L 10 SB 141/01

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
10
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 14 SB 34/00
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 10 SB 141/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 15.08.2001 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird an das Sozialgericht Köln zurückverwiesen. Die Kostenentscheidung bleibt dem Sozialgericht vorbehalten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der 1942 geborene Kläger begehrt die Feststellung eines höheren Grades der Behinderung (GdB) als 40.

Mit Bescheid vom 22.05.1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.06.1996 stellte der Beklagte bei ihm einen GdB von 30 fest. Dabei ging er aufgrund gutachtlicher Stellungnahme (30.01.1995) von Bandscheibenschäden mit Nervenwurzelreizerscheinungen, chronischem Wirbelsäulensyndrom (GdB 20) und rückfälligen Zwölffingerdarmgeschwüren (GdB 20) aus.

Am 23.02.1999 beantragte der Kläger, wegen Nacken-, Schulter-, Arm-, Magen-, Rücken und Beinbeschwerden sowie Schwindelanfällen, Sehschwäche und Beschwerden der Niere u.a. einen höheren GdB festzustellen.

Der Beklagte holte Befundberichte von den behandelnden Ärzten Dres. F ... und K ... ein. In Auswertung dieser Berichte einschließlich weiterer von Dr. K ... eingereichter Behandlungsunterlagen beurteilte der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. O ... in seiner gutachtlichen Stellungnahme (29.03.1999) den Gesamt-GdB nunmehr mit 40. Dabei legte er zugrunde:

1. Bandscheibenschäden mit Nervenwurzelreizerscheinungen, chronisches Wirbelsäulen-Syndrom, muskuläre Schwäche (GdB 30)

2. Rückfällige Zwölffingerdarmgeschwüre, Speiseröhrenentzündung (GdB 20)

3. Kniegelenksdegeneration, Kniescheibenschaden (GdB 20)

4. Karpaltunnelsyndrom (GdB 10).

Dieser Bewertung folgend stellte der Beklagte mit auf § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) gestütztem Bescheid vom 01.04.1999 einen GdB von 40 fest. Auf den Widerspruch des Klägers, insbesondere Wirbelsäulen- und Kniegelenkserkrankung seien zu gering bewertet, veranlasste der Beklagte eine Untersuchung des Klägers durch den Arzt für Orthopädie Dr. W ... Dieser beschrieb in seinem Gutachten (27.07.1999) eine ausgeprägte Verdeutlichungstendenz von Funktionsstörungen mit psychosomatischer Überlagerung. Den Kniescheibenschaden bewertete er mit einem GdB von 10, den Gesamt-GdB schätzte er bei ansonsten unveränderter Beurteilung ebenfalls mit 40 ein. Der Beklage wies den Widerspruch daraufhin mit Widerspruchsbescheid vom 24.01.2000 zurück.

Mit seiner Klage vom 02.02.2000 hat der Kläger u.a. vorgetragen, für die unterschiedliche Bewertung des Kniescheibenschadens sei keine Begründung erkennbar; im Hinblick auf die erhebliche Schmerzsymptomatik sei die Einholung eines orthopädischen sowie ggf. neurologischen Sachverständigengutachtens angezeigt.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 01.04.1999 und des Widerspruchsbescheides vom 24.01.2000 zu verurteilen, bei ihm ab 23.02.1999 das Vorliegen eines Grades der Behinderung von 60 festzustellen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat vorgetragen, im Vordergrund der Beschwerden des Klägers stehe die Wirbelsäulenerkrankung mit einem GdB von 30. Durch die übrigen i.S. der Anhaltspunkte leichten Gesundheitsstörungen mit einem GdB von jeweils 20 - nämlich Magengeschwürsleiden, Diabetes insipidus und psychosomatische Beschwerden - werde das Ausmaß der Beeinträchtigung aufgrund der Wirbelsäulenerkrankung nicht soweit verstärkt, dass eine Schwerbehinderung vorliege. Im übrigen bestehe an den oberen Extremitäten keine als Behinderung einzuordnende Funktionsstörung; die Umrisszeichnung beider Schultergelenke werde als unauffällig, die Beweglichkeit der Handgelenke als frei und die der Fingergelenke als normal beschrieben; es sei zu einer Ausheilung des Karpaltunnelsyndroms gekommen; lediglich der Nackengriff werde als nicht durchführbar angegeben.

Das SG hat Befundberichte von dem Arzt für Innere Medizin Dr. W ... und dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. W ... sowie Gutachten von dem Facharzt für Innere Krankheiten Dr. K ... (11.12.200), dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie H ... (26.03.2001) und dem Arzt für Orthopädie Dr. B ... (07.05.2001) eingeholt.

Der Sachverständige Dr. K ... hat hinsichtlich der Gesundheitsstörungen "Rückfällige Zwölffingerdarmgeschwüre, Speiseröhrenentzündung, Magenschleimhautentzündung, kleine Hiatushernie" keine wesentliche Verschlimmerung festzustellen vermocht; den dadurch bedingten GdB von 20 hat er als sicherlich großzügig bemessen gewertet. Im übrigen hat er auf einen im November 2000 diagnostizierten Diabetes insipidus hingewiesen; Befunde darüber seien in der Akte nicht enthalten; die Diagnose müsse entgültig gesichert und zudem geklärt werden, ob es sich um eine vergleichsweise gut- oder bösartige Verlaufsform handele. Der Sachverständige H ... hat ausgeführt, dass ein Karpaltunnelsyndrom nicht mehr bestehe; es seien aber "psychosomatische Beschwerden" mit einem GdB von höchstens 20 hinzugetreten. Eine Vermischung mit dem Wirbelsäulenleiden halte er insoweit für unglücklich. Gleichwohl stünden die Einzelaspekte des Komplexes miteinander in einem Zusammenhang, ohne dass sich allerdings eine wechselseitige Verstärkung ableiten ließe; seines Erachtens liege eine Überschneidung vor. Der Sachverständige Dr. B ... hat einer seit Oktober 2000 nach seiner Auffassung gesicherten Periarthropathie beider Schultergelenke mit leichtgradigem Funktionsdefizit einen GdB von 20 und einem lumbalen und cervicalen Wirbelsäulensyndrom einen GdB von 30 zugemessen; eine wesentliche Funktionsstörung der Kniegelenke hat er nicht festgestellt. Er hat weiter ausgeführt, dass der Diabetes insipidus, wie sich aus dem im Rentenverfahren des Klägers (S 7 RJ 111/00) erstattetem Gutachten des Dr. B ... vom 13.12.2000 ergebe, belegt sei und seit Dezember 2000 einen GdB von 20 bedinge. Unter Berücksichtigung des Gutachtens des Dr. K ... und der sich aus dem nervenärztlichen Gutachten des Arztes H ... ergebenden wesentlichen Verschlimmerung schlage er ab Januar 2000 einen Gesamt-GdB von 60 vor. Eine Begründung des Gesamt-GdB enthält das Gutachten ebenso wenig wie eine Begründung des GdB für den Diabetes insipidus.

Das SG Köln hat den Beklagten mit Urteil vom 15.08.2001 unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, bei dem Kläger ab 01.12.2000 das Vorliegen eines GdB von 60 festzustellen. Das Urteil lautet:

"Tatbestand

Der Kläger begehrt die Feststellung eines Grades der Behinderung von 60 nach dem Schwerbehindertengesetz.

Mit Bescheid vom 22.05.1995 war der Behinderungsgrad des 1942 geborenen Klägers auf 30 festgestellt worden. Dem lagen folgende Behinderungen zugrunde:

1. Bandscheibenschäden mit Nervenwurzelreizerscheinungen, chronisches Wirbelsäulensyndrom

2. Rückfällige Zwölffingerdarmgeschwüre

23.02.1999 beantragte der Kläger die Neufeststellung seiner Behinderungen. In Übereinstimmung mit der versorgungsärztlichen Stellungnahme erging der Bescheid vom 01.04.1999, mit dem der GdB auf 40 festgestellt wurde. Der hiergegen erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 24.01.2000 zurückgewiesen. Auf den Inhalt des Widerspruchsbescheides wird Bezug genommen.

Am 02.02.2000 hat der Kläger Klage erhoben.

Der Kläger trägt vor, die Feststellung eines GdB von 40 werden seinen Behinderungen nicht gerecht.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 01.04.1999 und des Widerspruchsbescheides vom 24.01.2000 zu verurteilen, bei ihm am 23.02.1999 das Vorliegen eines Grades der Behinderung von 60 festzustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Aufklärung des medizinischen Sachverhalts hat das Gericht gemäß Beweisbeschluss vom 07.11.2000 Beweis erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird verwiesen auf das orthopädische Gutachten des Dr. B ... vom 07.05.2001, das internistische Zusatzgutachten des Dr. K ... vom 11.12.200 und das nervenärztliche Zusatzgutachten des Herrn H ... vom 26.03.2001.

Hinsichtlich des Sachverhaltes im einzelnen wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. Die SchwbG-Akte des Beklagten hat vorgelegen und ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen."

"Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und auch teilweise begründet.

Die mit der Klage angefochtenen Verwaltungsakte des Beklagten sind insoweit rechtswidrig als der Kläger Anspruch hat auf Feststellung eines GdB von 60 ab 01.12.2000. Im übrigen ist die Klage unbegründet.

Ein Anspruch auf eine günstigere Feststellung des bei ihm bestehenden Gesamt-GdB wegen Hinzutretens weiterer Behinderungen und Verschlimmerung bestehender Behinderungen setzt voraus, dass gegenüber den dem vorhergehenden bindend gewordenen Bescheid zugrundeliegenden Verhältnissen eine wesentliche Änderung (Verschlimmerung) eingetreten ist (§ 48 Abs. 1 SGB X). Ein solcher Sachverhalt liegt vor.

Die Kammer ist der Überzeugung, dass dem Kläger ein Gesamt-GdB von 60 ab 01.12.2000 zusteht.

Die Behinderungen des Klägers sind zuletzt mit Bescheid vom 22.05.1995 bindend mit einem GdB von 30 festgestellt worden.

Aufgrund der Begutachtungen sind nunmehr folgende Gesundheitsstörungen im orthopädischen Bereich festgestellt worden:

a) Chronisches lumbales und cervicales Wirbelsäulensyndrom ohne den Nachweis peripher-neurologischer Ausfallserscheinungen bzw. anhaltender radikulärer Reizerscheinungen. - GdB 30

b) Periarthropathie beider Schultergelenke mit leichtgradigem Funktionsdefizit. - GdB 20

Es kommt auf internistischem Gebiet

a) Rückfällige Zwölffingerdarmgeschwüre, Speisenröhrenentzündung, Magenschleimhautentzündung, kleine Hiatushernie - GdB 20

b) Diabetes insipidus - GdB 20

auf nervenfachärztlichem Gebiet

a) Psychosomatische Beschwerden - GdB 20

hinzu.

Die Kammer folgt Dr. B ... bei der Feststellung des Gesamt-GdB von 60. Allerdings ist den Ausführungen des Sachverständigen zu entnehmen, dass dieser GdB erst ab Dezember 2000 gilt. Ab Oktober 2000 ist die Funktionsstörung beider Schultergelenke, ab Dezember 2000 der Diabetes insipidus festgestellt worden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Erhöhung des GdB ist erst nach Klageerhebung eingetreten. Damit haben sich die angefochtenen Bescheide als rechtmäßig erwiesen."

Der Beklagte hat gegen das am 26.09.2001 zugestellte Urteil am 22.10.2001 Berufung eingelegt, mit der er im Wesentlichen sein Vorbringen in erster Instanz, auf das das SG nicht eingegangen sei, wiederholt.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 15.08.2001 abzuändern und die Klage abzuweisen, hilfsweise, das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 15.08.2001 aufzuheben und den Rechtstreit an das Sozialgericht Köln zurückzuverweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Der Senat hat - erstmals in diesem Rechtstreit - die Akten des SG Köln, S 7 RJ 111/00, beigezogen. Daraus ergibt sich, dass in dem auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gerichteten Rechtsstreit u.a. Gutachten von Dr. B ... und Dr. Be ..., Chefarzt der Abteilung Innere Medizin der St. L ... Klinik GmbH, eingeholt worden sind. In seinem Gutachten vom 13.12.2000 hat Dr. Be ... ausgeführt, dass der Kläger seit sechs Wochen an einem gesicherten Diabetes insipidus leide und sich die dadurch bedingte Minderung der Leistungsfähigkeit unter der begonnenen medikamentösen Therapie rasch und weitgehend rückläufig zeige.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die Akte des SG Köln - S 7 RJ 111/00 - sowie die Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist im tenorierten Umfang begründet.

I.

Das beklagte Land ist ungeachtet der Auflösung des Landesversorgungsamtes (Art. 1 § 3 Satz 2 des gem. Art. 37 Abs. 2 zum 01.01.2001 in Kraft getretenen 2. ModernG ( GVBI. NRW S. 412 ff. )) und Übertragung von dessen Aufgaben auf die Bezirksregierung Münster prozessfähig. Der Gesetzgeber hat den Bedenken, die der Senat im Urteil vom 31.01.2001 - L 10 VS 28/00 - (NVWBI. 10/2001 S. 401 ff.) hinsichtlich der Prozessfähigkeit des Landes geäußert hat, teilweise Rechnung getragen. Durch das Sechste Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) vom 17.08.2001 (BGBl. I 2144 ff) ist § 71 Abs. 5 SGG mit Wirkung ab dem 02.01.2002 dahin geändert worden, dass nunmehr nicht nur ein Landesversorgungsamt, sondern auch die Stelle, der dessen Aufgaben übertragen worden sind, befugt ist, das Land zu vertreten (hierzu Stellungnahme des Bundesrates zum 6. SGG-ÄndG (BT-Drucks. 132/01 S. 7)). Danach wird das Land nunmehr ordnungsgemäß von der Bezirksregierung Münster vertreten. Allerdings gilt dies nur solange, wie Struktur und Gefüge der Abteilung 10 im Hinblick auf die zu wahrende fachliche und personelle Qualität der Versorgungsverwaltung nicht unerheblich verändert werden (BSG vom 12.06.2001 - B 9 V 5/00 R -) bzw. ungeachtet der Bezeichnung der prozessführenden Behörde gewährleistet ist, dass die Prozessführung in den Händen fachkompetenter Mitarbeiter im Sinn des § 4 des Errichtungsgesetzes liegt (Senatsurteil vom 31.01.2001, aaO). Der Senat sieht derzeit keinen Anlass, dies zu bezweifeln.

II.

Nach § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG kann das Landessozialgericht die angefochtene Entscheidung durch Urteil aufheben und die Sache an das Sozialgericht zurückverweisen, wenn das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet. Verfahrensmangel im Sinn dieser Vorschrift ist ein Verstoß gegen eine das Gerichtsverfahren regelnde Vorschrift oder aber ein Mangel der Entscheidung selbst (Senatsurteile vom 05.09.2001 - L 10 SB 70/01 - und 23.01.2002 - L 10 SB 150/01 -; Urteil des 6. Senats des LSG NRW vom 11.07.1995 - L 6 Vs 67/95 -; Meyer-Ladewig, SGG, 6. Auflage 1998, § 159 Rdn. 3 mwN; Zeihe, SGG, § 159 Rdn. 2a, 8a). Gleichermaßen kommt eine Zurückverweisung bei Verstößen gegen die Grundsätze der Beweiswürdigung (Zeihe, aaO Rdn. 8d) oder bei unzureichender Begründung (vgl. Senatsurteile vom 05.09.2001 und 23.01.2002, aaO, Urteil des 7. Senats LSG NRW vom 14.05.1998 - L 7 SB 146/97 -) der angefochtenen Entscheidung in Betracht.

Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die angefochtene Entscheidung ist aufzuheben, weil

1. der Tatbestand nicht den Mindestanforderungen des § 136 Abs. 2 SGG genügt,

2.die Entscheidungsgründe nicht den Mindestanforderungen der §§ 136 Abs. 1, 202 SGG iVm § 313 Abs. 3 Zivilprozessordnung (ZPO) genügen, insbesondere keine zureichende Beweiswürdigung enthalten,

3. das SG sich zu weiterer Beweiserhebung hätte gedrängt fühlen müssen.

Zu 1. Der Tatbestand beurkundet das schriftliche und mündliche Vorbringen der Beteiligten (Zöller/Vollkommer, ZPO, 22. Auflage, § 313 Rdn. 11). Er beweist, dass wiedergegebene Tatsachen vorgetragen und nicht wiedergegebene nicht vorgetragen worden sind (BGH, NJW 1983, 885; Meyer-Ladewig, aaO § 136 Rdn. 6). Nach § 136 Abs. 2 Satz 1 SGG kann die Darstellung des Tatbestandes durch eine Bezugnahme auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze und auf die zur Sitzungsniederschrift erfolgten Feststellungen ersetzt werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand richtig und vollständig ergibt. Als Mindestanforderung verlangt § 136 Abs. 2 Satz 2 SGG, dass die erhobenen Ansprüche genügend zu kennzeichnen und die dazu vorgebrachten Angriffs- und Verteidigungsmittel ihrem Wesen nach hervorzuheben sind. Bezugnahmen dürfen keine Unklarheiten zur Folge haben; der Tatbestand muss noch in sich verständlich sein (Meyer-Ladewig, § 136 Rdn. 6c). Angriffs- und Verteidigungsmittel im Sinn des § 136 Abs. 2 Satz 2 SGG sind die des § 282 Abs. 2 ZPO. Dabei handelt es sich um jegliche zur Begründung des Sachantrags oder zur Verteidigung gegen diesen vorgebrachte tatsächliche und rechtliche Behauptungen, Einwendungen, Bestreiten, Einreden und Beweisanträge, nicht aber um allgemeine Rechtsausführungen (Zöller/Greger, ZPO, 22. Auflage, § 282 Rdn. 2 ff).

Den Mindestanforderungen des § 136 Abs. 2 SGG genügt der Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils nicht.

a) Der Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils ist unvollständig, weil das SG nicht deutlich gemacht hat, dass der Beklagte sich mit eingehender Begründung gegen das Ergebnis der Beweisaufnahme gewandt hat (Schriftsatz vom 04.07.2001). Dabei handelt es sich um Angriffsmittel im Sinn des § 282 Abs. 2 ZPO, die im Tatbestand zu dokumentieren sind. Diese sind auch rechtserheblich, weil deswegen eine weitere Beweisaufnahme geboten ist oder in den Entscheidungsgründen dargelegt werden muss, warum hierauf verzichtet werden konnte.

Dieser Mangel wird auch nicht dadurch geheilt, dass das SG hinsichtlich des Sachverhalts im Einzelnen auf den Akteninhalt Bezug genommen hat. Hierdurch hat das SG nämlich allenfalls erreicht, dass der gesamte Akteninhalt Gegenstand der Entscheidung geworden ist (vgl. BGH NJW 1992, 2148; a.A. Schumann, NJW 1993, 2.786). Hiervon losgelöst ist dem Gericht aber auferlegt, das erhebliche Beteiligtenvorbringen jedenfalls in gedrängter Form im Tatbestand zu dokumentieren. Dieser Beurkundungs- und Darstellungsfunktion genügt ein Tatbestand nicht, der - wie hier - das erhebliche Beteiligtenvorbringen nicht wiedergibt.

b) Dahinstehen kann, ob der Sachverhalt auch deshalb unvollständig ist, weil das SG das Ergebnis der Beweisaufnahme nicht mitgeteilt (hierzu Meyer-Ladewig, aaO Rdn. 6) und lediglich dargelegt hat, dass eine Beweisaufnahme durchgeführt worden ist und hierzu drei Gutachten eingeholt worden sind (s. Senatsurteile vom 05.09.2001 und 23.01.2002, aaO). Das SG hat das Ergebnis der Beweisaufnahme nämlich zumindest in den Entscheidungsgründen mitgeteilt.

Zu 2. Das Sozialgerichtsgesetz sagt über die Entscheidungsgründe nichts. Das Urteil bzw. der Gerichtsbescheid muss sie nur enthalten (§ 136 Abs. 1 SGG). Deswegen ist über § 202 SGG die Regelung des § 313 Abs. 3 ZPO maßgebend. Die Beteiligten sollen Kenntnis erhalten, von welchen Feststellungen, Erkenntnissen und rechtlichen Überlegungen das Gericht ausgegangen ist (Meyer-Ladewig, aaO § 136 Rdn. 7c). Eine kurze Begründung für jeden einzelnen für den Urteilsausspruch rechtlich erheblichen Streitpunkt in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht ist geboten und ausreichend (BSG, SozR 1500 § 136 Nr. 10; Bayer. LSG in NZS 1996, 48). Es ist verfahrensfehlerhaft, wenn in keiner Weise erkennbar ist, welche Gründe für die richterliche Überzeugung maßgebend waren (BGHZ 39, 333 ff.). Hier zu sind die entscheidungserheblichen Erwägungen des Gerichts in den Entscheidungsgründen kurz zu formulieren (BSGE 76, 233; Meyer-Ladewig, aaO § 136 Rdn. 7; Baumbach/Hartmann, ZPO, 60. Auflage, § 313 Rdn. 14). Das Gericht muss sich dabei zwar nicht mit jedem Beteiligtenvorbringen auseinandersetzen, insbesondere wenn es offensichtlich unerheblich ist oder wenn sich aus dem Urteil zweifelsfrei ergibt, dass das Gericht das Vorbringen auch ohne ausdrückliche Erwähnung für unerheblich hält. Mindestinhalt ist aber eine ausreichende Angabe der angewandten Rechtsnormen, der für erfüllt oder nicht erfüllt gehaltenen Tatbestandsmerkmale und der dafür ausschlaggebenden tatsächlichen oder rechtlichen Gründe (BSG, SozR 1500 § 136 Nr. 10; LSG NRW vom 30.10.1997 - L 7 Vs 41/97 -, vom 05.09.2001 - L 10 SB 70/01 - und vom 23.01.2002 - L 10 SB 150/01 -; Meyer-Ladewig, aaO § 136 Rdn. 7a; Baumbach/Hartmann, aaO § 313 Rdn. 14 ff).

Wesentlicher Teil der Entscheidungsgründe ist ferner die Beweiswürdigung. Ein grober Verfahrensfehler liegt vor, wenn eine Beweiswürdigung völlig fehlt (BGHZ 39, 333, 337, BFH NVwZ-RR 1995, 329; Meyer-Ladewig, aa0 § 136 Rdn. 7f) oder wenn den Entscheidungsgründen nicht zu entnehmen ist, aufgrund welcher Tatsachen und Erwägungen das Gericht zu seinen Tatsachenfeststellungen und rechtlichen Folgerungen gekommen ist (BGH vom 07.03.2001 - X ZR 176/99 -; BFHE 86, 219; Meyer- Ladewig, aaO Rdn. 7f). Das SG hat nach § 202 SGG iVm § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO den Streitstoff in tatsächlicher Hinsicht erschöpfend zu prüfen und zu würdigen. Von einer eigenen Bewertung ist es auch dann nicht enthoben, wenn es ein Sachverstän digengutachten eingeholt hat. Denn die Aufgabe des Sachverständigen ist darauf beschränkt, dem Richter aufgrund seines Erfahrungswissens die Kenntnis von Tatsachen zu verschaffen, zu denen dieser wegen seiner fehlenden - beispielsweise medizinischen Sachkunde - nicht kommen kann. Dem Richter obliegt es sodann, auf grund seiner juristischen Kenntnisse zu entscheiden, ob die ihm vom Sachverständigen vermittelten Tatsachen den gesetzlichen Tatbestand erfüllen (BSG vom 24.06.1981 - 9 RVs 2/81 -). Die Ergebnisse des Sachverständigen dürfen zudem nicht ohne weiteres übernommen werden; auch sachverständige Äußerungen sind eigenverantwortlich daraufhin zu untersuchen, ob und inwieweit sie Angaben enthalten, die Aufklärung im Hinblick auf entscheidungserhebliche und allein vom erkennenden Gericht zu beantwortende Fragen zu bieten vermögen (BGH vom 07.03.2001 aaO).

All diesen Anforderungen genügen die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils nicht. Das SG hat sich auf die Benennung und Wiedergabe der anspruchsbegründenden Norm des § 48 SGB X beschränkt und sodann lediglich die von den Sachverständigen gestellten Diagnosen einschließlich deren Bewertung wiederholt. Es fehlen jegliche nachvollziehbare Ausführungen dazu, warum es der Beurteilung des Sachverständigen Dr. B ..., auf den es sich allein beruft, gefolgt bzw. zu dem Ergebnis gelangt ist, dass der Gesamt-GdB bei dem Kläger ab Dezember 2000 mit 60 zu bemessen ist.

Aufgabe des Gerichts ist die Prüfung, ob der Sachverständige von einem zutreffen den Sachverhalt ausgegangen ist und diesen vollständig berücksichtigt hat. Sodann sind die medizinischen Befunderhebungen des Sachverständigen - soweit möglich - zu überprüfen. Das wird gerade im orthopädischen Bereich anhand von Messdaten eher möglich sein als vergleichsweise bei inneren Erkrankungen oder neurologisch-psychiatrischen Beeinträchtigungen. In einem nächsten Schritt ist zu klären, welche Teilhabebeeinträchtigungen mit den vom Sachverständigen festgestellten Normabweichungen einhergehen. Aufgabe des Sachverständigen ist es, die Teilhabebeeinträchtigungen aus medizinischer Sicht unter Berücksichtigung von Anamnese und Befund zu beschreiben. Wiederum hat das Gericht die Äußerungen des Sachverständigen auf Richtigkeit, Vollständigkeit und Stimmigkeit zu überprüfen und dies im Urteil nachvollziehbar zu begründen. Sodann hat das Gericht zu klären, ob sich die Meinungsäußerungen und Bewertungen des Sachverständigen auf der Grundlage der "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz" (AHP) bewegen. Die einzelnen Schritte der vorgenommenen Prüfung und Würdigung müssen in dem daraufhin ergehen den Urteil zwar nicht in allen Einzelheiten dargelegt werden (§ 286 Abs. 1 Satz 2 ZPO); das Urteil muss jedoch erkennen lassen, dass das Gericht die erforderlichen Schritte vollzogen hat; es muss die tragenden Gründe für die der Entscheidung zugrundeliegenden Überzeugung in der Begründung nachvollziehbar darlegen (BGH vom 07.03.2001 aaO); der schlichte Hinweis auf die Feststellungen eines Sachverständigen reicht insoweit nicht aus.

Dass die angefochtene Entscheidung dem nicht genügt, bedarf keiner weiteren Darlegung.

Zu 3. Das SG hat den Sachverhalt nur unzureichend aufgeklärt. Auf das Gutachten des Sachverständigen Dr. B ... hätte die Entscheidung nicht gestützt werden dürfen. Das SG hätte sich zu einer weiteren Beweiserhebung gedrängt fühlen müssen.

a) Das SG hätte unter Berücksichtigung der von ihm zutreffend zugrundegelegten Anspruchsgrundlage aufklären müssen, ob und inwieweit in den gesundheitlichen Verhältnissen des Klägers seit Erlass der letzten bindenden Feststellungen des Beklagten eine wesentliche Änderung eingetreten und inwieweit darauf beruhend der seinerzeit mit 30 festgestellte GdB zu ändern ist.

Rechtsgrundlage des Verfahrens ist § 48 SGB X i.V.m. §§ 3 und 4 Schwerbehindertengesetz (SchwbG) bzw. ab 01.07.2001 §§ 2, 69 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX). Danach ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Als wesentliche Änderung iSd § 48 SGB X ist auch eine Änderung in den gesundheitlichen Verhältnissen des Klägers seit Erlass des letzten bindenden Bescheides zu sehen. Die Prüfung einer solchen Änderung der gesundheitlichen Verhältnisse setzt im Wesentlichen einen Vergleich zwischen den gesundheitlichen Verhältnissen, die bei Erlass des letzten bindenden Bescheides vorgelegen haben, und denen voraus, die nunmehr - bzw. im Zeitpunkt der beabsichtigten oder gebotenen Änderung der GdB-Feststellung - vorliegen.

Hinsichtlich dieses Fragenkomplexes gelangt Dr. B ... zwar in seinem Gutachten zu dem Ergebnis, dass zusätzlich eine Funktionsstörung beider Schultergelenke, ein gesicherter Diabetes insipidus und von dem Sachverständigen H ... beschriebene "psychosomatische Beschwerden" vorliegen. Inwieweit und aus welchen Gründen diese Gesundheitsstörungen aber zu einer Erhöhung des Gesamtausmaßes der 1995 mit einem GdB von 30 beurteilten Beeinträchtigung auf 60 führen, ist seinem Gutachten nicht zu entnehmen.

Bereits aus dem Gesetz - § 4 Abs. 3 SchwbG bzw. ab 01.07.2001 § 69 Abs. 3 SGB IX - folgt im Übrigen, dass bei Vorliegen mehrerer Teilhabebeeinträchtigungen der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist, wobei die AHP weitere Beurteilungsvorgaben enthalten. Nur bei deren Beachtung wird ein sachgerechtes Ergebnis erzielt werden können. Voraussetzung ist dabei, dass das Ausmaß der Beeinträchtigung einer jeden einzelnen Gesundheitsstörung und der daraus resultierende GdB annährend sicher bestimmt und dann geprüft wird, in wieweit die durch die schwerwiegendste Gesundheitsstörung bedingte Teilhabebeeinträchtigung durch die Auswirkungen der zusätzlichen Gesundheitsstörung erhöht wird. Dies gilt auch, wenn zusätzliche, neu hinzugetretene Gesundheitsstörungen zu berücksichtigen sind.

b) Bei der gebotenen Prüfung hätte sich das SG auch gedrängt sehen müssen, den Einwendungen des Beklagten nachzugehen, dass die vom Sachverständigen Dr. B ... beschriebenen Funktionsstörungen im Bereich der Schultergelenke des Klägers nach den mitgeteilten Befunden nicht so schwerwiegend sind, dass sie einen GdB von 20 bedingen bzw. zu einer Erhöhung des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung führen. Nicht zu Unrecht weist der Beklagte daraufhin, dass die in dem Gutachten vom 07.05.2001 aufgeführten Befunde klärungsbedürftige Zweifel an der Beurteilung aufkommen lassen, weil sie keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung aufzeigen.

Hinsichtlich der Schultergelenken hat der Sachverständige Dr. B ... nämlich im Wesentlichen ausgeführt: "Unauffällige Umrisszeichnungen beider Schultergelenke. Beide Schultergelenke können aktiv auf gleiche Höhe gehoben werden. Die grobe Schulter-Muskelkraft ist beiderseits nicht behindert. Die übrigen großen Armgelenke zeigen eine unauffällige Umrisszeichnung. Die Muskulatur beider Arme ist seitengleich kräftig entwickelt und von regelrechtem Spannungszustand. Die grobe Kraft beider Arme entfaltet sich seitengleich regelrecht. Beim Grobwiderstandstest der Muskulatur beider Arme ergibt sich keine Seitendifferenz. Von Seiten beider Schultergelenke ergibt sich passiv wie aktiv eine endgradige Bewegungsstörung unter Schmerzangabe." "Bei der Überprüfung der komplexen Bewegungsfunktion gelingt der Schürzenbindegriff beidseits vollständig. Der Nackengriff wird als nicht durchführbar angegeben. Bei der orientierenden neurologischen Untersuchung des rechten/linken Armes ergeben sich keine Ausfallserscheinungen. So sind insbesondere motorische oder sensible Ausfälle nicht festzustellen. Das Reflexverhalten ist regelrecht." Die Bewegungsmaße der Schultergelenke bei der Bewegung Arm seitwärts/körperwärts bzw. Arm vorwärts/rückwärts werden durchgängig mit mindestens 130-0-30° bei ansonsten nahezu vollständig normwertigen Maßen angegeben und bedingen somit zumindest für sich gesehen unter Berücksichtigung der AHP Nr. 26.18, S. 143 f. keinen GdB von 20. Danach ist ein GdB von 10 erst angemessen, wenn der Arm bei entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit nur um 120° zu heben ist.

Des Weiteren ist ungeklärt, inwieweit und aus welchen Gründen die Funktionsbeeinträchtigungen der Schultergelenke, die auch der Sachverständige Dr. B ... als leichtgradig bezeichnet, auf das Gesamtausmaß der Teilhabebeeinträchtigung Einfluss haben.

c) Ebenso hätte das SG nicht ungeprüft die Erkenntnisse des Sachverständigen Dr. B ..., der Diabetes insipidus sei gesichert und mit einem GdB von 20 zu bewerten, übernehmen dürfen. Die Einschätzung dieses Sachverständigen, eines - fachfremden - Arztes für Orthopädie beruht auf dem im Rentenstreitverfahren des Klägers eingeholte Gutachten des Dr. Be ... vom 13.12.2000. Dieses Gutachten war aber weder dem SG noch dem Beklagten bekannt. Abgesehen davon, dass ein in einem Rentenrechtsstreit eingeholtes Sachverständigengutachten in einem Statusrechts streit nach dem SGB IX nicht als Sachverständigengutachten verwertet werden kann (hierzu Bayer. LSG vom 12.12.2000 - L 18 SB 119/99 - in Breithaupt 2001, 456 ff.) und demgemäss der vom Gericht ernannte Sachverständige eigene Feststellungen treffen muss, verletzt das SG durch diese Vorgehensweise den Anspruch der Beteiligten auf Gewährung rechtlichen Gehörs gem. § 62 SGG (hierzu BSG vom 20.10.1967 - 10 RV 102/67 -). Ob hieraus ein Verwertungsverbot folgt (vgl. auch Bayer. LSG aaO), lässt der Senat offen. Denn es hätte sich dem SG jedenfalls aufdrängen müssen, dieses Gutachten beizuziehen und dazu eine weitere Stellungnahme des internistischen Sachverständigen Dr. K ... oder - nach ergänzender Beweisanordnung - des Dr. Be ... einzuholen. Dies gilt umso mehr, als dem Gutachten des Sachverständigen Dr. B ... keine Erkenntnisse darüber zu entnehmen sind, aus welchen Gründen dem Diabetes insipidus ein GdB von 20 zuzumessen ist. Dementsprechend ist ungewiss geblieben, ob es sich um eine dauerhafte Erkrankung handelt und welche Funktionsbeeinträchtigungen mit dieser Erkrankung tatsächlich einhergehen.

d) Ob und inwieweit die von dem Sachverständigen H ... beschriebenen "psychosomatischen Beschwerden", denen er einen GdB von höchstens 20 zumisst, zu einer Erhöhung des Gesamt-GdB führen, ist ebenfalls fraglich und hätte eine Nachfrage erfordert. Die Formulierungen des Sachverständigen H ..., dass eine Überschneidung der im Zusammenhang stehenden Komplexe Wirbelsäulenschaden und psychische Komponente bestehe, deutet zumindest eher darauf hin, dass insoweit das Ausmaß der Gesamtbeeinträchtigung nicht erhöht wird.

Die aufgezeigten Verfahrensmängel sind auch wesentlich; sie entziehen der Entscheidung des SG die ordnungsgemäße Grundlage (s. dazu Eyermann-Fröhler, § 130 VwGO Anm.3). Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das SG bei ordnungsgemäßer Beweisaufnahme und Beweiswürdigung eine andere Entscheidung getroffen hätte.

Bei Abwägung der Interessen der Beteiligten an einer baldigen Sachentscheidung und dem Grundsatz der Prozessökonomie einerseits und dem Verlust einer Instanz anderseits sind überwiegen die Schutzinteressen der Beteiligten an einem ordnungsgemäßen Verfahren; zudem sind weitere Ermittlungen geboten.

Die Kostenentscheidung bleibt dem SG vorbehalten.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved