L 15 BL 4/05

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
15
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 1 BL 8/03
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 15 BL 4/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 18.01.2005 wird zurückgewiesen.
II. Die Klage gegen den Bescheid vom 22.03.2004 wird abgewiesen.
III. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die 1925 geborene und am 15.03.2005 verstorbene I. S. , die Mutter des Klägers, bezog ab 01.10.1998 Blindengeld nach dem Bayerischen Blindengeldgesetz (BayBlindG). Da I.S. , die in einem Seniorenwohnheim ein Appartement bewohnte, ambulante (häusliche) Pflegeleistungen in Anspruch nahm, fand von Anfang an eine teilweise Anrechnung dieser Leis-tungen gemäß Art.4 Abs.1 BayBlindG statt.

Anträge auf Rücknahme dieser Kürzung des Blindengeldes, die der Kläger in seiner damaligen Funktion als Betreuer seiner Mutter gestellt hatte, wurden bindend abgelehnt (Verwaltungsakt vom 29.08.2000/Bescheid vom 28.02.2001).

Nachdem der Beklagte davon Kenntnis erhalten hatte, dass I.S. seit 01.03.2002 Leistungen der Pflegestufe II (statt I) erhielt, stellte er mit Bescheid vom 09.08.2002 den Anspruch auf Blindengeld unter Aufhebung der bisherigen Entscheidung neu fest. Unter Anrechnung von 164,00 EUR ab März 2002 und unter Berücksichtigung eines Blindengeldes von 567,00 EUR ab März 2002 bzw. 579,00 EUR ab Juli 2002 ergab sich ein Erstattungsbetrag von 264,00 EUR, für dessen Rückzahlung monatliche Tilgungsraten von 61,50 EUR festgesetzt wurden. Dieser Einbehalt wurde mit Wirkung ab 01.10.2002 vorläufig ausgesetzt und die für September 2002 einbehaltene Tilgungsrate an I.S. zurück überwiesen (Benachrichtigung vom 04.09.2002).

Den gegen den Bescheid vom 09.08.2002 eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17.04.2003 zurück, weil die Anrechnung von Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung durch Art.4 BayBlindG zwingend vorgeschrieben und Ausnahmen hiervon nicht möglich seien.

Gegen diesen Bescheid hat I.S. durch ihren Betreuer Klage zum Sozialgericht München eingelegt: Wegen Scheidung erhalte sie keine Witwenrente; weil sie ihren geisteskranken Mann von 1948 bis 1992/93 selbst gepflegt und betreut habe, habe sie keine eigenen Rentenansprüche. Leistungen der Pflegeversicherung und Blindengeld würden für unterschiedliche Behinderungsfolgen geleistet und könnten deshalb nicht angerechnet werden.

Mit Gerichtsbescheid vom 18.01.2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es schloss sich den Gründen des angefochtenen Bescheides/Widerspruchsbescheides an und wies darauf hin, dass die gesetzliche Regelung des § 4 Abs.1 BayBlindG keine Ausnahmen von der Anrechnung von Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung zulasse.

Dagegen hat I.S. durch ihren Betreuer - im Wesentlichen unter Wiederholung ihres bisherigen Vorbringens - Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt.

Am 15.03.2005 ist I.S. verstorben. Als ihr Rechtsnachfolger ist W. S. in den Rechtsstreit eingetreten.

Der Kläger beantragt sinngemäß, den Beklagten unter Aufhebung des Gerichtsbescheides vom 18.01.2005 und Änderung des Bescheides vom 09.08.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17.04.2003 sowie der Bescheide vom 06.06.2003 und 23.03.2004 zu verurteilen, die Leistungen nach dem BayBlindG ab 01.03.2002 ohne Anrechnung der Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung zu gewähren.

Der Beklagte beantragt, die Berufung gegen den Gerichtsbescheid vom 18.01.2005 zurückzuweisen und die Klage gegen den Bescheid vom 22.03.2004 abzuweisen,

weil das angefochtene Urteil und der Bescheid der Sach- und Rechtslage entsprächen.

Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts auf den Inhalt der Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf den Inhalt der zu Beweiszwecken beigezogenen, I.S. betreffenden Blindengeldakte des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig (Art.7 Abs.2 BayBlindG in Verbindung mit §§ 143, 151 SGG); sie ist jedoch nicht begründet.

Zwischen den Beteiligten besteht Streit darüber, ob der Beklagte berechtigt war, das I.S. zu gewährende Blindengeld wegen von der gesetzlichen Pflegeversicherung gewährter Leis-tungen für ambulante Pflege zu kürzen.

Dies hat das Sozialgericht mit Recht bejaht.

Gemäß § 4 Abs.1 Satz 1 BayBlindG werden Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch XI (SGB XI) bei häuslicher Pflege auf das Blindengeld angerechnet. Bei Pflegestufe I werden 60 v.H. des Betrags nach § 37 Abs.1 Satz 3 Nr.1 SGB XI angerechnet, in den übrigen Fällen (Pflegestufen II und III) 40 v.H. des Betrags nach § 37 Abs.1 Satz 3 Nr.2 SGB XI (Art.4 Abs.1 Satz 2 BayBlindG).

Der Beklagte hat demnach zu Recht ab 01.03.2002 (Einstufung von I.S. in Pflegestufe II statt Pflegestufe I) einen Betrag von 164,00 EUR monatlich auf das Blindengeld angerechnet. Der geltend gemachte Erstattungsbetrag von 246,00 EUR ergibt sich zutreffend aus der Differenz von 41,00 EUR zwischen dem Anrechnungsbetrag von Pflegestufe II und Pflegestufe I (164,00 bzw. 123,00 EUR) und dem Zeitraum von sechs Monaten, während dessen eine Überzahlung (Anrechnung nur nach Pflegestufe I anstatt nach Pflegestufe II) stattfand.

Das BayBlindG schreibt in Art.4 Abs.1 diese Anrechnung/Kürzung zwingend vor. Ausnahmen sind nicht vorgesehen und deshalb auch nicht möglich. Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen keine.

Die angefochtenen Bescheide sind folglich rechtmäßig, und zwar sowohl was die Erstattungsforderung als auch was die grundsätzliche Anrechnung der Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung betrifft.

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 18.01.2005 musste daher zurückgewiesen werden. Über den gemäß § 96 SGG Gegenstand des Rechtsstreites gewordenen Bescheid vom 22.03.2004, den das Sozialgericht nicht in seine Entscheidung einbezogen hatte, war im Klageweg zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

Zur Zulassung der Revision bestand ebenso wenig Anlass wie zu der vom Kläger beantragten Anordnung des Ruhens des Verfahrens, dem der Beklagte im Übrigen nicht zugestimmt hat.
Rechtskraft
Aus
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