Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
10
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 28 SB 90/99
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 10 SB 150/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 29.08.2001 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird an das Sozialgericht Düsseldorf zurückverwiesen. Die Kostentscheidung bleibt dem Sozialgericht vorbehalten Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um den Grad der Behinderung (GdB) für die bei der Klägerin vorliegenden Teilhabebeeinträchtigungen.
Mit Bescheid vom 12. Juni 1995 hatte der Beklagte wegen der Funktionsstörungen
1. wiederkehrendes Zwölffingerdarmgeschwür, Bauchspeicheldrüsenzystenentfernung (GdB 30),
2. wiederkehrendes Hals- und Lendenwirbelsäulensyndrom, Schulter/Armbeschwerden, Migräne (GdB 10),
3. Krampfadern mit Operation (GdB 10)
einen GdB von 30 festgestellt.
Im September 1998 stellte die Klägerin einen Änderungsantrag. Das Versorgungsamt zog Befund- und Behandlungsberichte von dem praktischen Arzt Führer und dem Arzt für Orthopädie Dr. Kxxxx bei. Versorgungsärztlich wurde vorgeschlagen, die Funktionsstörung zu 2) um "Brustwirbelsyndrom" zu ergänzen und den "Einzel-GdB" insoweit auf 20 anzuheben sowie als weitere Funktionsstörung eine"depressive Verstimmung" mit einem "Einzel-GdB" von 10 unter Erhöhung des Gesamt-GdB auf 40 festzustellen. Der Beklagte folgte dem mit Bescheid vom 02. Dezember 1998. Der Widerspruch blieb erfolglos und wurde durch Bescheid vom 24. Februar 1999 zurückgewiesen.
Mit der fristgerecht erhobenen Klage hat die Klägerin vorgetragen, die Wirbelsäulenbeschwerden seien durch massive Funktionsbeeinträchtigungen gekennzeichnet. Der Zustand verschlechtere sich fortlaufend. Die Migräne bestehe in ausgeprägter Form mit stärkster medikamentöser Therapierung. Es komme wöchentlich mehrmals zu Anfällen mit Erbrechen. Das depressive Syndrom sei mit erheblichen Anpassungsstörungen verbunden. Der GdB für diese Funktionsstörungen sei mit mindestens 50 zu bewerten. Zur Stützung ihres Begehrens hat sie Bescheinigungen der behandelnden Ärzte vorgelegt.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten unter Änderung des Bescheides vom 02. Dezember 1998 und des Widerspruchsbescheides vom 24. Februar 1999 zu verurteilen, einen Grad der Behinderung von mindestens 50 festzustellen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat daran festgehalten, dass die Behinderung der Klägerin zutreffend mit 40 bewertet worden ist.
Das Sozialgericht (SG) hat medizinische Unterlagen der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte aus einem Rentenverfahren sowie die Streitakte S 20 RA 259/99 beigezogen. Sodann hat es Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens von dem Arzt für Innere Medizin Dr. Lxxxx (Gutachten vom 25.11.1999), dem Arzt für Orthopädie Dr. Qxxxxxxx (Gutachten vom 11.01.2000) sowie der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. Lxxxxx (Gutachten vom 01.02.2000 nebst ergänzender Stellungnahme vom 10.12.2000). Die Sachverständigen haben den GdB auf 40 geschätzt.
Mit Urteil vom 29.08.2001 hat das SG die Klage abgewiesen. Tatbestand und Entscheidungsgründe lauten wie folgt:
"Tatbestand
Streitig ist der Grad der Behinderung (GdB).
Mit letztem verbindlichem Bescheid nach dem Schwerbehindertengesetz vom 12. Juni 1995 waren bei der Klägerin Behinderungen mit einem GdB von 30 festgestellt worden. Nach der zugrundeliegenden gutachtlichen Stellungnahme von Dr. Pxxx handelte es sich im Einzelnen um
1. wiederkehrende Zwölffingerdarmgeschwüre, Bauchspeicheldrüsenzystenentfernung (GdB) 30,
2. wiederkehrendes Hals- und Lendenwirbelsäulensyndrom, Schulter/Armbeschwerden, Migräne (GdB 10) und
3. Krampfadern mit Operation (GdB 10).
Im September 1998 stellte die Klägerin einen Änderungsantrag. Das Versorgungsamt holte Befund- und Behandlungsberichte von dem Arzt für Allgemeinmedizin Dr. Fxxxxx und dem Arzt für Orthopädie Dr. Kxxxx, beide vom Oktober 1998, ein. Anhand dieser Unterlagen nahm die Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. Lxxxxxxx gutachtlich Stellung. Sie erkannte in der Behinderung zu 2. eine Verschlimmerung und benannte sie nunmehr als wiederkehrendes Hals- und Lendenwirbelsäulensyndrom, Schulter-Armbeschwerden, Migräne, Brustwirbelsäulensyndrom (GdB 20); als weitere Behinderung erkannte sie eine depressive Verstimmung mit einem Einzel-GdB von 10. Den Gesamt-GdB bewertete sie nunmehr mit 40. Am 02. Dezember 1998 erging ein entsprechender Bescheid. Hiergegen legte die Klägerin unter Vorlage von Attesten von Dr. Fxxxxx und Dr. Kxxxx vom Oktober 1998 Widerspruch ein, der durch Widerspruchsbescheid vom 24. Februar 1999 zurückgewiesen wurde.
Hiergegen hat die Klägerin am 08.03.1999 Klage erhoben. Sie behauptet, das Beschwerdebild von Seiten ihrer Wirbelsäule sei von massiven Funktionseinschränkungen gekennzeichnet, die mit einer ständigen Verschlechterung einhergingen. Auch ihre Mirgräne habe eine ausgeprägte Form mit mehrmaligen wöchentlichen Anfällen mit Erbrechen und stärkster medikamentöser Therapierung angenommen. Die Migräneanfälle würden durch Aufregung ausgelöst. Auch das bei ihr bestehende depressive Syndrom sei mit erheblichen Anpassungsstörungen verbunden.
Zur Stützung des Klagebegehrens legt die Klägerin Atteste von Dr. Kxxxx vom April 1999 und Juli 2001, dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. Sxxxxx vom April 2000 und dem Arzt für Frauenkrankheiten Dr. Fxxxxx vom April 1999 vor.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Änderung des Bescheides vom 02. Dezember 1998 und des Widerspruchsbescheides vom 24. Februar 1999 zu verurteilen, einen Grad der Behinderung von mindestens 50 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält die bei der Klägerin bestehenden Behinderungen mit einem GdB von 40 für ausreichend bewertet.
Das Gericht hat die medizinischen Unterlagen der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte aus einem Rentenverfahren beigezogen und Gutachten eingeholt von dem Arzt für Innere Krankheiten Dr. Lxxxx vom November 1999, dem Arzt für Orthopädie Dr. Qxxxxxxx vom Januar 2000 und der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. Lxxxxx vom Februar 2000, das diese mit gutachtlicher Stellungnahme vom Dezember 2000 ergänzt hat. Auf den Inhalt der Gutachten, die den Beteiligten bekanntgegeben worden sind, wird verwiesen.
Zur weiteren Sachdarstellung wird auf die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen und die Verwaltungsvorgänge des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen."
"Entscheidungsgründe
Die statthafte, form- und fristgerecht erhobene Klage ist nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind nicht rechtswidrig. Denn ein höherer GdB als 40 kann bei der Klägerin nicht festgestellt werden.
Nach dem Ergebnis des Verfahrens bestehen bei der Klägerin als Behinderungen
1. degeneratives Wirbelsäulensyndrom mit hohlrundem Rücken, Bandscheibenschaden und deformierende Veränderungen der Halswirbelsäule, deformierende Veränderungen der Brustwirbelsäule, Bandscheibenschaden L4/S1, Degeneration der kleinen Wirbelgelenke L4-S1 (GdB 30),
2. echte Migräne mit mittelgradiger Verlaufsform (GdB 20),
3. psychovegetatives Syndrom (GdB 10) und
4. wiederkehrendes Zwölffingerdarmgeschwür, Zustand nach Entfernung einer Bauchspeicheldrüsenzyste (GdB 10).
Der Gesamt-GdB beträgt 40.
Diese Feststellungen beruhen auf den fachärztlichen Gutachten von Dr. Lxxxx, Dr. Q ... und Frau Dr. Lxxxxx. Den Gutachten liegen die aktenkundigen Vorbefunde, das Beschwerdevorbringen der Klägerin und eigene Untersuchungen nach modernen Methoden zugrunde. Die Gutachten sind in sich ohne Widersprüche und deshalb schlüssig und überzeugend. Sofern die Klägerin vorbringt, Migräne und depressives Syndrom seien unzureichend bewertet, ist dieses durch die ergänzende Stellungnahme von Frau Dr. L ... widerlegt. Im Übrigen stehen die Bewertungen der Einzel-Behinderungsgrade und des Gesamt-Behinderungsgrades mit den Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz von 1996 in Einklang. Die Kammer hat deshalb keine Veranlassung, den fachärztlichen Gutachten nicht zu folgen. Ein höherer GdB als 40, der mit den angefochtenen Bescheiden festgestellt wurde, kann nicht festgestellt werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes."
Diese Entscheidung greift die Klägerin mit der Berufung an und trägt vor:
Das SG habe den Sachverhalt im neurologisch-psychiatrischen Bereich nur unzureichend aufgeklärt. Sie habe schon im erstinstanzlichen Verfahren geltend gemacht, der sie behandelnde Arzt Dr. Sxxxxx sei zum Ergebnis gekommen, dass die von der Sachverständigen Dr. Lxxxxx erhobenen Befunde ihren Gesamtzustand nicht erfassen würden. Sie leide seit Anfang 2001 unter einer schweren depressiven Störung. Außerdem bestehe eine ausgeprägte Migräne. Aus den von ihr beigefügten Bescheinigungen des Orthopäden Dr. Kxxxx vom 28.11.2001 und der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. Dxxxxxx vom 27.11.2001 folge, dass der GdB zumindest mit 50 festzusetzen sei.
Die Klägerin beantragt,
1. das Urteil des SG Düsseldorf vom 29.08.2001 abzuändern und nach ihrem erstinstanzlichen Antrag zu erkennen, hilfsweise
2. das Urteil des SG Düsseldorf vom 29.08.2001 aufzuheben und den Rechtsstreit an dieses Gericht zurückzuverweisen.
Der Bevollmächtigte des Beklagten beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen nimmt der Senat Bezug auf den Inhalt der Gerichtsakte, die Streitakte S 20 RA 259/99 (SG Düsseldorf) und den Verwaltungsvorgang des Beklagten. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist im tenorierten Umfang begründet.
I. Das beklagte Land ist ungeachtet der Auflösung des Landesversorgungsamtes (Art. 1 § 3 Satz 2 des gem. Art. 37 Abs. 2 zum 01.01.2001 in Kraft getretenen 2. ModernG (GVBl. NRW S. 412 ff. )) und Übertragung von dessen Aufgaben auf die Bezirksregierung Münster prozessfähig. Der Gesetzgeber hat den Bedenken, die der Senat im Urteil vom 31.01.2001 - L 10 VS 28/00 - (NVWBl. 10/2001 S. 401 ff.) hinsichtlich der Prozessfähigkeit des Landes geäußert hat, Rechnung getragen. Durch das Sechste Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes vom 17.08.2001 (BGBl. I 2144 ff) ist § 71 Abs. 5 SGG mit Wirkung ab dem 02.01.2002 dahin geändert worden, dass nunmehr nicht nur ein Landesversorgungsamt, sondern auch die Stelle, der dessen Aufgaben übertragen worden sind, befugt ist, das Land zu vertreten (hierzu Stellungnahme des Bundesrates zum 6. SGG-ÄndG (BT-Drucks. 132/01 S. 7). Danach wird das Land nunmehr ordnungsgemäß von der Bezirksregierung Münster vertreten. Aller dings gilt dies nur solange, wie Struktur und Gefüge der Abteilung 10 im Hinblick auf die zu wahrende fachliche und personelle Qualität der Versorgungsverwaltung nicht unerheblich verändert werden (BSG vom 21.06.2001 - B 9 V 5/00 R -) bzw. ungeachtet der Bezeichnung der prozessführenden Behörde gewährleistet ist, dass die Prozessführung in den Händen fachkompetenter Mitarbeiter im Sinn des § 4 des Errichtungsgesetzes liegt (Senatsurteil vom 31.01.2001 - L 10 VS 28/00 - a.a.0.). Der Senat sieht derzeit keinen Anlass, dies zu bezweifeln.
II. Nach § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG kann das Landessozialgericht die angefochtene Entscheidung durch Urteil aufheben und die Sache an das Sozialgericht zurückverweisen, wenn das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet. Verfahrensmangel im Sinn dieser Vorschrift ist ein Verstoß gegen eine das Gerichtsverfahren regelnde Vorschrift oder aber ein Mangel der Entscheidung selbst (Senatsurteil vom 05.09.2001 - L 10 SB 70/01 - und Urteil des 6. Senats vom 11.07.1995 - L 6 Vs 67/95 -; Meyer-Ladewig, SGG, 6. Auflage, 1998, § 159 Rdn. 3 mwN; Zeihe, SGG, § 159 Rdn. 2a, 8a ). Gleichermaßen kommt eine Zurückverweisung bei Verstößen gegen die Grundsätze der Beweiswürdigung (Zeihe aa0 Rdn. 8d) oder bei unzureichender Begründung (vgl. Senatsurteil vom 05.09.2001 - L 10 SB 70/01 - und Urteil des 7. Senats vom 14.05.1998 - L 7 SB 146/97 -) der angefochtenen Entscheidung in Betracht.
Diese Voraussetzung sind erfüllt. Die angefochtene Entscheidung ist aufzuheben, weil
1. der Tatbestand nicht den Mindestanforderungen des § 136 Abs. 2 SGG genügt,
2. die Entscheidungsgründe nicht den Mindestanforderungen der §§ 136 Abs. 1, 202 SGG iVm § 313 Abs. 3 ZPO genügen, insbesondere keine zureichende Beweiswürdigung enthalten,
3. das SG sich zu weiterer Beweiserhebung hätte gedrängt fühlen müssen.
Zu 1. Der Tatbestand beurkundet das schriftliche und mündliche Vorbringen der Beteiligten (Zöller/Vollkommer, ZPO, 19. Auflage, § 313a Rdn. 11). Er beweist, dass wiedergegebene Tatsachen vorgetragen und nicht wiedergegebene nicht vorgetragen worden sind (BGH NJW 1983, 885; Meyer-Ladewig aa0 § 136 Rdn. 6). Nach § 136 Abs. 2 Satz 1 SGG kann die Darstellung des Tatbestandes durch eine Bezugnahme auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze und auf die zur Sitzungsniederschrift erfolgten Feststellungen ersetzt werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand richtig und vollständig ergibt. Als Mindestanforderung verlangt § 136 Abs. 2 Satz 2 SGG, dass die erhobenen Ansprüche genügend zu kennzeichnen und die dazu vorgebrachten Angriffs- und Verteidigungsmittel ihrem Wesen nach hervorzuheben sind. Bezugnahmen dürfen keine Unklarheiten zur Folge haben; der Tatbestand muss noch in sich verständlich sein (Meyer-Ladewig § 136 Rdn. 6c). Angriffs- und Verteidigungsmittel im Sinn des § 136 Abs. 2 Satz 2 SGG sind die des § 282 Abs. 2 ZPO. Dabei handelt es sich um jegliche zur Begründung des Sachantrags oder zur Verteidigung gegen diesen vorgebrachte tatsächliche und rechtliche Behauptungen, Einwendungen, Bestreiten, Einreden und Beweisanträge, nicht aber um allgemeine Rechtsausführungen (Zöller/Greger, ZPO, 22. Auflage, § 282 Rdn. 2 ff).
Den Mindestanforderungen des § 136 Abs. 2 SGG genügt der Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils nicht. Er ist unvollständig, weil das SG das Ergebnis der Beweisaufnahme nicht mitgeteilt hat (hierzu Meyer-Ladewig aa0 Rdn. 6). Es hat lediglich dargelegt, dass eine Beweisaufnahme durchgeführt worden ist und hierzu Gutachten der Sachverständigen Lxxxx, Qxxxxxxx und Lxxxxx eingeholt worden sind. Zwar soll der Tatbestand nur eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes enthalten. Das Ergebnis der Beweisaufnahme ist aber in jedem Fall (knapp) mitzuteilen, da ansonsten die Verständlichkeit leidet (Senatsurteil vom 05.09.2001 - L 10 SB 70/01 -).
Der Tatbestand ist ferner deswegen unvollständig, weil das SG nicht deutlich gemacht hat, dass die Klägerin sich sowohl gegen das Ergebnis der Beweisaufnahme gewandt (Schriftsatz vom 10.05.2000 nebst Anlagen) als auch nachfolgend eine weitere Verschlechterung unter Hinweis auf beigefügte medizinische Unterlagen behauptet hat (Schriftsatz vom 03.08.2001). Wird im Gerichtsverfahren eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes (schlüssig) geltend gemacht, handelt es sich um ein Angriffsmittel im Sinn des § 282 Abs. 2 ZPO und ist im Tatbestand zu dokumentieren. Es ist rechtserheblich, weil maßgebend die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ist (hierzu LSG NRW vom 16.12.1998 - L 10 SB 20/98 - m.w.N.) und deswegen eine weitere Beweisaufnahme geboten ist oder in den Entscheidungsgründen dargelegt werden muss, warum hierauf verzichtet werden konnte.
Diese Mängel werden auch nicht dadurch geheilt, dass das SG hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes auf die Prozess- und Verwaltungsvorgänge Bezug genommen hat. Hierdurch hat das SG nämlich allenfalls erreicht, dass der gesamte Akteninhalt Gegenstand der Entscheidung geworden ist (vgl. BGH NJW 1992, 2148; a.A. Schumann NJW 1993, 2786). Hiervon losgelöst ist dem Gericht aber auferlegt, das Ergebnis der Beweisaufnahme nach Maßgabe des § 136 Abs. 1 Nr. 5 SGG jedenfalls in gedrängter Form im Tatbestand zu dokumentieren. Der hiermit verbundenen Beurkundungs- und Darstellungsfunktion genügt ein solcher Tatbestand nicht, der sich - wie hier - auf die Mitteilung beschränkt, das eine Beweisaufnahme durch Einholung von Sachverständigengutachten durchgeführt worden ist und das erhebliche Beteiligtenvorbringen nur unzureichend wiedergibt.
Zu 2. Das Sozialgerichtsgesetz sagt über die Entscheidungsgründe nichts. Das Urteil muss sie nur enthalten (§ 136 Abs. 1 SGG). Deswegen ist über § 202 SGG die Regelung des § 313 Abs. 3 ZPO maßgebend. Die Beteiligten sollen Kenntnis erhalten, von welchen Feststellungen, Erkenntnissen und rechtlichen Überlegungen das Gericht ausgegangen ist (Meyer-Ladewig aa0 § 136 Rdn. 7c). Eine kurze Begründung für jeden einzelnen für den Urteilsausspruch rechtlich erheblichen Streitpunkt in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht ist geboten und ausreichend (BSG SozR 1500 § 136 Nr. 10; Bayer. LSG in NZS 1996, 48). Es ist verfahrensfehlerhaft, wenn in keiner Weise erkennbar ist, welche Gründe für die richterliche Überzeugung maßgebend waren BGHZ 39,333 ff.). Hierzu sind die entscheidungserheblichen Erwägungen des Gerichts in den Entscheidungsgründen kurz zu formulieren (BSGE 76, 233; Meyer-Ladewig aa0 § 136 Rdn. 7; Baumbach/Hartmann aa0 § 313 Rdn. 14). Das Gericht muss sich dazu zwar nicht mit jedem Beteiligtenvorbringen auseinandersetzen, insbesondere wenn es offensichtlich unerheblich ist oder wenn sich aus dem Urteil zweifelsfrei ergibt, dass das Gericht das Vorbringen auch ohne ausdrückliche Erwähnung für unerheblich hält. Mindestinhalt ist aber eine ausreichende Angabe der angewendeten Rechtsnormen, der für erfüllt oder nicht erfüllt gehaltenen Tatbestandsmerkmale und der dafür ausschlaggebenden tatsächlichen oder rechtlichen Gründe (BSG SozR 1500 § 136 Nr. 10; LSG NRW vom 30.10.1997 - L 7 Vs 41/97 - und vom 05.09.2001 - L 10 SB 70/01 -; Meyer-Ladewig aa0 § 136 Rdn. 7a; Baumbach/Hartmann aa0 § 313 Rdn. 14 ff).
Diesen Anforderungen genügen die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils nicht. Das SG hat schon die Anspruchsgrundlage für das klägerische Begehren nicht mitgeteilt. Es hätte sich zumindest auf § 2 iVm § 69 des Sozialgesetzbuches Neuntes Buch (SGB IX) beziehen müssen. Sodann wäre es erforderlich gewesen, im einzelnen anhand der Begriffsbestimmungen des § 2 SGB IX und unter Würdigung der erhobenen Beweise darzulegen, warum die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 SGB IX nicht erfüllt sind. Das ist nicht geschehen. Zudem findet sich in den Entscheidungsgründen kein Hinweis darauf, dass dem Rechtsstreit ein Änderungsantrag und damit ein Verfahren nach § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zugrunde liegt.
Wesentlicher Teil der Entscheidungsgründe ist ferner die Beweiswürdigung. Ein grober Verfahrensfehler liegt vor, wenn eine Beweiswürdigung völlig fehlt (BGHZ 39, 333, 337, BFH NVwZ-RR 1995, 329; Meyer-Ladewig aa0 § 136 Rdn. 7f) oder wenn den Entscheidungsgründen nicht zu entnehmen ist, aufgrund welcher Tatsachen und Erwägungen das Gericht zu seinen Tatsachenfeststellungen und rechtlichen Folgerungen gekommen ist (BGH vom 07.03.2001 - X ZR 176/99 -; BFHE 86, 219; Meyer-Ladewig aa0 Rdn. 7f). Das SG hat nach § 202 SGG iVm § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO den Streitstoff in tatsächlicher Hinsicht erschöpfend zu prüfen und zu würdigen. Von einer eigenen Bewertung ist es auch dann nicht enthoben, wenn es ein Sachverständigengutachten eingeholt hat. Dessen Ergebnisse dürfen nicht ohne weiteres übernommen werden, auch sachverständige Äußerungen sind eigenverantwortlich daraufhin zu untersuchen, ob und inwieweit sie Angaben enthalten, die Aufklärung im Hinblick auf entscheidungserhebliche und allein vom erkennenden Gericht zu beantwortenden Fragen zu bieten vermögen (BGH vom 07.03.2001 - X ZR 176/99 -).
Das SG hat die erhobenen Beweise nur unzureichend und nicht nachvollziehbar gewürdigt. Aufgabe des Gerichts ist die Prüfung, ob die Sachverständigen von einem zutreffenden Sachverhalt ausgegangen sind und diesen vollständig berücksichtigt haben. Sodann sind die medizinischen Befunderhebungen der Sachverständigen - soweit möglich - zu überprüfen. Das wird im orthopädischen Bereich anhand von Meßdaten eher möglich sein als vergleichsweise bei inneren Erkrankungen oder neurologisch-psychiatrischen Beeinträchtigungen. In einem nächsten Schritt ist zu klären, welche Teilhabedefizite (§ 69 SGB IX) mit den vom Sachverständigen festgestellten Normabweichungen einhergehen. Aufgabe des Sachverständigen ist es, diese aus medizinischer Sicht unter Berücksichtigung von Anamnese und Befund zu beschreiben. Wiederum hat das Gericht die Äußerungen des Sachverständigen auf Richtigkeit, Vollständigkeit und Stimmigkeit zu überprüfen und dies im Urteil nachvollziehbar zu begründen. Sodann hat das Gericht zu klären, ob sich die Meinungsäußerungen und Bewertungen der Sachverständigen auf der Grundlage der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz bewegen. Die einzelnen Schritte der vorgenommenen Prüfung und Würdigung müssen in dem daraufhin ergehenden Urteil zwar nicht in allen Einzelheiten dargelegt werden (§ 286 Abs. 1 Satz 2 ZPO); das Urteil muss jedoch erkennen lassen, dass das Gericht die erforderlichen Schritte vollzogen hat; es muß die tragenden Gründe für die der Entscheidung zugrundeliegenden Überzeugung in der Begründung nachvollziehbar darlegen (BGH vom 07.03.2001 - X ZR 176/99 -). An alldem fehlt es. Statt dessen hat das SG in den Entscheidungsgründen sogleich das Ergebnis der Beweisaufnahme mitgeteilt und sich auf die apodiktische Aussage beschränkt, der Gesamt-GdB betrage 40. Es fehlen jegliche nachvollziehbare Ausführung dazu, wie es zu diesem Ergebnis gelangt ist (hierzu LSG NRW vom 30.10.1997 - L 7 Vs 41/97 -). Lediglich der Hinweis auf die Feststellungen der Sachverständigen ist keine Beweiswürdigung. Die fehlende Beweiswürdigung lässt sich auch nicht dadurch ersetzen, dass das SG darauf verweist, den Gutachten hätten die aktenkundigen Vorbefunde, das Beschwerdevorbringen und eigene Untersuchungen nach modernen Methoden zugrundegelegen. Hiermit hat das SG lediglich im Rahmen der Beweiswürdigung zu berücksichtigende Teilfragen angesprochen. Soweit das SG ausführt, dass die Gutachten in sich ohne Widersprüche und deswegen schlüssig und überzeugend seien, ist auch dies keine ausreichende Beweiswürdigung. Derartige Formulierungen sind nur geeignet, das Ergebnis der Beweisaufnahme zusammenzufassen. Sie machen sie aber weder entbehrlich, noch kann deswegen auch nur auf eine nachvollziehbare Beweiswürdigung des Gerichts verzichtet werden.
Schließlich hat das SG in den Entscheidungsgründen den Vergleichsmaßstab nicht dargestellt. Liegt dem Rechtsstreit - wie hier - ein Verfahren nach § 48 SGB X zugrunde, sind Feststellungen darüber zu treffen, inwiefern und warum eine wesentliche Änderung nach § 48 SGB X vorliegt oder nicht vorliegt, welche Funktionsstörungen durch die einzelnen Behinderungen verursacht werden, wie sie sich wechselseitig beeinflussen und zu welcher Gesamtbehinderung sie führen (LSG NRW vom 14.08.1998 - L 7 SB 25/98 -). Zwar hat das SG den Sachverständigen Beweisfragen gestellt, die geeignet sind, entsprechende Feststellungen zu treffen. In den Entscheidungsgründen findet sich hierzu indes nichts wieder.
Zu 3. Das SG hat den Sachverhalt nur unzureichend aufgeklärt. Auf die Gutachten der Sachverständigen Lxxxx, Qxxxxxxx und Lxxxxx hätte die Klageabweisung am 29.08.2001 nicht mehr gestützt werden dürfen. Das Gutachten der Sachverständigen L ... datiert vom 01.02.2000 und ist durch die ergänzende Stellungnahme vom 10.12.2000 aktualisiert worden. Das SG hätte sich zu einer weiteren Beweiserhebung gedrängt fühlen müssen. Der Senat lässt offen, ob der Inhalt der ergänzenden Stellungnahme ausreicht, um sich mit dem Vorbringen der Klägerin sachgerecht auseinandersetzen zu können. Jedenfalls aber hat die Klägerin unter dem 03.08.2001 vorgetragen, dass sich das Bandscheibenleiden ständig verschlechtere und sie sich wegen des Depressionen nunmehr in Behandlung des Psychotherapeuten Hönemann befinde. Damit hat die Klägerin im Ergebnis - ersichtlich - zweierlei vorgetragen. Zum einen hat sie geltend gemacht, trotz der Sachverständigengutachten sei ein GdB von mindestens 50 deswegen gerechtfertigt, weil die Sachverständigen das Beschwerdebild nicht vollständig erfaßt hätten (Schriftsatz 10.05.2000). Dem ist das SG dadurch nachgegangen, dass es eine ergänzende Stellungnahme der Sachverständigen Lxxxxx eingeholt hat. Darüber hinaus hat die Klägerin aber auch eine Verschlechterung vorgetragen, hierzu entsprechende ärztliche Unterlagen vorgelegt und angeregt, einen Befundbericht einzuholen (Schriftsatz vom 03.08.2001). Dennoch hat das SG die hierauf gebotene weitere Sachaufklärung unterlassen und auch in den Entscheidungsgründen nicht kenntlich gemacht, warum es eine Verschlechterung verneint. Im Verfahren S 20 RA 259/99 (SG Düsseldorf) hat die Klägerin inhaltsgleich vorgetragen (Schriftsatz vom 06.02.2001). Das SG wird deshalb nochmals diese Streitakte beiziehen und insbesondere hinsichtlich der geltend gemachten Verschlimmerung weiteren Beweis erheben müssen.
Die aufgezeigten Verfahrensmängel sind wesentlich. Es kann nämlich nicht ausgeschlossen werden, dass das SG bei ordnungsgemäßer Beweisaufnahme und Beweiswürdigung eine andere Entscheidung getroffen hätte.
Die Kostenentscheidung bleibt dem SG vorbehalten.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um den Grad der Behinderung (GdB) für die bei der Klägerin vorliegenden Teilhabebeeinträchtigungen.
Mit Bescheid vom 12. Juni 1995 hatte der Beklagte wegen der Funktionsstörungen
1. wiederkehrendes Zwölffingerdarmgeschwür, Bauchspeicheldrüsenzystenentfernung (GdB 30),
2. wiederkehrendes Hals- und Lendenwirbelsäulensyndrom, Schulter/Armbeschwerden, Migräne (GdB 10),
3. Krampfadern mit Operation (GdB 10)
einen GdB von 30 festgestellt.
Im September 1998 stellte die Klägerin einen Änderungsantrag. Das Versorgungsamt zog Befund- und Behandlungsberichte von dem praktischen Arzt Führer und dem Arzt für Orthopädie Dr. Kxxxx bei. Versorgungsärztlich wurde vorgeschlagen, die Funktionsstörung zu 2) um "Brustwirbelsyndrom" zu ergänzen und den "Einzel-GdB" insoweit auf 20 anzuheben sowie als weitere Funktionsstörung eine"depressive Verstimmung" mit einem "Einzel-GdB" von 10 unter Erhöhung des Gesamt-GdB auf 40 festzustellen. Der Beklagte folgte dem mit Bescheid vom 02. Dezember 1998. Der Widerspruch blieb erfolglos und wurde durch Bescheid vom 24. Februar 1999 zurückgewiesen.
Mit der fristgerecht erhobenen Klage hat die Klägerin vorgetragen, die Wirbelsäulenbeschwerden seien durch massive Funktionsbeeinträchtigungen gekennzeichnet. Der Zustand verschlechtere sich fortlaufend. Die Migräne bestehe in ausgeprägter Form mit stärkster medikamentöser Therapierung. Es komme wöchentlich mehrmals zu Anfällen mit Erbrechen. Das depressive Syndrom sei mit erheblichen Anpassungsstörungen verbunden. Der GdB für diese Funktionsstörungen sei mit mindestens 50 zu bewerten. Zur Stützung ihres Begehrens hat sie Bescheinigungen der behandelnden Ärzte vorgelegt.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten unter Änderung des Bescheides vom 02. Dezember 1998 und des Widerspruchsbescheides vom 24. Februar 1999 zu verurteilen, einen Grad der Behinderung von mindestens 50 festzustellen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat daran festgehalten, dass die Behinderung der Klägerin zutreffend mit 40 bewertet worden ist.
Das Sozialgericht (SG) hat medizinische Unterlagen der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte aus einem Rentenverfahren sowie die Streitakte S 20 RA 259/99 beigezogen. Sodann hat es Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens von dem Arzt für Innere Medizin Dr. Lxxxx (Gutachten vom 25.11.1999), dem Arzt für Orthopädie Dr. Qxxxxxxx (Gutachten vom 11.01.2000) sowie der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. Lxxxxx (Gutachten vom 01.02.2000 nebst ergänzender Stellungnahme vom 10.12.2000). Die Sachverständigen haben den GdB auf 40 geschätzt.
Mit Urteil vom 29.08.2001 hat das SG die Klage abgewiesen. Tatbestand und Entscheidungsgründe lauten wie folgt:
"Tatbestand
Streitig ist der Grad der Behinderung (GdB).
Mit letztem verbindlichem Bescheid nach dem Schwerbehindertengesetz vom 12. Juni 1995 waren bei der Klägerin Behinderungen mit einem GdB von 30 festgestellt worden. Nach der zugrundeliegenden gutachtlichen Stellungnahme von Dr. Pxxx handelte es sich im Einzelnen um
1. wiederkehrende Zwölffingerdarmgeschwüre, Bauchspeicheldrüsenzystenentfernung (GdB) 30,
2. wiederkehrendes Hals- und Lendenwirbelsäulensyndrom, Schulter/Armbeschwerden, Migräne (GdB 10) und
3. Krampfadern mit Operation (GdB 10).
Im September 1998 stellte die Klägerin einen Änderungsantrag. Das Versorgungsamt holte Befund- und Behandlungsberichte von dem Arzt für Allgemeinmedizin Dr. Fxxxxx und dem Arzt für Orthopädie Dr. Kxxxx, beide vom Oktober 1998, ein. Anhand dieser Unterlagen nahm die Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. Lxxxxxxx gutachtlich Stellung. Sie erkannte in der Behinderung zu 2. eine Verschlimmerung und benannte sie nunmehr als wiederkehrendes Hals- und Lendenwirbelsäulensyndrom, Schulter-Armbeschwerden, Migräne, Brustwirbelsäulensyndrom (GdB 20); als weitere Behinderung erkannte sie eine depressive Verstimmung mit einem Einzel-GdB von 10. Den Gesamt-GdB bewertete sie nunmehr mit 40. Am 02. Dezember 1998 erging ein entsprechender Bescheid. Hiergegen legte die Klägerin unter Vorlage von Attesten von Dr. Fxxxxx und Dr. Kxxxx vom Oktober 1998 Widerspruch ein, der durch Widerspruchsbescheid vom 24. Februar 1999 zurückgewiesen wurde.
Hiergegen hat die Klägerin am 08.03.1999 Klage erhoben. Sie behauptet, das Beschwerdebild von Seiten ihrer Wirbelsäule sei von massiven Funktionseinschränkungen gekennzeichnet, die mit einer ständigen Verschlechterung einhergingen. Auch ihre Mirgräne habe eine ausgeprägte Form mit mehrmaligen wöchentlichen Anfällen mit Erbrechen und stärkster medikamentöser Therapierung angenommen. Die Migräneanfälle würden durch Aufregung ausgelöst. Auch das bei ihr bestehende depressive Syndrom sei mit erheblichen Anpassungsstörungen verbunden.
Zur Stützung des Klagebegehrens legt die Klägerin Atteste von Dr. Kxxxx vom April 1999 und Juli 2001, dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. Sxxxxx vom April 2000 und dem Arzt für Frauenkrankheiten Dr. Fxxxxx vom April 1999 vor.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Änderung des Bescheides vom 02. Dezember 1998 und des Widerspruchsbescheides vom 24. Februar 1999 zu verurteilen, einen Grad der Behinderung von mindestens 50 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält die bei der Klägerin bestehenden Behinderungen mit einem GdB von 40 für ausreichend bewertet.
Das Gericht hat die medizinischen Unterlagen der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte aus einem Rentenverfahren beigezogen und Gutachten eingeholt von dem Arzt für Innere Krankheiten Dr. Lxxxx vom November 1999, dem Arzt für Orthopädie Dr. Qxxxxxxx vom Januar 2000 und der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. Lxxxxx vom Februar 2000, das diese mit gutachtlicher Stellungnahme vom Dezember 2000 ergänzt hat. Auf den Inhalt der Gutachten, die den Beteiligten bekanntgegeben worden sind, wird verwiesen.
Zur weiteren Sachdarstellung wird auf die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen und die Verwaltungsvorgänge des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen."
"Entscheidungsgründe
Die statthafte, form- und fristgerecht erhobene Klage ist nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind nicht rechtswidrig. Denn ein höherer GdB als 40 kann bei der Klägerin nicht festgestellt werden.
Nach dem Ergebnis des Verfahrens bestehen bei der Klägerin als Behinderungen
1. degeneratives Wirbelsäulensyndrom mit hohlrundem Rücken, Bandscheibenschaden und deformierende Veränderungen der Halswirbelsäule, deformierende Veränderungen der Brustwirbelsäule, Bandscheibenschaden L4/S1, Degeneration der kleinen Wirbelgelenke L4-S1 (GdB 30),
2. echte Migräne mit mittelgradiger Verlaufsform (GdB 20),
3. psychovegetatives Syndrom (GdB 10) und
4. wiederkehrendes Zwölffingerdarmgeschwür, Zustand nach Entfernung einer Bauchspeicheldrüsenzyste (GdB 10).
Der Gesamt-GdB beträgt 40.
Diese Feststellungen beruhen auf den fachärztlichen Gutachten von Dr. Lxxxx, Dr. Q ... und Frau Dr. Lxxxxx. Den Gutachten liegen die aktenkundigen Vorbefunde, das Beschwerdevorbringen der Klägerin und eigene Untersuchungen nach modernen Methoden zugrunde. Die Gutachten sind in sich ohne Widersprüche und deshalb schlüssig und überzeugend. Sofern die Klägerin vorbringt, Migräne und depressives Syndrom seien unzureichend bewertet, ist dieses durch die ergänzende Stellungnahme von Frau Dr. L ... widerlegt. Im Übrigen stehen die Bewertungen der Einzel-Behinderungsgrade und des Gesamt-Behinderungsgrades mit den Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz von 1996 in Einklang. Die Kammer hat deshalb keine Veranlassung, den fachärztlichen Gutachten nicht zu folgen. Ein höherer GdB als 40, der mit den angefochtenen Bescheiden festgestellt wurde, kann nicht festgestellt werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes."
Diese Entscheidung greift die Klägerin mit der Berufung an und trägt vor:
Das SG habe den Sachverhalt im neurologisch-psychiatrischen Bereich nur unzureichend aufgeklärt. Sie habe schon im erstinstanzlichen Verfahren geltend gemacht, der sie behandelnde Arzt Dr. Sxxxxx sei zum Ergebnis gekommen, dass die von der Sachverständigen Dr. Lxxxxx erhobenen Befunde ihren Gesamtzustand nicht erfassen würden. Sie leide seit Anfang 2001 unter einer schweren depressiven Störung. Außerdem bestehe eine ausgeprägte Migräne. Aus den von ihr beigefügten Bescheinigungen des Orthopäden Dr. Kxxxx vom 28.11.2001 und der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. Dxxxxxx vom 27.11.2001 folge, dass der GdB zumindest mit 50 festzusetzen sei.
Die Klägerin beantragt,
1. das Urteil des SG Düsseldorf vom 29.08.2001 abzuändern und nach ihrem erstinstanzlichen Antrag zu erkennen, hilfsweise
2. das Urteil des SG Düsseldorf vom 29.08.2001 aufzuheben und den Rechtsstreit an dieses Gericht zurückzuverweisen.
Der Bevollmächtigte des Beklagten beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen nimmt der Senat Bezug auf den Inhalt der Gerichtsakte, die Streitakte S 20 RA 259/99 (SG Düsseldorf) und den Verwaltungsvorgang des Beklagten. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist im tenorierten Umfang begründet.
I. Das beklagte Land ist ungeachtet der Auflösung des Landesversorgungsamtes (Art. 1 § 3 Satz 2 des gem. Art. 37 Abs. 2 zum 01.01.2001 in Kraft getretenen 2. ModernG (GVBl. NRW S. 412 ff. )) und Übertragung von dessen Aufgaben auf die Bezirksregierung Münster prozessfähig. Der Gesetzgeber hat den Bedenken, die der Senat im Urteil vom 31.01.2001 - L 10 VS 28/00 - (NVWBl. 10/2001 S. 401 ff.) hinsichtlich der Prozessfähigkeit des Landes geäußert hat, Rechnung getragen. Durch das Sechste Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes vom 17.08.2001 (BGBl. I 2144 ff) ist § 71 Abs. 5 SGG mit Wirkung ab dem 02.01.2002 dahin geändert worden, dass nunmehr nicht nur ein Landesversorgungsamt, sondern auch die Stelle, der dessen Aufgaben übertragen worden sind, befugt ist, das Land zu vertreten (hierzu Stellungnahme des Bundesrates zum 6. SGG-ÄndG (BT-Drucks. 132/01 S. 7). Danach wird das Land nunmehr ordnungsgemäß von der Bezirksregierung Münster vertreten. Aller dings gilt dies nur solange, wie Struktur und Gefüge der Abteilung 10 im Hinblick auf die zu wahrende fachliche und personelle Qualität der Versorgungsverwaltung nicht unerheblich verändert werden (BSG vom 21.06.2001 - B 9 V 5/00 R -) bzw. ungeachtet der Bezeichnung der prozessführenden Behörde gewährleistet ist, dass die Prozessführung in den Händen fachkompetenter Mitarbeiter im Sinn des § 4 des Errichtungsgesetzes liegt (Senatsurteil vom 31.01.2001 - L 10 VS 28/00 - a.a.0.). Der Senat sieht derzeit keinen Anlass, dies zu bezweifeln.
II. Nach § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG kann das Landessozialgericht die angefochtene Entscheidung durch Urteil aufheben und die Sache an das Sozialgericht zurückverweisen, wenn das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet. Verfahrensmangel im Sinn dieser Vorschrift ist ein Verstoß gegen eine das Gerichtsverfahren regelnde Vorschrift oder aber ein Mangel der Entscheidung selbst (Senatsurteil vom 05.09.2001 - L 10 SB 70/01 - und Urteil des 6. Senats vom 11.07.1995 - L 6 Vs 67/95 -; Meyer-Ladewig, SGG, 6. Auflage, 1998, § 159 Rdn. 3 mwN; Zeihe, SGG, § 159 Rdn. 2a, 8a ). Gleichermaßen kommt eine Zurückverweisung bei Verstößen gegen die Grundsätze der Beweiswürdigung (Zeihe aa0 Rdn. 8d) oder bei unzureichender Begründung (vgl. Senatsurteil vom 05.09.2001 - L 10 SB 70/01 - und Urteil des 7. Senats vom 14.05.1998 - L 7 SB 146/97 -) der angefochtenen Entscheidung in Betracht.
Diese Voraussetzung sind erfüllt. Die angefochtene Entscheidung ist aufzuheben, weil
1. der Tatbestand nicht den Mindestanforderungen des § 136 Abs. 2 SGG genügt,
2. die Entscheidungsgründe nicht den Mindestanforderungen der §§ 136 Abs. 1, 202 SGG iVm § 313 Abs. 3 ZPO genügen, insbesondere keine zureichende Beweiswürdigung enthalten,
3. das SG sich zu weiterer Beweiserhebung hätte gedrängt fühlen müssen.
Zu 1. Der Tatbestand beurkundet das schriftliche und mündliche Vorbringen der Beteiligten (Zöller/Vollkommer, ZPO, 19. Auflage, § 313a Rdn. 11). Er beweist, dass wiedergegebene Tatsachen vorgetragen und nicht wiedergegebene nicht vorgetragen worden sind (BGH NJW 1983, 885; Meyer-Ladewig aa0 § 136 Rdn. 6). Nach § 136 Abs. 2 Satz 1 SGG kann die Darstellung des Tatbestandes durch eine Bezugnahme auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze und auf die zur Sitzungsniederschrift erfolgten Feststellungen ersetzt werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand richtig und vollständig ergibt. Als Mindestanforderung verlangt § 136 Abs. 2 Satz 2 SGG, dass die erhobenen Ansprüche genügend zu kennzeichnen und die dazu vorgebrachten Angriffs- und Verteidigungsmittel ihrem Wesen nach hervorzuheben sind. Bezugnahmen dürfen keine Unklarheiten zur Folge haben; der Tatbestand muss noch in sich verständlich sein (Meyer-Ladewig § 136 Rdn. 6c). Angriffs- und Verteidigungsmittel im Sinn des § 136 Abs. 2 Satz 2 SGG sind die des § 282 Abs. 2 ZPO. Dabei handelt es sich um jegliche zur Begründung des Sachantrags oder zur Verteidigung gegen diesen vorgebrachte tatsächliche und rechtliche Behauptungen, Einwendungen, Bestreiten, Einreden und Beweisanträge, nicht aber um allgemeine Rechtsausführungen (Zöller/Greger, ZPO, 22. Auflage, § 282 Rdn. 2 ff).
Den Mindestanforderungen des § 136 Abs. 2 SGG genügt der Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils nicht. Er ist unvollständig, weil das SG das Ergebnis der Beweisaufnahme nicht mitgeteilt hat (hierzu Meyer-Ladewig aa0 Rdn. 6). Es hat lediglich dargelegt, dass eine Beweisaufnahme durchgeführt worden ist und hierzu Gutachten der Sachverständigen Lxxxx, Qxxxxxxx und Lxxxxx eingeholt worden sind. Zwar soll der Tatbestand nur eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes enthalten. Das Ergebnis der Beweisaufnahme ist aber in jedem Fall (knapp) mitzuteilen, da ansonsten die Verständlichkeit leidet (Senatsurteil vom 05.09.2001 - L 10 SB 70/01 -).
Der Tatbestand ist ferner deswegen unvollständig, weil das SG nicht deutlich gemacht hat, dass die Klägerin sich sowohl gegen das Ergebnis der Beweisaufnahme gewandt (Schriftsatz vom 10.05.2000 nebst Anlagen) als auch nachfolgend eine weitere Verschlechterung unter Hinweis auf beigefügte medizinische Unterlagen behauptet hat (Schriftsatz vom 03.08.2001). Wird im Gerichtsverfahren eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes (schlüssig) geltend gemacht, handelt es sich um ein Angriffsmittel im Sinn des § 282 Abs. 2 ZPO und ist im Tatbestand zu dokumentieren. Es ist rechtserheblich, weil maßgebend die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ist (hierzu LSG NRW vom 16.12.1998 - L 10 SB 20/98 - m.w.N.) und deswegen eine weitere Beweisaufnahme geboten ist oder in den Entscheidungsgründen dargelegt werden muss, warum hierauf verzichtet werden konnte.
Diese Mängel werden auch nicht dadurch geheilt, dass das SG hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes auf die Prozess- und Verwaltungsvorgänge Bezug genommen hat. Hierdurch hat das SG nämlich allenfalls erreicht, dass der gesamte Akteninhalt Gegenstand der Entscheidung geworden ist (vgl. BGH NJW 1992, 2148; a.A. Schumann NJW 1993, 2786). Hiervon losgelöst ist dem Gericht aber auferlegt, das Ergebnis der Beweisaufnahme nach Maßgabe des § 136 Abs. 1 Nr. 5 SGG jedenfalls in gedrängter Form im Tatbestand zu dokumentieren. Der hiermit verbundenen Beurkundungs- und Darstellungsfunktion genügt ein solcher Tatbestand nicht, der sich - wie hier - auf die Mitteilung beschränkt, das eine Beweisaufnahme durch Einholung von Sachverständigengutachten durchgeführt worden ist und das erhebliche Beteiligtenvorbringen nur unzureichend wiedergibt.
Zu 2. Das Sozialgerichtsgesetz sagt über die Entscheidungsgründe nichts. Das Urteil muss sie nur enthalten (§ 136 Abs. 1 SGG). Deswegen ist über § 202 SGG die Regelung des § 313 Abs. 3 ZPO maßgebend. Die Beteiligten sollen Kenntnis erhalten, von welchen Feststellungen, Erkenntnissen und rechtlichen Überlegungen das Gericht ausgegangen ist (Meyer-Ladewig aa0 § 136 Rdn. 7c). Eine kurze Begründung für jeden einzelnen für den Urteilsausspruch rechtlich erheblichen Streitpunkt in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht ist geboten und ausreichend (BSG SozR 1500 § 136 Nr. 10; Bayer. LSG in NZS 1996, 48). Es ist verfahrensfehlerhaft, wenn in keiner Weise erkennbar ist, welche Gründe für die richterliche Überzeugung maßgebend waren BGHZ 39,333 ff.). Hierzu sind die entscheidungserheblichen Erwägungen des Gerichts in den Entscheidungsgründen kurz zu formulieren (BSGE 76, 233; Meyer-Ladewig aa0 § 136 Rdn. 7; Baumbach/Hartmann aa0 § 313 Rdn. 14). Das Gericht muss sich dazu zwar nicht mit jedem Beteiligtenvorbringen auseinandersetzen, insbesondere wenn es offensichtlich unerheblich ist oder wenn sich aus dem Urteil zweifelsfrei ergibt, dass das Gericht das Vorbringen auch ohne ausdrückliche Erwähnung für unerheblich hält. Mindestinhalt ist aber eine ausreichende Angabe der angewendeten Rechtsnormen, der für erfüllt oder nicht erfüllt gehaltenen Tatbestandsmerkmale und der dafür ausschlaggebenden tatsächlichen oder rechtlichen Gründe (BSG SozR 1500 § 136 Nr. 10; LSG NRW vom 30.10.1997 - L 7 Vs 41/97 - und vom 05.09.2001 - L 10 SB 70/01 -; Meyer-Ladewig aa0 § 136 Rdn. 7a; Baumbach/Hartmann aa0 § 313 Rdn. 14 ff).
Diesen Anforderungen genügen die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils nicht. Das SG hat schon die Anspruchsgrundlage für das klägerische Begehren nicht mitgeteilt. Es hätte sich zumindest auf § 2 iVm § 69 des Sozialgesetzbuches Neuntes Buch (SGB IX) beziehen müssen. Sodann wäre es erforderlich gewesen, im einzelnen anhand der Begriffsbestimmungen des § 2 SGB IX und unter Würdigung der erhobenen Beweise darzulegen, warum die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 SGB IX nicht erfüllt sind. Das ist nicht geschehen. Zudem findet sich in den Entscheidungsgründen kein Hinweis darauf, dass dem Rechtsstreit ein Änderungsantrag und damit ein Verfahren nach § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zugrunde liegt.
Wesentlicher Teil der Entscheidungsgründe ist ferner die Beweiswürdigung. Ein grober Verfahrensfehler liegt vor, wenn eine Beweiswürdigung völlig fehlt (BGHZ 39, 333, 337, BFH NVwZ-RR 1995, 329; Meyer-Ladewig aa0 § 136 Rdn. 7f) oder wenn den Entscheidungsgründen nicht zu entnehmen ist, aufgrund welcher Tatsachen und Erwägungen das Gericht zu seinen Tatsachenfeststellungen und rechtlichen Folgerungen gekommen ist (BGH vom 07.03.2001 - X ZR 176/99 -; BFHE 86, 219; Meyer-Ladewig aa0 Rdn. 7f). Das SG hat nach § 202 SGG iVm § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO den Streitstoff in tatsächlicher Hinsicht erschöpfend zu prüfen und zu würdigen. Von einer eigenen Bewertung ist es auch dann nicht enthoben, wenn es ein Sachverständigengutachten eingeholt hat. Dessen Ergebnisse dürfen nicht ohne weiteres übernommen werden, auch sachverständige Äußerungen sind eigenverantwortlich daraufhin zu untersuchen, ob und inwieweit sie Angaben enthalten, die Aufklärung im Hinblick auf entscheidungserhebliche und allein vom erkennenden Gericht zu beantwortenden Fragen zu bieten vermögen (BGH vom 07.03.2001 - X ZR 176/99 -).
Das SG hat die erhobenen Beweise nur unzureichend und nicht nachvollziehbar gewürdigt. Aufgabe des Gerichts ist die Prüfung, ob die Sachverständigen von einem zutreffenden Sachverhalt ausgegangen sind und diesen vollständig berücksichtigt haben. Sodann sind die medizinischen Befunderhebungen der Sachverständigen - soweit möglich - zu überprüfen. Das wird im orthopädischen Bereich anhand von Meßdaten eher möglich sein als vergleichsweise bei inneren Erkrankungen oder neurologisch-psychiatrischen Beeinträchtigungen. In einem nächsten Schritt ist zu klären, welche Teilhabedefizite (§ 69 SGB IX) mit den vom Sachverständigen festgestellten Normabweichungen einhergehen. Aufgabe des Sachverständigen ist es, diese aus medizinischer Sicht unter Berücksichtigung von Anamnese und Befund zu beschreiben. Wiederum hat das Gericht die Äußerungen des Sachverständigen auf Richtigkeit, Vollständigkeit und Stimmigkeit zu überprüfen und dies im Urteil nachvollziehbar zu begründen. Sodann hat das Gericht zu klären, ob sich die Meinungsäußerungen und Bewertungen der Sachverständigen auf der Grundlage der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz bewegen. Die einzelnen Schritte der vorgenommenen Prüfung und Würdigung müssen in dem daraufhin ergehenden Urteil zwar nicht in allen Einzelheiten dargelegt werden (§ 286 Abs. 1 Satz 2 ZPO); das Urteil muss jedoch erkennen lassen, dass das Gericht die erforderlichen Schritte vollzogen hat; es muß die tragenden Gründe für die der Entscheidung zugrundeliegenden Überzeugung in der Begründung nachvollziehbar darlegen (BGH vom 07.03.2001 - X ZR 176/99 -). An alldem fehlt es. Statt dessen hat das SG in den Entscheidungsgründen sogleich das Ergebnis der Beweisaufnahme mitgeteilt und sich auf die apodiktische Aussage beschränkt, der Gesamt-GdB betrage 40. Es fehlen jegliche nachvollziehbare Ausführung dazu, wie es zu diesem Ergebnis gelangt ist (hierzu LSG NRW vom 30.10.1997 - L 7 Vs 41/97 -). Lediglich der Hinweis auf die Feststellungen der Sachverständigen ist keine Beweiswürdigung. Die fehlende Beweiswürdigung lässt sich auch nicht dadurch ersetzen, dass das SG darauf verweist, den Gutachten hätten die aktenkundigen Vorbefunde, das Beschwerdevorbringen und eigene Untersuchungen nach modernen Methoden zugrundegelegen. Hiermit hat das SG lediglich im Rahmen der Beweiswürdigung zu berücksichtigende Teilfragen angesprochen. Soweit das SG ausführt, dass die Gutachten in sich ohne Widersprüche und deswegen schlüssig und überzeugend seien, ist auch dies keine ausreichende Beweiswürdigung. Derartige Formulierungen sind nur geeignet, das Ergebnis der Beweisaufnahme zusammenzufassen. Sie machen sie aber weder entbehrlich, noch kann deswegen auch nur auf eine nachvollziehbare Beweiswürdigung des Gerichts verzichtet werden.
Schließlich hat das SG in den Entscheidungsgründen den Vergleichsmaßstab nicht dargestellt. Liegt dem Rechtsstreit - wie hier - ein Verfahren nach § 48 SGB X zugrunde, sind Feststellungen darüber zu treffen, inwiefern und warum eine wesentliche Änderung nach § 48 SGB X vorliegt oder nicht vorliegt, welche Funktionsstörungen durch die einzelnen Behinderungen verursacht werden, wie sie sich wechselseitig beeinflussen und zu welcher Gesamtbehinderung sie führen (LSG NRW vom 14.08.1998 - L 7 SB 25/98 -). Zwar hat das SG den Sachverständigen Beweisfragen gestellt, die geeignet sind, entsprechende Feststellungen zu treffen. In den Entscheidungsgründen findet sich hierzu indes nichts wieder.
Zu 3. Das SG hat den Sachverhalt nur unzureichend aufgeklärt. Auf die Gutachten der Sachverständigen Lxxxx, Qxxxxxxx und Lxxxxx hätte die Klageabweisung am 29.08.2001 nicht mehr gestützt werden dürfen. Das Gutachten der Sachverständigen L ... datiert vom 01.02.2000 und ist durch die ergänzende Stellungnahme vom 10.12.2000 aktualisiert worden. Das SG hätte sich zu einer weiteren Beweiserhebung gedrängt fühlen müssen. Der Senat lässt offen, ob der Inhalt der ergänzenden Stellungnahme ausreicht, um sich mit dem Vorbringen der Klägerin sachgerecht auseinandersetzen zu können. Jedenfalls aber hat die Klägerin unter dem 03.08.2001 vorgetragen, dass sich das Bandscheibenleiden ständig verschlechtere und sie sich wegen des Depressionen nunmehr in Behandlung des Psychotherapeuten Hönemann befinde. Damit hat die Klägerin im Ergebnis - ersichtlich - zweierlei vorgetragen. Zum einen hat sie geltend gemacht, trotz der Sachverständigengutachten sei ein GdB von mindestens 50 deswegen gerechtfertigt, weil die Sachverständigen das Beschwerdebild nicht vollständig erfaßt hätten (Schriftsatz 10.05.2000). Dem ist das SG dadurch nachgegangen, dass es eine ergänzende Stellungnahme der Sachverständigen Lxxxxx eingeholt hat. Darüber hinaus hat die Klägerin aber auch eine Verschlechterung vorgetragen, hierzu entsprechende ärztliche Unterlagen vorgelegt und angeregt, einen Befundbericht einzuholen (Schriftsatz vom 03.08.2001). Dennoch hat das SG die hierauf gebotene weitere Sachaufklärung unterlassen und auch in den Entscheidungsgründen nicht kenntlich gemacht, warum es eine Verschlechterung verneint. Im Verfahren S 20 RA 259/99 (SG Düsseldorf) hat die Klägerin inhaltsgleich vorgetragen (Schriftsatz vom 06.02.2001). Das SG wird deshalb nochmals diese Streitakte beiziehen und insbesondere hinsichtlich der geltend gemachten Verschlimmerung weiteren Beweis erheben müssen.
Die aufgezeigten Verfahrensmängel sind wesentlich. Es kann nämlich nicht ausgeschlossen werden, dass das SG bei ordnungsgemäßer Beweisaufnahme und Beweiswürdigung eine andere Entscheidung getroffen hätte.
Die Kostenentscheidung bleibt dem SG vorbehalten.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
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