März 2001 hat der Kläger hiergegen Klage zum Sozialgericht Berlin erhoben. In der Zeit vom 9. bis zum 12. April 2001 hielt er sich stationär im S Krankenhaus H - Abteilung Neurologie - auf und erhielt dort eine diätetische Behandlung mit den streitbefangenen Ölen, von denen er pro Tag etwa 60 ml zu sich nahm. In seinem Bericht vom 13. Mai 2001 empfahl der behandelnde Chefarzt Dr. K die Fortsetzung der Behandlung mit diesen Ölen.

Durch Urteil vom 22. April 2002 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen: Zwar seien die streitbefangenen Öle als Arzneimittel einzustufen, doch scheitere der Anspruch des Klägers aus anderen Gründen. Dies gelte unabhängig davon, ob die Öle als Fertig- oder als Rezepturarzneimittel anzusehen seien. Sofern es sich um Fertigarzneimittel handele, dürfe es nicht geleistet werden, weil eine arzneimittelrechtliche Zulassung fehle. Sofern es sich um ein Rezepturarzneimittel handele, scheitere die Versorgung daran, dass hier eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode vorliege, die aber nicht unter die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen falle, weil sich der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen noch nicht zu dieser Methode geäußert habe und auch kein Systemversagen vorliege.

Gegen dieses ihm am 6. Juni 2002 zugestellte Urteil hat der Kläger am 4. Juli 2002 Berufung zum Landessozialgericht Berlin eingelegt. Er macht geltend, andere Kassen leisteten die Behandlung mit den hier streitbefangenen Ölen. Ein Versorgungsanspruch bestehe aus den Gesichtspunkten der Gleichbehandlung bzw. des Systemversagens. Hierzu bezieht sich der Kläger auch auf eine von ihm eingeholte Auskunft des Gemeinsamen Bundesausschusses vom 9. Januar 2004, in dem mitgeteilt wurde, es werde zukünftig auch das Thema Diättherapie behandelt, eine zeitliche Einschätzung, wann ein Beschluss hierzu ergehen werde, könne aber nicht gegeben werden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 22. April 2002 sowie den Bescheid der Beklagten vom 19. April 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. März 2001 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihn mit "L Ö (GTO und GTE)" zu versorgen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend, ein Gleichbehandlungsanspruch gegenüber rechtswidrigen Leistungsbewilligungen bestehe nicht.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen, welche im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet. Im Ergebnis zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen, denn es besteht keine Leistungspflicht der Beklagten hinsichtlich der Versorgung des Klägers mit L Ö (GTO und GTE). Die Voraussetzungen des hier allein als Anspruchsgrundlage in Betracht kommenden § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Sozialgesetzbuch/Fünftes Buch (SGB V) sind nicht erfüllt.

1. Nach dieser Vorschrift umfasst die Krankenbehandlung auch die Versorgung mit Arznei- und Heilmitteln. Nach § 31 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht nach § 34 SGB V oder durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V ausgeschlossen sind. Dadurch, dass der Anspruch auf die Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln beschränkt wurde, hat der Gesetzgeber zugleich geregelt, dass Arzneimittel im Sinne des SGB V nur noch solche im Sinne des Arzneimittelgesetzes (AMG) sein können, denn Apothekenpflicht besteht nach § 43 Abs. 1 AMG ausschließlich für diejenigen Mittel, die Arzneimittel im Sinne des § 2 AMG sind (BSG, Urteil vom 28. Januar 1999, B 8 KN 1/98 KR R, SozR 3-2500 § 27 Nr. 10).

Bei den streitbefangenen Ölen ist indessen sehr zweifelhaft, ob sie Arzneimittel im Sinne von § 2 Abs. 1 AMG darstellen. Nach dieser Vorschrift sind Arzneimittel Substanzen, deren bestimmungsgemäße Wirkung darin liegt, Krankheitszustände zu erkennen, zu heilen, zu bessern, zu lindern oder zu verhüten. Nach § 2 Abs. 3 Nr. 1 AMG sind jedoch Lebensmittel im Sinne des § 1 des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes (LMBG) keine Arzneimittel. Lebensmittel sind nach § 1 Abs. 1 LMBG Stoffe, die dazu bestimmt sind, in unverändertem, zubereitetem oder verarbeitetem Zustand von Menschen verzehrt zu werden.

Darüber hinaus nimmt die Diätverordnung (DiätV) vom 25. August 1988, BGBl. I 1713, eine weitere Konkretisierung des Begriffs der diätetischen Lebensmittel vor. Nach § 1 Abs. 1 DiätV sind diätetische Lebensmittel solche Lebensmittel, die für eine besondere Ernährung bestimmt sind. Nach § 1 Abs. 4a DiätV sind diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diäten) Erzeugnisse, die auf besondere Weise verarbeitet oder formuliert und für die diätetische Behandlung von Patienten bestimmt sind. Sie dienen der ausschließlichen oder teilweisen Ernährung von Patienten mit eingeschränkter, behinderter oder gestörter Fähigkeit zur Aufnahme, Verdauung, Resorption, Verstoffwechslung oder Ausscheidung gewöhnlicher Lebensmittel oder bestimmter darin enthaltener Nährstoffe oder ihrer Metaboliten oder der Ernährung von Patienten mit einem sonstigen medizinisch bedingten Nährstoffbedarf, für deren diätetische Behandlung eine Modifizierung der normalen Ernährung, andere Lebensmittel für eine besondere Ernährung oder eine Kombination aus beiden nicht ausreichen.

Entscheidend für die Abgrenzung zwischen Arzneimitteln einerseits und diätetischen Lebensmitteln der vorbezeichneten Art andererseits ist deren an objektive Merkmale anknüpfende überwiegende Zweckbestimmung, wie sie sich für einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verwender dieser Mittel darstellt (Landgericht Frankfurt/Main, Urteil vom 8. Mai 2003, 2/3 O 130/03) und wie sie der pharmazeutischen und medizinischen Wissenschaft entspricht (BGH, Urteil vom 3. April 2003, i ZR 203/00). Ausschlaggebend dabei ist, inwieweit die in dem Erzeugnis enthaltenen Stoffe in ihrer konkreten Dosierung pharmakologische oder aber nutritive Wirkung besitzen (Landgericht Frankfurt/Mai a.a.O.).

Aus Sicht des Senats spricht vieles dafür, dass an diesen Kriterien gemessen die hier streitbefangenen Öle als vorrangig nutritiv und nicht pharmakologisch wirkend einzustufen sind. Sie dürften gerade nicht dazu bestimmt sein, durch Anwendung am oder im menschlichen Körper die Beschaffenheit, den Zustand oder die Funktionen des Körpers zu beeinflussen, sondern sie dienen offenbar der Ernährung. Ihre besondere Funktion ergibt sich gerade daraus, dass sie lebenswichtige Fettsäuren dem Körper zuführen, der die sonst in der Ernährung verwendeten Fettsäuren nicht aufnehmen und verarbeiten kann. Sie wirken nicht steuernd oder beeinflussend auf den Körper, sondern sie führen ihm eine speziell benötigte Ernährungskomponente zu. Damit erfüllen sie wohl zumindest ganz überwiegend diejenigen Aufgaben, die in § 1 Abs. 4a DiätV umschrieben sind und eine Qualifikation als Arzneimittel ausschließen.

Schließlich spricht gegen eine Qualifikation der streitbefangenen Öle als Arzneimittel auch die Tatsache, dass die zuständigen Aufsichtsbehörden gegen den Vertrieb der streitbefangenen Öle trotz fehlender arzneimittelrechtlicher Zulassung nicht eingeschritten sind. Einer solchen Zulassung bedürfte es arzneimittelrechtlich, weil es sich bei den Ölen um Fertigarzneimittel und nicht um Rezepturarzneimittel handeln würde. Als Rezepturarzneimittel sind sie nämlich schon deswegen nicht einzustufen, weil sie nicht von einem dazu befugten Leistungserbringer (in der Regel einem Arzt oder Apotheker) individuell angefertigt, sondern als fertiges Öl (GTO bzw. GTE) in den Verkehr gebracht werden.

Die Frage, ob die streitbefangenen Öle als Arzneimittel einzustufen sind, bedarf jedoch vorliegend keiner abschließenden Entscheidung. Denn wie bereits ausgeführt ist eine Versorgung mit Fertigarzneimitteln nach § 31 Abs. 1 Satz 1 SGB V nur dann durch eine Krankenkasse vorzunehmen, wenn die Arzneimittel apothekenpflichtig sind und über eine arzneimittelrechtliche Zulassung verfügen. An beiden Voraussetzungen fehlt es im vorliegenden Fall. Darüber hinaus kann auf das Erfordernis einer arzneimittelrechtlichen Zulassung eines Fertigarzneimittels auch unter dem Gesichtspunkt des sogenannten "Off-label-Gebrauchs" nicht verzichtet werden. Ein solcher "Off-label-Gebrauch" liegt nämlich nur dann vor, wenn ein zugelassenes Fertigarzneimittel außerhalb der Indikation, für die es zugelassen ist, eingesetzt wird. Fehlt hingegen jegliche arzneimittelrechtliche Zulassung für ein Fertigarzneimittel, so ist sein In-Verkehr-Bringen arzneimittelrechtlich in jedem Falle unzulässig, eine Versorgung nach § 31 Abs. 1 Satz 1 SGB V darf nicht erfolgen.

2. Darüber hinaus kann ein Anspruch auf Versorgung mit einem Arzneimittel grundsätzlich nur dadurch begründet werden, dass ein Vertragsarzt das Arzneimittel auf Rezept verordnet und damit die Verantwortung für die Behandlung übernimmt (BSG, Urteil vom 16. November 1996, 1 RK 15/95, SozR 3-2500 § 13 Nr. 13). Denn die §§ 31, 32 SGB V begründen keine unmittelbar durchsetzbaren Ansprüche auf Versorgung schlechthin mit irgendwelchen Arznei- oder Heilmitteln, sondern ausfüllungsbedürftige Rahmenrechte. Der Versicherte kann ein bestimmtes Mittel erst beanspruchen, wenn es ihm in Konkretisierung des gesetzlichen Rahmenrechts vom Vertragsarzt als ärztliche Behandlungsmaßnahme verschrieben wird (BSG a.a.O. mit weiteren Nachweisen). Dies ist in § 73 Abs. 2 Nr. 7 SGB V dadurch klargestellt, dass alle ärztlichen Verordnungen zum Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung erklärt werden; nur in deren Rahmen sind die gesetzlichen Krankenkassen zur Versorgung ihrer Versicherten mit entsprechenden Mitteln verpflichtet.

Eine derartige (vertrags-)ärztliche Verordnung fehlt jedoch im vorliegenden Fall. Der Kläger hat kein Kassen- oder Privatrezept eines (Vertrags-)Arztes vorgelegt. Auch sonst ist nicht ersichtlich, dass durch ärztliche Entscheidung die Verantwortung für die Behandlung des Klägers mit den streitbefangenen Ölen übernommen werden sollte. Dies gilt auch für die ärztlichen Äußerungen in dem Entlassungsbericht vom 13. Mai 2001, denn hierin wurde lediglich die Fortsetzung der Behandlung mit den genannten Ölen empfohlen, eine konkrete, als Verordnung auslegungsfähige Verantwortungsübernahme kann hierin jedoch nicht gesehen werden, zumal weder die genaue Verabreichungsdosis, die Verabreichungsfolge noch die Behandlungsdauer ärztlicherseits konkretisiert wurden.

Vor diesem Hintergrund kann offen bleiben, ob der geltend gemachte Anspruch im Grundsatz aus § 31 Abs. 1 Satz 4 SGB V hergeleitet werden könnte. Nach dieser Vorschrift können im Grundsatz ausgeschlossene Arzneimittel im Einzelfall dennoch von einem Vertragsarzt verordnet werden. Auch dies setzt jedoch stets eine ausdrückliche ärztliche Verordnung voraus, an der es vorliegend fehlt.

3. Die hier streitbefangenen Öle können auch nicht als den Arzneimittel gleichgestellte Ernährungskomponenten im Sinne des § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB V angesehen werden. Nach dieser Vorschrift hat der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V festzulegen, in welchen medizinisch notwendigen Fällen Aminosäuremischungen, Eiweißhydrolysate, Elementardiäten und Sondennahrung ausnahmsweise in die Versorgung mit Arzneimitteln einbezogen werden. Bei den hier angesprochenen Ölen handelt es sich weder um Aminosäuremischungen noch um Eiweißhydrolysate, der Kläger erhält auch keine Nahrungszufuhr durch Verwendung einer Sonde. Den Begriff der Elementardiäten hat der Gemeinsame Bundesausschuss in Nr. 20.1 Buchstabe i der Arzneimittelrichtlinien (AMR) als Gemische von Nahrungsgrundbausteinen, Vitaminen und Spurenelementen definiert; die hier streitbefangenen Öle unterfallen diesen Kriterien ersichtlich nicht.

Auch unter dem Gesichtspunkt eines Systemversagens kann der Anspruch des Klägers nicht bejaht werden. Dabei ist unerheblich, ob sich der gemeinsame Bundesausschuss bereits mit der Frage der Einstufung von Diättherapien hätte näher befassen müssen oder ob eine spätere Befassung hinnehmbar ist, denn bereits der durch den Bundesgesetzgeber in § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB V gezogene Rahmen gestattet es dem Gemeinsamen Bundesausschuss nicht, einzelne diätetische Lebensmittel wie die vorliegend streitbefangenen Öle in die Versorgung mit Arzneimitteln einzubeziehen, weil sie keinem der dort genannten Tatbestandsmerkmale unterfallen.

Hierin liegt auch kein etwa als Systemversagen zu wertendes "Versagen des Gesetzgebers", denn die Einbeziehung von Diät- oder Krankenkost widerspräche der begrenzten Aufgabenstellung der gesetzlichen Krankenversicherung. Diese verfolgt nicht das Ziel, den Versicherten vor krankheitsbedingten Nachteilen umfassend zu schützen. Bei der Vielzahl von Auswirkungen, die eine Krankheit auf die Lebensführung des Betroffenen haben kann, wäre das Krankenversicherungsrisiko nicht sachgerecht begrenzbar, wenn es sich auf alle durch die Krankheit veranlassten Aufwendungen erstreckte. Die Leistungspflicht der Krankenkassen ist deshalb, soweit das Gesetz nichts anderes vorschreibt, auf Maßnahmen beschränkt, die gezielt der Krankheitsbekämpfung dienen. Mehrkosten und andere Nachteile und Lasten, die der Versicherte im täglichen Leben wegen der Krankheit hat, sind der allgemeinen Lebenshaltung zuzurechnen und nicht von der Krankenkasse zu tragen. Das gilt grundsätzlich auch für Mehraufwendungen, die durch eine besondere, krankheitsangepasste Ernährungsweise entstehen (BSG, Urteil vom 9. Dezember 1997, 1 RK 23/95, SozR 3-2500 § 27 Nr. 9).

4. Schließlich lässt sich ein Anspruch des Klägers auch nicht auf § 32 Abs. 1 Satz 1 SGB V stützen, der die Versorgung mit Heilmitteln gewährleistet, denn Diätnahrungsmittel sind keine Heilmittel, weil sie zum Verzehr und nicht zur äußeren Einwirkung auf den Körper bestimmt sind (BSG, Urteil vom 9. Dezember 1997, 1 RK 23/95, SozR 3-2500 § 27 Nr. 9).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG), sie entspricht dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe nach § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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