S 9 KN 8/05 KR

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Duisburg (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 9 KN 8/05 KR
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch auf Sterbegeld beim Tod eines gesetzlich Krankenversicherten nach dem 31.12.2003.

Der Kläger ist der Sohn der am 07.02.2004 verstorbenen Versicherten der Beklagten, Frau M.

Mit Schreiben vom 08.08.2004 beantragte er die Auszahlung des Sterbegeldes aus der Versicherung seiner Mutter.

Mit Bescheid vom 01.09.2004 lehnte die Beklagte die Zahlung von Sterbegeld wegen fehlender gesetzlicher Vorschriften ab. Zur Begründung führte sie aus: Der bisher im Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung enthaltene Anspruch auf Sterbegeld sei bereits durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz – GMG -) vom 14.11.2003 mit Wirkung zum 01.01.2004 entfallen. Das GMG sei durch Artikel 37 Abs. 1 GMG zum 01.01.2004 in Kraft gesetzt worden. Artikel 37 Abs. 8 GMG nehme davon die bei Artikel 1 in Nr. 36 einzeln genannten Paragrafen aus und lasse nur diese zum 01.01.2005 in Kraft treten. Artikel 1 Nr. 36 GMG sei aber ansonsten zum 01.01.2004 in Kraft getreten. Durch die Neufassung des gesamten Siebten Abschnitts des Dritten Kapitels des Sozialgesetzbuches Fünftes Buch – SGB V - zum 01.01.2004, der bislang die Sterbegeldregelungen enthalten habe, sie die bisherige Fassung indirekt aufgehoben worden. Einer ausdrücklichen Aufhebung der §§ 58, 59 SGB V alter Fassung – a.F. - habe es daher nicht bedurft. Im übrigen sei ergänzend darauf hinzuweisen, dass sich der Wegfall des Sterbegeldes zum 01.01.2004 auch aus der zeitgleichen Streichung des § 11 Abs. 1 Satz 2 SGB V, des § 21 Abs. 1 Nr. 5 des Sozialgesetzbuches Erstes Buch – SGB I – sowie aus der amtlichen Gesetzesbegründung und dem vom Gesetzgeber geschätzten Einsparvolumen für die gesetzliche Krankenversicherung (vgl. hierzu: Bundestagsdrucksache 15/1525) ergebe.

Hiergegen erhob der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten am 30.09.2004 bei der Beklagten Widerspruch und machte geltend: Die dargelegte Rechtsauffassung sei nicht zutreffend; der Anspruch auf Sterbegeld bestehe trotz der Gesetzesänderungen bis zum 1.12.2004 fort. Die §§ 58, 59 SGB V a.F. seien zwar durch das GMG durch neue Vorschriften ersetzt worden, von diesen sei aber nur § 58 Abs 3 SGB V zum 01.01.2004 in Kraft getreten, während die übrigen Regelungen in den §§ 58, 59 SGB V erst zum 01.01.2005 in Kraft träten. Die alten Fassungen der §§ 58, 59 SGB V seien indessen nicht zum 01.01.2004 aufgehoben worden. Selbst wenn man es für ausreichend erachte, dass eine alte Vorschrift ohne ausdrückliche Außerkraftsetzung durch eine neue ersetzt werden könne, so setze dies immer noch voraus, dass die Neuregelung ihrerseits bereits wirksam in Kraft getreten sei. Ein gegenteiligter Wille des Gesetzgebers müsse hingegen zumindest ansatzweise im Wortlaut der betreffenden Vorschrift zum Ausdruck gekommen sein, um sie entsprechend auszulegen. Dies sei vorliegend jedoch eindeutig nicht der Fall.

Mit Widerspruchsbescheid vom 20.12.2005 wies die Beklagte den Widerspruch unter Darstellung der insoweit einschlägigen gesetzlichen Vorschriften zurück. In den Gründen führte sie aus: Bis zum 31.12.2003 sei der Anspruch auf Sterbegeld aus der gesetzlichen Krankenversicherung im Dritten Kapitel, Siebter Abschnitt des SGB V geregelt gewesen. Der Siebte Abschnitt habe den Untertitel Sterbegeld getragen. Da nach dem Willen des Gesetzgebers, so wie er aus der Gesetzesbegründung hervorgehe, für nach dem 01.01.2004 eintretende Todesfälle ein Sterbegeld nicht mehr gezahlt werden sollte, habe er durch das GKV-Modernisierungsgesetz die bis zum 31.12.2003 bestehende Rechtsgrundlage dadurch aufgehoben, indem der Siebte Abschnitt den Untertitel "Zahnersatz" erhalten habe. Hierdurch sei gleichzeitig die Außerkraftsetzung des Siebten Abschnitts mit dem Untertitel "Sterbegeld" endgültig bewirkt worden. Der Siebte Abschnitt umfasse nunmehr die §§ 55 bis 59 (bis zum 31.12.2003 die §§ 58 und 59). Nach Artikel 37 Abs. 1 GKV-Modernisierungsgesetz sei dieses Gesetz am 01.01.2004 in Kraft getreten. In Absatz 8 dieser Vorschrift sei zwar geregelt, dass die §§ 55, 58 Abs. 1 Satz 2 und 4 sowie 59 SGB V erst am 01.01.2005 in Kraft treten sollen, jedoch beziehe sich diese Ausnahmeregelung hinsichtlich des generellen Inkrafttretens zum 01.01.2004 nur auf den Siebten Abschnitt mit dem Untertitel "Zahnersatz". Auf den Siebten Abschnitt mit dem Untertitel "Sterbegeldanspruch" könne sie sich nicht beziehen, weil dieser zum 01.01.2004 komplett weggefallen sei. Die Richtigkeit dieses Gesetzesauslegung werde durch § 11 Abs. 1 SGB V und § 21 Abs. 1 Nr. 5 SGB I belegt. Diese Vorschriften enthielten eine Aufzählung der Leistungen aus der gesetzlichen Krankenversicherung. Der Anspruch auf Sterbegeld sei demzufolge durch das GKV-Modernisierungsgesetz ab dem 01.01.2004 gestrichen worden. Diese Rechtsfolge ergebe sich aus dem Regelungszusammenhang, wie er dem zuvor genannten Gesetz zu entnehmen sei.

Der Kläger hat am 02.02.2005 durch seinen Prozessbevollmächtigten Klage erhoben, mit der er sein Begehren auf Auszahlung von Sterbegeld weiter verfolgt. Er wiederholt sein bisheriges Vorbringen und trägt ergänzend vor: Die bisherigen Vorschriften der §§ 58, 59 SGB V seien zwar durch Bestimmungen über den Zahnersatz ersetzt worden; aus dem Wortlaut des Art 37 Abs 8 GMG ergebe sich aber, dass die §§ 55, 58 Abs 1, 2 und 4 sowie § 59 SGB V erst zum 01.01.2005 rechtliche Wirksamkeit entfalteten. Soweit die Beklagte davon ausgehe, dass die §§ 58, 59 SGB V durch die Neufassung des gesamten Siebten Abschnitts des Dritten Kapitels des SGB V zum 01.01.2004 indirekt aufgehoben worden seien, und dass der Wille des Geetzgebers, das Sterbegeld bereits in 2004 zu streichen, in der amtlichen Gesetzesbegründung enthalten sei, so sei diese Argumentation weder stichhaltig noch nachvollziehbar. Grundlage und Ausgangspunkt einer Gesetzesauslegung sei immer dessen Wortlaut, der zugleich den Rahmen für die Auslegung bilde. Dabei müsse der Wille des Gesetzgebers – wenn auch unvollkommen – in Worten zum Ausdruck gekommen sein; er müsse im Gesetzeswortlaut objektiviert sein. Dies bedeute also, dass überhaupt eine gültige Regelung vorliegen müsse, deren Wortlaut Zweifel hinsichtlich des Gesetzesinhalts aufkommen lasse. Vorliegend kämen Bedenken hinsichtlich des Wortlauts aber gar nicht auf. Der in der betreffenden Vorschrift genannte Zeitpunkt 01.01.2004 sei eindeutig und unter dem Begriff "Inkrafttreten" sei zweifellos die Bestimmung des zeitlichen Geltungsbereich eines Gesetzes zu verstehen. Auch auf einen evtl. entgegenstehenden Willen des Gesetzgebers könne hier nicht abgestellt werden, da letztlich der Inhalt des Gesetzes maßgeblich sei, nicht jedoch Äußerungen des Gesetzgebers außerhalb des Gesetzes. Diese seien nur heranzuziehen, wenn es um die Auslegung eines in seinem Wortlaut unzureichend formulierten Gesetzes gehe. Der Entstehungsgeschichte einer Vorschrift komme nur insoweit Bedeutung zu, als durch sie Zweifel behoben werden können, die anders – dh durch eine grammatische, teleologische und systematische Auslegung – nicht auszuräumen seien.

Schließlich könne auch nicht dahingehend argumentiert werden, dass die neuen Regelungen den bisherigen entgegenständen. Die noch nicht geltenden Regelungen könnten von vornherein nicht mit den noch geltenden kollidieren. Auch seien nach der jetzigen Gesetzeslage keine sich widersprechenden Normbefehle entstanden, die eine Lösung solch einer widersprüchlichen Situation erfordern würden. Abgesehen davon, dass die Neuregelung noch nicht in Kraft getreten sei und deshalb von vornherein keine Kollision entstehen könne, könnten die Normbefehle der "alten" und "neuen" §§ 58, 59 SGB V auch problemlos nebeneinander befolgt werden, weil sie gänzlich andere Sachverhalte beträfen. (so: Schnapp in SGB 2004, Seite 451) Da nach dem eindeutigen Wortlaut die Vorschriften über das Sterbegeld nicht zum 01.01.2004 außer Kraft getreten seien und deshalb fortbeständen, habe der Kläger einen Anspruch gegenüber der Beklagten auf Zahlung des beantragten Sterbegeldes.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 01.09.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.12.2004 zu verurteilen, an ihn Sterbegeld in Höhe von 525,00 Euro zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte verbleibt bei ihrer in dem angefochtenen Bescheid dargelegten Rechtsauffassung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den Verwaltungsvorgang der Beklagten, die sämtlich vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet, denn dem Kläger steht kein Anspruch auf Gewährung von Sterbegeld aus der Versicherung der im Februar 2004 verstorbenen Versicherten gem §§ 58, 59 SGB V in der bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung zu.

Seit dem Inkrafttreten am 01.01.1989 enthielt das SGB V im Siebten Abschnitt des Dritten Kapitels unter der Überschrift "Sterbegeld" zwei Vorschriften über die Voraussetzungen und die Höhe des Anspruchs auf Sterbegeld. Danach erhielt beim Tod eines Versicherten derjenige, der die Beerdigungskosten trägt einen Zuschuss zu den Bestattungskosten (Sterbegeld), wenn der Verstorbene am 01.01.1989 versichert war, § 58 SGB V a.F. Das Sterbegeld betrug beim Tod eines Mitglieds zuletzt 525,00 Euro § 59 SGB V a.F. Bis zum 31.12.2003 war das Sterbegeld zudem in § 11 Abs 1 S 2 SGB V und § 21 Abs 1 Nr 5 SGB I als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung ausdrücklich benannt. Diese Vorschriften sind unstreitig mit Wirkung zum 01.01.2004 entfallen. Der Gesetzgeber hat mit dem GKV-Modernisierungsgesetz vom 14.11.2003 (BGBl I, S 2190 ff.) den Siebten Abschnitt des Dritten Kapitels des SGB V neu gefasst.

Art 1 Nr 36 GMG beginnt mit folgender Regelung: "Im Dritten Kapitel wird der Siebte Abschnitt wie folgt gefasst: Siebter Abschnitt: Zahnersatz" Danach werden die §§ 55 bis 59 aufgeführt, die Regelungen zum Zahnersatz enthalten. Die §§ 55 bis 57 konnten in den siebten Abschnitt mit einbezogen werden, weil diese §§ vorher unbesetzt waren. Zum Inkrafttreten enthält das GMG folgende Regelung in Art 37 Abs 1: "Das Gesetz tritt am 01.01.2004 in Kraft, soweit in den folgenden Sätzen nichts Abweichendes bestimmt ist." Eine der Ausnahmen enthält Art 37 Abs 8 GMG mit folgender Regelung, die auszugsweise wie folgt lautet: "Art 1 ( ...) in Nr 36 die §§ 55, 58 Abs 1, 2 und 4 sowie § 59 ( ...) treten am 01.01.2005 in Kraft." Aus der Begründung des Gesetzesentwurfs zum GMG (Bundestagsdrucksache 15/1525) geht ua hervor, dass bestimmte Leistungen, wie z. B. das Sterbegeld, in die Eigenverantwortung der Versicherten übertragen wird, zumal es sich nicht um eine fürsorgeähnliche Leistung handele, die unterhaltsberechtigten Hinterbliebenen die Umstellung auf die neuen Lebensverhältnisse erleichtern solle. Versicherte könnten in der Regel selbst Vorsorge für die Bestattung treffen Der Bestattungskostenzuschuss sei dem Grunde nach eine versicherungsfremde Leistung, da er nach dem Tode dessen, von dem er abgeleitet werde, an einen Dritten gezahlt werde. Da das Sterbegeld nach bislang geltendem Recht nur gezahlt werde, wenn der Verstorbene am, 01.01.1989 versichert war, handele es sich um eine auslaufende Leistung. Die Hinterbliebenen aller, die nach diesem Zeitpunkt in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert worden sind, könnten bereits nach geltendem Recht einen solchen Zuschuss nicht mehr erhalten, obwohl dies keine Auswirkungen auf die Höhe der Beitragszahlungen habe. Die Streichung des Sterbegeldes für Mitglieder und Familienversicherte sei als Solidarbeitrag zur Stabilisierung der finanziellen Situation der gesetzlichen Krankenversicherung erforderlich. Durch die Neufassung des kompletten Siebten Abschnitts durch das GMG wurde die a.F. des Siebten Abschnitts vollständig gestrichen und teilweise mit Wirkung bereits ab dem 01.01.2004 und im übrigen zum 01.01.2005 vollständig neu gefasst. In diesem Zusammenhang kommt dem Wortlaut des Art 1 Nr 36 GMG, der die Formulierung "fassen" enthält, entscheidende Bedeutung zu. Ob man diese in der Weise auslegen kann, dass die nachfolgenden §§ erst ab deren Inkrafttreten die bisher geltenden Regelungen ersetzen sollen, hält die Kammer für zweifelhaft. Vielmehr ist der mit dieser Formulierung verbundene Änderungsbefehl nach seinem Wortlaut so zu verstehen, dass die alten Regelungen komplett bereits zum generellen Inkrafttreten des Änderungsgesetzes abgeschafft werden und die neuen an ihre Stelle treten, sobald sie nach den speziellen Vorschriften in Kraft treten. Insoweit enthält das Verb "fassen" seiner Wortbedeutung nach neben dem Element des Neuschaffens auch ein Element des Abschaffens. Im übrigen benutzt der Gesetzgeber den Änderungsbefehl "fassen" stets in der Weise, dass damit auch die alten Regelungen abgeschafft werden. Im "Handbuch der Rechtsförmlichkeit", herausgegeben vom Bundesministerium der Justiz, 2. Auflage 1999, wird bei Randziffern 627 ff. betont, dass der Änderungsbefehl "wird/werden wie folgt gefasst" den Wortlaut einer Gliederungseinheit ganz gegen einen neuen Wortlaut austausche. Es sei dann in der Regel überflüssig, den bisherigen Text ausdrücklich aufzuheben, weil der neugefasste Wortlaut an die Stelle des bisherigen Wortlauts trete. Dieses Handbuch hat zwar keine Gesetzeskraft; § 42 Abs 4 der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien bestimmt aber, dass für die rechtsförmliche Gestaltung von Gesetzesentwürfen das Handbuch der Rechtsförmlichkeit gilt.

Durch die Neufassung, dh die vollständige Ersetzung eines Abschnitts, werden mithin die darin zuvor enthaltenen Regelungen automatisch aufgehoben, ohne dass es einer zusätzlichen ausdrücklichen Aufhebung dieser Regelung bedarf. Diese am Sinn und Zweck orientierte Auslegung des GMG bestätigt dieses Ergebnis. Demzufolge wollte der Gesetzgeber die Regelung hinsichtlich des Sterbegeldes abschaffen, wie sich zum einen aus der Begründung des Gesetzentwurfes zum GMG ergibt und zum anderen aus der ausdrücklichen Streichung der §§ 11 Abs 1 S 2 SGB V und 21 Abs 1 Nr 5 SGB I folgt. Der Gesetzgeber hat durch die Neufassung des Siebten Abschnitts und die ergänzende Aufhebung der vorgenannten Regelungen eindeutig und ausreichend bestimmt, die Vorschriften über die Gewährung von Sterbegeld mit Wirkung zum 01.01.2004 aufzuheben. Ein Auseinanderfallen zwischen dem inneren und dem tatsächlich geäußerten gesetzgeberischen Willen besteht insoweit nicht. Für eine ergänzende Auslegung der streitigen Regelungen besteht daher aus Sicht des Gerichts kein Raum. Zwar findet sich gesetzestechnisch keine ausdrückliche Regelung des Inhalts, dass die §§ 58, 59 SGB V zum 01.01.2004 aufgehoben und durch Regelungen, die den Zahnersatz betreffen, ersetzt werden. Jedoch ist durch die begriffliche Verwendung des Änderungsbefehls "fassen" in Art 1 Nr 36 GMG sowie die inhaltliche Neufassung und die Neuformulierung ua der §§ 58, 59 SGB V in der ab dem 01.01.2004 geltenden Fassung in ausreichender Form klargestellt, dass die bisherigen Regelungen in den §§ 58 und 59 SGB V nicht mehr weiter gelten, sondern abgeschafft werden.

Diese Änderung trat auch bereits zum 01.01.2004 und nicht erst zum 01.01.2005 in Kraft. Wie bereits dargelegt ergibt sich aus dem Umstand, dass die §§ 58, 59 SGB V a.F. nicht gesondert aufgehoben wurden, nicht, dass auch das Sterbegeld erst zum 01.01.2005 abgeschafft werden sollte. Der von der Klägerseite vertretenen Auffassung, die § 58,59 SGB V in der bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung gälten bis zum 31.12.2004 fort, vermag die Kammer nicht zu folgen, denn sie führte zu widersinnigen Ergebnissen, wenn die Regelungen zum Sterbegeld neben den Regelungen zum Zahnersatz, die ab dem 01.01.2004 in Kraft getreten sind, bestehen blieben. In dem bereits seit dem 01.01.2004 mit "Zahnersatz" über schriebenen Siebten Abschnitt des Dritten Kapitels des SGB V befänden sich dann nach dieser Auffassung die Regelungen der § 56, 57, 58 Abs 3 SGB V über den Zahnersatz, gleichzeitig in § 58 ohne Angabe eines Absatzes und in § 59 SGB V Vorschriften über die Gewährung von Sterbegeld. Der Gesetzestext enthielte dann unter der Überschrift "Zahnersatz" in verschiedenen Absätzen Regelungen zum Sterbegeld und hätte damit einen der gesetzlichen Systematik gänzlich widersprechenden Wortlaut. Davon, dass der Gesetzgeber eine solche Regelung hat fortbestehen lassen wollen, kann vernünftigerweise nicht ausgegangen werden. Der gegenteiligen, von Schnapp vertretenen und von den Medien aufgegriffenen Rechtsansicht (vgl. hierzu: SGB 2004, Seite 451 ff.), der Wille des Gesetzgebers, das Sterbegeld abzuschaffen habe im GMG keinen Ausdruck gefunden und sei daher unbeachtlich, vermag das Gericht aus den vorstehenden Erwägungen nicht zu folgen. Nach Auffassung des Gerichts ist der Wille des Gesetzgebers, die Leistung Sterbegeld mit Wirkung zum 01.01.2004 aufzuheben, durch das GMG wirksam umgesetzt worden mit der Folge, dass das Sterbegeld zum 01.01.2004 abgeschafft worden ist. Ein Anspruch auf Sterbegeld lässt sich auch nicht daraus ableiten, dass diejenigen Vorschriften zum Zahnersatz, die ursprünglich zum 01.01.2005 in Kraft treten sollten, zwischenzeitlich gestrichen worden sind, so dass die Paragrafenziffern 58 und 59 des SGB V nunmehr unbesetzt sind. Auch unter Berücksichtigung dieser gesetzgeberischen Entscheidung folgt kein Wiederaufleben des Anspruchs auf Sterbegeld.

Die Streichung des Anspruchs auf Sterbegeld verstößt auch nicht gegen Verfassungsrecht. Weder unterliegt der Anspruch auf Sterbegeld der Eigentumsgarantie des Art 14 Abs 1 des Grundgesetzes – GG – (vgl. hierzu: Bundesverfassungsgericht -BverfG – Beschluss vom 22.12.1992, Az: 1 GMG 1582/91) noch sind Rechtsstaats- oder Sozialstaatsprinzip verletzt. Zwar unterfallen auch sozialversicherungsrechtliche Ansprüche und Anwartschaften dem Eigentumsschutz des Art 14 Abs 1 S 1 GG. Die konkrete Reichweite der Bestandsgarantie des Eigentums ergibt sich aus der Bestimmung von dessen Inhalt und Schranken. Diese zu konkretisieren ist nach Art 14 Abs 1 S 2 GG Aufgabe des Gesetzgebers. Dieser kann grundsätzlich auch sozialversicherungsrechtliche Ansprüche beschränken und umgestalten oder die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug solcher Leistungen erschweren, wobei ihm eine beträchtliche Gestaltungsfreiheit eingeräumt wird. Überdies ist in sozialversicherungsrechtlichen Positionen von vornherein in gewissen Grenzen die Möglichkeit von Änderungen angelegt. Eine Unabänderlichkeit widerspräche insbesondere dem Versicherungsverhältnis in der gesetzlichen Krankenversicherung, das im Unterschied zum Privatversicherungsverhältnis nicht auf dem reinen Versicherungsprinzip, sondern wesentlich auf dem Gedanken der Solidarität und des sozialen Ausgleichs beruht. Insoweit schließt sich das Gericht den Ausführungen des BSG in seinen Entscheidungen zur Kürzung des Sterbegeldes vom 25.06.1991 (Az: 1 /3 RK 21/90) und vom 07.08.1991 (Az: 1 RK 12/91) an. Die Darlegungen des BSG zur Frage der Zulässigkeit einer erheblichen Reduzierung des Sterbegeldes tragen auch die vorliegende Streichung des Sterbegelds im Hinblick auf den damit verbundenen Einspareffekt. Ein Verstoß gegen das Sozialstaatsprinzip ist ebenfalls nicht ersichtlich. Das Sozialstaatsprinzip enthält primär nur einen Gestaltungsauftrag an den Gesetzgeber; es beinhaltet infolge seiner Weite und Unbestimmtheit regelmäßig keine unmittelbaren Handlungsanweisungen, die durch die Gerichte ohne gesetzliche Grundlage in einfaches Recht umgesetzt werden könnten. Insoweit ist es richterlicher Inhaltsbestimmung weitaus weniger zugänglich als die Grundrechte. Aus diesem Verfassungsgrundsatz können iVm Art 3 GG unmittelbare Rechtsansprüche nur hergeleitet werden, wenn das Existenzminimum nicht mehr gewährleistet ist (vgl. hierzu: Entscheidungen des BverfG Bd. 1, 97, 107; 8, 274, 329).

Selbst für den Fall, dass eine Bildung von Rücklagen für die Beerdigungskosten nicht möglich sein sollte, wird dieses Bedürfnis, wenn andere Versicherungen nicht vorhanden oder nicht durchführbar sind, jedenfalls durch die Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz sichergestellt. Schließlich verstößt die Streichung des Sterbegeldes auch nicht gegen Art 2 Abs 1 GG iVm dem rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes in Art 20 Abs 3 GG.

Die Kürzung oder Streichung bisher vorgesehener Leistungen betrifft zwar einerseits das Vertrauen auf den Fortbestand des Leistungsumfanges in der gesetzlichen Krankenversicherung. Andererseits ist der Gesetzgeber aber nicht gehindert, auch im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung aus Gründen des Allgemeinwohls neue Regelungen zu treffen, die sich wechselnden Erfordernissen anpassen. Dabei hat er gesellschaftspolitischen Veränderungen und damit verbundenen wechselnden Interessenlagen, insbesondere im Hinblick auf die Belastbarkeit der Solidargemeinschaft der Versicherten, Rechnung zu tragen. Der einzelne kann sich demgegenüber nicht mit Erfolg darauf berufen, dass er auf den Fortbestand einer bestimmten gesetzlichen Regelung vertraut hat, wenn dieses Vertrauen unter Berücksichtigung der gesamten Umstände billigerweise eine Rücksichtnahme durch den Gesetzgeber nicht beanspruchen kann. (vgl. hierzu: Entscheidung des BverfG Bd. 69, 272, 310) Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist erst dann verletzt, wenn die gesetzgeberischen Maßnahmen bei Abwägung einerseits ihrer Schwere für den Betroffenen und andererseits der sie rechtfertigenden Gründe die Grenze des Zumutbaren überschreiten. Die Interessenabwägung zwischen dem Ausmaß der den einzelnen treffenden Einbußen und der Bedeutung des gesetzlichen Anliegens für das Wohl der Allgemeinheit fällt hier zugunsten der Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Neuregelung aus. Zwar ist das Vertrauen, insbesondere der älteren Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung auf den Fortbestand einer günstigen Rechtslage in der Regel hoch einzuschätzen. Nach Auffassung der Kammer kann aber nicht außer Acht gelassen werden, dass die Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung notwendig war, weil der Anstieg der Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung mit seinen gesundheits-, sozial- und beschäftigungspolitischen Konsequenzen in zunehmendem Maße zu einer erheblichen Belastung dieses sozialen Sicherungssystems sowie der Arbeitnehmer und Betriebe führte. Der medizinische Fortschritt und die zunehmende Zahl älterer Menschen führen zu einem Ausgabenanstieg, hinter dem die Entwicklung der Einnahmen zurückbleibt. Diese Finanzierungslücke kann nicht durch weitere Beitragssatzsteigerungen finanziert werden, da dies die Arbeitskosten erhöht und zu einer steigenden Arbeitslosigkeit beiträgt. (vgl. hierzu: Bundestagsdrucksache 15/1525 Seite 71) Die Aufrechterhaltung der Finanzierbarkeit der gesetzlichen Krankenversicherung, über die der größte Teil der Bevölkerung seine Absicherung für den Krankheitsfall erfährt und die Stabilisierung der Beiträge liegen in hohem Maße im Gemeinwohlinteresse. Es ist daher als verfassungsgemäß anzusehen, wenn der Gesetzgeber durch das GMG ein Bündel von Maßnahmen vorgesehen hat, um zu einer Kostendämmung im gesetzlichen Gesundheitssystem zu gelangen. Die Einzelinteressen der Klägerin an der Auszahlung eines Zuschusses zu den Beerdigungskosten müssen demgegenüber zurücktreten. Die Kammer kann insoweit offen lassen, ob angesichts des gesamten geplanten Einsparvolumens von 9,.8 Mrd. Euro für das Jahr 2004 die Streichung des Sterbegeldes mit einer geschätzten Entlastung für 2004 für 0,4 Mrd Euro erhebliche Bedeutung hat. Denn es kommt dabei nicht auf die Auswirkungen einer Gesetzesänderung im Hinblick auf eine Einzelleistung an, sondern auf den Einspareffekt, der durch die Gesamtheit der vom Gesetzgeber beschlossenen Maßnahmen erzielt werden soll. Hierzu gehört auch die Einsparung durch die Streichung des Sterbegeldes. Darüber, ob die Streichung des Sterbegeldes dem Ziel der Entlastung der Krankenversicherung zu dienen, geeignet ist, hat das Gericht nicht zu befinden, denn insoweit ist dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum zuzubilligen. Es ist nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber diesen weiten Gestaltungsspielraum überschritten hätte, zumal die Streichung des Sterbegeldes keine Einzelmaßnahme zulasten eines bestimmten Teils der Versichertengemeinschaft darstellt, sondern nur Teil eines Gesamtpaketes ist, um die Finanzlage bzw. die Funktionsfähigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung nachhaltig zu stabilisieren. Wie aus den vorstehend zitierten Entscheidungen hervorgeht, hat das BverfG diesen Gesichtspunkt schon mehrfach zur Rechtfertigung von Eingriffen in Vertrauenstatbestände Sinne der unechten Rückwirkung bei Gesetzesänderungen herangezogen. Dem schließt sich die Kammer für den vorliegenden Fall an. Insbesondere kann es bei der Entscheidung des vorliegenden Falles nicht darum gehen, ob ein anderer Weg zu denselben Einsparungen und zu weniger Belastungen der Versicherten geführt hätte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.
Rechtskraft
Aus
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