L 10 V 37/98

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
10
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 40 (37) V 32/96
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 10 V 37/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 18.05.1998 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Leistung von Versorgungskrankengeld für die Zeit vom 01. bis 31.08.1988.

Der Kläger leistete vom 01.07.1986 bis zum 29.02.1988 Zivildienst im Hol- und Bringedienst der St ... K ... D ... Zu seinen Aufgaben gehörte es, Patienten innerhalb des Krankenhauses zu befördern und Bluttransporte durchzuführen. Vor Aufnahme des Studiums der Rechtswissenschaften im Sommersemester 1988 arbeitete er vorübergehend als Helfer bei der Zeitarbeitsfirma P ... GmbH.

Am 27.07.1988 suchte der Kläger, der zu der Zeit in keinem Arbeitsverhältnis stand, sondern an einer Ferienhausarbeit im Rahmen der "Übung im Strafrecht für Anfänger" schrieb, erstmalig wegen Beschwerden die Praxis Dres. P .../L ... auf. Es wurde eine akute Hepatitis B diagnostiziert, deren Behandlung bis zum 07.09.1988 dauerte. Danach wurden bis November 1988 regelmäßig Kontrolluntersuchungen durchgeführt. Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung wurde nicht ausgestellt. Ebensowenig beantragte der Kläger bei der Barmer Ersatzkrankenkasse D ..., der er damals angehörte, die Leistung von Krankengeld. Nach seinen eigenen Angaben stellte der Kläger die Hausarbeit trotz der Erkrankung noch fertig und gab sie etwa drei bis vier Tage, maximal eine Woche, nach dem ersten Arzttermin ab.

Am 30.09.1988 beantragte er Beschädigtenversorgung mit der Begründung, er leide an einer Hepatitis B, die auf seine Tätigkeit als Zivildienstleistender zurückzuführen sei. Wegen der Erkrankung befinde er sich in ambulanter Behandlung. Zur Zeit sei er Student. Gestützt auf das internistische Gutachten von Prof. Dr. M ... stellte der Beklagte durch Bescheid 26.04.1989 fest, die Hepatitis B sei durch schädigende Einwirkungen im Sinne des § 47 Zivildienstgesetz (ZDG) hervorgerufen worden. Da die Infektion folgenlos ausgeheilt sei, sei ein Anspruch auf laufende Versorgungsbezüge nicht gegeben. Die hier gegen beim Sozialgericht (SG) Dortmund erhobene Klage (Az.: S 7 V 168/89) nahm der Kläger nach dem Hinweis des Gerichts, anzuerkennenden oder zu entschädigenden Schädigungsfolgen lägen nicht vor, zurück.

Am 13.09.1991 beantragte der Kläger, ihm die aus der Erkrankung resultierenden Folgeschäden zu ersetzen. Er habe nicht wie geplant, in der Zeit vom 28.07. bis 31.08.1988 einer Beschäftigung bei der Firma P ... GmbH nachgehen können. In dem genannten Zeitraum hätte er 2160,-- DM verdienen können. Außerdem seien ihm dadurch, daß er wegen der Erkrankung nicht mehr Blut habe spenden dürfen, in der Zeit von 1988 bis 1990 1.100,-- DM entgangen. Durch Bescheid vom 05.12.1991 und Widerspruchsbescheid vom 11.11.1992 lehnte der Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, die von dem Kläger beantragte Leistung lasse sich weder unter die Leistung "Versorgungskrankengeld" noch unter die Leistung "Beihilfe" einordnen. Vermögensschäden würden nach dem Zivildienstgesetz in Verbindung mit dem Bundesversorgungsgesetz nicht ersetzt.

Den Antrag vom 13.09.1991 sah der Beklagte als Antrag auf Leistung von Versorgungskrankengeld an. Zur weiteren Begründung trug der Kläger vor, er habe bereits im September 1988 einen Leistungsantrag bei dem Beklagten gestellt. Daß ihm statt Rente eventuell Versorgungskrankengeld zustehe, habe er nicht gewußt. Die behandelnden Ärztinnen Dres. P ... bescheinigten ihm wegen der akuten B-Hepatitis für den Zeitraum vom 27.07. bis 07.09.1988 Arbeitsunfähigkeit. Die Aufforderung des Beklagten mitzuteilen, ob er schon in der Zeit vom 28.07.1988 bis 31.08.1988 Student gewesen sei und an Vorlesungen teilgenommen habe sowie Nachweise darüber zu erbringen, durch die Firma P ... eine Anstellung vermittelt bekommen zu haben, beantwortete der Kläger trotz Erinnerung nicht. Hierauf lehnte der Beklagte durch Bescheid vom 22.07.1992 und Widerspruchsbescheid vom 10.11.1992 die Leistung von Versorgungskrankengeld ab. Nach Aktenlage sei nicht erwiesen, daß der Kläger in dem fraglichen Zeitraum studiert habe und einer Erwerbstätigkeit bei der Firma P ... GmbH nachgegangen wäre. Mit seiner hiergegen beim SG Dortmund erhobenen Klage (Az.: S 20 V 331/92) machte der Kläger weiterhin die Leistung von Versorgungskrankengeld geltend. Zur Frage, ob er bereits bei Ausscheiden aus dem Zivildienst arbeitsunfähig gewesen sei, holte das Gericht ein medizinisches Gutachten ein (27.01.1994). Der Sachverständige N ... verneinte diese Frage. Nach dem Hinweis des Gerichts, daß der die Leistung von Versorgungskrankengeld wegen fehlender Mitwirkungspflicht ablehnende Bescheid rechtmäßig gewesen sei, nahm der Kläger die Klage zurück.

Gleichzeitig stellte er am 28.02.1994 erneut einen Antrag auf Leistung von Versorgungskrankengeld. Unter Vorlage der Belegübersicht für das Sommersemester 1988 trug der Kläger vor, er könne weder den vom Beklagten gewünschten Arbeitsvertrag über die beabsichtigte Beschäftigung bei der Firma P ... GmbH nach Abgabe der Hausarbeit noch den geforderten Verdienstnachweis vorlegen. Die Firma P ... GmbH habe ihm bereits im Frühjahr 1988 - jedoch nur mündlich - eine Arbeitszusage für die Sommersemesterferien gemacht.

Der Beklagte lehnte durch Bescheid vom 28.10.1994 den Antrag auf Gewährung von Versorgungskrankengeld mit der Begründung ab, zwar sei der Kläger im fraglichen Zeitraum schädigungsbedingt arbeitsunfähig gewesen. Mangels Arbeitsverhältnisses, einer Verdienstbescheinigung oder entsprechender Unterlagen Nachweises sei aber ein schädigungsbedingter Verdienstausfall nicht nachgewiesen. Die Prüfung der weiteren tatbestandlichen Voraussetzungen, insbesondere der rechtzeitigen Antragstellung, sei somit entbehrlich. Zur Begründung seines hiergegen erhobenen Widerspruchs trug der Kläger vor, Studentenjobs würden in der Regel ohne schriftlichen Arbeitsvertrag vergeben. Hierauf komme es aber nicht an, denn er habe hinreichend nachgewiesen, daß Arbeitsmöglichkeiten zur Genüge bestanden hätten und er diesen nachgekommen wäre. Unter Berücksichtigung eines üblichen Entgelts in Höhe von 12,-- DM pro Stunde könne selbstverständlich eine entsprechende Entschädigung geregelt werden. Durch Widerspruchsbescheid vom 03.01.1996 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zu nächst sei zwar festzustellen, daß bisher noch nicht geprüft worden sei, ob die Anträge fristgerecht gestellt worden seien. Abgesehen davon stünde dem Kläger die begehrte Leistung jedoch nicht zu, weil nicht nachgewiesen sei, daß er in dem maßgeblichen Zeitraum regelmäßig Arbeitsentgelt erzielt hätte bzw. ihm regelmäßiges Arbeitsentgelt entgangen sei.

Hiergegen hat der Kläger am 31.01.1996 beim SG Dortmund Klage erhoben und geltend gemacht, der Beklagte habe im angefochtenen Bescheid richtigerweise ausgeführt, daß die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 a Bundesversorgungsgesetz (BVG) erfüllt seien. Streitig sei somit lediglich die Höhe des Krankengeldes. Für dessen Berechnung sei das im März 1988 bei der Firma P ... GmbH erzielte Entgelt in Höhe von 1.468,80 DM zugrunde zu legen. Bezogen auf eine fristgerechte Antragstellung sei anzumerken, daß aufgrund gesetzlicher Fiktion (§ 49 ZDG) der 29.02.1988 als Datum der Arbeitsunfähigkeit und damit als Zeitpunkt der Beendigung des Zivildienstes gelte. Überdies würden Anträge auf Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen (Erstattungsansprüche, gestellt durch die behandelnde Ärztin Dr. L ... durch Abrechnung des Krankenscheines) auch als Anträge auf Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz gelten. Die von der Ärztin gemachte Meldung an das Gesundheitsamt sei zur Wahrung der Antragsfrist ausreichend. Das Gesundheitsamt hätte das Bundesamt für Zivildienst informieren müssen. Schließlich hätte es ihm wegen der Erkrankung nicht zugemutet werden können, fristgerecht einen Antrag beim Versorgungsamt zu stellen. Nachdem er die Hausarbeit fertiggestellt habe, habe er das Bett hüten müssen, um die Krankheit auszukurieren. Unmittelbar nach Bekanntwerden der Erkrankung habe er seinen Dienstvorgesetzten informiert. Zeugen hierfür seien der Vorarbeiter im Patientenbegleitdienst, B ... W ..., und der ehemalige Pflegedienstleiter J ... P ...

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten unter entsprechender Aufhebung des Bescheides vom 28.10.1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.01.1996 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 28.07.1988 bis zum 31.08.1988 Versorgungskrankengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu gewähren.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat vorgetragen, der Nachweis dafür, daß der Kläger wegen seiner Erkrankung einen Einkommensverlust erlitten habe, sei nicht geführt. Zudem könne der Auffassung des Klägers, die Benachrichtigung des Gesundheitsamtes D ... über das Vorliegen einer meldepflichtigen Erkrankung im Sinne des Bundesseuchengesetzes sei als Antrag im Sinne des § 18 Abs. 3 Satz 2 BVG anzusehen, nicht gefolgt werden.

Die behandelnde Ärztin L ... hat auf Anfrage dem Gericht mitgeteilt, die Abrechnung der Behandlung sei über die Barmer Ersatzkasse, bei der der Kläger damals versichert gewesen sei, frühestens zum Ende des Quartals, spätestens aber am 30.09.1988, erfolgt.

Das SG hat mit Urteil vom 18.05.1998 die Klage abgewiesen. Der Anspruch auf Versorgungskrankengeld sei schon deshalb nicht erfüllt, weil der Antrag nicht rechtzeitig gestellt worden sei. Sämtliche Alternativen des § 18 a Abs. 3 BVG seien zu verneinen. Es seien auch keine unvermeidbaren Umstände ersichtlich, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht hätten. Eine Leistung von Amts wegen komme ebenfalls nicht in Betracht, weil weder der Beklagte noch die Krankenkasse in dem fraglichen Zeitraum Kenntnis von den den Anspruch auf Versorgungskrankengeld begründenden Tatsachen gehabt hätten. Die in § 49 ZDG enthaltene Fiktion einer Arbeitsunfähigkeit im Zeitpunkt der Beendigung des Zivildienstes finde vorliegend keine Anwendung, weil durch die genannte Regelung die Vorschrift des § 18 a BVG nicht ausgeschlossen werde.

Gegen das ihm am 01.07.1998 zugestellte Urteil hat der Kläger am 13.07.1998 Berufung eingelegt und nur noch einen Anspruch auf Versorgungskrankengeld für den Monat August 1988 geltend gemacht. Ergänzend zu seinem erstinstanzlichen Vortrag hat er ausgeführt, praktisch seit 1988 habe ihn der Beklagte immer wieder aufgefordert, den Nachweis zu erbringen, daß ihm in der Zeit seiner akuten Erkrankung ein konkreter Verdienst entgangen sei. Erst nachdem er, der Kläger, auf die Möglichkeit einer Berechnung des Einkommens nach § 16 a BVG hingewiesen habe, sei die Klage wegen angeblicher Fristversäumung abgewiesen worden. Der Grundsatz von Treu und Glauben und der des "venire contra factum proprium" gelte auch im Sozialleistungsrecht. Indem der Beklagte jahrelang seine Bereitschaft zur Berechnung des Versorgungskrankengeldes signalisiert habe, sei ihm nun der Einwand der Fristversäumung abgeschnitten. Wer jahrelang ernsthaft unter ständiger Belehrung auf die Mitwirkungspflichten Einkommensnachweise anfordere und den Vorgang stets und ständig nur verfriste, statt sich mit dem Begehren des Antragstellers materiell-rechtlich auseinanderzusetzen und einfach zu berechnende Fristen zu überprüfen, dürfe sich nun nicht mehr auf diese Fristversäumnis berufen. Er, der Kläger, sei schuldlos daran gehindert gewesen, die Antrags frist einzuhalten. Nachdem ihn die behandelnde Ärztin bei der ersten Untersuchung über die Entstehung einer Hepatitis B aufgeklärt habe, habe er überlegt, wo er sich angesteckt haben könnte. Während der Zeit der Bettlägerigkeit sei ihm der Gedanke gekommen, die Infektion könne er sich als Zivildienstleistender zugezogen haben. Als er Ende August/Anfang September 1988 wieder habe aufstehen können, habe er ehemalige Zivildienstkollegen aufgesucht, die nichteinwandfreie hygienische Verhältnisse in den Städtischen Kliniken bestätigt hätten. Er habe dann überlegt, ob ihm wegen der Erkrankung Ausgleichsansprüche zustünden. Man habe ihn auf mögliche Ansprüche gegen den Beklagten hingewiesen. Er habe dann einen entsprechenden Antrag beim Versorgungsamt D ... gestellt. Wer ihm diesen Hinweis erteilt habe, könne er nicht mehr sagen, möglicherweise der damalige Pflegedienstleiter P ...

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Dortmund vom 18.05.1998 (S 40 (37) V 32/96) den Beklagten unter entsprechen der Aufhebung des Bescheides vom 28.10.1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.06.1996 zu verurteilen, dem Kläger für die Zeit vom 01.08.1988 bis zum 31.08.1988 Versorgungskrankengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 18.05.1998 zurückzuweisen.

Er hält die angefochtene Verwaltungsentscheidung sowie das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.

Die behandelnde Ärztin Dr. L ... hat die Kranken- und Behandlungskarte des Klägers übersandt und mitgeteilt, aus ihren Aufzeichnungen gehe nicht eindeutig hervor, daß mit dem Kläger über die mögliche Ursache der Hepatitis gesprochen worden sei. Ein derartiges Gespräch könne aber auch nicht ausgeschlossen werden, sie erinnere sich jedoch nicht mehr an Gesprächsinhalte.

Über die Behauptung des Klägers, er habe unmittelbar nach Kenntnis der Umstände, die einen Anspruch auf Versorgungskrankengeld begrün den könnten, den Antrag am 30.09.1988 bei dem Beklagten gestellt, ist Beweis erhoben worden durch Vernehmung der Zeugen J ... P ... und B ... W ... Diese haben sich an ein Gespräch mit dem Kläger im August oder September 1988 nicht erinnern können. Hinsichtlich des Inhalts der Zeugenaussagen im übrigen wird Bezug genommen auf die Niederschrift vom 24.02.1999. Ferner hat der Senat vom Bundesamt für den Zivildienst, K ... die rückverfilmten Personalakten des Klägers beigezogen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten, die Vorprozeßakten des SG Dortmund - S 7 V 168/89 und S 20 V 331/92 - sowie die Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

1.

Die Berufung ist zulässig, denn der Kläger begehrt eine Geldleistung, die 1000 Deutsche Mark (DM) übersteigt (§ 144 Abs. 1 Ziffer 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Ausgehend von 80 v.H. eines monatlichen Bruttoverdienstes von 1468,80 DM als Regelentgelt (§ 16a Abs.2 Satz 3 BVG), das der Kläger nach seinen eigenen Angaben im August 1988 bei der Firma P ... GmbH erzielt hätte, betrüge das Versorgungskrankengeld 1175,04 DM (§ 16a Abs. 1 Satz 1 BVG).

2.

Die Berufung ist jedoch unbegründet.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen; denn der Kläger ist durch die Bescheide vom 28.10.1994 und 03.01.1996 nicht beschwert. Er hat keinen Anspruch auf Versorgungskrankengeld für den Monat August 1988.

a) Gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 ZDG erhält ein Dienstpflichtiger, der eine Zivildienstbeschädigung erlitten hat, nach Beendigung des Dienstverhältnisses wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Schädigung auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG soweit im ZDG nichts abweichen des bestimmt ist. Versorgungskrankengeld wird nach Maßgabe der §§ 16 ff. BVG Beschädigten gewährt, wenn sie wegen einer Gesundheitsstörung, die als Folge einer Schädigung anerkannt ist oder durch eine anerkannte Schädigung verursacht ist, arbeitsunfähig im Sinne der Vorschriften der gesetzlichen Krankenversicherung werden (§ 16 Abs. 1 BVG). Der Anspruch auf Versorgungskrankengeld besteht auch dann, wenn Heil- oder Krankenbehandlung vor Anerkennung des Versorgungsanspruch nach § 10 Abs. 8 BVG gewährt oder eine Badekur durchgeführt wird. Gemäß § 18a Abs. 1 Satz 1 BVG können die Leistungen auf Antrag oder auch von Amts wegen gewährt werden.

Die als Folge schädigender Einwirkung im Sinne des § 47 ZDG mit Bescheid vom 26.04.1989 anerkannte "Hepatitis B" hat im August 1988 unstreitig zur Arbeitsunfähigkeit des Klägers geführt.

Jedoch sind die weiteren Voraussetzungen des § 18a BVG nicht er füllt. Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Anwendung des § 18a BVG nicht durch § 49 ZDG ausgeschlossen. Abgesehen davon, daß diese Vorschrift ausdrücklich nur die §§ 16 bis 16 f. BVG nennt, für die insoweit eine modifizierte Anwendung vorgesehen ist, war der Kläger auch nicht - wie § 49 ZDG voraussetzt - im Zeitpunkt der Beendigung des Zivildienstes schädigungsbedingt arbeitsunfähig. Er stand damals nämlich in einem Beschäftigungsverhältnis bei der Firma P ... GmbH und war auch arbeitsfähig, was der Sachverständige N ... im Vorprozeß (S 20 V 331/92) bestätigt hat.

Wie das SG zu Recht ausgeführt hat, waren weder die Voraussetzungen für eine Leistung von Amts wegen (§ 18 Abs. 2 Satz 2 BVG) ge geben noch hat der Kläger bei der Barmer Ersatzkasse, deren Mitglied er war, einen Leistungsantrag gestellt, der zugleich als Antrag auf Versorgungskrankengeld gelten würde (§ 18a Abs. 1 Satz 3 BVG) oder ist Arbeitsunfähigkeit gemeldet worden (§ 18 a Abs. 2 Satz 3 BVG). Insoweit nimmt der Senat auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist dazu auszuführen, daß auch ein Bundesbehandlungsschein (§ 18b BVG), der ebenfalls als Antrag gilt, nicht ausgestellt worden ist (§ 18a Abs. 1 Satz 2 BVG).

b.) Im Ergebnis hat das SG auch zu Recht eine rechtzeitige Antragstellung verneint. Gemäß § 18a Abs. 3 Satz 1 BVG ist Versorgungskrankengeld von dem Tag an zu gewähren, von dem an seine Voraussetzungen erfüllt sind, wenn es innerhalb von zwei Wochen nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit oder nach Wegfall des Anspruchs auf Fortzahlung des Lohnes oder Gehalts beantragt wird, sonst von dem Tage der Antragstellung an. Der Kläger hat innerhalb des Zeitraums, für den er Versorgungskrankengeld begehrt, keinen entsprechenden Antrag gestellt.

Der Antrag auf Beschädigtenversorgung vom 30.09.1998 ist nicht zu gleich ein Antrag auf Gewährung von Versorgungskrankengeld. Zwar ist ein Antrag auf Beschädigtenversorgung auf alle nach Lage des Falles in Betracht kommenden Leistungen gerichtet anzusehen, es sei denn, daß er auf bestimmte Leistungen beschränkt ist (Verwaltungsvorschrift (VV) Nr. 1 Satz 2 zu § 1 BVG). Hiernach hat der Beklagte alle Ansprüche zu prüfen, die aus dem unterbreiteten Sachverhalt in Betracht kommen ( BSG vom 08.12.1982 - 9a RV 22/82 - in: SozR 3100 § 31 Nr. 22; BSG vom 28.04.1999 - B 9 V 16/98 R -, vgl. auch BSG vom 16.08.1973 - 3 RK 94/72 - in: BSGE 36, 120,121). Eine Auslegungshilfe hierzu bietet § 17 Abs. 1 Nr. 1 SGB I an, wonach die Träger der Sozialleistungen auch darauf hinzuwirken haben, daß jeder Berechtigte die zustehende Sozialleistung umfassend erhält (BSG vom 28.04.1999 - B 9 V 16/98 R -). Ergänzend bestimmt VV Nr. 1 Satz 1 zu § 18a BVG, daß die Verwaltungsbehörde im Hinblick auf die Möglichkeit, Leistungen von Amts wegen zu gewähren, den Sachverhalt aufklären soll, wenn ihr unmittelbar oder durch pflichtgemäße Information der Krankenkasse Umstände bekannt werden, die darauf schließen lassen, daß der Berechtigte Anspruch auf Leistungen nach §§ 10 bis 24a BVG hat. Ausgehend hiervon ergibt sich: Ausdrücklich hat der Kläger im Antrag vom 30.09.1988 nicht Versorgungskrankengeld begehrt. Aus dem Antrag ist auch nicht der Wille des Klägers erkennbar, einen Anspruch auf Versorgungskrankengeld geltend zu machen. Ausreichend wäre es ggf., wenn der Kläger im Antrag oder nachfolgend auf eine Arbeitsunfähigkeit hingewiesen hätte. Daran fehlt es. Dem Antrag ist hierzu nichts zu entnehmen. Zwar hat der Kläger mitgeteilt, eine ambulante Behandlung werde durchgeführt. Allein hieraus kann indes nicht auf eine Arbeitsunfähigkeit geschlossen werden, denn die dem Antrag beigefügte ärztliche Bescheinigung der Internistin Dr. P ... vom 27.09.1988 verhält sich hierzu nicht. Der Beklagte brauchte einen Anspruch auf Versorgungskrankengeld auch deswegen nicht prüfen, weil der Kläger im An trag vom 30.09.1988 als derzeitigen Beruf "Student" sowie eine Studentenmitgliedschaft in der Barmer Ersatzkasse ab 01.04.1988 an gegeben hat. Auch im hierauf durchgeführten Verwaltungsverfahren hat der Kläger eine Arbeitsunfähigkeit weder behauptet noch einen sonstigen Anhalt hierzu gegeben. Ebensowenig haben die im damaligen Verwaltungsverfahren durchgeführten Ermittlungen des Beklagten hierzu Hinweise ergeben. Die Barmer Ersatzkasse hat am 27.10.1988 weder Erkrankungen noch Krankenhausbehandlungen mitgeteilt. Der Schriftsatz des Klägers vom 22.01.1989 sowie die Anamnese im Gutachten des Prof. M ... vom 10.03.1989 sind gleichermaßen unergiebig.

Der fehlende Antrag kann auch nicht durch einen Herstellungsanspruch ersetzt werden, der u.a. dazu dient, die Folgen eines fehlerhaften Handelns von Versicherungsträgern auszugleichen (z.B. BSG vom 29.10.1992 - 10 RKg 24/91 - in: SozR 3 -1200 § 14 SGB I Nr. 18). Der Beklagte hat seine Ermittlungspflicht nicht verletzt. Für die Ermittlungspflicht der Behörde im Verwaltungsverfahren nach § 20 Abs 1 S 2 SGB X gelten im wesentlichen die gleichen Grundsätze wie für die Ermittlungspflicht des Gerichts nach § 103 SGG. Das Ausmaß der Ermittlungen steht im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde (Hauck/Haines, SGB X, § 20 Rdn 6). Die Behörde bestimmt mithin Art und Umfang der Ermittlungen. Bei ihren Nachforschungen hat sie sich allein an den Notwendigkeiten des jeweiligen Sachverhalts zu orientieren. Durch Anträge oder Anregungen der Beteiligten ist sie nicht gezwungen, auch in unerhebliche Richtungen Prüfungen vorzunehmen (BSG vom 10. 8. 1993 - 9/9a RV 10/92 -). Innerhalb dieser Grenzen hat der Beklagte den Sachverhalt vollständig ermittelt. Die tat sächlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Versorgungskrankengeld brauchte der Beklagte in dem auf den Antrag vom 30.09.1988 eingeleiteten Verfahren nicht zu prüfen, weil es seinerzeit an jedem Anhaltspunkt dafür fehlte, daß der Kläger arbeitsunfähig war oder infolge seines Studentenstatus rechtlich auch nur hätte sein können. Erst der Schriftsatz des Klägers vom 20.08.1991 i.V.m. mit dem Schreiben vom 12.09.1991 konnte im Wege der Auslegung als Antrag auf Versorgungskrankengeld aufgefaßt werden.

c) Selbst wenn der Antrag vom 30.09.1998 auch als Antrag auf Versorgungskrankengeld angesehen wird, könnte dies der Berufung des Klägers nicht zum Erfolg verhelfen. Denn sowohl dieser Antrag als auch der vom Beklagten als Antrag auf Versorgungskrankengeld angesehene Antrag vom 13.09.1991 (Datum: 12.09.1991) sind nicht inner halb von zwei Wochen nach Eintritt der behaupteten Arbeitsunfähigkeit oder nach Beginn der Behandlungsmaßnahme (27.07.1988) gestellt worden ( 18a Abs. 3 Satz 1 BVG).

aa) Ist der Antrag nicht fristgerecht gestellt worden, so ist das Versorgungskrankengeld für die zurückliegende Zeit dennoch zu gewähren, wenn unvermeidbare Umstände die Frist unmöglich gemacht haben (18a Abs. 3 Satz 3 BVG). Das wäre dann der Fall, wenn vom Berechtigten bei Berücksichtigung der im Rechtsverkehr erforderlichen Sorgfalt nach seinen persönlichen Fähigkeiten und Verhältnissen nicht erwartet werden konnte, die Frist einzuhalten (vgl. Fehl in: Wilke, Soziales Entschädigungsrecht, 7. Auflage, 1992, § 18 a Rdn. 9 iVm § 18 Rdn. 11; VV Nr. 2 Satz 1 zu § 18 BVG). Die Unkenntnis der gesetzlichen Bestimmungen rechtfertigt die Annahme unvermeidbarer Umstände grundsätzlich nicht (BSG vom 25.06.1992 - 2 RU 14/92 -).

Im übrigen wird spätestens mit der Erstanerkennung ein Merkblatt über die Heil- und Krankenbehandlung versandt (vgl. Fehl aaO § 18 Rdn. 12), mithin insoweit die Möglichkeit der Rechtskenntnis verschafft. Vorliegend hat der Beklagte allerdings erst mit Bescheid vom 26.04.1989 die "Hepatitis B" als Schädigung anerkannt, so daß ein etwa hiermit verbundenes Merkblatt den Kläger nur hätte nachträglich von der Fristgebundenheit eines Anspruchs auf Versorgungskrankengeld unterrichten können. Das anläßlich der Entlassung aus dem Zivildienst vom Bundesamt überreichte Merkblatt enthält keinerlei Hinweise auf einen etwaigen Versorgungsgeldanspruch und damit zusammenhängende Fristen. Dennoch hätte der Kläger die Frist einhalten können. Der in dem Merkblatt enthaltene Hinweis darauf, daß ein Versorgungsanspruch für Zivildienstschäden beim Versorgungsamt geltend zu machen ist, hätte für ihn bereits zu Beginn der Erkrankung hinreichend Anlaß sein müssen, sich hierum zu kümmern. Sein gesundheitlicher Zustand und der Umstand, daß er nach eigenen Angaben nach der Konsultation seiner Ärztin am 27.07.1988 noch etwa eine Woche an der Hausarbeit geschrieben habe, stehen dem nicht entgegen. Über das Risiko, sich eine Hepatitis-Infektion zuzuziehen und dieser ggf. mittels einer Schutzimpfung entgegenzuwirken ist er ausweislich seines Vorbringen (Schreiben vom 22.01.1989 nebst Anlagen) umfassend unterrichtet worden. Schon deswegen und infolge der zeitlichen Zusammenhänge lag es nahe, den Zivildienst für die am 27.07.1988 diagnostizierte Hepatitis verantwortlich zu machen. Der Kläger hätte trotz seiner Inanspruchnahme durch Hausarbeit und Krankheit seinen als Rechtsanwalt tätigen Vater vorsorglich um die Prüfung etwaiger Ansprüche bitten können. Insbesondere soweit es den Anspruch auf Versorgungskrankengeld und dessen Fristgebundenheit anlangt, wäre dies unschwer möglich gewesen, da das anläßlich der Entlassung ausgehändigte Merkblatt Hinweise auf einen Versorgungsanspruch enthielt, die durch Hinzuziehung eines Gesetzestextes sogleich hätten konkretisiert werden können. Angesichts der konkreten Umstände und der persönlichen Fähigkeiten und Verhältnisse des Klägers liegen sonach zur Überzeugung des Senats keine unvermeidbaren Umstände vor, die eine rechtzeitigen Antragstellung hätten verhindern können. Die Fristversäumung war vielmehr insoweit vermeidbar.

Umsomehr hätte der Kläger nach dieser Erkrankungsphase Ende August/Anfang September 1988 den Antrag auf Versorgungskrankengeld stellen müssen. Er hat selbst diesen Zeitpunkt als den benannt, an dem sich nach Rücksprache mit ehemaligen Zivildienstkollegen die während seiner Bettlägerigkeit im August aufkommende Erkenntnis eines ursächlichen Zusammenhangs der Erkrankung mit dem Zivildienst verfestigt habe.

bb) Aus der VV Nr. 2 Satz 2 zu § 18 BVG folgt nichts anderes. Danach können bei der Prüfung, ob unvermeidbare Umstände eine rechtzeitige Antragstellung verhindert haben, insbesondere das Alter und eine daraus resultierende Geschäftsungewandtheit berücksichtigt werden. Zielrichtung dieser Vorschrift ist ersichtlich der Personenkreis, der in unmittelbarer Anwendung des BVG Kriegsopferversorgung erhält, mithin infolge Alters zwischenzeitlich eines besonderen Schutzes bedarf.

Nach der VV Nr. 2 Satz 3 zu § 18 BVG können besondere Umstände auch dann angenommen werden, wenn der Berechtigte bisher noch keine Leistungen der Heil- und Krankenbehandlung erhalten hat. Abgesehen davon, daß diese Vorschrift rechtssystematisch bedenklich ist (so zutreffend Fehl aaO zu § 18 Rdn. 12), weil Rechtsunkenntnis grundsätzlich kein Grund für die verspätete Geltendmachung eines Antrags ist (vgl. BSG vom 25.06.1992 - 2 RU 14/92 - zu § 1546 RVO), handelt es sich hierbei ohnehin nur um ein zusätzliches Kriterium, das im Rahmen der Prüfung, ob die Verfristung vermeidbar war, zu berücksichtigen ist. Obgleich der Kläger zuvor noch keine Heil- und Krankenbehandlung erhalten hatte, führt diese Prüfung angesichts der individuellen Umstände - wie dargestellt - zum Ergebnis, daß die Verfristung vermeidbar war.

cc) Wird § 18a Abs. 3 Satz 2 BVG als spezialgesetzliche Ausprägung des Rechtsinstituts auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand angesehen ( § 27 SGB X, § 67 SGG; vgl. BSG vom 16.12.1993 - 4 RA 16/93 - zur Antragsfrist nach § 10 Satz 2 KfzHV), so scheitert das klägerische Begehren an einem weiteren Grund. Danach ist der Antrag binnen eines Monat nach Wegfall des Hindernisses zu stellen (vgl. § 67 Abs. 2 Satz 1 SGG). Die Regelung des § 18 a BVG enthält diese Einschränkung zwar nicht ausdrücklich, dennoch könnte erwogen wer den, sie entsprechend anzuwenden. Dies kann dahinstehen. Selbst wenn eine (entsprechende) Anwendung des § 67 Abs. 2 Satz 1 SGG in Betracht käme, könnte der Kläger keinen Erfolg haben. Eine Präzisierung des Zeitpunkts, in dem das Hindernis (Unkenntnis) weg gefallen ist, ist nicht möglich. Weder die behandelnde Ärztin L ... noch die gehörten Zeugen P ... und W ... konnten ein Gespräch mit dem Kläger im Zeitraum August/September 1988 über seine Erkrankung und deren Ursachen bestätigen. Daß sich - bei Annahme eines am 30.09.1988 auch auf Versorgungskrankengeld gerichteten Antrags - nicht feststellen läßt, ob die versäumte Rechtshandlung innerhalb der etwaigen Antragsfrist nachgeholt worden ist, geht nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast zu Lasten des Klägers.

c) Soweit sich der Kläger auf den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) beruft, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Zwar findet dieser Grundsatz in seiner Ausprägung, daß jeder in Ausübung seiner Rechte und Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben handeln, d.h. auf berechtigte Interessen des anderen Teils Rücksicht zu nehmen hat, auch im öffentlichen Recht Anwendung (zB BSG SozR 3- 2400 § 25 SGB V Nr. 6). Hieraus ergibt sich, daß ein Berechtigter ein Recht nicht geltend machen darf, wenn er sich damit mit seinem früheren Verhalten in Widerspruch setzen würde (venire contra factum proprium). Der allgemeine Rechtsgrundsatz, daß ein widersprüchliches Verhalten dann mißbräuchlich und demzufolge als unzulässig ausgeschlossen sein kann, wenn für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist ( BSG SozR 3 - 1500 § 66 SGG Nr.1 ; Palandt/Heinrichs, BGB, 50. Aufl 1991, Rdn.55 § 242 mwN), greift vorliegend indessen nicht. Hinsichtlich des Bescheides vom 26.04.1989 fehlt jeder Ansatz für ein widersprüchliches Verhalten des Beklagten. Daß der Beklagte mit Bescheid vom 22.07.1992 Versorgungskrankengeld wegen fehlender Mitwirkung des Klägers bei der Aufklärung seiner damaligen Tätigkeit und der Frage, ob er in dem fraglichen Zeitraum einer Erwerbstätigkeit nachgegangen wäre, versagt und im angefochtenen Bescheid vom 28.10.1994 die Ablehnung damit begründet hat, daß kein schädigungsbedingter Verdienstausfall nachgewiesen sei, die rechtzeitige Antragstellung also hat dahingestellt sein lassen, stellt kein widersprüchliches Verhalten dar. Zwar erscheint es folgerichtiger, zunächst zu prüfen, ob die Antragsfrist überhaupt einhalten worden ist. Indessen gehört es zu den allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsverfahrensrechts, daß die Behörde einen Antrag aus einem Gesichtspunkt auch dann ablehnen kann, wenn weitere Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Konkretisiert ist dieser Grundsatz in § 35 Abs. 1 SGB X. Danach sind in der Begründung des Verwaltungsaktes die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen hat. Sie muß die tragenden Gründe der Entscheidung aufzeigen (vgl. Schröder-Printzen, Kommentar zum SGB X, 3. Auflage, 1996, Rdn 35 Rdn. 5 mwN). Der Beklagte ist zu seiner Entscheidung bewogen worden, weil er der Auffassung war, der Kläger habe seiner Einkommensituation nicht hinreichend nachgewiesen. Allein dieser Umstand war im Sinn des § 35 Abs. 1 SGB X wesentlich für die Entscheidung (vgl. auch LSG NRW vom 29.10.1997 - L 11 Ka 94/97 -). Angesichts der Konzeption des § 35 SGB X ist die Behörde mithin nicht gehalten, jeden nur denkbaren Grund anzuführen, der für sich genommen die Ablehnung des Antrags rechtfertigt. Dies schließt nicht aus, daß sie späterhin weitere Gründe nachschiebt. Denn die Verwaltung ist bis in die Revisionsinstanz hinein berechtigt, den Verwaltungsakt auf eine neue Rechtsgrundlage zu stützen oder neue Rechtsgründe vorzutragen. Die Vorschrift des § 41 SGB X steht dem nicht entgegen, weil die erforderliche Begründung, die nur bis zum Abschluß des Vorverfahrens nachgeholt werden darf (§ 41 Abs. 2 iVm Abs. 1 Nr. 2 SGB X) nicht notwendig die richtige Begründung ist, es sich insoweit lediglich um eine Formvorschrift handelt; die sachlich zutreffende Begründung ist keine zusätzliche Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes. Konsequenterweise müssen die Gerichte unabhängig von der im Verwaltungsakt gegebenen Begründung prüfen, ob der Verwaltungsakt gesetzmäßig ist ( hierzu Meyer-Ladewig, SGG, 6. Auflage, § 54 Rdn. 35 mwN). Infolgedessen fehlt es entgegen der Auffassung des Klägers bereits am widersprüchlichen Verhalten, wenn der Beklagte sich nunmehr auch auf den verfristeten Antrag beruft. Im übrigen hat der Beklagte für den Kläger auch keinen (schutzwürdigen) Vertrauenstatbestand geschaffen. Die soeben skizzierte Rechtslage gilt im Anwendungsbereich des § 45 VwVfG gleichermaßen. Der Kläger hat Rechtswissenschaft studiert. Es konnte von ihm erwartet werden, daß er diese Rechtslage erkennt oder sich hierüber nötigenfalls unterrichtet. Überdies hat der Kläger die von Anfang an gegebenen prozessualen Möglichkeiten nicht ausgeschöpft (hierzu BSG vom 25.11.1998 - B 8 KN 12/98 B -). Er wurde durch die Kanzlei seines Vaters vertreten und hätte seinen Anspruch gerichtlich in vollem Umfang geltend machen können, um eine gerichtliche Entscheidung herbeizuführen.

Die Voraussetzungen einer Verwirkung - Verstoß gegen Treu und Glauben durch den Beklagten und Vertrauensposition des Klägers - liegen offenkundig nicht vor.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183 und 193 SGG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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