Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
10
1. Instanz
SG Münster (NRW)
Aktenzeichen
S 16 V 143/97
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 10 V 41/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Münster vom 14.07.1998 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin streitet um Witwenversorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG).
Die 1923 geborene in Polen lebende Klägerin ist die Witwe des 1919 in H. geborenen und am 16.11.1998 verstorbenen E ... C ... (nachfolgend Beschädigter genannt). Sie war mit ihm seit 1952 verheiratet.
Der Beschädigte, der in R., Polen, lebte, war deutscher Volkszugehöriger. Er leistete nach den Angaben der Klägerin von 1939 bis November 1941 Dienst in der Deutschen Wehrmacht. Im März 1940 erlitt er als Soldat bei einem Unfall einen Unterschenkelbruch.
Nach dem Besuch der Volksschule war er nach Angaben der Allgemeinen Sozialversicherungsanstalt (ZUS) Warschau von 1935 bis 1938 und von Dezember 1942 bis Juni 1945 als Arbeiter untertage, zuletzt als Wagenschieber, beschäftigt. Von 1947 bis Juni 1951 arbeitete er als Monteur und Maurer und vom 12. Juli 1951 bis zum 31.12.1981 bei der Firma H ... " ..." in O. als Maurer, Maschinenleiter auf Schiffen der Binnenschiffahrt. Ab Januar 1982 bezog der Beschädigte von der polnischen Sozialversicherungsanstalt H. eine vorzeitige Rente, berechnet nach seinem durchschnittlichen Monatsverdienst von Dezember 1980 bis November 1981 (11.782,75 alte Zloty).
Am 16.11.1995 starb er an den Folgen einer Atheromatose.
Mit Wirkung vom 01.05.1967 bezog der Beschädigte vom Beklagten Teilversorgung unter Zugrundelegung einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 25 vom Hundert (v.H.) wegen der Schädigungsfolgen Verkürzung und Verbiegung des linken Unterschenkels nach Bruch.
Die Anerkennung eines Augenleidens als weitere Schädigungsfolge und die Neufeststellung seines Anspruchs auf Teilversorgung wegen behaupteter Verschlimmerung lehnte der Beklagte 1989/1991 (Bescheid vom 09.03.1989, Widerspruchsbescheid vom 11.01.1991) und 1995 (Bescheid vom 23.11.1995) bindend ab. Mit dem Bescheid vom 23.11.1995 wurden mit einer MdE um 30 v.H. die Schädigungsfolgen wie folgt neu bezeichnet:
Bewegungseinschränkung und Arthrose rechtes Kniegelenk nach unter Verbiegung verheiltem Unterschenkelbruch rechts, Narben am rechten Unterschenkel.
Nach dem Tode des Beschädigten beantragte die Klägerin am 20.02.1996 die Gewährung von Hinterbliebenenversorgung. Ihr Ehemann sei an den Folgen der Kriegsverletzung verstorben. Er habe im Krieg am rechten Bein und am linken Auge Verletzungen erlitten und sich an der Front in Rußland Erkältungen zugezogen. Wegen der Verletzungen habe er seine Erwerbstätigkeit nicht in vollem Umfang ausüben können. Dies habe zu finanziellen und wirtschaftlichen Einbußen geführt. Sie könne weder Unterlagen noch Zeugen über bzw. für den schulischen und beruflichen Werdegang des Beschädigten beibringen bzw. nennen. Ihrem Antrag hatte die Klägerin eine Bescheinigung des Arztes Dr. K ..., R ..., beigefügt. Darin ist ausgeführt, der Beschädigte habe wegen der Folgen der Verletzung des rechten Unterschenkels im Gesundheitszentrum R ... in ärztlicher Behandlung gestanden, ebenso wegen arterieller Hypertonie und Altersdiabetes. Am 16.11.1995 sei er vor Eintreffen des Krankenwagens verstorben. Ferner übersandte die Klägerin den Bescheid der Sozialversicherungsanstalt H. über die ihr nach dem Tod des Beschädigten gewährte Familienrente sowie eine Beschäftigungsverlaufskarte über die Beitragszeiten des Beschädigten.
Die Z ... W ... übersandte weitere medizinische Unterlagen, u.a. Gutachten der Bezirksärztekommission für Invalidität und Beschäftigung, H ... und G ..., vom 27.12.1988 und 27.06.1994, und teilte mit, es könne nicht festgestellt werden, welche Ausbildung der Beschädigte gehabt und ob er wegen seiner Invalidtät weniger als andere auf dem gleichen Posten beschäftigte Arbeiter verdient habe. In dem erstgenannten Gutachten wurde der Beschädigte wegen Blindheit links und Sehstörung rechts der zweiten Invalidengruppe und in dem letztgenannten Gutachten der ersten Invalidengruppe zugeordnet. Wegen Blindheit (Blindheit des linken Auges, praktische Blindheit des rechten Auges) und des Alters wurde Pflegebedürftigkeit anerkannt. In der ebenfalls beigefügten Krankengeschichte der Allgemeinen Fürsorgeeinrichtung des Gemeindezentrums R ... sind Behandlungen des Beschädigten, im wesentlichen wegen Herzleiden, Diabetes, Augenleiden, Beschwerden an der Lendenwirbesäule und den oberen Extremitäten, in der Zeit von 1967 bis zu seinem Tode dokumentiert.
Gestützt auf die Stellungnahme des Versorgungsarztes Dr. B ... lehnte der Beklagte durch Bescheid vom 29.04.1997 die Gewährung von Witwenrente und -beihilfe ab. Ein Anspruch auf Witwenrente bestehe nicht, weil der Tod des Beschädigten nicht wesentlich ursächlich auf die Schädigungsfolgen zurückzuführen sei. Bei der Atheromatose, an deren Folgen er verstorben sei, handele es sich um ein schädigungsunabhängiges Leiden. Die Gewährung von Witwenbeihilfe komme ebenfalls nicht in Betracht, weil nicht zu erkennen sei, daß sich die Schädigungsfolgen nachhaltig auf die Hinterbliebenenversorgung ausgewirkt hätten. Unter Berücksichtigung der Höhe der Rentenbemessungsgrundlage von 11.782,75 Zloty könne davon ausgegangen werden, daß der Beschädigte seine Tätigkeit als Maurer/Monteur, die der eines Wagenschiebers sozial gleichwertig gewesen sei, voll wettbewerbsmäßig habe ausüben können. Der monatliche Durchschnittsverdienst der Arbeitnehmer in der vergesellschafteten Wirtschaft in Polen habe im Jahre 1981 bei nur 7.689 Zloty gelegen. Der Eintritt der Erwerbsunfähigkeit 1982 sei durch schädigungsunabhängige Gesundheitsstörungen (Augenleiden, insulinabhängiger Diabetes etc.) verursacht worden.
Mit ihrem hiergegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, der Beschädigte sei an den Folgen der Kriegsbeschädigung gestorben. Wegen der Schädigungsfolgen habe er von 1951 bis 1981 nur leichte Arbeiten verrichten können und sei vorzeitig aus dem Erwerbsleben ausgeschieden.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 25.07.1997 zurückgewiesen.
Am 18.09.1997 hat die Klägerin beim Sozialgericht (SG) Münster Klage erhoben, mit der sie ihren Anspruch auf Gewährung von Witwenversorgung weiter verfolgt hat.
Die Klägerin hat sinngemäß beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 29.04.1997 und des Widerspruchsbescheides vom 25.07.1997 zu verurteilen, ihr Hinterbliebenenversorgung nach den gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat sich auf die Gründe des angefochtenen Bescheides gestützt.
Das SG hat über die Frage, ob der Tod des Beschädigten wesentlich ursächlich auf die Schädigungsfolgen zurückzuführen sei, durch Einholung eines Aktengutachtens von der Internistin Dr. L ... Beweis erhoben. Auf den Inhalt ihrer gutachtlichen Ausführungen wird Bezug genommen.
Durch Gerichtsbescheid vom 14.07.1998 hat das SG die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen ist es, soweit es um den geltend gemachten Anspruch auf die Gewährung von Witwenrente geht, dem Gutachten der gerichtlichen Sachverständigen L ... gefolgt. Den geltend gemachten Anspruch auf Witwenbeihilfe hat es verneint. Eine schädigungsbedingte Minderversorgung der Klägerin sei nicht nachgewiesen. Von einem Minderverdienst des Beschädigten könne nicht die Rede sein. Dessen monatlicher Durchschnittsverdienst in dem Jahr vor Ausscheiden aus dem Erwerbsleben, der der Rentenberechnung zugrundegelegt worden sei, habe über dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst eines Arbeitnehmers in Polen gelegen. Ebensowenig könne davon ausgegangen werden, daß der Beschädigte Anspruch auf Berufsschadensausgleich für wenigstens fünf Jahre gehabt habe. Die ab 1947 ausgeübten Tätigkeiten als Monteur bzw. Maurer und auch als Maschinenleiter seien im Vergleich zu der Tätigkeit als Wagenschieber unter Tage, die er schädigungsbedingt habe aufgeben müssen, weder sozial noch wirtschaftlich minderwertig gewesen. Anhaltspunkte dafür, daß der Beschädigte die ab 1947 verrichtete Tätigkeit schädigungsbedingt nur in reduziertem Umfang hätte ausüben können, lägen nicht vor.
Gegen das ihr am 10.08.1998 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 31.08.1998 Berufung eingelegt und geltend gemacht, die Gesundheitsstörungen des Beschädigten seien auf den Einsatz im Winter in Rußland zurückzuführen. Zum Anspruch auf Witwenbeihilfe hat sie vorgetragen, der Beschädigte sei als Deutscher in Oberschlesien diskriminiert worden. Er habe damals keine feste Arbeit gehabt. Wo er von 1947 bis 1951 beschäftigt gewesen sei, wisse sie nicht.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Münster vom 14.07.1998 abzuändern und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 29.04.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.07.1997 zu verurteilen, Witwenrente, hilfsweise Witwenbeihilfe als Teilversorgung zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Z ... W ... hat, zu den Gründen für das vorzeitige Ausscheiden des Beschädigten aus dem Erwerbsleben befragt, mitgeteilt, das Arbeitsverhältnis sei "auf der Grundlage des beidseitigen Einvernehmens aufgrund des Überganges in die Pension seit dem 01.01.1982 aufgelöst" worden. Ferner hat das H ... " ...", O., zur tatsächlichen beruflichen Tätigkeit des Beschädigten, zu seinem Verdienst und zu seiner möglichen beruflichen Entwicklung ohne die Schädigungsfolgen Auskunft erteilt.
Zum Termin zur mündlichen Verhandlung vom 05.04.2000 ist für die Klägerin niemand erschienen. Die Klägerin ist von diesem Termin am 03.03.2000 mit dem Hinweis benachrichtigt worden, daß auch im Falle ihres Ausbleibens verhandelt und entschieden werden könne.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Der Senat hat trotz Ausbleibens der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung aufgrund einseitiger mündlicher Verhandlung entscheiden können, weil die Klägerin von diesem Termin mit dem Hinweis benachrichtigt worden ist, daß auch im Falle ihres Ausbleibens verhandelt und entschieden werden könne.
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Der angefochtene Bescheid vom 29.04.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.07.1997 beschwert die Klägerin nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Denn die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Witwenrente noch auf Witwenbeihilfe nach dem Bundesversorgungsgesetz.
Nach der gesetzlichen Regelung (§ 1 Abs. 5, § 38 Abs. 1 BVG) erhält die Witwe eines Beschädigten auf ihren Antrag Hinterbliebenenrente, wenn dieser an den Folgen einer Schädigung gestorben ist.
Das ist nicht der Fall. Die Schädigungsfolgen waren nicht Ursache im Sinne der im sozialen Entschädigungsrecht geltenden Kausalitätsnorm für den Tod des Beschädigten. Ursache in diesem Sinne sind nur die Bedingungen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg und dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (vgl. schon BSG, Urteil vom 10.06.1955 - 10 RV 390/54 - in: BSGE 1, 72 ff.). Wäre der Tod ohne die Schädigungsfolgen in absehbarer Zeit nicht eingetreten, so kommt ihnen wesentliche Bedeutung zu. Dabei ist der Zeitraum von einem Jahr als ungefährer Maßstab des zeitlichen Rahmens anzusehen (vgl. schon BSG, Urteil vom 20.03.1956 - 8 RV 199/54 - in: BSGE 2, 265 ff [271]). Der Tod gilt stets dann als Folge einer Schädigung, wenn der Beschädigte an einem Leiden stirbt, das als Folge einer Schädigung rechtsverbindlich anerkannt und für das ihm im Zeitpunkt des Todes Rente zuerkannt war (§ 38 Abs. 1 Satz 2 BVG).
Die Rechtsvermutung des § 38 Abs. 1 Satz 2 BVG greift zugunsten der Klägerin nicht ein. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme kann der Senat nicht feststellen, daß der Beschädigte an einem Leiden verstorben ist, das als Folge der Schädigung rechtsverbindlich anerkannt und für das ihm im Zeitpunkt des Todes Rente zuerkannt war. Todesursache war vielmehr vermutlich ein Herzinfarkt im Rahmen einer allgemeinen Gefäßsklerose.
Es ist auch nicht wahrscheinlich, daß die Schädigungsfolgen für die Entstehung und den Verlauf des zum Tode führenden Leidens wesentlich ursächlich waren, und sei es nur durch Verkürzung des Lebens des Beschädigten um etwa ein Jahr. Der Senat stützt seine Auffassung auf das im erstinstanzlichen Verfahren eingeholte Gutachten der Sachverständigen Dr. L ... Diese hat in Auswertung der aktenkundigen medizinischen Befunde einen Herzinfarkt im Rahmen einer allgemeinen Gefäßsklerose angenommen, weil der Beschädigte offensichtlich sehr plötzlich - vor Eintreffen des Krankenwagens - verstorben ist, und einen ursächlichen Zusammenhang zwischen der allgemeinen Gefäßsklerose, die von der Z ... W ... als Todesursache genannt worden war, und den anerkannten Schädigungsfolgen an der rechten unteren Extremität für nicht wahrscheinlich gehalten. Daß es während des Krieges zu Erfrierungen gekommen ist, wie von der Klägerin behauptet, und diese zu Erkrankungen geführt haben, die in einem ursächlichen Zusammenhang mit dem Eintritt des Todes gesehen werden könnten, ist nicht nachgewiesen. Der Beschädigte hatte zu seinen Lebzeiten niemals von Erfrierungen berichtet. Auch ist den aktenkundigen ärztlichen Unterlagen, in denen ärztliche Behandlungen im wesentlichen wegen Herzleiden, Diabetes mellitus, Hypertonie, Augenleiden, Wirbelsäulen- und Schultergelenksbeschwerden rechts dokumentiert sind, kein Hinweis auf Erkrankungen wegen Erfrierungen zu entnehmen. Ebensowenig sind Anhaltspunkte dafür ersichtlich, daß die Lebenserwartung des Beschädigten durch die Schädigungsfolgen um ein Jahr verkürzt worden ist.
Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Witwenbeihilfe. Nach § 48 Abs. 1 BVG ist, wenn ein rentenberechtigter Beschädigter nicht an den Folgen der Schädigung gestorben ist, der Witwe eine Witwenbeihilfe zu zahlen, wenn der Beschädigte durch die Folgen der Schädigung gehindert war, eine entsprechende Erwerbstätigkeit auszuüben und dadurch die aus der Ehe mit dem Beschädigten hergeleitete Witwenversorgung nicht unerheblich, d.h. mindestens um einen zwischen 10 und 15 gestaffelten Vomhundertsatz, gemindert ist.
Der Feststellung dieser konkreten, schädigungsbedingten Minderung der Witwenversorgung bedarf es allerdings dann nicht, wenn die in § 48 Abs. 1 Satz 5 und 6 normierten Rechtsvermutungen eingreifen. Danach gelten die Voraussetzungen des Satzes 1 als erfüllt, wenn der Beschädigte im Zeitpunkt seines Todes Anspruch auf die Beschädigtenrente eines Erwerbsunfähigen oder wegen nicht nur vorübergehender Hilflosigkeit Anspruch auf eine Pflegezulage hatte oder wenn er mindestens fünf Jahre Anspruch auf Berufsschadensausgleich wegen eines Einkommensverlustes im Sinne des § 30 Abs. 4 oder auf Berufsschadensausgleich nach § 30 Abs. 6 BVG hatte.
Zur Zeit des Todes stand dem Beschädigten Versorgung nach einer MdE von 30 v.H. zu. Er hatte damit nicht den Anspruch auf die Beschädigtenrente eines Erwerbsunfähigen. Als erwerbsunfähig gilt ein Beschädigter, wenn er (schädigungsbedingt) in seiner Erwerbsfähigkeit um mehr als 90 v.H. beeinträchtigt ist (§ 31 Abs. 3 Satz 2 BVG).
Der Beschädigte hatte zur Zeit seines Todes auch nicht einen Anspruch auf Pflegezulage (§ 35 BVG). Es lassen sich aus den aktenkundigen Unterlagen keine Tatsachen feststellen, die belegten, daß der Beschädigte zur Zeit seines Todes für die Dauer von mehr als sechs Monaten schädigungsbedingt hilflos war. Die von der Bezirksärztekommission für Invalidität und Beschäftigung, G ..., im Juni 1994 attestierte Pflegebedürftigkeit beruhte auf Blindheit und Alter. Schädigungsfolgen auf augenärztlichem Fachgebiet sind vom Kläger erstmalig 1988 behauptet und von dem Beklagten bindend abgelehnt worden. Im übrigen hatte sich eine Augenverletzung nicht nachweisen lassen.
Entgegen der Ansicht der Klägerin hatte der Beschädigte auch nicht für die Dauer von mindestens fünf Jahren einen Anspruch auf Berufsschadensausgleich wegen eines Einkommensverlustes im Sinne des § 30 Abs. 4 BVG oder auf Berufsschadensausgleich nach § 30 Abs. 6 BVG. Daß im vorliegenden Fall Berufsschadensausgleich weder beantragt noch bewilligt worden war, steht der Anwendung des § 48 Abs. 1 Satz 6 BVG nicht entgegen (BSG, Urteil vom 10.02.1993 - 9/9 a RV 4/92 in: Die Versorgungsverwaltung 1993, 63; BSG, Urteil vom 29.01.1992 - 9 a RV 5/91 - in: Breithaupt 1993, 303 ff.). Die Voraussetzungen des Vermutungstatbestandes (§ 48 Abs. 1 Satz 6 BVG) sind auch gegeben, wenn die beruflichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Berufsschadensausgleich während des genannten Zeitraums vorlagen. Da die gesetzliche Regelung aber der Beweiserleichterung und der Verwaltungsvereinfachung dient, muß sich ein Anspruch auf Berufsschadensausgleich ohne weitere Ermittlungen feststellen lassen.
Die gesetzlichen Voraussetzungen dieses Anspruchs müssen nach dem Inhalt der über den Beschädigten geführten Versorgungsakten auf den ersten Blick für jeden Kundigen klar erkennbar während wenigstens fünf Jahren bestanden haben, und dieses Ergebnis muß sich der Verwaltung aufdrängen (BSG a.a.O.). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Hinsichtlich seiner beruflichen Tätigkeit hat der Beschädigte von der ersten Antragstellung an bis zu seinem Tode lediglich angegeben, Operateur bzw. Hilfsoperateur zu sein. 1986 hatte er - gefragt nach seinem Einkommen aus Erwerbstätigkeit - angegeben, er übe keine Tätigkeit mehr aus, da er nicht imstande sei, seine Arbeit zu verrichten. Ferner hatte er seinen während seiner beruflichen Tätigkeit erzielten Verdienst mitgeteilt und spätere Rentenbescheide übersandt. Irgendwelche Angaben, die auf einen schädigungsbedingten Einkommensverlust auch nur andeutungsweise hingewiesen, geschweige denn einen derartigen Verlust klar erkennen ließen, sind in den Akten nicht enthalten.
Auch aus der Grundnorm des § 48 Abs. 1 Satz 1 BVG läßt sich ein Anspruch auf Witwenbeihilfe nicht herleiten. Denn es ist schon nicht nachgewiesen, daß der Beschädigte durch die Schädigungsfolgen gehindert war, eine entsprechende Erwerbstätigkeit auszuüben.
Dafür, daß er die vor Eintritt in die Deutsche Wehrmacht ausgeübte Tätigkeit untertage, die nach den Angaben der polnischen Sozialversicherungsanstalt auch noch nach Entlassung aus dem Militärdienst verrichtet wurde, wegen der Schädigungsfolgen aufgegeben hat, ist der Nachweis nicht erbracht. Die Aufgabe der Tätigkeit als Wagenschieber untertage im Juni 1945 fällt in die Zeit, in der Oberschlesien in polnische Verwaltung kam. Es kann davon ausgegangen werden, daß der Beschädigte in dieser Zeit schon deshalb Probleme hatte, eine gesicherte berufliche Tätigkeit auszuüben, weil er Deutscher war. Dafür spricht auch der Vortrag der Klägerin, der Beschädigte sei in den Jahren nach Kriegsende wegen seiner Volkszugehörigkeit diskriminiert worden.
Ebensowenig läßt sich feststellen, daß der Beschädigte bei der in den Jahren nach Aufgabe der Tätigkeit untertage bis zur Aufnahme der Beschäftigung bei der F ... H ... " ..." ausgeübten beruflichen Tätigkeit durch die Schädigungsfolgen beeinträchtigt war. Die insoweit angestellten Ermittlungen sind erfolglos geblieben. Denn es haben sich weder die damaligen Arbeitnehmer, die Art der ausgeübten Tätigkeiten, der damit erzielte Verdienst noch die Gründe für die Aufgabe der Tätigkeiten ermitteln lassen. Die Klägerin selbst hat sich außerstande gesehen, dazu nähere Angaben zu machen.
Daß der Beschädigte während seiner von 1951 bis 1981 bei der F ... H ... " ..." verrichteten Tätigkeit einen schädigungsbedingten Minderverdienst hatte, ist ebenfalls zu verneinen. Sein monatlicher Bruttoverdienst entsprach dem eines gesunden Arbeitnehmers in vergleichbarerer Position. Anhaltspunkte dafür, daß der Beschädigte aufgrund der Schädigungsfolgen gehindert war, seine berufliche Tätigkeit bei der genannten Firma in vollem Umfang auszuüben, oder eine besser bezahlte Position nicht erreicht hat, bestehen nicht. Insoweit ist der Umstand, daß der Beschädigte in den Jahren vor 1980 möglicherweise einen Verdienst hatte, der unter dem Durchschnittsverdienst eines Arbeitnehmers in der vergesellschafteten Wirtschaft in Polen lag, unerheblich.
Aber selbst wenn der Beschädigte wegen der Schädigungsfolgen eine entsprechende Erwerbstätigkeit nicht hätte ausüben können, hätte dieser Umstand keinen Einfluß auf die Witwenrente der Klägerin. Denn der Berechnung ihrer Rente, die 85 v.H. der Rente beträgt, die dem Beschädigten zugestanden hätte, ist dessen Verdienst im Jahr vor seinem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben (12.1980 bis 11.1981) zugrundezulegen, der mit 11.782,75 Zloty wesentlich höher als der Durchschnittsverdienst eines Arbeitnehmers in der vergesellschafteten Wirtschaft, der 1980 6.040 und 1981 7.689 Zloty betrug. Bei einer fiktiven Rentenberechnung müßten im übrigen entsprechend den Vorschriften der §§ 2, 3 der Verordnung zur Durchführung des § 30 Abs. 3 und 6 BVG (Berufsschadensausgleichsverordnung) für die in Polen lebende Klägerin die dort statistisch ermittelten Bruttomonatsverdienste, die eine Unterteilung in Leistungsgruppen nicht aufweisen, herangezogen werden. Denn auf die Witwenbeihilfe sind die für den Berufsschadensausgleich geltenden Grundsätze heranzuziehen (BSG, Urteil vom 16.05.1995 - 9 RV 13/93 - in: SozR 3-3100 § 48 BVG Nr. 8), d.h. es hat nicht eine individuelle, sondern eine generalisierende, pauschalisierende Betrachtungsweise zu erfolgen (BSG, Urteil vom 27.09.1968 - 8 RV 431/67 - in: KOV 1969 Nr. 1868; Urteil vom 06.07.1971 - 9 RV 514/68 - in: Breithaupt 1971, 1016).
Hinweise dafür, daß der Beschädigte wegen der Schädigungsfolgen im Alter von 62 Jahren vorzeitig aus dem Erwerbsleben ausgeschieden und deswegen eine Minderversorgung der Klägerin anzunehmen ist, bestehen nicht. Bei über die Jahre gleichbleibenden mit einer MdE von 25 bzw. 30 v.H. bewerteten Schädigungsfolgen und unter Berücksichtigung der in den Jahren vor Ausscheiden aus dem Erwerbsleben dokumentierten ärztlichen Behandlungen ausschließlich wegen Nichtschädigungsfolgen ist schon ein schädigungsbedinges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben zu verneinen. Eine ärztliche Behandlung wegen Beschwerden an dem durch die Schädigung betroffenen rechten Unterschenkel ist danach für den gesamten dokumentierten Zeitraum von 1966 bis zum Tode des Beschädigten lediglich einmal, nämlich nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben, und zwar im August 1983, erfolgt.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 Abs. 1 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs. 2 SGG).
Tatbestand:
Die Klägerin streitet um Witwenversorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG).
Die 1923 geborene in Polen lebende Klägerin ist die Witwe des 1919 in H. geborenen und am 16.11.1998 verstorbenen E ... C ... (nachfolgend Beschädigter genannt). Sie war mit ihm seit 1952 verheiratet.
Der Beschädigte, der in R., Polen, lebte, war deutscher Volkszugehöriger. Er leistete nach den Angaben der Klägerin von 1939 bis November 1941 Dienst in der Deutschen Wehrmacht. Im März 1940 erlitt er als Soldat bei einem Unfall einen Unterschenkelbruch.
Nach dem Besuch der Volksschule war er nach Angaben der Allgemeinen Sozialversicherungsanstalt (ZUS) Warschau von 1935 bis 1938 und von Dezember 1942 bis Juni 1945 als Arbeiter untertage, zuletzt als Wagenschieber, beschäftigt. Von 1947 bis Juni 1951 arbeitete er als Monteur und Maurer und vom 12. Juli 1951 bis zum 31.12.1981 bei der Firma H ... " ..." in O. als Maurer, Maschinenleiter auf Schiffen der Binnenschiffahrt. Ab Januar 1982 bezog der Beschädigte von der polnischen Sozialversicherungsanstalt H. eine vorzeitige Rente, berechnet nach seinem durchschnittlichen Monatsverdienst von Dezember 1980 bis November 1981 (11.782,75 alte Zloty).
Am 16.11.1995 starb er an den Folgen einer Atheromatose.
Mit Wirkung vom 01.05.1967 bezog der Beschädigte vom Beklagten Teilversorgung unter Zugrundelegung einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 25 vom Hundert (v.H.) wegen der Schädigungsfolgen Verkürzung und Verbiegung des linken Unterschenkels nach Bruch.
Die Anerkennung eines Augenleidens als weitere Schädigungsfolge und die Neufeststellung seines Anspruchs auf Teilversorgung wegen behaupteter Verschlimmerung lehnte der Beklagte 1989/1991 (Bescheid vom 09.03.1989, Widerspruchsbescheid vom 11.01.1991) und 1995 (Bescheid vom 23.11.1995) bindend ab. Mit dem Bescheid vom 23.11.1995 wurden mit einer MdE um 30 v.H. die Schädigungsfolgen wie folgt neu bezeichnet:
Bewegungseinschränkung und Arthrose rechtes Kniegelenk nach unter Verbiegung verheiltem Unterschenkelbruch rechts, Narben am rechten Unterschenkel.
Nach dem Tode des Beschädigten beantragte die Klägerin am 20.02.1996 die Gewährung von Hinterbliebenenversorgung. Ihr Ehemann sei an den Folgen der Kriegsverletzung verstorben. Er habe im Krieg am rechten Bein und am linken Auge Verletzungen erlitten und sich an der Front in Rußland Erkältungen zugezogen. Wegen der Verletzungen habe er seine Erwerbstätigkeit nicht in vollem Umfang ausüben können. Dies habe zu finanziellen und wirtschaftlichen Einbußen geführt. Sie könne weder Unterlagen noch Zeugen über bzw. für den schulischen und beruflichen Werdegang des Beschädigten beibringen bzw. nennen. Ihrem Antrag hatte die Klägerin eine Bescheinigung des Arztes Dr. K ..., R ..., beigefügt. Darin ist ausgeführt, der Beschädigte habe wegen der Folgen der Verletzung des rechten Unterschenkels im Gesundheitszentrum R ... in ärztlicher Behandlung gestanden, ebenso wegen arterieller Hypertonie und Altersdiabetes. Am 16.11.1995 sei er vor Eintreffen des Krankenwagens verstorben. Ferner übersandte die Klägerin den Bescheid der Sozialversicherungsanstalt H. über die ihr nach dem Tod des Beschädigten gewährte Familienrente sowie eine Beschäftigungsverlaufskarte über die Beitragszeiten des Beschädigten.
Die Z ... W ... übersandte weitere medizinische Unterlagen, u.a. Gutachten der Bezirksärztekommission für Invalidität und Beschäftigung, H ... und G ..., vom 27.12.1988 und 27.06.1994, und teilte mit, es könne nicht festgestellt werden, welche Ausbildung der Beschädigte gehabt und ob er wegen seiner Invalidtät weniger als andere auf dem gleichen Posten beschäftigte Arbeiter verdient habe. In dem erstgenannten Gutachten wurde der Beschädigte wegen Blindheit links und Sehstörung rechts der zweiten Invalidengruppe und in dem letztgenannten Gutachten der ersten Invalidengruppe zugeordnet. Wegen Blindheit (Blindheit des linken Auges, praktische Blindheit des rechten Auges) und des Alters wurde Pflegebedürftigkeit anerkannt. In der ebenfalls beigefügten Krankengeschichte der Allgemeinen Fürsorgeeinrichtung des Gemeindezentrums R ... sind Behandlungen des Beschädigten, im wesentlichen wegen Herzleiden, Diabetes, Augenleiden, Beschwerden an der Lendenwirbesäule und den oberen Extremitäten, in der Zeit von 1967 bis zu seinem Tode dokumentiert.
Gestützt auf die Stellungnahme des Versorgungsarztes Dr. B ... lehnte der Beklagte durch Bescheid vom 29.04.1997 die Gewährung von Witwenrente und -beihilfe ab. Ein Anspruch auf Witwenrente bestehe nicht, weil der Tod des Beschädigten nicht wesentlich ursächlich auf die Schädigungsfolgen zurückzuführen sei. Bei der Atheromatose, an deren Folgen er verstorben sei, handele es sich um ein schädigungsunabhängiges Leiden. Die Gewährung von Witwenbeihilfe komme ebenfalls nicht in Betracht, weil nicht zu erkennen sei, daß sich die Schädigungsfolgen nachhaltig auf die Hinterbliebenenversorgung ausgewirkt hätten. Unter Berücksichtigung der Höhe der Rentenbemessungsgrundlage von 11.782,75 Zloty könne davon ausgegangen werden, daß der Beschädigte seine Tätigkeit als Maurer/Monteur, die der eines Wagenschiebers sozial gleichwertig gewesen sei, voll wettbewerbsmäßig habe ausüben können. Der monatliche Durchschnittsverdienst der Arbeitnehmer in der vergesellschafteten Wirtschaft in Polen habe im Jahre 1981 bei nur 7.689 Zloty gelegen. Der Eintritt der Erwerbsunfähigkeit 1982 sei durch schädigungsunabhängige Gesundheitsstörungen (Augenleiden, insulinabhängiger Diabetes etc.) verursacht worden.
Mit ihrem hiergegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, der Beschädigte sei an den Folgen der Kriegsbeschädigung gestorben. Wegen der Schädigungsfolgen habe er von 1951 bis 1981 nur leichte Arbeiten verrichten können und sei vorzeitig aus dem Erwerbsleben ausgeschieden.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 25.07.1997 zurückgewiesen.
Am 18.09.1997 hat die Klägerin beim Sozialgericht (SG) Münster Klage erhoben, mit der sie ihren Anspruch auf Gewährung von Witwenversorgung weiter verfolgt hat.
Die Klägerin hat sinngemäß beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 29.04.1997 und des Widerspruchsbescheides vom 25.07.1997 zu verurteilen, ihr Hinterbliebenenversorgung nach den gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat sich auf die Gründe des angefochtenen Bescheides gestützt.
Das SG hat über die Frage, ob der Tod des Beschädigten wesentlich ursächlich auf die Schädigungsfolgen zurückzuführen sei, durch Einholung eines Aktengutachtens von der Internistin Dr. L ... Beweis erhoben. Auf den Inhalt ihrer gutachtlichen Ausführungen wird Bezug genommen.
Durch Gerichtsbescheid vom 14.07.1998 hat das SG die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen ist es, soweit es um den geltend gemachten Anspruch auf die Gewährung von Witwenrente geht, dem Gutachten der gerichtlichen Sachverständigen L ... gefolgt. Den geltend gemachten Anspruch auf Witwenbeihilfe hat es verneint. Eine schädigungsbedingte Minderversorgung der Klägerin sei nicht nachgewiesen. Von einem Minderverdienst des Beschädigten könne nicht die Rede sein. Dessen monatlicher Durchschnittsverdienst in dem Jahr vor Ausscheiden aus dem Erwerbsleben, der der Rentenberechnung zugrundegelegt worden sei, habe über dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst eines Arbeitnehmers in Polen gelegen. Ebensowenig könne davon ausgegangen werden, daß der Beschädigte Anspruch auf Berufsschadensausgleich für wenigstens fünf Jahre gehabt habe. Die ab 1947 ausgeübten Tätigkeiten als Monteur bzw. Maurer und auch als Maschinenleiter seien im Vergleich zu der Tätigkeit als Wagenschieber unter Tage, die er schädigungsbedingt habe aufgeben müssen, weder sozial noch wirtschaftlich minderwertig gewesen. Anhaltspunkte dafür, daß der Beschädigte die ab 1947 verrichtete Tätigkeit schädigungsbedingt nur in reduziertem Umfang hätte ausüben können, lägen nicht vor.
Gegen das ihr am 10.08.1998 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 31.08.1998 Berufung eingelegt und geltend gemacht, die Gesundheitsstörungen des Beschädigten seien auf den Einsatz im Winter in Rußland zurückzuführen. Zum Anspruch auf Witwenbeihilfe hat sie vorgetragen, der Beschädigte sei als Deutscher in Oberschlesien diskriminiert worden. Er habe damals keine feste Arbeit gehabt. Wo er von 1947 bis 1951 beschäftigt gewesen sei, wisse sie nicht.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Münster vom 14.07.1998 abzuändern und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 29.04.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.07.1997 zu verurteilen, Witwenrente, hilfsweise Witwenbeihilfe als Teilversorgung zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Z ... W ... hat, zu den Gründen für das vorzeitige Ausscheiden des Beschädigten aus dem Erwerbsleben befragt, mitgeteilt, das Arbeitsverhältnis sei "auf der Grundlage des beidseitigen Einvernehmens aufgrund des Überganges in die Pension seit dem 01.01.1982 aufgelöst" worden. Ferner hat das H ... " ...", O., zur tatsächlichen beruflichen Tätigkeit des Beschädigten, zu seinem Verdienst und zu seiner möglichen beruflichen Entwicklung ohne die Schädigungsfolgen Auskunft erteilt.
Zum Termin zur mündlichen Verhandlung vom 05.04.2000 ist für die Klägerin niemand erschienen. Die Klägerin ist von diesem Termin am 03.03.2000 mit dem Hinweis benachrichtigt worden, daß auch im Falle ihres Ausbleibens verhandelt und entschieden werden könne.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Der Senat hat trotz Ausbleibens der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung aufgrund einseitiger mündlicher Verhandlung entscheiden können, weil die Klägerin von diesem Termin mit dem Hinweis benachrichtigt worden ist, daß auch im Falle ihres Ausbleibens verhandelt und entschieden werden könne.
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Der angefochtene Bescheid vom 29.04.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.07.1997 beschwert die Klägerin nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Denn die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Witwenrente noch auf Witwenbeihilfe nach dem Bundesversorgungsgesetz.
Nach der gesetzlichen Regelung (§ 1 Abs. 5, § 38 Abs. 1 BVG) erhält die Witwe eines Beschädigten auf ihren Antrag Hinterbliebenenrente, wenn dieser an den Folgen einer Schädigung gestorben ist.
Das ist nicht der Fall. Die Schädigungsfolgen waren nicht Ursache im Sinne der im sozialen Entschädigungsrecht geltenden Kausalitätsnorm für den Tod des Beschädigten. Ursache in diesem Sinne sind nur die Bedingungen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg und dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (vgl. schon BSG, Urteil vom 10.06.1955 - 10 RV 390/54 - in: BSGE 1, 72 ff.). Wäre der Tod ohne die Schädigungsfolgen in absehbarer Zeit nicht eingetreten, so kommt ihnen wesentliche Bedeutung zu. Dabei ist der Zeitraum von einem Jahr als ungefährer Maßstab des zeitlichen Rahmens anzusehen (vgl. schon BSG, Urteil vom 20.03.1956 - 8 RV 199/54 - in: BSGE 2, 265 ff [271]). Der Tod gilt stets dann als Folge einer Schädigung, wenn der Beschädigte an einem Leiden stirbt, das als Folge einer Schädigung rechtsverbindlich anerkannt und für das ihm im Zeitpunkt des Todes Rente zuerkannt war (§ 38 Abs. 1 Satz 2 BVG).
Die Rechtsvermutung des § 38 Abs. 1 Satz 2 BVG greift zugunsten der Klägerin nicht ein. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme kann der Senat nicht feststellen, daß der Beschädigte an einem Leiden verstorben ist, das als Folge der Schädigung rechtsverbindlich anerkannt und für das ihm im Zeitpunkt des Todes Rente zuerkannt war. Todesursache war vielmehr vermutlich ein Herzinfarkt im Rahmen einer allgemeinen Gefäßsklerose.
Es ist auch nicht wahrscheinlich, daß die Schädigungsfolgen für die Entstehung und den Verlauf des zum Tode führenden Leidens wesentlich ursächlich waren, und sei es nur durch Verkürzung des Lebens des Beschädigten um etwa ein Jahr. Der Senat stützt seine Auffassung auf das im erstinstanzlichen Verfahren eingeholte Gutachten der Sachverständigen Dr. L ... Diese hat in Auswertung der aktenkundigen medizinischen Befunde einen Herzinfarkt im Rahmen einer allgemeinen Gefäßsklerose angenommen, weil der Beschädigte offensichtlich sehr plötzlich - vor Eintreffen des Krankenwagens - verstorben ist, und einen ursächlichen Zusammenhang zwischen der allgemeinen Gefäßsklerose, die von der Z ... W ... als Todesursache genannt worden war, und den anerkannten Schädigungsfolgen an der rechten unteren Extremität für nicht wahrscheinlich gehalten. Daß es während des Krieges zu Erfrierungen gekommen ist, wie von der Klägerin behauptet, und diese zu Erkrankungen geführt haben, die in einem ursächlichen Zusammenhang mit dem Eintritt des Todes gesehen werden könnten, ist nicht nachgewiesen. Der Beschädigte hatte zu seinen Lebzeiten niemals von Erfrierungen berichtet. Auch ist den aktenkundigen ärztlichen Unterlagen, in denen ärztliche Behandlungen im wesentlichen wegen Herzleiden, Diabetes mellitus, Hypertonie, Augenleiden, Wirbelsäulen- und Schultergelenksbeschwerden rechts dokumentiert sind, kein Hinweis auf Erkrankungen wegen Erfrierungen zu entnehmen. Ebensowenig sind Anhaltspunkte dafür ersichtlich, daß die Lebenserwartung des Beschädigten durch die Schädigungsfolgen um ein Jahr verkürzt worden ist.
Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Witwenbeihilfe. Nach § 48 Abs. 1 BVG ist, wenn ein rentenberechtigter Beschädigter nicht an den Folgen der Schädigung gestorben ist, der Witwe eine Witwenbeihilfe zu zahlen, wenn der Beschädigte durch die Folgen der Schädigung gehindert war, eine entsprechende Erwerbstätigkeit auszuüben und dadurch die aus der Ehe mit dem Beschädigten hergeleitete Witwenversorgung nicht unerheblich, d.h. mindestens um einen zwischen 10 und 15 gestaffelten Vomhundertsatz, gemindert ist.
Der Feststellung dieser konkreten, schädigungsbedingten Minderung der Witwenversorgung bedarf es allerdings dann nicht, wenn die in § 48 Abs. 1 Satz 5 und 6 normierten Rechtsvermutungen eingreifen. Danach gelten die Voraussetzungen des Satzes 1 als erfüllt, wenn der Beschädigte im Zeitpunkt seines Todes Anspruch auf die Beschädigtenrente eines Erwerbsunfähigen oder wegen nicht nur vorübergehender Hilflosigkeit Anspruch auf eine Pflegezulage hatte oder wenn er mindestens fünf Jahre Anspruch auf Berufsschadensausgleich wegen eines Einkommensverlustes im Sinne des § 30 Abs. 4 oder auf Berufsschadensausgleich nach § 30 Abs. 6 BVG hatte.
Zur Zeit des Todes stand dem Beschädigten Versorgung nach einer MdE von 30 v.H. zu. Er hatte damit nicht den Anspruch auf die Beschädigtenrente eines Erwerbsunfähigen. Als erwerbsunfähig gilt ein Beschädigter, wenn er (schädigungsbedingt) in seiner Erwerbsfähigkeit um mehr als 90 v.H. beeinträchtigt ist (§ 31 Abs. 3 Satz 2 BVG).
Der Beschädigte hatte zur Zeit seines Todes auch nicht einen Anspruch auf Pflegezulage (§ 35 BVG). Es lassen sich aus den aktenkundigen Unterlagen keine Tatsachen feststellen, die belegten, daß der Beschädigte zur Zeit seines Todes für die Dauer von mehr als sechs Monaten schädigungsbedingt hilflos war. Die von der Bezirksärztekommission für Invalidität und Beschäftigung, G ..., im Juni 1994 attestierte Pflegebedürftigkeit beruhte auf Blindheit und Alter. Schädigungsfolgen auf augenärztlichem Fachgebiet sind vom Kläger erstmalig 1988 behauptet und von dem Beklagten bindend abgelehnt worden. Im übrigen hatte sich eine Augenverletzung nicht nachweisen lassen.
Entgegen der Ansicht der Klägerin hatte der Beschädigte auch nicht für die Dauer von mindestens fünf Jahren einen Anspruch auf Berufsschadensausgleich wegen eines Einkommensverlustes im Sinne des § 30 Abs. 4 BVG oder auf Berufsschadensausgleich nach § 30 Abs. 6 BVG. Daß im vorliegenden Fall Berufsschadensausgleich weder beantragt noch bewilligt worden war, steht der Anwendung des § 48 Abs. 1 Satz 6 BVG nicht entgegen (BSG, Urteil vom 10.02.1993 - 9/9 a RV 4/92 in: Die Versorgungsverwaltung 1993, 63; BSG, Urteil vom 29.01.1992 - 9 a RV 5/91 - in: Breithaupt 1993, 303 ff.). Die Voraussetzungen des Vermutungstatbestandes (§ 48 Abs. 1 Satz 6 BVG) sind auch gegeben, wenn die beruflichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Berufsschadensausgleich während des genannten Zeitraums vorlagen. Da die gesetzliche Regelung aber der Beweiserleichterung und der Verwaltungsvereinfachung dient, muß sich ein Anspruch auf Berufsschadensausgleich ohne weitere Ermittlungen feststellen lassen.
Die gesetzlichen Voraussetzungen dieses Anspruchs müssen nach dem Inhalt der über den Beschädigten geführten Versorgungsakten auf den ersten Blick für jeden Kundigen klar erkennbar während wenigstens fünf Jahren bestanden haben, und dieses Ergebnis muß sich der Verwaltung aufdrängen (BSG a.a.O.). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Hinsichtlich seiner beruflichen Tätigkeit hat der Beschädigte von der ersten Antragstellung an bis zu seinem Tode lediglich angegeben, Operateur bzw. Hilfsoperateur zu sein. 1986 hatte er - gefragt nach seinem Einkommen aus Erwerbstätigkeit - angegeben, er übe keine Tätigkeit mehr aus, da er nicht imstande sei, seine Arbeit zu verrichten. Ferner hatte er seinen während seiner beruflichen Tätigkeit erzielten Verdienst mitgeteilt und spätere Rentenbescheide übersandt. Irgendwelche Angaben, die auf einen schädigungsbedingten Einkommensverlust auch nur andeutungsweise hingewiesen, geschweige denn einen derartigen Verlust klar erkennen ließen, sind in den Akten nicht enthalten.
Auch aus der Grundnorm des § 48 Abs. 1 Satz 1 BVG läßt sich ein Anspruch auf Witwenbeihilfe nicht herleiten. Denn es ist schon nicht nachgewiesen, daß der Beschädigte durch die Schädigungsfolgen gehindert war, eine entsprechende Erwerbstätigkeit auszuüben.
Dafür, daß er die vor Eintritt in die Deutsche Wehrmacht ausgeübte Tätigkeit untertage, die nach den Angaben der polnischen Sozialversicherungsanstalt auch noch nach Entlassung aus dem Militärdienst verrichtet wurde, wegen der Schädigungsfolgen aufgegeben hat, ist der Nachweis nicht erbracht. Die Aufgabe der Tätigkeit als Wagenschieber untertage im Juni 1945 fällt in die Zeit, in der Oberschlesien in polnische Verwaltung kam. Es kann davon ausgegangen werden, daß der Beschädigte in dieser Zeit schon deshalb Probleme hatte, eine gesicherte berufliche Tätigkeit auszuüben, weil er Deutscher war. Dafür spricht auch der Vortrag der Klägerin, der Beschädigte sei in den Jahren nach Kriegsende wegen seiner Volkszugehörigkeit diskriminiert worden.
Ebensowenig läßt sich feststellen, daß der Beschädigte bei der in den Jahren nach Aufgabe der Tätigkeit untertage bis zur Aufnahme der Beschäftigung bei der F ... H ... " ..." ausgeübten beruflichen Tätigkeit durch die Schädigungsfolgen beeinträchtigt war. Die insoweit angestellten Ermittlungen sind erfolglos geblieben. Denn es haben sich weder die damaligen Arbeitnehmer, die Art der ausgeübten Tätigkeiten, der damit erzielte Verdienst noch die Gründe für die Aufgabe der Tätigkeiten ermitteln lassen. Die Klägerin selbst hat sich außerstande gesehen, dazu nähere Angaben zu machen.
Daß der Beschädigte während seiner von 1951 bis 1981 bei der F ... H ... " ..." verrichteten Tätigkeit einen schädigungsbedingten Minderverdienst hatte, ist ebenfalls zu verneinen. Sein monatlicher Bruttoverdienst entsprach dem eines gesunden Arbeitnehmers in vergleichbarerer Position. Anhaltspunkte dafür, daß der Beschädigte aufgrund der Schädigungsfolgen gehindert war, seine berufliche Tätigkeit bei der genannten Firma in vollem Umfang auszuüben, oder eine besser bezahlte Position nicht erreicht hat, bestehen nicht. Insoweit ist der Umstand, daß der Beschädigte in den Jahren vor 1980 möglicherweise einen Verdienst hatte, der unter dem Durchschnittsverdienst eines Arbeitnehmers in der vergesellschafteten Wirtschaft in Polen lag, unerheblich.
Aber selbst wenn der Beschädigte wegen der Schädigungsfolgen eine entsprechende Erwerbstätigkeit nicht hätte ausüben können, hätte dieser Umstand keinen Einfluß auf die Witwenrente der Klägerin. Denn der Berechnung ihrer Rente, die 85 v.H. der Rente beträgt, die dem Beschädigten zugestanden hätte, ist dessen Verdienst im Jahr vor seinem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben (12.1980 bis 11.1981) zugrundezulegen, der mit 11.782,75 Zloty wesentlich höher als der Durchschnittsverdienst eines Arbeitnehmers in der vergesellschafteten Wirtschaft, der 1980 6.040 und 1981 7.689 Zloty betrug. Bei einer fiktiven Rentenberechnung müßten im übrigen entsprechend den Vorschriften der §§ 2, 3 der Verordnung zur Durchführung des § 30 Abs. 3 und 6 BVG (Berufsschadensausgleichsverordnung) für die in Polen lebende Klägerin die dort statistisch ermittelten Bruttomonatsverdienste, die eine Unterteilung in Leistungsgruppen nicht aufweisen, herangezogen werden. Denn auf die Witwenbeihilfe sind die für den Berufsschadensausgleich geltenden Grundsätze heranzuziehen (BSG, Urteil vom 16.05.1995 - 9 RV 13/93 - in: SozR 3-3100 § 48 BVG Nr. 8), d.h. es hat nicht eine individuelle, sondern eine generalisierende, pauschalisierende Betrachtungsweise zu erfolgen (BSG, Urteil vom 27.09.1968 - 8 RV 431/67 - in: KOV 1969 Nr. 1868; Urteil vom 06.07.1971 - 9 RV 514/68 - in: Breithaupt 1971, 1016).
Hinweise dafür, daß der Beschädigte wegen der Schädigungsfolgen im Alter von 62 Jahren vorzeitig aus dem Erwerbsleben ausgeschieden und deswegen eine Minderversorgung der Klägerin anzunehmen ist, bestehen nicht. Bei über die Jahre gleichbleibenden mit einer MdE von 25 bzw. 30 v.H. bewerteten Schädigungsfolgen und unter Berücksichtigung der in den Jahren vor Ausscheiden aus dem Erwerbsleben dokumentierten ärztlichen Behandlungen ausschließlich wegen Nichtschädigungsfolgen ist schon ein schädigungsbedinges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben zu verneinen. Eine ärztliche Behandlung wegen Beschwerden an dem durch die Schädigung betroffenen rechten Unterschenkel ist danach für den gesamten dokumentierten Zeitraum von 1966 bis zum Tode des Beschädigten lediglich einmal, nämlich nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben, und zwar im August 1983, erfolgt.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 Abs. 1 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
Saved