L 21 RA 151/03

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
21
1. Instanz
SG Neuruppin (BRB)
Aktenzeichen
S 2 RA 396/02
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 21 RA 151/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Verpflichtung der Beklagten, den Zeitraum vom 01. September 1971 bis 31. August 1978 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparates und die in diesem Zeitraum erzielten Entgelte festzustellen, streitig.

Der am. Mai 1947 geborene Kläger arbeitete zunächst als gelernter Tiefbohrfacharbeiter beim VEB Erdöl und Erdgas in G ... Vom 01. September 1968 bis 31. August 1971 studierte er an der Bergakademie F., Arbeiter- und Bauern-Fakultät "W. P.", vom 01. September 1971 bis 31. Januar 1972 war er Student an der Hochschule für Ökonomie in B., ab Februar 1972 wurde der Kläger zum Studium an der H.-Universität zu B., Fachbereich Rechtswissenschaft, delegiert. Mit Wirkung vom 01. Mai 1972 schloss er mit dem Ministerium der Justiz der ehemaligen DDR eine Vereinbarung zur Sicherung seines späteren Einsatzes innerhalb der Rechtspflegeorgane. Am 17. März 1975 erlangte der Kläger den Abschluss eines Juristen. Bis zum 31. August 1978 absolvierte er an der H.-Universität zu B. ein Diplom- und Forschungsstudium, der Grad des Diplomjuristen wurde ihm am 16. Juli 1976 verliehen. Während seines Studiums erhielt der Kläger ein Stipendium, für die Monate Januar bis August 1973 zu dem Grundstipendium ein zusätzliches Leistungsstipendium. Für die Zeit der Studien ab 01. September 1971 bis 31. August 1978 ist im Sozialversicherungsausweis des Klägers in den Spalten beitragspflichtiger Gesamtverdienst eine pauschale Studentenversicherung vermerkt. Beiträge zur freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für Mitarbeiter des Staatsapparates wurden für den Kläger ab 01. Mai 1972 entrichtet.

Am 01. September 1978 nahm der Kläger beim Vertragsgericht Berlin die Tätigkeit als Assistent auf, er wurde zum 01. August 1979 zum Vertragsrichter berufen. Ab 01. September 1983 bis 10. Juni 1990 war der Kläger Mitarbeiter der Rechtsstelle im Amt für Preise beim Ministerrat der DDR, später Leiter der Arbeitsgruppe Recht in der Abteilung internationale Kooperation im Ministerium der Finanzen und Preise ab 01. Januar 1990.

Am 12. Oktober 1998 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Überführung von Zusatzanwartschaften für den Zeitraum vom 01. September 1978 bis 10. Juni 1990. Beim Rentenversicherungsträger beantragte er am 12. Oktober 1998 die Kontenklärung und reichte hierzu Unterlagen zu seinem Versicherungsleben ein.

Mit Bescheid vom 07. September 2000 merkte der Rentenversicherungsträger in einem Versicherungsverlauf die Zeit vom 01. September 1968 bis 31. Oktober 1971 als Zeit der Hochschulausbildung nach § 149 Abs. 5 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI - vor.

Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 17. Mai 2001 den Zeitraum vom 01. September 1978 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparates und die in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsentgelte fest. Einen hiergegen am 15. Juni 2001 erhobenen Widerspruch nahm der Kläger am 31. Oktober 2001 zurück.

Am 05. Dezember 2001 beantragte der Kläger die Überprüfung des Feststellungsbescheides vom 07. September 2000 und machte u. a. geltend, der Zeitraum vom 01. September 1971 bis 31. August 1978 fehle vollständig in der Kontenklärung. Während des gesamten Zeitraums sei er über den VEB Erdöl oder über den DDR-Ministerrat zum Studium delegiert worden. Er habe in dieser Zeit zwei Studiengänge absolviert, zu denen er verpflichtet worden sei und die er erfolgreich abgeschlossen habe. Es handele sich um Ausbildungszeiten mit Arbeitspflicht und daher nicht um Anrechnungszeiten. Das Studium habe bereits am 01. Dezember 1971 begonnen, als Stipendiat habe er auf der Grundlage seines vorherigen Einkommens ein Grundstipendium von 570 und später 600 Mark erhalten. Die beitragspflichtigen Verdienste seien für den Zeitraum vom 01. Mai 1972 bis 31. August 1978 durch die Beitragsnachweiskarte vom 19. April 1991 belegt.

Der Rentenversicherungsträger merkte mit Bescheid vom 14. Januar 2002 den Zeitraum vom 01. September 1968 bis 16. Juli 1976 als Anrechnungszeittatbestand vor.

Mit Bescheid vom 18. Januar 2002 lehnte die Beklagte eine Änderung des Bescheides vom 17. Mai 2001 mit der Begründung ab, Pflichtbeitragszeiten nach dem Anspruchs- und Anwart-schaftsüberführungsgesetz - AAÜG - lägen nur bei einer entgeltlichen Beschäftigung oder Tätigkeit vor. Die Ausbildung an einer Hochschule bzw. Fachhochschule erfülle diese Voraussetzung regelmäßig nicht. Beigefügt war die Zweitschrift eines Bescheides des Rentenversicherungsträgers vom 14. Januar 2002.

Am 12. Februar 2002 erhob der Kläger Widerspruch "gegen den Bescheid vom 14.01.02" und teilte unter dem 07. März 2002 mit, er habe Widerspruch gegen den Bescheid der Beklagten einlegen wollen. Seine Studienzeiten in der DDR vom 01. Mai 1972 bis 30. Juni 1990 seien Ausbildungszeiten gewesen. Er bat, den Überprüfungsantrag an den Zusatzversorgungsträger weiter zu geben und den Widerspruch bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Zusatzversorgungszeiten ruhen zu lassen. Gegenüber der Beklagten wiederholte er sein beim Rentenversicherungsträger vorgebrachtes Anliegen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 14. Juni 2002 wies die Beklagte den "Widerspruch gegen den Bescheid vom 18.01.2002" zurück. Sie verwies auf die Trennung der Funktionen des Rentenversicherungsträgers und Zusatzversorgungsträgers. Pflichtbeitragszeiten nach dem AAÜG lägen nur bei einer entgeltlichen Beschäftigung oder Tätigkeit vor. Auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass Ausbildungszeiten in der ehemaligen DDR als beitragspflichtige Versicherungszeiten im Sozialversicherungsausweis eingetragen worden seien, sei die Ausbildung kein Bestandteil eines Beschäftigungsverhältnisses gewesen. Mit der vorgelegten Beitragsnachweiskarte seien für den Zeitraum vom 01. Mai 1972 bis 31. August 1978 keine Entgelte, sondern Mindestbeiträge zur Aufrechterhaltung von Versorgungsanwartschaften nachgewiesen.

Mit seiner am 01. Juli 2002 vor dem Sozialgericht Neuruppin erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, mit dem Feststellungsbescheid vom 07. September 2000 sei der Zeitraum vom 01. September 1971 bis 31. August 1978 nicht belegt worden. Als Ausbildungszeit mit Arbeitspflicht sei der Zeitraum nicht als Anrechnungszeit zu berücksichtigen. Nachdem er bereits zuvor als Angehöriger des VEB Erdöl und Erdgas G. zum Studium an die Bergakademie Freiberg delegiert gewesen sei, sei er auch am 01. September 1971 zu einem Hochschulstudium an die Hochschule für Ökonomie B. delegiert worden. Mit Vereinbarung vom 11. April 1972 sei er zu einem Wechsel des Studiums veranlasst worden, nämlich zu einem vierjährigen Studium der Rechtswissenschaften. Dies habe dem Ziel gedient, Justiziar des Bergbaubetriebes zu werden. Dabei habe sich der Staat vorbehalten, besonders gute Absolventen auch in der Rechtspflege einzusetzen. Er sei dabei weiter Angehöriger des VEB Erdöl gewesen. Der Plan, nach abgeschlossenem Studium 1975 als Justiziar im VEB Erdöl beschäftigt zu werden, sei durch Einsatzbeschluss des Ministeriums der Justiz vom 11. April 1974 geändert worden. Er sei nach absolviertem erfolgreichen Studium der Rechtswissenschaften im Wissenschaftsbereich wissenschaftlich-technischer Rechtsschutz der Sektion Rechtswissenschaften der H.-Universität eingesetzt worden und habe dort gearbeitet und studiert mit dem Ziel der Promotion. Während der gesamten Zeit sei er Betriebsangehöriger und Vertragsstudent mit einem Stipendium gewesen, zuletzt ab 01. September 1976 mit einer Erhöhung auf monatlich 600 Mark. Der beitragspflichtige Verdienst in der Zeit vom 01. Mai 1972 bis zum 31. August 1978 sei durch die Beitragsnachweiskarte vom 19. April 1991 belegt. Soweit die Beklagte die Auffassung vertrete, sein beruflicher Werdegang könne rentenrechtlich so behandelt werden wie der eines Studenten aus den alten Bundesländern, werde Ungleiches gleichgesetzt. Die Entscheidung der Beklagten verstoße daneben gegen den Beitragsgrundsatz der Rentenversicherung.

Der Kläger hat an ihn gerichtete Schreiben des VEB Erdöl und Erdgas G. vom 05. Oktober 1971, 08. März 1972 und 29. Juli 1974 eine Vereinbarung des Ministerrates der DDR vom 11. April 1972, einen Einsatzbeschluss des Ministerrates der DDR vom 11. April 1974, eine Änderungsvereinbarung des Ministerrates der DDR vom 04. Oktober 1976, eine Beitragsnachweiskarte und ein Schreiben des Ministeriums der Justiz an alle Vertragsstudenten zur Gerichtsakte gereicht und erstinstanzlich beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 18. Januar 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14. Juni 2002 aufzuheben und den Bescheid vom 07. September 2000 insoweit abzuändern, als die Zeit vom 01. September 1971 bis 31. August 1978 als Pflichtbeitragszeit anerkannt wird.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat im Wesentlichen auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid verwiesen und ergänzend vorgetragen, der Kläger habe ein Stipendium erhalten, auch wenn dieses unter Berücksichtigung seines letzten Einkommens berechnet worden sei. Der Vereinbarung vom 11. April 1972 sei zu entnehmen, dass die Hochschulausbildung kein Bestandteil des Beschäftigungsverhältnisses gewesen sei.

Mit Urteil vom 07. Mai 2003 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zu Recht habe die Beklagte die Änderung ihres Bescheides abgelehnt, da nach § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG als Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem, in denen eine Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden ist, als Pflichtbeitragszeit in der Rentenversicherung gelten, und diese Voraussetzung während einer Ausbildung an einer Hochschule regelmäßig nicht erfüllt werde. Die von dem Kläger zurückgelegten Studienzeiten seien nicht als betriebliche Ausbildungszeiten Bestandteil eines Beschäftigungsverhältnisses gewesen.

Gegen das am 03. Juni 2003 zugestellte Urteil hat der Kläger am 19. Juni 2003 Berufung eingelegt. Er verfolgt sein Begehren weiter. Streitig sei weiter, ob die Zeit von 1972 bis 1978 eine Beschäftigung oder Tätigkeit darstelle, die als Pflichtbeitragszeit nach § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG festgestellt werden müsse. Eine Beschäftigung im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV sei ausgeübt worden. In der Zeit vom 01. September 1971 bis 1975 sei er Betriebsangehöriger des VEB Erdöl- und Erdgas-Erkundung G. gewesen. Während des gesamten Zeitraums habe ein Arbeitsverhältnis bei diesem Betrieb bestanden. Er sei ab 01. September 1971 durch den VEB zum Direktstudium an die Hochschule für Ökonomie Berlin/Karlshorst Fachrichtung Außenhandel verpflichtet worden. Während des Studiums habe es zu seinen arbeitsrechtlichen Pflichten gehört, jedes Semester die erzielten Leistungsnachweise in Form von Zeugnissen, schriftlichen Bestätigungen vorzulegen. Zu seinen Pflichten habe auch der jährliche Besuch des delegierenden Betriebes in G. gehört. Der Betrieb habe während der gesamten Studienzeit das Recht gehabt, die Delegierung zum Studium wieder aufzuheben und ihn in den Produktionsbetrieb einzuordnen.

Mit Vereinbarung vom 11. April 1972 sei er zu einem Studiumswechsel veranlasst worden. Der delegierende Bergbaubetrieb habe dem Wechsel zugestimmt. Auch der Hochschulwechsel habe dem Ziel der Weiterqualifizierung im Interesse des Delegierungsbetriebes gedient, er sei auch während dieses Studiums an seinen Betrieb gebunden gewesen. Für den Zeitraum vom 01. Mai 1972 bis 31. August 1978 sei er Vertragsstudent des Ministeriums der Justiz gewesen. Die Vereinbarung vom 11. April 1972 trage Merkmale eines Arbeitsvertrages. Der mit dem Ministerium geschlossene Vertrag habe eine Vereinbarung über den späteren Einsatz beinhaltet. Dem Ministerium seien Krankheitszeiten und Leistungsnachweise beizubringen gewesen. Er sei unmittelbar 1975 im Wissenschaftsbereich wissenschaftlich-technischer Rechtsschutz der Sektion Rechtswissenschaften der Humboldt-Universität zu Berlin eingesetzt worden. Es habe nach der Vereinbarung nach Zustandekommen eines Einstellungsvertrages mit einem Rechtspflegeorgan geendet. Die Einstellung sei am 01. September 1978 erfolgt.

In der Zeit vom 01. Mai 1972 bis 28. Februar 1975 sei er nicht einfach Stipendiat, sondern Vertragsstudent des Ministeriums der Justiz gewesen sei. Die Hochschulzeit gleiche derjenigen eines im Staatsdienst befindlichen Angestellten, der im Rahmen dieser Anstellung für den Staatsdienst weiterqualifiziert werde. Der Beschluss über die Aus- und Weiterbildung in der Rechtspflege vom 28. Mai 1969 sowie die Ordnung über die Zahlung von Sonderstipendium besagten, dass die Weiterqualifikation in der Fachstudienrichtung Rechtspflege über das Ministerium der Justiz wie eine Ausbildung vertraglich ausgestaltet gewesen sei. Er habe ein als Vertragsstipendium bezeichnetes Einkommen von 570 Mark, später monatlich 600 Mark erhalten. Das Stipendium habe sich auch von anderen unterschieden, weil es sich nach dem letzten Einkommen gerichtet habe. Die Mittel für das Sonderstipendium seien aus dem Haushalt des Ministeriums beglichen worden. Ab 1972 sei auch die Zahlung von Beiträgen zur zusätzlichen Altersversorgung nachgewiesen.

Der Kläger hat u. a. eine Ablichtung des Beschlusses über das System der Aus- und Weiterbildung der juristischen Kader in den Rechtspflegeorganen vom 28. Mai 1969, eine Vereinbarung über die Grundsätze der Delegierung von Bewerbern zum juristischen Hochschulstudium, eine Ordnung über die Zahlung der Stipendien und Beihilfen für die vom Ministerium für Justiz delegierten Studenten zum juristischen Direktstudium und ein Schreiben der VEB Erdöl und Erdgas G. vom 13. September 1974, ein Schreiben seinerseits vom 03. November 1975 und eine Bestätigung der Humboldt-Universität zu Berlin vom 23. Oktober 1975 zur Gerichtsakte gereicht.

Er beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 07. Mai 2003 und den Bescheid der Beklagten vom 18. Januar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Juni 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Bescheid vom 17. Mai 2001 abzuändern und die Zeit vom 01. September 1971 bis 31. August 1978 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparates und die in diesem Zeitraum erzielten Entgelte festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil für zutreffend.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten des Rentenversicherungsträgers und der Beklagten (Versicherungsnummer.) und auf die Gerichtsakte verwiesen, die Gegenstand der Beratung und Entscheidung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt hatten, §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -.

Die statthafte Berufung ist zulässig. Sie ist unbegründet. Das Sozialgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen.

Die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ist zulässig, sie ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 18. Januar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Juni 2002 ist rechtmäßig. Zu Recht hat es die Beklagte abgelehnt, ihren bestandskräftigen Bescheid vom 17. Mai 2001 abzuändern.

Nach § 44 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - SGB X - ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Zutreffend hat es die Beklagte mit dem bestandskräftigen Bescheid vom 17. Mai 2001 abgelehnt, den Zeitraum vom 01. September 1971 bis 31. August 1978 als Zeit der Zugehörigkeit zu einem Zusatz- oder Sonderversorgungssystem festzustellen.

Das Begehren des Klägers ist letztlich auf die Leistung einer (höheren) Rente gerichtet. Da der Kläger im streitigen Zeitraum originäre rentenrechtliche Zeiten im bundesdeutschen Rentensystem nicht zurückgelegt hat, bedarf es zur Begründung und Ausgestaltung von Rechten und Anwartschaften im Rahmen des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch - SGB VI - sowie zur Wertbestimmung einer Rente besonderer bundesrechtlicher Grundlagen. Der Bundesgesetzgeber hat diesen Vorgang in zwei voneinander zu trennende Verfahren gegliedert. Während das eine Verfahren mit dem Erlass eines so genannten Entgeltbescheides endet, hat das andere einen die Rente feststellenden Bescheid zum Ziel. In dem erstgenannten Verfahren hat der Versorgungsträger, hier die Beklagte, dem Vormerkungsverfahren nach § 149 Abs. 5 SGB VI ähnlich gemäß § 8 Abs. 1 AAÜG die Daten, die zur Durchführung der Versicherung und zur Feststellung von Ansprüchen aus der Rentenversicherung erforderlich sind, festzustellen und sie dem für die Feststellung der Leistungen zuständigen Träger der Rentenversicherung mitzuteilen. Zu diesen Daten gehören die Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem (§ 8 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 5 AAÜG) und die tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte (§ 8 Abs. 1 Satz 2 AAÜG). Nach § 8 Abs. 3 Satz 1 AAÜG hat der Versorgungsträger dem Berechtigten den Inhalt der Mitteilung durch Bescheid bekannt zu geben (vgl. BSG, Urteil vom 20. Dezember 2001, Aktenzeichen B 4 RA 6/01 R, SozR 3-8570 § 8 Nr. 7 m.w.N.), so dass bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen auch ein Anspruch auf einen solchen Verwaltungsakt besteht.

Hinsichtlich des Zeitraums vom 01. September 1971 bis 31. August 1978 liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Feststellung nach § 8 Abs. 3 AAÜG nicht vor. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gelten als Pflichtbeitragszeiten der Rentenversicherung Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem, in denen eine Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden ist. Diese Norm bestimmt die Gleichstellung von Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem mit Pflichtbeitragszeiten der Rentenversicherung für solche Zeiten, in denen "Versorgungsberechtigte" eine entgeltliche Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt haben, derentwegen eine zusätzliche Altersversorgung in einem in der Anlage 1 und 2 zum AAÜG aufgelisteten System vorgesehen war. Drei Tatbestandsvoraussetzungen, nämlich 1. Ausübung einer Beschäftigung, 2. Entgeltlichkeit der Beschäftigung und 3. Beschäftigung im Rahmen eines Versorgungssystems, müssen vorliegen (vgl. BSG, Urteil vom 24. Juli 2003, Aktenzeichen B 4 RA 40/02 R, zitiert nach juris).

Der Anspruch des Klägers auf Feststellung der Studienzeit als gleichgestellte Pflichtbeitragszeit nach § 5 AAÜG scheitert daran, dass keine entgeltliche Beschäftigung vorlag. Aus der Funktion des § 5 AAÜG, Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatz- oder Sonderversorgungssystem den Pflichtbeitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung nach dem SGB VI gleichzustellen, wenn eine Beschäftigung ausgeübt worden ist, folgt, dass eine entgeltliche Beschäftigung vorgelegen haben muss, weil auch nur aus einer solchen Beschäftigung eine Pflichtbeitragszeit nach dem SGB VI folgt (§§ 1 Nr. 1, 55, 248 SGB VI, vergl.: BSG, Urteil vom 24. Juli 2003, Aktenzeichen B 4 RA 40/02 R, a.a.O.). § 5 AAÜG regelt ergänzend zu § 248 Abs. 3 SGB VI die Gleichstellung von Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem mit Pflichtbeitragszeiten, in denen eine Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden ist (Schmidt in: Kreikebohm, SGB VI, § 5 AAÜG, Anm. 2). Zeiten der Fach- und Hochschulausbildung in der ehemaligen DDR sind keine (Pflicht-)Beitragszeiten in der Rentenversicherung (§ 248 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 SGB VI), eine Gleichstellung solcher Zeiten, auch wenn sie innerhalb eines Versorgungssystems zurückgelegt worden sind, scheidet grundsätzlich aus, wenn nicht auch zugleich eine entgeltliche Beschäftigung ausgeübt worden ist.

Beschäftigung ist nach § 7 Sozialgesetzbuch Viertes Buch – SGB IV – die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Bei der Anwendung des Bundesrechts auf Sachverhalte aus der Zeit der ehemaligen DDR nach § 5 AAÜG sind zwar die Besonderheiten der DDR zu berücksichtigen. Der Rechtsbegriff des Arbeitsverhältnisses der DDR stimmte aber mit dem bundesdeutschen Rechtsverständnis weitestgehend überein (Arbeitsleistung gegen Lohn, Weisungsrecht, Eingliederung in einen Betrieb, §§ 40, 80-83, 95 Arbeitsgesetzbuch der DDR - AGB - ), so dass der Rechtsbegriff "Beschäftigung" auf einen Sachverhalt in der DDR nach Sinn und Zweck anwendbar ist (BSG, Urteil vom 24. Juli 2003, Az.: B 4 RA 40/02 R, a.a.O).

Im hier streitigen Zeitraum lag weder eine Beschäftigung in einem Arbeitsverhältnis vor, noch wurde Entgelt bezogen. Der Kläger war von seinem Beschäftigungsbetrieb, dem VEB Erdöl und Erdgas G., zu dem Studium ab September 1971 delegiert worden. Aufgrund der Delegierung mag der Kläger auch bestimmte Nachweispflichten über die Absolvierung des Studiums gegenüber dem VEB Erdöl und Erdgas G. gehabt haben. Arbeitspflichten bestanden jedoch nicht mehr, er unterlag nicht mehr den Weisungen des Betriebes. Der Kläger war vielmehr durch die Delegierung von der Leistung einer Arbeit in seinem Betrieb freigestellt. Er übte tatsächlich auch keine Tätigkeit oder Beschäftigung für seinen Arbeitgeber aus. Aus dem Schreiben des VEB Erdöl und Erdgas G. vom 29. Juli 1974 geht auch hervor, dass eine Tätigkeit während des Studiums nicht gefordert war. Mit dem Schreiben wurde das Interesse bekundet, den Kläger nach erfolgreichem Abschluss des Studiums als Justiziar zu beschäftigen, eine Aufnahme dieser Tätigkeit war beabsichtigt. Die Delegierung zum Studium erfolgte nicht unter Begründung neuer Arbeitsaufgaben an einem neuen Arbeitsort unter Weiterzahlung eines Lohnes entsprechend neuer Arbeitsaufgaben (§ 50 AGB). Beschäftigungen oder Tätigkeiten für einen anderen Arbeitgeber ergaben sich auch nicht aus anderen Vereinbarungen.

Auch aus der Vereinbarung mit dem Ministerium der Justiz vom 11. April 1972 ergeben sich keine Arbeitspflichten; die in ihr aufgeführten Verpflichtungen des Klägers betreffen allein die Studienorganisation. Mit dieser Vereinbarung wurde kein Arbeitsvertrag geschlossen. Die Delegierung zum Studium ab 1. Mai 1972 stellte sich weiter als Delegierung des VEB Eröl und Ergas G. dar.

Zwar geht aus dem Einsatzbeschluss des Ministerrates der DDR, Ministerium der Justiz, Kommission für Absolventenvermittlung, vom 11. April 1974 hervor, dass der Kläger nach Abschluss seines Studiums eine Tätigkeit im Wissenschaftsbereich aufnehmen sollte, ein Arbeitsvertrag sollte bis zum 1. September 1974 abgeschlossen werde. Einen solchen hat der Kläger nicht vorgelegt, ein Arbeitsverhältnis mit daraus folgenden Pflichten ergibt sich aus dem Einsatzbeschluss nicht.

Arbeitsentgelt für die Ableistung des Studiums hat der Kläger nicht erhalten. Dies wird von ihm nicht vorgetragen und ergibt sich auch nicht aus den vorgelegten Unterlagen. In dem Sozialversicherungsausweis des Klägers ist für den strittigen Zeitraum als versicherungspflichtiges Entgelt eine Studentenpauschale und kein beitragspflichtiger Gesamtverdienst eintragen. Mit der Beitragsnachweiskarte der freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für Mitarbeiter des Staatsapparates ist für den Zeitraum vom 01. Mai 1972 bis 28. Februar 1975 unter Jahresbrutto-/Jahresnettoverdienst ein Stipendium eingetragen, für die Zeit danach Verdienste bis 31. August 1978. Damit sind keine Arbeitsentgelte bescheinigt worden. Mit der Beitragsnachweiskarte sind nur gezahlte Beiträge zur freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für Mitarbeiter des Staatsapparates nachgewiesen, nicht jedoch der Erhalt von Arbeitsentgelt.

Der Kläger hat ein an seinem letzten Nettoverdienst vor Beginn der Studienzeit ausgerichtetes Stipendium erhalten. Der Umstand, dass die Höhe des Stipendiums sich nach seinem letzten Verdienst richtete, ändert nichts daran, dass damit kein Entgelt, sondern eine Studienunterstützung bezogen wurde. Weder aus der Vereinbarung vom 11. April 1972, noch aus dem Einsatzbeschluss vom 11. April 1974 ergibt sich die Vereinbarung eines Lohns oder Entgelts. Dass der Kläger kein Entgelt während des Studiums erhalten hat, ergibt sich weiter aus dem Schreiben des Ministerrates der DDR vom 04. Oktober 1976 – Änderungs-vereinbarung -, wonach der Kläger ab 01. September 1976 ein monatliches Vertragsstipendium von 600 Mark erhielt. Die Art und Weise, wie der der Kläger sein Studium aufgenommen hat und während des Studiums abgesichert worden ist, entsprach damit insgesamt der Vereinbarung über die Grundsätze der Delegierung von Bewerbern zum juristischen Hochschulstudium vom 12. August 1969. Dort war unter II und III festgelegt, dass den immatrikulierten Studenten ein Sonderstipendium nach der Studienregelung des Ministeriums für Justiz zu gewähren und mit ihnen eine vertragliche Vereinbarung über das Studium, die Höhe des Stipendiums und ihren späteren Einsatz abzuschließen war. Die Höhe der Stipendien und Beihilfen war in der Ordnung über die Zahlung der Stipendien und Beihilfen für die vom Ministerium für Justiz delegierten Studenten zum juristischen Direktstudium am 09. Juni 1969 geregelt - Stipendienordnung -. Die Stipendien wurden in Abhängigkeit des durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommens des letzen Jahres vor Aufnahme des Stipendiums gezahlt (I 1 Buchstabe c Stipendienordnung). Die Zahlung eines Stipendiums sollte nicht die Entgeltzahlung des Arbeitgebers bewirken oder ersetzen, sie diente dem Unterhalt während des Studiums (Stipendienordnung, Vorbemerkung).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil keiner der in §§ 160 Abs. 2 Nrn 1 und 2 SGG genannten Gründe vorliegt.
Rechtskraft
Aus
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