L 8 AL 48/02

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 56 AL 349/99
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 8 AL 48/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 23. April 2002 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Streitig ist die Höhe des Konkursausfallgeldes.

Der 1966 geborene Kläger war ab 29. April 1997 auf Grund eines bis zum 31. Dezember 1997 befristeten Arbeitsvertrags bei der N.-C. K Bunternehmung, H, (im Folgenden: Arbeitgeber) beschäftigt. Vereinbart war eine Wochenarbeitszeit von 39 Stunden und eine "Vergütung nach dem jeweils geltenden Tarifvertrag. (hier aufgerundet auf 25,00 DM pro Stunde)" sowie "Anspruch auf 28 Tage Urlaub pro Jahr Firmenzugehörigkeit". Mit Schreiben vom 26. August 1997 kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis zum 24. September 1997. Ab dem 25. September 1997 war der Kläger arbeitslos gemeldet und bezog bis zum 31. August 1999 durchgehend Leistungen der Arbeitsförderung (Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe, Unterhaltsgeld). Vor dem Arbeitsgericht B erwirkte der Kläger ein Versäumnisurteil vom 5. Dezember 1997, durch das der Arbeitgeber verurteilt wurde, an in ihn 5.865,00 DM nebst Zinsen zu zahlen.

Am 20. Februar 1998 beantragte er bei der Beklagten Konkursausfallgeld. Er machte für den Lohnabrechnungszeitraum 1. bis 24. September 1997 ein ausgefallenes Bruttoarbeitsentgelt von 3.525,00 DM sowie "Urlaubsgeld für 12 Tage" in Höhe von 2.340,00 DM, insgesamt 5.865,00 DM brutto geltend.

Durch Bescheid vom 4. November 1998 bewilligte die Beklagte dem Kläger Konkursausfallgeld in Höhe von 2.058,02 DM (Nettoentgelt aus 3.525,00 DM brutto). Gegen den Bescheid legte der Kläger Widerspruch unter anderem mit der Begründung ein, dass ihm Konkursausfallgeld nicht in der vollen Summe angewiesen worden sei, die das Arbeitsgericht festgesetzt habe. Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 12. Januar 1999 zurück. Die Höhe des Konkursausfallgeldes sei zutreffend festgesetzt worden. Die vom Kläger geltend gemachte Urlaubsabgeltung könne nicht berücksichtigt werden. Da der Kläger Arbeitnehmer im Baugewerbe sei, gehe der nicht verwirklichte Urlaubsanspruch nach dem einschlägigen Tarifvertrag nicht verloren. Es gebe insbesondere keine Abgeltung bei Arbeitslosigkeit.

Mit der Klage hat der Kläger sein Begehren weiter verfolgt. Er hat ergänzend vorgetragen, dass die Urlaubsabgeltung durch einen späteren Arbeitgeber ausgeschlossen gewesen sei. Denn der Arbeitgeber sei weder der Tarifgemeinschaft angeschlossen gewesen noch habe er Beiträge in die Sozialkasse des Baugewerbes gezahlt. Das Sozialgericht hat eine Auskunft der Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes Wiesbaden vom 7. November 2001 eingeholt und die Klage durch Urteil vom 23. April 2002 abgewiesen. Dem Kläger stehe im Rahmen des Konkursausfallgeldes die Gewährung einer Urlaubsabgeltung nicht zu, weil diese durch die Urlaubs- und Lohnausgleichskasse des Baugewerbes gesichert werde. Neben diesem Schutz bedürfe es keines Schutzes durch das Konkursausfallgeld.

Mit der Berufung macht der Kläger den Anspruch weiter geltend. Der Arbeitgeber habe keine Beiträge zur Sozialkasse gezahlt, außerdem habe die Beklagte bessere Möglichkeiten, von dem Arbeitgeber die offenstehenden Summen einzufordern.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 23. April 2002 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 4. November 1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12. Januar 1999 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm Konkursausfallgeld für Arbeitsentgelt in Höhe von weiteren 2.340,00 DM (1.196,42 Euro) brutto zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Die Gerichtsakte sowie die Konkursausfallgeld- und die Leistungsakte der Beklagten lagen dem Gericht bei seiner Entscheidung vor. Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt dieser Aktenstücke Bezug genommen.

II.

Der Senat konnte nach Anhörung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entscheiden, da er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung angesichts der klaren Sach- und Rechtslage nicht für erforderlich hält (§ 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).

Der Anspruch auf Konkursausfallgeld richtet sich noch nach den Vorschriften des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) in der bis 31. Dezember 1998 geltenden Fassung, weil das fragliche Insolvenzereignis vor dem 1. Januar 1998 eingetreten ist (§ 430 Abs. 5 Sozialgesetzbuch Drittes Buch).

Gemäß § 141b Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Absatz 3 AFG hat ein Arbeitnehmer Anspruch auf Konkursausfallgeld, der im Zeitpunkt des Insolvenzereignisses für die letzten dem Insolvenzereignis vorausgehenden drei Monate noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt hat. Zu den konkursausfallgeldfähigen Ansprüchen auf Arbeitsentgelt gehört auch der Anspruch auf Urlaubsabgeltung, er ist dem letzten Lohnabrechnungszeitraum vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses zuzuordnen (Bundessozialgericht -BSG- in der Entscheidungssammlung Sozialrecht -SozR- 3-4100 § 141b Nr. 16).

Der Kläger hat keinen höheren Anspruch auf Konkursausfallgeld als den, der ihm von der Beklagten bewilligt worden ist. Denn er hat gegen seinen Arbeitgeber keinen Anspruch auf Urlaubsabgeltung gehabt.

Der Anspruch des Klägers auf Urlaubsabgeltung richtete sich nach dem für allgemeinverbindlich erklärten (§ 5 Tarifvertragsgesetz) Tarifvertrag vom 19. Mai 1992 zur Wiederinkraftsetzung und Änderung des Bundesrahmentarifvertrages für das Baugewerbe vom 3. Februar 1981 in der Fassung vom 24. September 1990 einschließlich Anhang - Berufsgruppen für die Berufe des Baugewerbes - vom 5. Juni 1978 in der Fassung vom 29. April 1988 (im Folgenden: BRTV). Die Allgemeinverbindlicherklärung ersetzt die Zugehörigkeit des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers zu einer der Vereinigungen, die den Tarifvertrag geschlossen haben. Dieser Tarifvertrag galt hinsichtlich der Urlaubsabgeltung im Wesentlichen unverändert bis zum 31. Dezember 1998 (abgelöst ab 1. Januar 1999 durch den Tarifvertrag vom 13. November 1998 zur Änderung des Tarifvertrages für das Baugewerbe vom 3. Februar 1981 in der Fassung vom 30. Juli 1997). Der BRTV ist auf das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und dem Arbeitgeber anwendbar gewesen. Denn der Arbeitgeber gehörte zu den Betrieben des sogenannten Bauhauptgewerbes, die vom fachlichen Geltungsbereich (§ 1 Abs. 2 BRTV) und der Kläger zu den "gewerblichen" Arbeitnehmern, die vom persönlichen Anwendungsbereich des BRTV (§ 1 Abs. 3 BRTV) erfasst werden.

Der Kläger erfüllte bis zum Ablauf der Verfallfrist keine der in § 8 Nr. 7.1 BRTV genannten Voraussetzungen für einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung. Eine Abgeltung in anderen als den dort genannten Fällen ist nach § 8 Nr. 7.2 BRTV ausdrücklich ausgeschlossen. Diese tarifvertraglichen Regelungen sind bereits im Richterbrief vom 5. November 2004 wiedergegeben worden, hierauf wird Bezug genommen. Die Verfallfrist (§ 8 Nr. 8 BRTV) endete mit Ablauf des Kalenderjahres, das auf das Jahr der Entstehung der Urlaubsansprüche folgt und damit am 31. Dezember 1998 (siehe zu den Auswirkungen der Verfallfrist auch Bundesarbeitsgericht in Arbeitsrechtliche Praxis Nr. 211 zu § 1 TVG Tarifverträge Bau).

Entgegen der Auffassung des Klägers hat keine Bedeutung, ob er die Voraussetzungen für die Urlaubsabgeltung unter anderen Umständen hätte erfüllen können. Denn berücksichtigt werden können lediglich gegebene Tatsachen. Im Besonderen hat die Sozialkasse des Baugewerbes in ihrer Auskunft für das Sozialgericht ausdrücklich bestätigt, dass Arbeitslosigkeit keinen Sachverhalt darstellt, der den Anspruch auf Urlaubsabgeltung auslöst. Es kommt des Weiteren auch nicht darauf an, ob der Arbeitgeber Beiträge ordnungsgemäß an eine Sozial- oder Ausgleichskasse des Baugewerbes gezahlt hat. Denn nach § 8 Nr. 7.3 BRTV richtete sich der Anspruch auf Urlaubsabgeltung gegen den Arbeitgeber, bei dem der Kläger zuletzt gewerblich beschäftigt war und nicht gegen eine der genannten Kassen. Dass die Beklagte aus Sicht des Klägers bessere Möglichkeiten hat, vom Arbeitgeber die offenen Summen einzufordern, hat keine rechtliche Bedeutung. Der Anspruch auf Konkursausfallgeld ist nicht davon abhängig, wie gut der Arbeitnehmer seine Ansprüche auch selbst durchsetzen könnte. Rechtlich unerheblich ist schließlich auch, dass der Kläger gegen den Arbeitgeber einen Zahlungstitel vor dem Arbeitsgericht erwirkt hat. Die Beklagte hat selbst und von Amts wegen zu prüfen, ob die nach dem für sie geltenden Leistungsgesetz vorgegebenen Voraussetzungen für die vom Kläger beantragte Leistung erfüllt sind.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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