L 5 KR 167/04

Land
Rheinland-Pfalz
Sozialgericht
LSG Rheinland-Pfalz
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Mainz (RPF)
Aktenzeichen
S 8 KR 229/01
Datum
2. Instanz
LSG Rheinland-Pfalz
Aktenzeichen
L 5 KR 167/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Grundlage für die Preisberechnung nach § 5 AMPreisV für die Herstellung von Antibiotika durch Apotheker ist die von dem Arzt in der einzelnen Verordnungszeile verordnete Menge.
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 25.8.2004 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Vergütung von Antibiotika, welche die Klägerin, eine Apothekerin, auf ärztliche Verordnung an eine Versicherte der Beklagten abgegeben hat.

Mit Schreiben vom 27.4.2001 beanstandete die Beklagte die Abrechnung der Klägerin für den Monat Mai 2000. Dabei ging es um von der Klägerin hergestellte Antibiotika für eine bei der Beklagten versicherte, an Mukoviszidose leidende Patientin. In dem insoweit von dem behandelnden Arzt der Kinderklinik und Poliklinik der Universitätskliniken M ausgestellten Rezept war verordnet: "42 x Fortum 2g in Baxter Intermate System 100 ml/h; 28 x Gernebcin 240 mg in Baxter Intermate System 100 ml/h". Die Mukoviszidose-Patientin erhielt die Antibiotika seit ca 7 Jahren, wobei sich die Infusionsbehandlung mit dem Medikament aufgrund der einzelnen Verordnung jeweils auf 14 Tage erstreckte.

Die Klägerin hatte der Beklagten gegenüber auf der Grundlage von 42 bzw 28 Einzelverordnungen für die einzelnen Tage abgerechnet. Sie hatte für Fortum 2,0 in Baxter Intermate 100 ml/h 292,04 DM und für Gernebcin 240 mg in Baxter Intermate 100 ml/h 225,91 DM verlangt. Die Beklagte berechnete anlässlich ihrer Prüfung den Preis für die Antibiotika nach folgendem Schema:
Beispiel: Gernebcin Wirkstoff Tobramycin Gesamtmenge 28 x 240 mg = 6.720 mg
Ermittlung des Substanzpreises für 6.800 mg:
- für 6.400 mg: 8 x 260,68 DM (Einkaufspreis 137,20 DM + 90 %) = 2.085,44 DM
- für 400 mg: 133,89 DM (Einkaufspreis 70,47 DM + 90 %)
Substanzpreis 2.219,33 DM/6800 mg

Intermate 2.394,00 DM
NaCl 189,39 DM
Rezepturzuschlag 49,50 DM
Summe 4.852,22 DM
+ MWSt 5.628,58 DM

Diese Berechnung der Beklagten beruhte auf der Vorgabe, dass für die Preisberechnung hinsichtlich des Rezepturzuschlags (§ 5 Abs 1 Nr 2 Arzneimittelpreisverordnung – AMPreisV) auf eine einzige Verordnung Fortum bzw Gernebcin und nicht auf 28 bzw 42 Verordnungen abzustellen sei. Mit Schreiben vom 27.4.2001 teilte die Beklagte der Klägerin mit, für den Monat Mai 2000 sei zu ihren Gunsten ein Absetzungsbetrag von 1.623,65 DM zu veranschlagen, den sie mit anderen Forderungen der Klägerin verrechnen werde. Der dagegen von der Klägerin eingelegte Einspruch wurde mit Schreiben vom 31.5.2001 zurückgewiesen.

Mit Schreiben vom 6.7.2001 führte die Beklagte aus: Nach nochmaliger Prüfung ergebe sich folgender geänderte Betrag: Fortum 42 x 2 g: 10.694,71 DM; Gernebcin 28 x 240 mg: 5.437,31 DM. Selbstverständlich werde sie "die neue Berechnung für den Abrechnungsmonat Mai 2000 nicht absetzen"; der Absetzungsbetrag für den Monat Mai 2000 betrage weiterhin netto 1.623,65 DM. In einem weiteren Schreiben vom 21.8.2001 führte die Beklagte aus: Grundsätzlich halte sie an ihrer Rechtsauffassung fest. Sie sei aber im Interesse einer gütlichen Beilegung der Auseinandersetzung bereit, dem Aspekt der Stabilität Rechnung zu tragen. Während der Wirkstoff Tobramycin (für Gernebcin) sehr stabil, dh über mehrere Wochen haltbar sei, könne bei dem Wirkstoff Ceftazidim (für Fortum) nach kurzer Zeit ein Wirkverlust eintreten. Ohne Anerkennung einer Rechtspflicht erkläre sie sich daher für die Rezeptur 42 x Fortum 2 g in Baxter Intermate System 100 ml/h zu einer abweichenden Berechnung ausgehend von 42 Einzelrezepturen bereit. Nach ihrer Berechnung betrage der Preis einer Einzelverordnung 269,33 DM brutto; für 42 Einzelverordnungen errechne sich ein Gesamtbetrag in Höhe von 11.311,81 DM brutto; die Absetzung für diese Rezeptur betrage mithin 737,99 DM brutto.

Am 11.10.2001 hat die Klägerin Klage auf Zahlung von 830,16 EUR nebst 8 % Zinsen seit dem 11.10.2001 erhoben. Sie hat ua vorgetragen: Sie sei berechtigt gewesen, das Gernebcin auf der Grundlage von 28 Einzelverordnungen abzurechnen. Nach den ärztlichen Verordnungen habe die Versicherte eine entsprechende Anzahl von Einzelbehältnissen der Rezepturen erhalten sollen. Folglich werde in diesen Fällen nicht ein, sondern würden mehrere Arzneimittel abgegeben. Der Preis für jedes Arzneimittel sei dementsprechend gesondert zu ermitteln. Im vorliegenden Fall habe es sich um sterile Zubereitungen gehandelt, die einzeln hätten hergestellt werden müssen und aus Gründen der Arzneimittelsicherheit nicht auf Vorrat hätten hergestellt werden können.

Das Sozialgericht (SG) Koblenz hat die Klage wegen örtlicher Unzuständigkeit an das SG Mainz verwiesen. Dieses hat die Klage mit Urteil vom 25.8.2004 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Grundlage der Berechnung des Entgelts für die Antibiotika sei gemäß Anlage 3 Ziffer 1.2 des Vertrages zur Hilfstaxe für Apotheken die verordnete Menge. Vorliegend sei von den verordnenden Ärzten nur ein Verordnungsblatt mit einer Verordnungszeile verwendet worden. Die Rezepturen seien daher bei der für die Auslegung der ärztlichen Verordnung durch den Apotheker gebotenen formalen Betrachtung als eine Charge herzustellen und auch entsprechend zu berechnen gewesen (Hinweis auf SG Trier, 28.4.2004 S 5 KR 45/03; SG Wiesbaden, 12.2.2003 S 3/KR 1213/01). Erkenne der Apotheker, dass eine Herstellung in einem Arbeitsgang aus pharmazeutischen Gründen, insbesondere aus Haltbarkeitsgründen, nicht sachgerecht sei, so habe er diese Zweifel durch Rücksprache mit dem Arzt gemäß § 7 Abs 1 Satz 4 Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) auszuräumen. Die Abgabe des Arzneimittels dürfe gemäß § 17 Abs 5 ApBetrO erst nach Ausräumung etwaiger Unklarheiten erfolgen. Dass die Klägerin aus pharmazeutischen Erwägungen die Einzeldosen getrennt hergestellt habe, ohne den Widerspruch zu den ärztlichen Verordnungen auszuräumen, führe zu keiner von den ärztlichen Verordnungen abweichenden Preisberechnung.

Gegen dieses ihren Prozessbevollmächtigten am 15.10.2004 zugestellte Urteil richtet sich die am 9.11.2004 beim Landessozialgericht Rheinland-Pfalz eingelegte Berufung der Klägerin. Diese hat Daten aus einer Datenbank übersandt, die nach ihrer Auffassung belegen, dass keine Möglichkeit bestand, die Lagerung von Gernebcin sicherzustellen.

Auf Anfrage des Senats hat die Beklagte erklärt: Die Unterschiede in der Berechnung für die Rezepturen zwischen den Beteiligten beruhten auch darauf, dass sie, die Beklagte, zunächst die Gesamtmenge des Wirkstoffs ermittelt und anschließend die zum Erreichen dieser Gesamtmenge erforderlichen, im Handel erhältlichen (größeren) Packungen zur Preisberechnung herangezogen habe; demgegenüber habe die Klägerin zunächst den (höheren) Preis der Einzeldosis errechnet und diesen anschließend mit der Anzahl der verordneten Einheiten multipliziert. Darauf beruhe es, dass der von der Klägerin mit der Klage bzw Berufung geltend gemachte Betrag zu einem geringen Teil auch die Berechnung des Fortin betreffe. Die Beklagte hat ferner eingeräumt, dass der Betrag von 360,05 DM = 184,09 EUR, den sie der Klägerin in ihrem Schreiben vom 21.8.2001 zugebilligt hatte, versehentlich nicht an diese gezahlt worden sei. Dies hat die Beklagte mittlerweile nachgeholt und anerkannt, dass sie der Klägerin hierfür 8 % Zinsen hieraus seit dem 11.10.2001 zahlen werde; die Klägerin hat dieses Teilanerkenntnis angenommen und den Rechtsstreit insoweit für erledigt erklärt.

Die Klägerin trägt vor: Zu einer Rückfrage bei dem verordnenden Arzt habe für sie auch deshalb keine Veranlassung bestanden, weil die Beklagte über Jahre hinweg weder die von ihr praktizierte Verfahrensweise beanstandet habe noch Retaxierungen erfolgt seien. Unklarheiten hinsichtlich der Verordnungen hätten nicht bestanden. Verordnete Menge im hier maßgebenden Sinne sei nicht die Gesamtmenge der auf einem Verordnungsblatt ausgewiesenen Antibiotika, sondern die an dem einzelnen Tag an den Patienten abzugebende Menge. Unabhängig davon habe es sich im vorliegenden Fall um sterile Zubereitungen gehandelt, die aus Gründen der Arzneimittelsicherheit nicht auf Vorrat hätten hergestellt werden können. Zudem werde die Entscheidung, ob der Patient das einzelne Arzneimittel erhalten solle, in solchen Fällen jeweils erst kurzfristig vor der Therapie vom Arzt getroffen. Maßgebend sei, dass der Patient für jeden Behandlungstag eine gesonderte applikationsfertige Lösung erhalten habe, wobei die Lösungen ohne einheitliches Behältnis getrennt und zu verschiedenen Zeitpunkten abgegeben worden seien. Die Aufführung des Musters 16 als derzeitiges amtliches Verordnungsblatt in § 3 Abs 1 Arzneilieferungsvertrag (ALV) bedeute nicht, dass allein dieses rechtlich verbindlich sei. Das SG habe im Übrigen verkannt, dass an der "Vereinbarung über die Vordrucke für die ärztliche Versorgung" nur die Ärzte und Krankenkassen, nicht aber die Apothekerorganisationen mitgewirkt hätten. Die Thematik, ob die Antibiotikarezeptur in mehreren Einzelbehältnissen in einem Arbeitsgang mit der Folge hergestellt werden könne, dass der Rezepturzuschlag nur einfach zu berechnen sei, könne nur durch einen Sachverständigen einer neutralen Klärung zugeführt werden.

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des SG Mainz vom 25.8.2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an sie 646,07 EUR nebst 8 % Zinsen hieraus seit dem 11.10.2001 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Prozessakte verwiesen, die ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die nach §§ 143 f, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung ist nicht begründet. Die Klägerin hat, nachdem die Beklagte nunmehr den versehentlich nicht ausgezahlten Betrag von 184,09 EUR der Klägerin überwiesen und einen Zinsanspruch anerkannt hat, keinen Anspruch im Zusammenhang mit der Herstellung der in Rede stehenden Antibiotika mehr. Denn die Beklagte hat die Forderung der Klägerin wegen der Antibiotika zutreffend gekürzt und gegen Ansprüche der Klägerin aufgerechnet.

Nach § 78 Abs 1 Satz 1 Arzneimittelgesetz (AMG) wird das Bundesministerium für Wirtschaft (ab 1.1.2004: das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit) ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates ua Preise für Arzneimittel, die in Apotheken hergestellt und abgegeben werden, festzusetzen. Von dieser Verordnungsermächtigung ist mit der AMPreisV Gebrauch gemacht worden. § 1 AMPreisV differenziert zwischen der Festlegung von Preisen für "Fertigarzneimittel" (Abs 1) und für "in Apotheken hergestellte" Arzneimittel (Abs 2), sog Rezepturarzneimittel.

Gemäß § 16 Abs 1 Satz 1 ALV werden die Rechnungen der Apotheken oder der von diesen beauftragten externen Abrechnungsstellen innerhalb von 10 Tagen nach Eingang der Rechnung bei den von den Ersatzkassen benannten Stellen beglichen. Nach Satz 3 dieser Vorschrift erfolgt die Zahlung vorbehaltlich auch später festgestellter Beanstandungen. Das Beanstandungsverfahren ist in § 21 ALV geregelt. Nach § 21 Abs 1 ALV werden die bei der Rechnungsprüfung festgestellten rechnerisch und sachlich unrichtig angesetzten Beträge von den Ersatzkassen innerhalb von 12 Monaten nach Ende des Kalendermonats berichtigt, in dem die Lieferung erfolgte. Diese Frist hat die Beklagte vorliegend eingehalten.

Grundlage für die Preisberechnung ist entgegen den Darlegungen des SG nicht Ziffer 1.2 der Anlage 3 des Vertrags zur Hilfstaxe für Apotheken, weil dieser Vertrag für Antibiotika – im Gegensatz zu Zytostatika – nicht anwendbar ist. Vielmehr ist Rechtsgrundlage der Preisberechnung § 5 AMPreisV. Nach Abs 1 dieser Vorschrift sind bei der Abgabe einer Zubereitung aus einem Stoff oder mehreren Stoffen, die in Apotheken angefertigt wird, 1. ein Festzuschlag von 90 vH auf die Apothekeneinkaufspreise ohne Umsatzsteuer für Stoffe und erforderliche Verpackung, 2. ein Rezepturzuschlag nach Abs 3 sowie die Umsatzsteuer zu erheben. § 5 Abs 3 AMPreisV regelt im Einzelnen die Berechnung des Rezepturzuschlages. In Abs 3 Nr 1 dieser Vorschrift heißt es ua, dass der Rezepturzuschlag für die Herstellung eines Arzneimittels durch Zubereitung aus einem Stoff oder aus mehreren Stoffen bis zur Grundmenge von 500 g 2,50 EUR (nach § 5 AMPreisV in der im Mai 2000 geltenden Fassung 3, DM) beträgt. Für den Ausgang des vorliegenden Rechtsstreits entscheidend ist, ob der Rezepturzuschlag nach § 5 Abs 1 Nr 2 iVm Abs 3 AMPreisV ausgehend von 28 x Gernebcin oder von 1 x Gernebcin zu berechnen ist. Nach der Überzeugung des Senats ist von nur einer Verordnung als Ausgangspunkt auszugehen.

Unter einer Rezeptur ist die Herstellung eines Arzneimittels durch den Apotheker nach Rezept einer hierzu berechtigten Person zu verstehen (Der Große Duden, Fremdwörterbuch, Stichwort Rezeptur). Dass es hinsichtlich des Rezepturzuschlages auf die Herstellung eines Arzneimittels ankommt, ergibt sich aus § 5 Abs 3 Nr 1 AMPreisV. Der Bezug zwischen einem Arzneimittel und einer Verordnung wird aus § 7 Abs 1 Satz 1 ApBetrO deutlich, wo es heißt, dass ein Arzneimittel, das auf Grund einer Verordnung hergestellt wird, der Verschreibung entsprechen muss. Diese apothekenrechtlichen Grundregelungen weisen einen untrennbaren Zusammenhang zwischen der einzelnen Verschreibung und der einzelnen Rezeptur aus. Es muss davon ausgegangen werden, dass der Verordnungsgeber der AMPreisV dieses arzneimittelrechtliche Grundverständnis der Regelung des § 5 Abs 1 Nr 2 iVm Abs 3 AMPreisV zugrunde gelegt hat.

Daran ändert auch die Formulierung in § 5 Abs 1 AMPreisV nichts, wonach sich der Rezepturzuschlag auf die "Abgabe einer Zubereitung aus einem Stoff oder mehreren Stoffen, die in Apotheken angefertigt wird" bezieht. Eine Zubereitung aus Stoffen liegt bei der Verarbeitung mehrerer Stoffe durch das Verbinden, Vermischen, Filtern oder sonstige Vorgänge vor (Rehmann, Arzneimittelgesetz, 1999, § 2, Rz 5). Aus der Anknüpfung an die Zubereitung kann nicht abgeleitet werden, dass es für den Rezepturzuschlag entscheidend darauf ankomme, ob der Apotheker das Rezepturarzneimittel tatsächlich in voneinander unabhängigen Vorgängen hergestellt hat. Ob der Apotheker eine oder mehrere Zubereitungen in diesem Sinne durchführt, kann nicht mit der Folge erheblicher Auswirkungen auf die Honorierung durch die Krankenkasse seiner eigenen Entscheidungsfreiheit obliegen. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass es den Krankenkassen naturgemäß nicht mit vertretbarem Aufwand möglich ist, in jedem Einzelfall zu prüfen, wie lange ein hergestelltes Medikament haltbar war und ob wegen fehlender Haltbarkeit Herstellungsvorgänge an mehreren Tagen geboten waren. Auch dies spricht dafür, dass es für die Frage, ob ein Arzneimittel oder mehrere vorliegen, entscheidend auf die Verordnung des Arztes ankommt.

Bei der Verschreibung von 28 x Gernebcin handelte es sich um eine Verschreibung. Der verordnende Arzt verwendete bei der Verordnung der 28 x Gernebcin eine einzige Verordnungszeile. Das derzeit gültige amtliche Verordnungsblatt (Muster 16), dessen maßgebliche Bedeutung für die Vertragsparteien des ALV in § 3 Abs 1 ALV festgelegt ist, ist darauf angelegt, dass bei Verordnungen von Rezepturen pro Rezeptur ein Verordnungsblatt zu verwenden ist. Verwendet der verordnende Arzt nur ein Verordnungsblatt, ist die Verordnungszeile Grundlage einer Rezeptur, ungeachtet dessen, dass diese ggf in Einzeldosen aufzuteilen ist. Daher handelte es sich bei den 28 x Gernebcin insgesamt um ein Rezepturarzneimittel.

Nur diese formale Betrachtungsweise führt zu einer hinreichend klaren Abgrenzung, die für die Handhabung der Krankenversicherungsträger im Rahmen ihrer Massenverwaltung erforderlich ist. Dass die Apothekerorganisationen an der Erstellung der amtlichen Verordnungsblätter nicht mitgewirkt haben, ist nicht von ausschlaggebender Bedeutung.

Dem Umstand, dass die Beklagte die von der Klägerin praktizierte Verfahrensweise jahrelang unbeanstandet gelassen hat, kommt keine entscheidende Bedeutung zu. Die Krankenkassen können im Rahmen ihrer Massenverwaltung solche Vorgänge nur stichprobenartig überprüfen, was der Klägerin klar sein musste, weshalb ein Vertrauensschutz der Klägerin ausscheidet. Der Einholung eines Sachverständigengutachtens bedarf es bei der gegebenen Sachlage nicht.

Die Berechnung der Beklagten ist auch ansonsten nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat zutreffend, abweichend von der Berechnung der Klägerin, zunächst die Gesamtmenge des Wirkstoffs ermittelt und anschließend die zum Erreichen dieser Gesamtmenge erforderlichen, im Handel erhältlichen (größeren) Packungen zur Preisberechnung herangezogen. Dadurch erklärt sich, dass die Zubilligung weiterer 360,05 DM = 184,09 EUR mit Schreiben vom 21.8.2001 nicht zu einer vollständigen Rücknahme der Taxbeanstandung hinsichtlich des Fortin geführt hat. Auch ansonsten sind Fehler in der Berechnung der Beklagten, die sich zulasten der Klägerin auswirken, nicht erkennbar.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. § 197a SGG ist für den vorliegenden Rechtsstreit nicht anwendbar, da die Klage vor dem 2.1.2002 erhoben wurde (Art 17 Abs 1 6. SGGÄndG v 17.8.2001, BGBl I 2144). Es ist nicht billig, dass die Beklagte der Klägerin wegen ihres Obsiegens in Bezug auf die 184,09 EUR und den insoweit anerkannten Zinsanspruch Kosten zu erstatten hat. Denn über die Zahlungspflicht hinsichtlich der 184,09 EUR bestand von vornherein kein Streit und der Zinsanspruch fällt der Höhe nach im Verhältnis zu dem Betrag, bezüglich dessen die Beklagte obsiegt hat, nicht nennenswert ins Gewicht.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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