L 10 V 25/00

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
10
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 24 V 376/99
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 10 V 25/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 05.05.2000 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte zu Recht die Anerkennung weiterer Schädigungsfolgen und die Leistung einer höheren Versorgungsrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) abgelehnt hat.

Der am 31.01.1924 geborene Kläger erlitt als Soldat am 17.10.1943 einen Infanteriegeschoßdurchschuß des linken Knies.

Mit Umanerkennungsbescheid vom 27.06.1953 erkannte der Beklagte als Schädigungsfolgen an:

Knöcherne Versteifung des linken Kniegelenkes in günstiger Stellung und gewährte Versorgungsrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 30 vom Hundert (v.H.). 1963 beantragte der Kläger wegen Gesundheitsstörungen an der Hüfte, der Wirbelsäule, Durchblutungsstörungen am linken Bein, Beschwerden am linken Fußgelenk und Herzbeschwerden nervöser Art, die er auf die anerkannten Schädigungsfolgen zurückführte, die Neufeststellung seines Anspruchs auf Versorgung. Nach Einholung des chirurgischen Gutachtens von Dr. Z ... vom 28.05.1963 lehnte der Beklagte den Antrag mit bindendem Bescheid vom 04.07.1963 ab, weil eine wesentliche Änderung in den für die Feststellung des Anspruchs auf Versorgung maßgebenden Verhältnissen nicht eingetreten sei.

Einen Neufeststellungsantrag im Jahr 1966 begründete der Kläger damit, daß Rücken- und Kopfschmerzen auf die anerkannten Schädigungsfolgen zurückzuführen seien und zusätzlich eine im Zusammenhang mit einem Granateinschlag im Juni 1942 stehende Hörbeeinträchtigung vorliege. Der Beklagte holte hierauf das hno-fachärztliche Gutachten von Dr. D ... vom 04.07.1966 und das chirurgische Gutachten von Dr. Z ... vom 02.11.1966 ein. Sodann lehnte er mit Bescheid vom 01.02.1967 und Widerspruchsbescheid vom 10.04.1967 den Antrag ab, weil eine wesentliche Änderung nicht festzustellen und hinsichtlich der geltend gemachten Hörminderung der behauptete schädigende Vorgang nicht nachgewiesen sei. Die dagegen beim Sozialgericht (SG) Duisburg erhobene Klage (Az.: S 22 V 57/67) wurde nach Einholung fachorthopädischer Gutachten von Dr. F. und Dr. D ... sowie eines fachinternistischen Gutachtens von Dr. K ... mit Urteil vom 25.03.1969 abgewiesen und die beim Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG NRW) eingelegte Berufung (Az.: L 5 b (1) V 90/69) mit Urteil vom 18.11.1969 zurückgewiesen; aufgrund der eingeholten Gutachten sei eine Verschlimmerung der anerkannten Schädigungsfolgen nicht feststellbar. Die Beschwerden an der Wirbelsäule, die nervösen Herzstörungen und die Durchblutungsstörungen beruhten wahrscheinlich nicht auf Schädigungsfolgen. Zu Recht sei auch die Anerkennung der Hörbeeinträchtigung als Schädigungsfolge abgelehnt worden, weil der schädigende Vorgang nicht nachgewiesen sei.

Wegen Verschlimmerung der anerkannten Schädigungsfolgen, Verkürzung des linken Beines mit dadurch bedingter Fehlhaltung der Wirbelsäule und Durchblutungsstörungen am linken Unterschenkel stellte der Kläger 1984 erneut einen Verschlimmerungsantrag. Auch diesen lehnte der Beklagte nach Einholung des versorgungsärzt lichen Gutachtens von Dr. E ... vom 11.07.1985 mit Bescheid vom 20.08.1985 und Widerspruchsbescheid vom 14.04.1986 ab. Die dagegen erhobene Klage wies das SG Duisburg (Az.: S 25 V 144/86) unter Berücksichtigung des fachchirurgischen Gutachtens von Dr. B ... vom 10.11.1987 und des internistischen Gutachtens von Dr. M ... vom 02.02.1987 mangels wesentlicher Änderung mit Urteil vom 29.07.1987 ab. Seine beim LSG NRW eingelegte Berufung (Az.: L 10 V 221/87) nahm der Kläger zurück.

Seinen 1988 wiederum wegen Beinverkürzung, Wirbelsäulenbeschwerden, Gesundheitsstörungen am linken Fuß und Unterschenkel gestellten Neufeststellungsantrag lehnte der Beklagte nach Einholung des versorgungsärztlichen Gutachtens von Dr. E ... vom 14.02.1989 mit den Bescheiden vom 19.04. und 25.04.1989 und den Widerspruchsbescheiden vom 02. und 06.11.1989 ab, weil weder eine wesentliche Änderung in den maßgebenden Verhältnissen eingetreten sei noch die früheren bindenden Bescheide tatsächlich oder rechtlich unrichtig gewesen seien. Auf die dagegen erhobene Klage (Az.: S 23 V 308/89) verurteilte das SG Duisburg den Beklagten mit Urteil vom 21.02.1990 unter Klageabweisung im übrigen, als weitere Schädigungsfolge eine "beginnende Arthrose des linken oberen und unteren Sprunggelenkes und eine endgradige Bewegungseinschränkung des linken oberen Sprunggelenks" anzuerkennen. Auf die dagegen eingelegte Berufung (Az.: L 6 V 47/90) holte das LSG NRW das orthopädische Gutachten von Dr. Reinöhl vom 07.08.1991 ein und verurteilte den Beklagten mit Urteil vom 17.12.1991 unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung des Klägers zur Ergänzung der Leidensbezeichnung um " ... mit Narben im Bereich des Kniegelenkes, Muskelverschmächtigung des linken Oberschenkels und Verkürzung des linken Beines um 2,5 cm ...". Die Beschwerden von Seiten der Wirbelsäule, der Schulter und der Arme seien nicht als Schädigungsfolge anzuerkennen. Mit Dr. R ... sei von einer Beinverkürzung links um 2,5 cm auszugehen. Die Fehlform der Wirbelsäule sei weder auf das mehrmonatige Liegen in einem Beckengips 1943 noch auf die Beinverkürzung wesentlich ursächlich zurückzuführen. Die erhobenen Befunde wiesen vielmehr auf einen schicksalhaften Verlauf hin. Auch ließe sich für die Zeit ab 1953 keine "oedematöse Schwellung" oder eine sonstige Blutumlaufstörung feststellen. Herz- und Darmleiden seien nicht auf die Schädigungsfolgen zurückzuführen. Ein Gehörschaden könne gleichfalls nicht bejaht werden, weil ein schädigendes Ereignis nicht nachgewiesen sei. Eine wesentliche Änderung sei nur insoweit seit dem letzten bindenden, die Versorgung des Klägers regelnden Bescheid vom 27.06.1953 eingetreten, als die Schäden im Bereich des linken Sprunggelenkes als Schädigungsfolgen anzuerkennen gewesen seien.

In Ausführung des Urteils erkannte der Beklagte mit Bescheid vom 08.03.1992 unter Beibehaltung einer MdE von 30 v.H. nunmehr als Schädigungsfolgen i.S.d. § 1 BVG an:

1. Knöcherne Versteifung des Knies in günstiger Stellung mit Narben im Bereich des Kniegelenkes, Muskelverschmächtigung des linken Oberschenkels und Verkürzung des linken Beines um 2,5 cm.

2. Beginnende Arthrose des linken oberen und unteren Sprunggelenkes und eine endgradige Bewegungseinschränkung des linken oberen Sprunggelenkes.

1996 beantragte der Kläger die Überprüfung der festgestellten Schädigungsfolgen sowie die Gewährung einer höheren Versorgungsrente. Zur Begründung verwies er auf die von der Orthopädischen Versorgungsstelle im April 1989 beschriebene Beinverkürzung von 3 cm, woraus sich ein Beckenschiefstand, eine s-förmige nicht ausgleichbare Verbiegung der gesamten Wirbelsäule sowie eine negative Beeinflussung der Halswirbelsäule ergebe. Der Beklagte lehnte mit Bescheid vom 10.09.1996 und Widerspruchsbescheid vom 02.01.1997 den Antrag ab. Das SG Duisburg (Az.: S 22 V 57/97) wies die dagegen erhobene Klage mit Urteil vom 11.09.1997 wegen fehlen der Mitwirkung des Klägers bei der Aufklärung des medizinischen Sachverhaltes und unter Hinweis auf das Urteil des LSG NRW vom 17.12.1991 ab. In dem sich vor dem LSG NRW anschließenden Berufungsverfahren (Az.: L 7 V 59/97) holte der Senat das aufgrund ambulanter Untersuchung erstattete Gutachten von Prof. Dr. H ... vom 04.08.1998 ein und wies mit Urteil vom 03.12.1998 die Berufung zurück. Der Grad der schädigungsbedingten MdE sei zutreffend mit 30 v.H. eingeschätzt. Denn die Versteifung des Kniegelenkes verhalte sich noch in einem günstigen Rahmen. Die Sprunggelenksveränderungen seien noch nicht so erheblich, daß sie eine MdE um mehr als 10 v.H. bedingten. Die Wirbelsäulenveränderungen seien - wie auch der Sachverständige Prof. Dr. H ... überzeugend dargelegt habe - nicht schädigungsbedingt aufgetreten.

Am 20.07.1999 stellte der Kläger erneut einen Überprüfungsantrag und begehrte die Anerkennung der Gesundheitsstörungen an der Wirbelsäule, der Ischiasanfälle, der Arthrose des linken Fußgelenkes und der Daumen und einer Gehbehinderung infolge Unterschenkelschmerzen als Schädigungsfolgen sowie die Leistung einer höheren Versorgungsrente als nach einer MdE von 30 v.H ...

Nach Einholung der versorgungsärztlichen Stellungnahme lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 02.09.1999 und Widerspruchsbescheid vom 07.10.1999 die Anerkennung weiterer Schädigungsfolgen und die Leistung von Versorgung nach einer höheren MdE als von 30 v.H. ab, weil die vorangegangenen Bescheide nicht rechtswidrig seien.

Hiergegen hat der Kläger am 15.10.1999 beim SG Duisburg Klage erhoben, mit der er die Anerkennung von Wirbelsäulenschäden als mittelbare Schädigungsfolgen geltend macht. Diese seien auf die zu spät verordnete orthopädische Versorgung zurückzuführen. Es seien alle Gesundheitsstörungen zu bewerten, "also auch die, die eventuell nicht der Kriegsbeschädigung zuzuordnen sind, zumal u.a. Lendenwirbelsäulenschäden, Ischias, Arthrose Daumen und linkes Fußgelenk nicht enthalten sind".

Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt:

Anerkennung der erwiesenen Schädigungsfolgen, Vervollständigung der ausgewiesenen Gesamtschädigungen, Anerkennung als Schwerkriegsbeschädigter unter Berücksichtigung der Tatsache, daß diese Anerkennung schon seit Jahrzehnten fällig sei, Auflistung aller Schäden.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das SG hat mit Urteil vom 05.05.2000 die Klage abgewiesen und in seinen Entscheidungsgründen ausgeführt, der Beklagte habe zu Recht an der Bindungswirkung des Ausführungsbescheides vom 08.03.1992 und der zuvor ergangenen Bescheide, soweit sie nicht durch den Ausführungsbescheid abgeändert worden seien, festgehalten mit der Folge, daß keine weiteren Schädigungsfolgen anerkannt werden und keine höhere MdE festgestellt werde. Denn der genannte Bescheid sei nicht unrichtig i.S.d. § 44 Sozialgesetzbuch Verwaltungsverfahren (SGB X) und zwar insbesondere nicht, soweit die Anerkennung eines Wirbelsäulenschadens als mittelbare Schädigungsfolge und die Gewährung einer höheren Versorgungsrente abgelehnt worden sei. Das SG hat auf das im Verfahren L 7 V 59/97 ergangene Urteil des LSG NRW vom 03.12.1998 hingewiesen, welchem das Gutachten von Prof. Dr. H ... zugrundegelegen hat, und Zweifel an der Richtigkeit der damals getroffenen Feststellungen aufgrund des Vorbringens des Klägers verneint. Ferner hat das SG ausgeführt, das Vorbringen des Klägers böte auch keinen Anhalt dafür, weitere Körperschäden, etwa eine Daumengelenksarthrose, als Schädigungsfolge anzuerkennen. Die Arthrose im linken Fußgelenk sei bereits als Schädigungsfolge anerkannt worden, führe aber zu keiner Erhöhung der Gesamt-MdE. Auch die begehrte Anerkennung von Durchblutungsstörungen im linken Unterschenkel als Schädigungsfolge komme aufgrund des Urteils des Landessozialgerichts vom 17.12.1991 (Az.: L 6 V 97/90) nicht in Betracht. Auch insoweit ergäben sich keinerlei Anhaltspunkte für eine Unrichtigkeit dieser Feststellung. Ein Anspruch auf Auflistung und Einzelbewertung aller Gesundheitsschäden - auch der Nichtschädigungsfolgen - stehe dem Kläger in diesem Verfahren nicht zu. Eine bescheidmäßige Bewertung der einzelnen Gesundheitsstörungen mit Einzel-MdE-Werten könne der Kläger auch hinsichtlich der Schädigungsfolgen nicht verlangen, weil die Bewertung der einzelnen Schäden nur ein Zwischenschritt auf dem Wege zur Feststellung der (Gesamt-)MdE sei.

Gegen das ihm am 22.05.2000 zugestellte Urteil hat der Kläger zunächst Zulassung der Revision beim Bundessozialgericht (BSG) beantragt. Nachdem der Beklagte die Erteilung der dafür notwendigen Zustimmung zur Sprungrevision abgelehnt hatte, hat der Kläger am 26.06.2000 Berufung eingelegt und zu deren Begründung geltend gemacht, die Wirbelsäulenfehlhaltung sei nicht wachstumsbedingt, sondern auf die Beinverkürzung zurückzuführen. Im übrigen hätten die Sachverständigen keine Kenntnis von dem Zustand eines in einem ausländischen Kriegslazarett 1943/44 angelegten Beckengipses gehabt. Die Beinverkürzung hätte mit 3 cm festgestellt werden müssen. Sie habe damals zur orthopädischen Versorgung geführt. Die Fußgelenksarthrose, die Durchblutungsstörungen am linken Bein und die Ischiasanfälle seien ebenfalls Folgeschäden der anerkannten Schädigungsfolgen. Der Beklagte sei verpflichtet, alle erwiesenen Schäden aufzulisten.

Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 05.05.2000 abzuändern und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 02.09.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.10.1999 zu verurteilen, den Bescheid om 08.03.1992 und die vorangegangenen Bescheide, soweit sie nicht durch den Bescheid vom 08.03.1992 abgeändert worden sind, zurückzunehmen und als weitere Schädigungsfolgen "Wirbelsäulenleiden, Ischiasanfälle, Fußgelenksarthrose links, Durchblutungsstörungen am linken Unterschenkel mit erschwerter Gehbehinderung" anzuerkennen und ab 01.01.1995 Versorgungsrente nach einer MdE von mehr als 30 v.H. zu leisten.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 05.05.2000 zurückzuweisen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsvorgänge des Beklagten, die vom Versorgungsamt Duisburg beigezogenen Schwerbehindertenakten, die Akten der Orthopädischen Versorgungsstelle des Versorgungsamtes Essen sowie die vom SG beigezogenen Akten (Az.: S 22 V 57/67, S 25 V 144/86, S 23 V 308/89 und S 22 V 57/97) Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch unbegründet.

Der Senat konnte in Abwesenheit des Klägers verhandeln und entscheiden. Der Kläger ist hierauf in der Ladung hingewiesen worden.

Die Berufung ist am 05.06.2000 fristgerecht eingelegt worden (§ 151 Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Zwar hat der Kläger aus drücklich erst nach Ablauf der am 23.06.2000 endenden Berufungsfrist Berufung eingelegt, jedoch war seinem innerhalb der Rechtsmittelfrist am 05.06.2000 eingegangenen Antrag vom 30.05.2000 auf Zulassung der Sprungrevision das deutlich erkennbare Begehren nach Überprüfung des Urteils der ersten Instanz im Rechtsmittelweg zu entnehmen. Eine Übergehung der Berufungsinstanz um jeden Preis läßt sich aus seinem Vorbringen nicht herleiten. Daß vorliegend keine der für eine Zulassung der Revision erforderliche Voraussetzung des § 161 Abs. 1 und 2, Satz 1 und § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG, insbesondere nicht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, gegeben ist, und somit die Revision von vornherein aussichtslos gewesen wäre, war für den nicht durch eine rechtskundige Person vertretenen Kläger nicht erkennbar. Die Hinweise in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Urteils auf die Möglichkeit Berufung einzulegen oder Sprungrevision zu beantragen, und die sich aus der Nichtzulassung der Sprungrevision bei Fehlen der Zustimmungserklärung des Gegners ergebenden Konsequenzen waren insoweit für den Kläger nicht deutlich genug (vgl. dazu BSG, Urteil vom 24.04.1991 - Az.: 9a RV 9/90 -).

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Wie das SG zu Recht entschieden hat, hat der Kläger keinen Anspruch auf Anerkennung eiterer Schädigungsfolgen und Leistung einer höheren Versorgungsrente. Denn es läßt sich nicht feststellen, daß der Bescheid vom 08.03.1992 sowie die zuvor ergangenen Bescheide - soweit sie nicht durch den Bescheid vom 08.03.1992 abgeändert worden sind - bei Erlaß tatsächlich oder rechtlich unrichtig waren (§ 44 SGB X).

Der Beklagte hat zu Recht die Anerkennung weiterer als die zuletzt mit dem Ausführungsbescheid vom 08.03.1992 anerkannten Schädigungsfolgen und die Gewährung einer höheren Versorgungsrente als nach einer MdE von 30 abgelehnt. Die Frage, ob die Gesundheitsstörungen an der Wirbelsäule und die damit verbundenen Beschwerden - der Kläger hat Ischiasbeschwerden geklagt - wahrscheinlich wesentlich ursächlich auf die anerkannten Schädigungsfolgen zurückzuführen sind, war seit 1963 bereits mehrfach Gegenstand von Verwaltungs- und Gerichtsverfahren. Insbesondere aufgrund der in den damaligen Berufungsverfahren (Az.: L 6 V 47/90 und L 7 V 59/97) eingeholten fachorthopädischen Gutachten von Dr. R ... und Prof. Dr. H ..., die Grundlage der rechtskräftigen Entscheidungen des LSG NRW vom 17.12.1991 und 03.12.1998 waren, ist die Zusammenhangsfrage geklärt. Die von den genannten Sachverständigen festgestellte strukturelle Verbiegung der Rumpfwirbelsäule ist nicht schädigungsbedingt aufgetreten, sondern im Wachstumsalter entstanden. Die innere Schiefe der Wirbel in Brustwirbelsäulenmitte ist hierfür - wie auch Prof. Dr. H ... überzeugend dargelegt hat - ein untrügliches Zeichen. Die Folge der Rechtsverbiegung der Brustwirbelsäule ist eine leichte linkskonvexe ausgleichende Gegenschwingung der Lendenwirbelsäule. Im Erwachsenenalter kommt es dann meistens zumindest zu einer Teilversteifung, wie auch schon die Auswertung der im Februar 1989 bei der versorgungsärztlichen Begutachtung durch Dr. E ... erstellten Röntgenaufnahmen ergeben hat. Einseitig betonte reaktive Veränderungen der Lendenwirbelsäule, wie sie durch eine Beinverkürzung verursacht werden, sind weder von Dr. R ... noch von Prof. H ... festgestellt worden. Beide Sachverständige haben das Ausmaß der degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule als gering, Prof. Dr. H ... sogar als altersunterdurchschnittlich bezeichnet. Angesichts dieser Feststellungen führt der Einwand des Klägers, die erst 1989 und somit zu spät wegen der Beinverkürzung erfolgte Versorgung mit orthopädischem Schuhwerk sei für die Wirbelsäulenbeschwerden verantwortlich, nicht weiter. Dasselbe gilt für seinen Einwand, die Gutachter hätten Ausführung und Zustand des 1943 in einem ausländischen Kriegslazarett angebrachten Beckengipses nicht berücksichtigt. Abgesehen davon, daß keine Anhaltspunkte für einen fehlerhaft angelegten Beckengips den Akten zu entnehmen sind, sprechen auch die von den gehörten Sachverständigen als geringfügig und als altersunterdurchschnittlich beschriebenen Veränderungen der Lendenwirbelsäule gegen einen ursächlichen Zusammenhang zwischen den festgestellten Wirbelsäulenveränderungen und der vom Kläger behaupteten fünfmonatigen Gipsliegezeit.

Zu Recht hat das SG darauf hingewiesen, daß der Beklagte bereits eine "beginnende Arthrose des linken oberen und unteren Sprunggelenkes und eine endgradige Bewegungseinschränkung des linken oberen Sprunggelenkes als Schädigungsfolgen" anerkannt hat. Das in dem zur Anerkennung der Schädigungsfolgen am linken Fuß führenden Gutachten von Dr. R ... beschriebene Ausmaß der Arthrose und der Einschränkung der Beweglichkeit der Sprunggelenke rechtfertigt unter Berücksichtigung der "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz" (AHP) 1983, Nr. 26.18 (S. 117) und Nr. 19 (S. 28) keine Erhöhung der durch die Schädigungsfolgen am linken Knie bedingten MdE von 30 v.H. Denn die 1991/92 nur als geringgradig bezeichnete Bewegungseinschränkung ist nach den Vorgaben der AHP allenfalls mit einer MdE von 10 v.H. zu bewerten. Die Frage, ob seitdem in den genannten Schädigungsfolgen eine wesentliche Änderung eingetreten ist, ist nicht Gegenstand des anhängigen Verfahrens.

Die Frage, ob der Beklagte es in der Vergangenheit zu Recht abgelehnt hat, Durchblutungsstörungen am linken Unterschenkel, die der Kläger für seine erschwerte Gehbehinderung verantwortlich macht, als weitere Schädigungsfolge anzuerkennen, war ebenfalls bereits Gegenstand mehrerer Verwaltungsverfahren und ist durch das rechtskräftige Urteil des LSG NRW vom 17.12.1991 entschieden worden. Über die an beiden Beinen und somit schicksalsmäßig entstandene Krampfaderbildung hinaus waren Blutumlaufstörungen am linken Bein, die auf die anerkannten Schädigungsfolgen hätten zurückgeführt werden können, nach den aktenkundigen medizinischen Unterlagen und dem Ergebnis der Begutachtung durch Dr. R ... seit 1953 (Umanerkennungsbescheid vom 27.06.1953) nicht mehr festzustellen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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