Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 77 AL 5681/03
Datum
-
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 6 AL 60/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 12. Juli 2004 geändert und der Widerspruchsbescheid vom 08. Oktober 2004 aufgehoben. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Der Kläger hat keine Verschuldenskosten zu tragen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Beklagte berechtigt war, den Kläger nach § 309 Drittes Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB III) aufzufordern, sich am 06. Mai 2003 bei der Beklagten einzufinden, um seine Eigenbemühungen nachzuweisen und über seine berufliche Situation zu sprechen.
Er ist im Jahre 1943 geboren und bezog zuletzt vom 17. November 2002 bis zum 31. Dezember 2004 Arbeitslosenhilfe. Seither erhält er Arbeitslosengeld II.
Im Januar 2003 händigte ihm die Beklagte ein auf den 17. Juni 2003 datiertes Schreiben aus, das folgendermaßen überschrieben war: "Hinweise zu den erforderlichen Eigenbemühungen (gilt nicht, wenn die Leistung unter den erleichterten Voraussetzungen des § 428 SGB III oder Altersübergangsgeld bezogen wird)". Hiergegen hat der Kläger durch Erhebung einer Klage und das Stellen eines einstweiligen Rechtsschutzantrags vor dem Sozialgericht (SG) Berlin um Rechtsschutz nachgesucht und zur Begründung geltend gemacht, es handele sich bei dem vorgenannten Schreiben um einen rechtswidrigen, weil vordatierten und unterschriftslosen Verwaltungsakt. Die Beklagte versuche ihn zu nötigen, den "§ 428 SGB III anzuerkennen und damit zum frühestmöglichen Zeitpunkt Rente zu beantragen". Er könne dieser Nötigung keine Folge leisten, da er sonst der Hansestadt Lübeck, zu der er noch in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis stünde und der er seine Arbeitskraft auch noch laufend anbiete, wegen eines früheren Renteneintritts für einige Jahre Gehaltsnachzahlungen und die Nachentrichtung von Rentenversicherungsbeiträgen erspare. Sowohl über die Klage (vormals S AL /03, nunmehr S AL /03) als auch über den einstweiligen Rechtsschutzantrag (vormals S AL /03 ER, nunmehr S AL /03 ER) hat das SG noch nicht befunden.
Mit Schreiben vom 23. April 2003 forderte die Beklagte den Kläger unter Hinweis auf die auf der Rückseite abgedruckte Rechtsfolgenbelehrung auf, hinsichtlich deren Einzelheiten auf Bl d Rückseite der Gerichtsakte Bezug genommen wird, sich am 06. Mai 2003 bei ihr einzufinden, um seine Eigenbemühungen nachzuweisen und über seine berufliche Situation zu sprechen. Der Kläger nahm diesen Termin wahr und legte Nachweise seiner Bewerbungen vor; den zuvor gegen die Aufforderung eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 08. Oktober 2003 als unbegründet zurück.
Mit seiner hiergegen gerichteten Klage hat der Kläger geltend gemacht, die Beklagte habe mit der Meldeaufforderung vom 23. April 2003 dem Ausgang der bereits anhängigen, bezeichneten Verfahren vor dem SG Berlin vorgreifen wollen. Den Nachweis von Eigenbemühungen habe er statt - wie von ihm notiert - am 17. Juni 2003 nun bereits am 6. Mai 2003 erbringen müssen.
Im Übrigen hat er die Auffassung vertreten, dass sämtliche Verwaltungsakte, die ihm die Beklagte im Zusammenhang mit den von ihm geforderten Eigenbemühungen erteilt habe, reine Willkürakte seien. So gehe man mit einem Arbeitslosen nicht um.
Nachdem der Kläger im klageerhebenden Schriftsatz beantragt hatte "festzustellen, der Verwaltungsakt vom 23.4.2003, in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 8.10.2003 ist rechtswidrig und wird aufgehoben" und in der mündlichen Verhandlung vom 12. Juli 2004 beantragt hatte, den Bescheid der Beklagten vom 23. April 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Oktober 2003 aufzuheben und dessen Rechtswidrigkeit festzustellen, hat der Vorsitzende die mündliche Verhandlung unterbrochen und sich mit der Kammer zur Beratung zurückgezogen. Nach Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung hat er folgende prozessualen Hinweise erteilt:
Der Verwaltungsakt vom 23. April 2002 (gemeint war 2003) sei durch Zeitablauf und die Wahrnehmung des Meldetermins erledigt. Die Aufhebung eines erledigten Verwaltungsaktes könne vom Gericht mangels Rechtsschutzinteresse nicht begehrt werden. Auch eine Fortsetzungsfeststellungsklage sei unzulässig, weil die Voraussetzungen für eine solche Klage nicht ersichtlich seien.
Überdies hat der Vorsitzende den Kläger im Namen der Kammer auf die Vorschrift des § 192 Abs 1 Nr 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hingewiesen und diese Vorschrift im Wortlaut zitiert. Im Anschluss hat er den Kläger auf die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung für seine Klagen ohne Rechtsschutzbedürfnis hingewiesen und den Beteiligten Gelegenheit zur Äußerung gegeben. Der Kläger hat daraufhin erklärt, er wolle sich dazu nicht äußern. Die Vertreterin der Beklagten hat erklärt, die Auffassung des Gerichts zu teilen.
Sodann hat das SG die Klage abgewiesen und den Kläger verurteilt, an die Staatskasse 150,- EUR zu erstatten. Sowohl die Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 23. April 2003 als auch die Feststellungsklage seien unzulässig, letztere weil ein Feststellungsinteresse fehle. Soweit der Kläger rüge, dass mit dem angefochtenen Bescheid die Rechtswidrigkeit eines anderen Bescheides kaschiert werden solle, fehle es bereits an einem anderen Verwaltungsakt. Das auf den 17. Juni 2003 vordatierte Schreiben stelle keine Regelung dar, sondern beinhalte lediglich Hinweise auf die Gesetzeslage. Darüber hinaus habe der Kläger gegen dieses Schreiben bereits Rechtsschutzverfahren eingeleitet, die eine Klärung des Begehrens des Klägers erlaubten. Zur Begründung der dem Kläger auferlegten Kosten hat das Gericht ausgeführt, dass der Kläger die Kosten zu tragen habe, die dadurch verursacht seien, dass er den Rechtsstreit fortgeführt habe, obwohl ihm vom Kammervorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung dargelegt worden sei und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreits hingewiesen worden sei. Unter Abwägung aller Umstände, auch der finanziellen Situation des Klägers, habe die Kammer den Mindestbetrag in Höhe von 150,- EUR festgesetzt (Urteil vom 12. Juli 2004).
Mit seiner gegen das Urteil gerichteten Berufung wiederholt und vertieft der Kläger sein bisheriges Vorbringen. Ergänzend legt er dar, dass er der Meldeaufforderung zum 6. Mai 2003 nur zur Vermeidung von Sanktionen nachgekommen sei, da er aufgrund der beigefügten Rechtsmittelbelehrung gewusst habe, dass sein zuvor hiergegen eingelegter Widerspruch keine aufschiebende Wirkung haben werde. Die Auferlegung von Verschuldenskosten sei schon deshalb nicht gerechtfertigt, weil die Klageabweisung allein darauf beruhe, dass sein ursprünglich in der Klageschrift formulierten Antrag vom Vorsitzenden des SG in der mündlichen Verhandlung in der aus dem Protokoll ersichtlichen Weise geändert worden sei.
Der Kläger beantragt ausdrücklich,
1. die Entscheidung über die festgesetzte Missbrauchsgebühr in Höhe von
150 Euro wird aufgehoben,
2. die mit dem Rechtsmittel der Berufung angefochtene Entscheidung des Sozialgerichts Berlin wird aufgehoben,
3. der Verwaltungsakt vom 23. 4. 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 8. 10. 2003 ist rechtswidrig,
4. hilfsweise: die Bescheide werden aufgehoben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen
Sie hält das angefochtene Urteil des SG für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, insbesondere die Schriftsätze der Beteiligten, sowie die dem Senat vorliegenden Auszüge aus der den Kläger betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber überwiegend nicht begründet.
Gegenstand der Klage ist die im Schreiben der Beklagten vom 23. April 2003 enthaltene Meldeaufforderung. Hiergegen wehrt sich der Kläger von Anfang an im Hauptantrag mit einer Anfechtungsklage, denn deren Streitgegenstand bildet die Behauptung des Klägers, die Meldeaufforderung sei ein rechtswidriger Verwaltungsakt und verletzte ihn in seinen Rechten (vgl BSGE 41, 100), hilfsweise mit einer Feststellungsklage.
Allerdings hat der Kläger nicht nur in seiner Klageschrift, sondern auch im Berufungsverfahren das Verhältnis zwischen Haupt- und Hilfsantrag in entgegen gesetzter Weise bestimmt, folgt man dem nunmehr schriftsätzlich formulierten Antrag. Indessen ist der Senat an die Fassung des Antrags nicht gebunden, da dieser dass Verhältnis der vom Kläger erhobenen Ansprüche, über die allein zu entscheiden ist, nicht richtig wiedergibt (vgl § 123 SGG). Entgegen der Auffassung des Klägers erfasst der von ihm in der mündlichen Verhandlung vor dem SG offenbar auf Anraten des Vorsitzenden gestellte Antrag sein Klageziel zutreffend. Denn, vorausgesetzt die Meldeaufforderung ist im Sinne von § 31 Abs 1 Satz 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X) ein Verwaltungsakt (str; vgl ausführlich zum Meinungsstand: Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 19. Januar 2005, B 11a/11 AL 39/04 R), ist der Anfechtungsantrag in jedem Falle gegenüber dem Feststellungsantrag logisch vorrangig, eine Fortsetzungsfeststellungsklage ist dagegen erst in Betracht zu ziehen, wenn ein ursprünglich anfechtbarer Verwaltungsakt vorliegt und hinzukommt, dass dieser Verwaltungsakt sich erledigt hat, wobei die Erledigung zugleich dazu führt, dass der Anfechtungsantrag unzulässig wird. Insoweit irrt der Kläger, wenn er meint, die Abweisung seiner Klage durch das SG beruhe darauf, dass das Gericht das Verhältnis zwischen Haupt- und Hilfsantrag verkannt habe.
Die mit dem klägerischen Hauptantrag verfolgte Anfechtungsklage ist teilweise unzulässig, teilweise unbegründet.
Soweit sich der Antrag gegen die im Schreiben vom 23. April 2003 enthaltene Meldeaufforderung richtet, ist die Klage unzulässig, wobei auch in diesem Zusammenhang dahinstehen kann, ob - wovon die Beteiligten und auch das SG ausgegangen sind - sie als Verwaltungsakt qualifiziert werden kann. Denn von der Meldeaufforderung gingen für den Kläger bereits nach dem 6. Mai 2003 keine belastenden Wirkungen mehr aus, sie hat sich mithin erledigt, so dass selbst wenn sie ein Verwaltungsakt wäre, dieser seine Wirksamkeit verloren hätte (§ 39 Abs 2 SGB X). Der Umstand, dass für die Erfüllung der Meldeobliegenheit ein genau bestimmter Zeitpunkt festgelegt wurde, war eben gerade nicht als zeitlich unbegrenzte Verhaltensaufforderung zu verstehen, sondern stellte eine zeitliche Beschränkung des Geltungsanspruchs der Meldeaufforderung dar, so dass die hieraus folgende Beschwer mit Ablauf des hierfür vorgesehenen Zeitpunktes entfallen ist. Ferner ist die Beschwer auch deshalb entfallen, weil der Kläger der Meldeaufforderung auch tatsächlich nachgekommen ist und diese Handlung nicht mehr rückgängig gemacht werden kann.
Soweit sich der Kläger gegen den Widerspruchsbescheid vom 8. Oktober 2003 wendet (bei dem es sich immer um einen Verwaltungsakt handelt), ist die die Klage begründet. Sollte die Meldeaufforderung nicht einen Verwaltungsakt darstellen, wäre der Widerspruch als förmlicher Rechtsbehelf nicht zulässig gewesen und die Beklagte schon aus diesem Grunde nicht zum Erlass des Widerspruchsbescheides berechtigt gewesen (§§ 78, 54 Abs 1 Satz 2 SGG). Falls es sich aber um einen Verwaltungsakt handelt, wäre dieser - wie dargelegt - erledig, so dass eine Widerspruchsentscheidung in der Sache nicht mehr hätte ergehen dürfen. Das Widerspruchsverfahren hätte vielmehr eingestellt werden müssen. Durch den dennoch ergangenen Widerspruchsbescheid wäre der Kläger beschwert; denn durch die Zurückweisung seines Widerspruchs wird der Eindruck erweckt, die (erledigte) Meldeaufforderung sei bestandskräftig geworden. Der Widerspruchsbescheid ist daher aufzuheben. (vgl BVerwGE 81, 226, 227).
Die Feststellungsklage ist ebenfalls unzulässig, da der Kläger mangels berechtigten Interesses keinen prozessualen Anspruch darauf hat, dass der Senat über die Rechtswidrigkeit der in dem hier in Rede stehenden Schreiben vom 23. April 2003 enthaltenen Meldeaufforderung befindet.
Keiner Entscheidung bedarf, ob für die Durchsetzung dieses Begehren die so genannte Fortsetzungsfeststellungsklage, mit der die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines erledigten Verwaltungsaktes erreicht werden kann, in analoger Anwendung des § 131 Abs 1 Satz 3 SGG die richtige und - abgesehen von weiteren Voraussetzungen – die geeignete Klageart ist. Dies würde gelten, wenn man die Meldeaufforderung als Verwaltungsakt im Sinne von § 31 Abs 1 Satz 1 SGB X qualifizieren würde und man im Weiteren - der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) zu § 113 Abs 1 Satz 4 Verwaltungsgerichtsordnung folgend - trotz Erledigung der Meldeaufforderung vor Klageerhebung § 131 Abs 1 Satz 3 SGG anwenden wollte (vgl BVerwGE 81, 226, 227).
Selbst wenn man stattdessen die allgemeine Feststellungsklage des § 55 Abs 1 Nr 1 SGG für die richtige Klageart hielte, der jedenfalls nicht entgegenstünde, dass es sich bei der Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsaktes - so denn man die Meldeaufforderung für einen solchen hielte - nicht um ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis handeln würde (BVerwGE 109, 203), müsste ein Feststellungsinteresse unter den gleichen Voraussetzungen verneint werden, wie sie für § 131 Abs 1 Satz 3 SGG gelten (BVerwG aaO und BSG SozR 3-4100 § 116 Nr 4). Ein solches Feststellungsinteresse fehlt hier jedoch, was auch nicht gegen die Rechtsschutzgarantie des Art 19 Abs 4 Grundgesetz (BVerwG NVwZ 1990, 360, 361) verstößt, da Rechtsschutz nicht als Selbstzweck gewährt wird, sondern immer ein schutzwürdiges Interesse an der Entscheidung verlangt.
Ein solches schutzwürdiges Interesse kann rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Natur sein (BSG SozR 4100 § 91 Nr 5 mwN; SozR 3-7815 Art 1 § 3 Nr 4 mwN) und muss am Schluss der letzten mündlichen Verhandlung der Tatsacheninstanz vorliegen (BVerwGE 106, 295). Weder ist dem Vortrag des Klägers ein solches berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Meldeaufforderung zu entnehmen noch ist für den Senat ein solches ersichtlich, weshalb unerörtert bleiben kann, ob überhaupt nur die Erwägungen, die der Kläger selbst geltend macht, ein berechtigtes Interesse zu begründen vermögen.
Soweit der Kläger hierzu anführt, die Meldeaufforderung vom 23. April 2003 habe ausschließlich dazu gedient, "Fakten zu schaffen, damit der rechtswidrige, unterschriftslose und auf den 17.6.2003 vordatierte Verwaltungsakt als gegenstandslos betrachtet werden" könne, bietet diese Vortrag keinerlei Anhaltspunkte für ein beim Kläger bestehendes berechtigtes Interesse. Dem Kläger ist zwar darin zuzustimmen, dass von einer Erledigung auch dann auszugehen ist, wenn zu einem Verwaltungsakt ein weiterer "überholender" Verwaltungsakt hinzukommt und unanfechtbar wird, der zur Folge hat, dass die Aufhebung des angefochtenen Verwaltungsaktes für den Kläger keine Bedeutung mehr hätte. Der Kläger verkennt aber die rechtlichen Zusammenhänge, wenn er glaubt, hieraus ein berechtigtes Interesse für die hier erhobene Feststellungsklage herleiten zu können. Denn da die Erledigung, - wenn überhaupt - schon eingetreten ist, kann die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Meldeaufforderung die Erledigung nicht rückgängig machen.
Ein berechtigtes Interesse ist auch nicht wegen Wiederholungsgefahr zu bejahen. Zwar ist die Beklagte in keiner ihrer Äußerungen davon abgerückt, dass sie dazu berechtigt war, den Kläger zu der hier umstrittenen Meldung aufzufordern, so dass es zumindest noch im Zeitpunkt des Erlasses des hier angefochtenen Urteils nahe gelegen haben mag, dass der Kläger damit rechnen musste, dass es in einer zukünftigen vergleichbaren Situation wieder zu einer Meldeaufforderung durch die Beklagte kommen würde. Dies ist indes mit Blick auf den bereits dargelegten maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung des berechtigten Interesses nunmehr ohne Belang. Denn derzeit bezieht der Kläger Arbeitslosengeld II nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB II) aufgrund eines Bewilligungsbescheides einer Arbeitsgemeinschaft der Bundesagentur für Arbeit und des Landes Berlin. Der Fall, dass die Beklagte ihn noch einmal zu einer Meldung nach § 309 SGB III auffordert, kann nicht mehr eintreten, wenngleich diese Vorschrift nach § 59 SGB II entsprechend anwendbar ist.
Der Kläger hat auch kein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung, weil er durch die Meldeaufforderung - ihre Rechtswidrigkeit unterstellt - in einer nur durch diese gerichtliche Feststellung ausgleichbaren Weise diskriminiert worden wäre. Zwar weist sein Vorbringen, sämtliche Verwaltungsakte, die die Beklagte im Zusammenhang mit den von ihm geforderten Eigenbemühungen erlassen habe, seien Willkürakte, in die Richtung, dass er selbst meint mit diesem Vorbringen ein berechtigtes Interesse begründen zu können. Indessen ist nicht ansatzweise zu erkennen, warum der Kläger durch die im Gesetz vorgesehene Meldeaufforderung in seinem Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt sein könnte.
Schließlich hat der Kläger auch kein berechtigtes Interesse an der verlangten Feststellung, weil er in tief greifender Weise in seinen Grundrechten verletzt wäre. Zwar gebietet es das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz, dass der Betroffene Gelegenheit erhält, in Fällen tief greifender, tatsächlich jedoch nicht fortwirkender Grundrechtseingriffe auch dann die Rechtmäßigkeit des Eingriffs gerichtlich klären zu lassen, wenn die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich - so wie hier - nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene die gerichtliche Entscheidung kaum erlangen kann (vgl BVerwG NVwZ 1999, 991 mwN). Für eine Grundrechtsverletzung, gar eine tief greifende ist hier jedoch nichts ersichtlich.
Nicht zu bestätigen ist die Verhängung von Verschuldenskosten durch das SG. Nach § 192 Abs 1 Nr 2 SGG kann das Gericht im Urteil einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass der Beteiligte den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden in einem Termin die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung dargelegt und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreites hingewiesen worden ist. Ein Unterfall des Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung ist die offensichtliche Aussichtslosigkeit einer Rechtsverfolgung. Mit § 192 Abs 1 Nr 2 SGG soll verhindert werden, dass wegen des nicht vorhandenen Kostenrisikos völlig aussichtslose Verfahren durchgeführt werden. Eine missbräuchliche Rechtsverfolgung liegt vor, wenn ein verständiger Dritter die offensichtliche Aussichtslosigkeit erkannt hätte. Insoweit ist im Gegensatz zu § 192 SGG in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden Fassung nunmehr kein Handeln des Beteiligten wider besseres Wissen und damit Einsichtsfähigkeit des Beteiligten mehr erforderlich (Hennig, SGG, § 192 Rdnr 12). Als verursachter Kostenbetrag gilt gemäß §§ 192 Abs 3 iVm 184 Abs 2 SGG für das Verfahren vor den Sozialgerichten mindestens ein Betrag von 150,- EUR.
Die weitere Rechtsverfolgung durch den Kläger war - jedenfalls soweit es die Anfechtung des Widerspruchsbescheides betrifft - nicht rechtsmissbräuchlich. Keiner Vertiefung bedarf daher, ob die Rechtsmissbräuchlichkeit auch hinsichtlich des hilfsweise verfolgten Feststellungsantrages mit der Begründung zu verneinen wäre, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung des SG jedenfalls noch ein Feststellungsinteresse unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr nahe lag, so dass der Antrag zum damaligen Zeitpunkt zumindest nicht als unzulässig hätte abgewiesen werden dürfen. Denn ist ein Klagebegehren zumindest teilweise begründet, darf der Kläger nicht durch einen pauschalen und damit unzutreffenden Hinweis auf die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung an der Weiterverfolgung seines immerhin teilweise begründet erhobenen Anspruches gehindert werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG; das geringfügige Obsiegen des Klägers rechtfertigt es nicht, die Beklagte auch nur zum Teil mit den außergerichtlichen Kosten des Klägers zu belasten.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs 2 Nrn 1und 2 SGG).
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Beklagte berechtigt war, den Kläger nach § 309 Drittes Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB III) aufzufordern, sich am 06. Mai 2003 bei der Beklagten einzufinden, um seine Eigenbemühungen nachzuweisen und über seine berufliche Situation zu sprechen.
Er ist im Jahre 1943 geboren und bezog zuletzt vom 17. November 2002 bis zum 31. Dezember 2004 Arbeitslosenhilfe. Seither erhält er Arbeitslosengeld II.
Im Januar 2003 händigte ihm die Beklagte ein auf den 17. Juni 2003 datiertes Schreiben aus, das folgendermaßen überschrieben war: "Hinweise zu den erforderlichen Eigenbemühungen (gilt nicht, wenn die Leistung unter den erleichterten Voraussetzungen des § 428 SGB III oder Altersübergangsgeld bezogen wird)". Hiergegen hat der Kläger durch Erhebung einer Klage und das Stellen eines einstweiligen Rechtsschutzantrags vor dem Sozialgericht (SG) Berlin um Rechtsschutz nachgesucht und zur Begründung geltend gemacht, es handele sich bei dem vorgenannten Schreiben um einen rechtswidrigen, weil vordatierten und unterschriftslosen Verwaltungsakt. Die Beklagte versuche ihn zu nötigen, den "§ 428 SGB III anzuerkennen und damit zum frühestmöglichen Zeitpunkt Rente zu beantragen". Er könne dieser Nötigung keine Folge leisten, da er sonst der Hansestadt Lübeck, zu der er noch in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis stünde und der er seine Arbeitskraft auch noch laufend anbiete, wegen eines früheren Renteneintritts für einige Jahre Gehaltsnachzahlungen und die Nachentrichtung von Rentenversicherungsbeiträgen erspare. Sowohl über die Klage (vormals S AL /03, nunmehr S AL /03) als auch über den einstweiligen Rechtsschutzantrag (vormals S AL /03 ER, nunmehr S AL /03 ER) hat das SG noch nicht befunden.
Mit Schreiben vom 23. April 2003 forderte die Beklagte den Kläger unter Hinweis auf die auf der Rückseite abgedruckte Rechtsfolgenbelehrung auf, hinsichtlich deren Einzelheiten auf Bl d Rückseite der Gerichtsakte Bezug genommen wird, sich am 06. Mai 2003 bei ihr einzufinden, um seine Eigenbemühungen nachzuweisen und über seine berufliche Situation zu sprechen. Der Kläger nahm diesen Termin wahr und legte Nachweise seiner Bewerbungen vor; den zuvor gegen die Aufforderung eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 08. Oktober 2003 als unbegründet zurück.
Mit seiner hiergegen gerichteten Klage hat der Kläger geltend gemacht, die Beklagte habe mit der Meldeaufforderung vom 23. April 2003 dem Ausgang der bereits anhängigen, bezeichneten Verfahren vor dem SG Berlin vorgreifen wollen. Den Nachweis von Eigenbemühungen habe er statt - wie von ihm notiert - am 17. Juni 2003 nun bereits am 6. Mai 2003 erbringen müssen.
Im Übrigen hat er die Auffassung vertreten, dass sämtliche Verwaltungsakte, die ihm die Beklagte im Zusammenhang mit den von ihm geforderten Eigenbemühungen erteilt habe, reine Willkürakte seien. So gehe man mit einem Arbeitslosen nicht um.
Nachdem der Kläger im klageerhebenden Schriftsatz beantragt hatte "festzustellen, der Verwaltungsakt vom 23.4.2003, in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 8.10.2003 ist rechtswidrig und wird aufgehoben" und in der mündlichen Verhandlung vom 12. Juli 2004 beantragt hatte, den Bescheid der Beklagten vom 23. April 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Oktober 2003 aufzuheben und dessen Rechtswidrigkeit festzustellen, hat der Vorsitzende die mündliche Verhandlung unterbrochen und sich mit der Kammer zur Beratung zurückgezogen. Nach Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung hat er folgende prozessualen Hinweise erteilt:
Der Verwaltungsakt vom 23. April 2002 (gemeint war 2003) sei durch Zeitablauf und die Wahrnehmung des Meldetermins erledigt. Die Aufhebung eines erledigten Verwaltungsaktes könne vom Gericht mangels Rechtsschutzinteresse nicht begehrt werden. Auch eine Fortsetzungsfeststellungsklage sei unzulässig, weil die Voraussetzungen für eine solche Klage nicht ersichtlich seien.
Überdies hat der Vorsitzende den Kläger im Namen der Kammer auf die Vorschrift des § 192 Abs 1 Nr 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hingewiesen und diese Vorschrift im Wortlaut zitiert. Im Anschluss hat er den Kläger auf die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung für seine Klagen ohne Rechtsschutzbedürfnis hingewiesen und den Beteiligten Gelegenheit zur Äußerung gegeben. Der Kläger hat daraufhin erklärt, er wolle sich dazu nicht äußern. Die Vertreterin der Beklagten hat erklärt, die Auffassung des Gerichts zu teilen.
Sodann hat das SG die Klage abgewiesen und den Kläger verurteilt, an die Staatskasse 150,- EUR zu erstatten. Sowohl die Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 23. April 2003 als auch die Feststellungsklage seien unzulässig, letztere weil ein Feststellungsinteresse fehle. Soweit der Kläger rüge, dass mit dem angefochtenen Bescheid die Rechtswidrigkeit eines anderen Bescheides kaschiert werden solle, fehle es bereits an einem anderen Verwaltungsakt. Das auf den 17. Juni 2003 vordatierte Schreiben stelle keine Regelung dar, sondern beinhalte lediglich Hinweise auf die Gesetzeslage. Darüber hinaus habe der Kläger gegen dieses Schreiben bereits Rechtsschutzverfahren eingeleitet, die eine Klärung des Begehrens des Klägers erlaubten. Zur Begründung der dem Kläger auferlegten Kosten hat das Gericht ausgeführt, dass der Kläger die Kosten zu tragen habe, die dadurch verursacht seien, dass er den Rechtsstreit fortgeführt habe, obwohl ihm vom Kammervorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung dargelegt worden sei und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreits hingewiesen worden sei. Unter Abwägung aller Umstände, auch der finanziellen Situation des Klägers, habe die Kammer den Mindestbetrag in Höhe von 150,- EUR festgesetzt (Urteil vom 12. Juli 2004).
Mit seiner gegen das Urteil gerichteten Berufung wiederholt und vertieft der Kläger sein bisheriges Vorbringen. Ergänzend legt er dar, dass er der Meldeaufforderung zum 6. Mai 2003 nur zur Vermeidung von Sanktionen nachgekommen sei, da er aufgrund der beigefügten Rechtsmittelbelehrung gewusst habe, dass sein zuvor hiergegen eingelegter Widerspruch keine aufschiebende Wirkung haben werde. Die Auferlegung von Verschuldenskosten sei schon deshalb nicht gerechtfertigt, weil die Klageabweisung allein darauf beruhe, dass sein ursprünglich in der Klageschrift formulierten Antrag vom Vorsitzenden des SG in der mündlichen Verhandlung in der aus dem Protokoll ersichtlichen Weise geändert worden sei.
Der Kläger beantragt ausdrücklich,
1. die Entscheidung über die festgesetzte Missbrauchsgebühr in Höhe von
150 Euro wird aufgehoben,
2. die mit dem Rechtsmittel der Berufung angefochtene Entscheidung des Sozialgerichts Berlin wird aufgehoben,
3. der Verwaltungsakt vom 23. 4. 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 8. 10. 2003 ist rechtswidrig,
4. hilfsweise: die Bescheide werden aufgehoben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen
Sie hält das angefochtene Urteil des SG für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, insbesondere die Schriftsätze der Beteiligten, sowie die dem Senat vorliegenden Auszüge aus der den Kläger betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber überwiegend nicht begründet.
Gegenstand der Klage ist die im Schreiben der Beklagten vom 23. April 2003 enthaltene Meldeaufforderung. Hiergegen wehrt sich der Kläger von Anfang an im Hauptantrag mit einer Anfechtungsklage, denn deren Streitgegenstand bildet die Behauptung des Klägers, die Meldeaufforderung sei ein rechtswidriger Verwaltungsakt und verletzte ihn in seinen Rechten (vgl BSGE 41, 100), hilfsweise mit einer Feststellungsklage.
Allerdings hat der Kläger nicht nur in seiner Klageschrift, sondern auch im Berufungsverfahren das Verhältnis zwischen Haupt- und Hilfsantrag in entgegen gesetzter Weise bestimmt, folgt man dem nunmehr schriftsätzlich formulierten Antrag. Indessen ist der Senat an die Fassung des Antrags nicht gebunden, da dieser dass Verhältnis der vom Kläger erhobenen Ansprüche, über die allein zu entscheiden ist, nicht richtig wiedergibt (vgl § 123 SGG). Entgegen der Auffassung des Klägers erfasst der von ihm in der mündlichen Verhandlung vor dem SG offenbar auf Anraten des Vorsitzenden gestellte Antrag sein Klageziel zutreffend. Denn, vorausgesetzt die Meldeaufforderung ist im Sinne von § 31 Abs 1 Satz 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X) ein Verwaltungsakt (str; vgl ausführlich zum Meinungsstand: Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 19. Januar 2005, B 11a/11 AL 39/04 R), ist der Anfechtungsantrag in jedem Falle gegenüber dem Feststellungsantrag logisch vorrangig, eine Fortsetzungsfeststellungsklage ist dagegen erst in Betracht zu ziehen, wenn ein ursprünglich anfechtbarer Verwaltungsakt vorliegt und hinzukommt, dass dieser Verwaltungsakt sich erledigt hat, wobei die Erledigung zugleich dazu führt, dass der Anfechtungsantrag unzulässig wird. Insoweit irrt der Kläger, wenn er meint, die Abweisung seiner Klage durch das SG beruhe darauf, dass das Gericht das Verhältnis zwischen Haupt- und Hilfsantrag verkannt habe.
Die mit dem klägerischen Hauptantrag verfolgte Anfechtungsklage ist teilweise unzulässig, teilweise unbegründet.
Soweit sich der Antrag gegen die im Schreiben vom 23. April 2003 enthaltene Meldeaufforderung richtet, ist die Klage unzulässig, wobei auch in diesem Zusammenhang dahinstehen kann, ob - wovon die Beteiligten und auch das SG ausgegangen sind - sie als Verwaltungsakt qualifiziert werden kann. Denn von der Meldeaufforderung gingen für den Kläger bereits nach dem 6. Mai 2003 keine belastenden Wirkungen mehr aus, sie hat sich mithin erledigt, so dass selbst wenn sie ein Verwaltungsakt wäre, dieser seine Wirksamkeit verloren hätte (§ 39 Abs 2 SGB X). Der Umstand, dass für die Erfüllung der Meldeobliegenheit ein genau bestimmter Zeitpunkt festgelegt wurde, war eben gerade nicht als zeitlich unbegrenzte Verhaltensaufforderung zu verstehen, sondern stellte eine zeitliche Beschränkung des Geltungsanspruchs der Meldeaufforderung dar, so dass die hieraus folgende Beschwer mit Ablauf des hierfür vorgesehenen Zeitpunktes entfallen ist. Ferner ist die Beschwer auch deshalb entfallen, weil der Kläger der Meldeaufforderung auch tatsächlich nachgekommen ist und diese Handlung nicht mehr rückgängig gemacht werden kann.
Soweit sich der Kläger gegen den Widerspruchsbescheid vom 8. Oktober 2003 wendet (bei dem es sich immer um einen Verwaltungsakt handelt), ist die die Klage begründet. Sollte die Meldeaufforderung nicht einen Verwaltungsakt darstellen, wäre der Widerspruch als förmlicher Rechtsbehelf nicht zulässig gewesen und die Beklagte schon aus diesem Grunde nicht zum Erlass des Widerspruchsbescheides berechtigt gewesen (§§ 78, 54 Abs 1 Satz 2 SGG). Falls es sich aber um einen Verwaltungsakt handelt, wäre dieser - wie dargelegt - erledig, so dass eine Widerspruchsentscheidung in der Sache nicht mehr hätte ergehen dürfen. Das Widerspruchsverfahren hätte vielmehr eingestellt werden müssen. Durch den dennoch ergangenen Widerspruchsbescheid wäre der Kläger beschwert; denn durch die Zurückweisung seines Widerspruchs wird der Eindruck erweckt, die (erledigte) Meldeaufforderung sei bestandskräftig geworden. Der Widerspruchsbescheid ist daher aufzuheben. (vgl BVerwGE 81, 226, 227).
Die Feststellungsklage ist ebenfalls unzulässig, da der Kläger mangels berechtigten Interesses keinen prozessualen Anspruch darauf hat, dass der Senat über die Rechtswidrigkeit der in dem hier in Rede stehenden Schreiben vom 23. April 2003 enthaltenen Meldeaufforderung befindet.
Keiner Entscheidung bedarf, ob für die Durchsetzung dieses Begehren die so genannte Fortsetzungsfeststellungsklage, mit der die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines erledigten Verwaltungsaktes erreicht werden kann, in analoger Anwendung des § 131 Abs 1 Satz 3 SGG die richtige und - abgesehen von weiteren Voraussetzungen – die geeignete Klageart ist. Dies würde gelten, wenn man die Meldeaufforderung als Verwaltungsakt im Sinne von § 31 Abs 1 Satz 1 SGB X qualifizieren würde und man im Weiteren - der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) zu § 113 Abs 1 Satz 4 Verwaltungsgerichtsordnung folgend - trotz Erledigung der Meldeaufforderung vor Klageerhebung § 131 Abs 1 Satz 3 SGG anwenden wollte (vgl BVerwGE 81, 226, 227).
Selbst wenn man stattdessen die allgemeine Feststellungsklage des § 55 Abs 1 Nr 1 SGG für die richtige Klageart hielte, der jedenfalls nicht entgegenstünde, dass es sich bei der Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsaktes - so denn man die Meldeaufforderung für einen solchen hielte - nicht um ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis handeln würde (BVerwGE 109, 203), müsste ein Feststellungsinteresse unter den gleichen Voraussetzungen verneint werden, wie sie für § 131 Abs 1 Satz 3 SGG gelten (BVerwG aaO und BSG SozR 3-4100 § 116 Nr 4). Ein solches Feststellungsinteresse fehlt hier jedoch, was auch nicht gegen die Rechtsschutzgarantie des Art 19 Abs 4 Grundgesetz (BVerwG NVwZ 1990, 360, 361) verstößt, da Rechtsschutz nicht als Selbstzweck gewährt wird, sondern immer ein schutzwürdiges Interesse an der Entscheidung verlangt.
Ein solches schutzwürdiges Interesse kann rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Natur sein (BSG SozR 4100 § 91 Nr 5 mwN; SozR 3-7815 Art 1 § 3 Nr 4 mwN) und muss am Schluss der letzten mündlichen Verhandlung der Tatsacheninstanz vorliegen (BVerwGE 106, 295). Weder ist dem Vortrag des Klägers ein solches berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Meldeaufforderung zu entnehmen noch ist für den Senat ein solches ersichtlich, weshalb unerörtert bleiben kann, ob überhaupt nur die Erwägungen, die der Kläger selbst geltend macht, ein berechtigtes Interesse zu begründen vermögen.
Soweit der Kläger hierzu anführt, die Meldeaufforderung vom 23. April 2003 habe ausschließlich dazu gedient, "Fakten zu schaffen, damit der rechtswidrige, unterschriftslose und auf den 17.6.2003 vordatierte Verwaltungsakt als gegenstandslos betrachtet werden" könne, bietet diese Vortrag keinerlei Anhaltspunkte für ein beim Kläger bestehendes berechtigtes Interesse. Dem Kläger ist zwar darin zuzustimmen, dass von einer Erledigung auch dann auszugehen ist, wenn zu einem Verwaltungsakt ein weiterer "überholender" Verwaltungsakt hinzukommt und unanfechtbar wird, der zur Folge hat, dass die Aufhebung des angefochtenen Verwaltungsaktes für den Kläger keine Bedeutung mehr hätte. Der Kläger verkennt aber die rechtlichen Zusammenhänge, wenn er glaubt, hieraus ein berechtigtes Interesse für die hier erhobene Feststellungsklage herleiten zu können. Denn da die Erledigung, - wenn überhaupt - schon eingetreten ist, kann die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Meldeaufforderung die Erledigung nicht rückgängig machen.
Ein berechtigtes Interesse ist auch nicht wegen Wiederholungsgefahr zu bejahen. Zwar ist die Beklagte in keiner ihrer Äußerungen davon abgerückt, dass sie dazu berechtigt war, den Kläger zu der hier umstrittenen Meldung aufzufordern, so dass es zumindest noch im Zeitpunkt des Erlasses des hier angefochtenen Urteils nahe gelegen haben mag, dass der Kläger damit rechnen musste, dass es in einer zukünftigen vergleichbaren Situation wieder zu einer Meldeaufforderung durch die Beklagte kommen würde. Dies ist indes mit Blick auf den bereits dargelegten maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung des berechtigten Interesses nunmehr ohne Belang. Denn derzeit bezieht der Kläger Arbeitslosengeld II nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB II) aufgrund eines Bewilligungsbescheides einer Arbeitsgemeinschaft der Bundesagentur für Arbeit und des Landes Berlin. Der Fall, dass die Beklagte ihn noch einmal zu einer Meldung nach § 309 SGB III auffordert, kann nicht mehr eintreten, wenngleich diese Vorschrift nach § 59 SGB II entsprechend anwendbar ist.
Der Kläger hat auch kein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung, weil er durch die Meldeaufforderung - ihre Rechtswidrigkeit unterstellt - in einer nur durch diese gerichtliche Feststellung ausgleichbaren Weise diskriminiert worden wäre. Zwar weist sein Vorbringen, sämtliche Verwaltungsakte, die die Beklagte im Zusammenhang mit den von ihm geforderten Eigenbemühungen erlassen habe, seien Willkürakte, in die Richtung, dass er selbst meint mit diesem Vorbringen ein berechtigtes Interesse begründen zu können. Indessen ist nicht ansatzweise zu erkennen, warum der Kläger durch die im Gesetz vorgesehene Meldeaufforderung in seinem Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt sein könnte.
Schließlich hat der Kläger auch kein berechtigtes Interesse an der verlangten Feststellung, weil er in tief greifender Weise in seinen Grundrechten verletzt wäre. Zwar gebietet es das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz, dass der Betroffene Gelegenheit erhält, in Fällen tief greifender, tatsächlich jedoch nicht fortwirkender Grundrechtseingriffe auch dann die Rechtmäßigkeit des Eingriffs gerichtlich klären zu lassen, wenn die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich - so wie hier - nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene die gerichtliche Entscheidung kaum erlangen kann (vgl BVerwG NVwZ 1999, 991 mwN). Für eine Grundrechtsverletzung, gar eine tief greifende ist hier jedoch nichts ersichtlich.
Nicht zu bestätigen ist die Verhängung von Verschuldenskosten durch das SG. Nach § 192 Abs 1 Nr 2 SGG kann das Gericht im Urteil einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass der Beteiligte den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden in einem Termin die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung dargelegt und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreites hingewiesen worden ist. Ein Unterfall des Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung ist die offensichtliche Aussichtslosigkeit einer Rechtsverfolgung. Mit § 192 Abs 1 Nr 2 SGG soll verhindert werden, dass wegen des nicht vorhandenen Kostenrisikos völlig aussichtslose Verfahren durchgeführt werden. Eine missbräuchliche Rechtsverfolgung liegt vor, wenn ein verständiger Dritter die offensichtliche Aussichtslosigkeit erkannt hätte. Insoweit ist im Gegensatz zu § 192 SGG in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden Fassung nunmehr kein Handeln des Beteiligten wider besseres Wissen und damit Einsichtsfähigkeit des Beteiligten mehr erforderlich (Hennig, SGG, § 192 Rdnr 12). Als verursachter Kostenbetrag gilt gemäß §§ 192 Abs 3 iVm 184 Abs 2 SGG für das Verfahren vor den Sozialgerichten mindestens ein Betrag von 150,- EUR.
Die weitere Rechtsverfolgung durch den Kläger war - jedenfalls soweit es die Anfechtung des Widerspruchsbescheides betrifft - nicht rechtsmissbräuchlich. Keiner Vertiefung bedarf daher, ob die Rechtsmissbräuchlichkeit auch hinsichtlich des hilfsweise verfolgten Feststellungsantrages mit der Begründung zu verneinen wäre, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung des SG jedenfalls noch ein Feststellungsinteresse unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr nahe lag, so dass der Antrag zum damaligen Zeitpunkt zumindest nicht als unzulässig hätte abgewiesen werden dürfen. Denn ist ein Klagebegehren zumindest teilweise begründet, darf der Kläger nicht durch einen pauschalen und damit unzutreffenden Hinweis auf die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung an der Weiterverfolgung seines immerhin teilweise begründet erhobenen Anspruches gehindert werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG; das geringfügige Obsiegen des Klägers rechtfertigt es nicht, die Beklagte auch nur zum Teil mit den außergerichtlichen Kosten des Klägers zu belasten.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs 2 Nrn 1und 2 SGG).
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