Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
10
1. Instanz
SG Münster (NRW)
Aktenzeichen
S 4 (16) V 86/99
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 10 V 4/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 21.12.2000 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die 1930 geborene, in Polen wohnhafte Klägerin begehrt Hinterbliebenenversorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG).
Sie ist die Witwe des am 24.08.1920 geborenen und am 27.01.1998 verstorbenen Johann M ... (JM).
Dieser besuchte von 1927 bis 1935 die Volksschule und absolvierte von 1936 bis 1939 bei begleitendem Besuch der Fortbildungsschule eine Lehre als Jungbauer im elterlichen Betrieb. 1939 wurde er zum Reichsarbeitsdienst und 1940 zum Dienst in der deutschen Wehrmacht herangezogen.
Während des Wehrdienstes erlitt er Schussverletzungen an beiden Beinen. Auf seinen Antrag gewährte der Beklagte ihm wegen der Schädigungsfolgen "Beinnervenschädigung nach Durchschuss des rechten Oberschenkels" Teilversorgung für deutsche Kriegsopfer in den unter polnischer Verwaltung stehenden deutschen Ostgebieten (Entscheidung vom 23.03.1961). Dabei ging der Beklagte von einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von zunächst 50 vom Hundert (v.H.) und ab 1984 von einer MdE von 60 v.H. aus.
Im November 1990 beantragte JM die Neufeststellung seines Versorgungsanspruchs unter Hinweis auf eine im Januar 1990 erfolgte Amputation des rechten Beines im Oberschenkel. Der Beklagte lehnte den Antrag mit der Begründung ab, dass die Amputation nach Auswertung der beigezogenen Unterlagen auf einer schädigungs-unabhängigen arteriellen Durchblutungsstörung in Verbindung mit einer Zuckerstoffwechselstörung beruhe (Bescheid vom 02.10.1991). Die Schädigungsfolgen bezeichnete er nunmehr mit:
"Beinnervenschädigung nach Durchschuss des rechten Oberschenkels, Narben am linken Bein".
Die Gewährung einer Schwerstbeschädigtenzulage und einer Pflegezulage lehnte der Beklagte ebenfalls ab (Bescheid vom 07.10.1991). Ein weiterer Änderungsantrag des JM blieb ohne Erfolg (Bescheid vom 15.07.1992 und Widerspruchsbescheid vom 16.11.1992), nachdem er im Mai 1992 von der Vertragsärztin Dr. Hennrich untersucht worden war und diese die bisherigen Feststellungen des Beklagten bestätigt hatte (Gutachten vom 26.05.1992). Im August 1994 beantragte JM nochmals Schwerstbeschädigten- und Pflegezulage mit der Begründung, dass er keine Beinprothese nutzen könne und auf einen Rollstuhl angewiesen sei. Der Beklagte lehnte den Antrag ab (Bescheid vom 07.11.1994). Der Entscheidung lag die versorgungsärztliche Stellungnahme vom 16.09.1994 zugrunde, nach der die Beinnervenschädigung nach der Amputation des rechten Beines nicht mehr vorliege, die Prothese wegen der schädigungsunabhängigen Amputation erforderlich und die am linken Bein bestehende Kniegelenksarthrose nicht auf die Narben am linken Oberschenkel zurückzuführen sei. Ein weiterer Antrag des JM blieb ebenfalls ohne Erfolg (Bescheid vom 26.02.1996 und Widerspruchsbescheid vom 25.07.1996).
Neben den Versorgungsleistungen des Beklagten bezog JM von 1949 bis zu seinem Tode eine pauschalierte polnische Kriegsbeschädigtenrente.
Am 27.01.1998 verstarb JM; als Todesursache wurde eine allgemeine Atheromatose angegeben (Auskunft der polnischen Sozialversicherungsanstalt - Büro für Auslandsrenten (ZUS) - vom 19.10.1998).
Die Klägerin beantragte im Mai 1988 Witwenversorgung und gab zur Begründung u.a. an, JM habe wegen der Verwundung seinen Beruf als Bauer nicht mehr in vollem Umfang ausüben und den angestrebten Berufserfolg nicht erreichen können. Die daraus resultierenden Nachteile hätten eine erhebliche Minderung ihrer Witwenversorgung zur Folge.
Nach Beiziehung von ärztlichen Unterlagen und Einholung von Auskünften der ZUS lehnte der Beklagte den Antrag mit Bescheid vom 21.01.1999 ab. Zur Begründung führte er aus, der Klägerin stehe eine Witwenrente nicht zu, da JM nicht an einem Schädigungsleiden verstorben sei. Witwenbeihilfe sei eben falls nicht zu gewähren, weil die Klägerin seit dem Tode des JM polnische Hinterbliebenenrente nach einem Kriegsinvaliden (Wojskowe Zaopatrzenie Rodzinne = WZR-Rente) beziehe. Dabei handele es sich um eine pauschaliert berechnete Rentenleistung, in der eine mögliche Einkommensminderung des Kriegsbeschädigten während seines Erwerbslebens nicht zum Tragen komme.
Mit ihrem Widerspruch verwies die Klägerin im Wesentlichen auf die erheblichen Beeinträchtigungen des JM durch die Kriegsverletzungen während seines Berufslebens. Er habe seinen Beruf als Bauer nie voll ausüben können mit der Folge von Einbußen auch bei ihrer Witwenrente. Der Beklage wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 16.04.1999 zurück und führte ergänzend aus, selbst wenn JM schädigungsbedingt beeinträchtigt gewesen wäre, seinen Beruf als selbständiger Landwirt voll wettbewerbsfähig auszuüben, könne daraus keine Minderung der Hinterbliebenenversorgung der Klägerin abgeleitet werden. Die Klägerin habe als Ehefrau eines Landwirts nach dem polnischen Rentenrecht einen eigenen Rentenanspruch erworben, ein Witwenrentenanspruch sei nach diesem Recht überhaupt nicht vorgesehen. Eine Beeinträchtigung ihrer polnischen Kriegsopferhinterbliebenenrente könne auch deshalb nicht angenommen werden, weil es sich bei der WZR-Rente um eine Pauschalrente handele, die durch keine beruflichen Faktoren bestimmt werde. Eine mögliche Minderung des Einkommens des JM während seines Erwerbslebens wirke sich somit auf die Höhe dieser Pauschalrente nicht aus.
Mit ihrer Klage vom 16.07.1999 hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt und beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 21.01.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.04.1999 zu verurteilen, ihr eine Witwenrente gemäß § 38 BVG als Teilversorgung, hilfsweise eine Witwenbeihilfe nach § 48 BVG als Teilversorgung, zu gewähren.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat unter Bezugnahme auf ein Rechtsgutachten des Dr. L ..., F ..., vom 16.05.1998 die Auffassung vertreten, es sei auch nicht von Bedeutung, wenn JM von Ende des Krieges bis 1957 keine berufliche Tätigkeit ausgeübt habe.
Das Sozialgericht (SG) Münster hat eine Auskunft von der ZUS eingeholt. Danach haben die Klägerin und JM von 1957 bis zum 21.12.1980 einen eigenen landwirtschaftlichen Betrieb bewirtschaftet. Nach Übergabe des Betriebes an einen Nachfolger bezogen die Klägerin und JM je zur Hälfte Landwirtschaftsrente; die Kriegsinvalidenrente erhielt JM weiter. Nach dem Tod des JM habe der Klägerin entweder ein Anspruch auf Landwirtschaftsrente oder ein Anspruch auf Hinterbliebenenrente von einem Kriegsinvaliden zugestanden. Als die ihr vorteilhaftere Leistung erhalte sie die Hinterbliebenrente.
Ferner hat das SG Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens nach Aktenlage von dem Internisten Dr. K ... Dieser hat in seinem Gutachten vom 07.02.2000 ausgeführt, die von dem Beklagten zutreffend erfassten Schädigungsfolgen seien durch die Amputation des rechten Beines 1990 de facto beseitigt worden. Die Amputation sei nicht auf die Schädigungsfolgen, sondern auf eine schädigungsunabhängige Arteriosklerose und einen schlecht behandelten Diabetes zurückzuführen. Ein 1993 festgestelltes Bauch-Aneurysma sei entweder Folge einer Gefäßwandveränderung im Rahmen einer allgemeinen Gefäßverkalkung oder - allerdings weniger wahrscheinlich - Folge eines Unfalls 1993. Dieser sei ebenfalls nicht schädigungsbedingt, da das Gehvermögen des JM zu diesem Zeitpunkt aufgrund der Amputation nicht mehr durch die Schädigungsfolgen beeinträchtigt gewesen sei. Wie auch immer der Tod des JM eingetreten sei, ergäben sich keine Hinweise darauf, dass der Tod Schädigungsfolge sei, die Schädigungsfolgen Teilursache des Todes gewesen seien oder den Tod vorverlegt hätten.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 21.12.2000 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, es lasse sich nicht feststellen, dass der Tod des JM durch Schädigungsfolgen verursacht worden sei. Witwenbeihilfe stehe der Klägerin nicht zu, da sich der Umstand, dass JM in den Jahren 1945 bis 1957 nicht gearbeitet habe, ebenso die Größe des Betriebes, die Dauer seiner Führung sowie andere gleichgelagerte Faktoren auf die Kriegswitwenrente nicht auswirkten. Diese entspreche der Höhe nach einer Arbeitnehmer-Witwenrente, bei deren Berechnung ein dem Durchschnittsverdienst in der Volkswirtschaft allgemein entsprechender Durchschnittsverdienst des Arbeitnehmers und 45 Arbeitsjahre berücksichtigt worden sind.
Gegen das am 10.01.2001 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 13.02.2001 Berufung eingelegt und vorgetragen, dass JM in den Jahren 1945 bis 1957 auf Kosten der Eltern im väterlichen Landwirtschaftsbetrieb gelebt habe. 1957 hätten die Eltern den Betrieb an ihn übergeben; bis zur Übertragung auf den gemeinsamen Sohn im Jahr 1980 habe sie den Hof mit fremden Arbeitskräften geführt. Auf die polnische Kriegsrente verzichte sie.
Die Klägerin, die sich ebenso wie der Beklagte mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt hat, beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 21.12.2000 abzuändern und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 21.01.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.04.1999 zu verurteilen, ihr Witwenrente, hilfsweise Witwenbeihilfe, zu gewähren.
Der Beklagte beantragt sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat von der ZUS Aufstellungen über die an die Klägerin und ihren Ehemann seit 1980 gezahlten Renten beigezogen und sodann ein Gutachten von Dr. L ... zur Frage einer schädigungsbedingten Minderung der Hinterbliebenenversorgung der Klägerin eingeholt. Dr. L ... (Gutachten vom 18.03.2002) ist zu dem Ergebnis gelangt, dass keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die von der Klägerin tatsächlich bezogene polnische Rentenversorgung aufgrund der Kriegsschädigung des JM gemindert sei. Dies gelte auch für die der Klägerin zustehende Landwirtschaftsrente, die wegen des Bezugs der höheren Kriegswitwenrente nicht ausgezahlt werde, und auch im Hinblick darauf, dass JM von 1945 bis 1957 nicht erwerbstätig gewesen und möglicherweise den landwirtschaftlichen Betrieb ohne Schädigungsfolgen bis zum Erreichen des Rentenalters von 65 Jahren geführt hätte.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die vom SG Münster zu Informationszwecken beigezogenen Akten S 10 V 64/94 SG Münster und die Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen; die Klägerin ist durch die angefochtenen Bescheide des Beklagten nicht beschwert (§ 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Sie hat weder Anspruch auf Hinterbliebenenrente noch Anspruch auf Witwenbeihilfe.
Es kann dahinstehen, ob der Anspruch der Klägerin bereits daran scheitert, dass sie vom polnischen Versicherungsträger eine Hinterbliebenenrente aufgrund der Kriegsbeschädigung ihres Ehemannes bezieht. Gemäß § 7 Abs. 2 BVG findet das Bundesversorgungsgesetz auf Kriegsopfer, die aus derselben Ursache einen Anspruch auf Versorgung gegen einen anderen Staat besitzen, keine Anwendung, es sei denn, dass zwischenstaatliche Vereinbarungen etwas anderes bestimmen. Diese Regelung, die eine Doppelversorgung aus öffentlichen Mitteln bei gleicher Ursache ausschließt, bezieht sich auf alle Personen, die als Kriegsopfer Anspruch auf Versorgung gegen einen anderen Staat haben. Ob der Anspruch zu verwirklichen ist und das Ausmaß der Versorgung eines anderen Staates der Versorgung nach dem BVG gleichkommt oder darunter liegt, ist unerheblich. Entscheidend ist vielmehr, dass - wie auch im vorliegenden Fall - dieselbe Ursache die Geltendmachung eines Anspruchs auf Versorgung nach dem Gesetz des anderen Staates ermöglicht (BSG, Urteil vom 25.11.1976 9 RV 188/75 in: SozR 3100 § 7 Nr. 2; Urteil vom 20.05.1992 - 9a RV 11/91 in: SozR 3-3100 § 7 Nr. 1; Urteile vom 05.11.1997 - 9 RV 2/97; vom 17.12.1997 - 9 RV 3/97, 9 RV 4/97, 9 RV 6/97, 9 RV 7/97, 9 RV 8/97 -; vom 04.02.1998 - B 9 V 5/97 R, B 9 V 9/97 R -).
Jedenfalls steht der Klägerin Hinterbleibenversorgung deshalb nicht zu, weil die gesetzlichen Voraussetzungen der § 64 Abs. 1, § 64 e, § 1 Abs. 5, § 38 Abs. 1 BVG und § 48 Abs. 1 BVG nicht vorliegen.
1. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Hinterbliebenenrente.
Die Witwe eines Beschädigten erhält auf ihren Antrag nur dann Hinterbliebenenrente, wenn dieser an den Folgen einer Schädigung gestorben ist (§§ 1 Abs. 5 und 38 Abs. 1 BVG).
a) Die Rechtsvermutung des § 38 Abs. 1 Satz 2 BVG, wonach der Tod als Folge einer Schädigung gilt, wenn das Todesleiden rechtsverbindlich als Schädigungsfolge anerkannt war, greift nicht zu Gunsten der Klägerin ein. Denn JM ist nicht an den zuletzt anerkannt gewesenen Versorgungsleiden (Beinnervenschädigung nach Durchschuss des rechten Oberschenkels, Narben am linken Bein) verstorben. Todesursache war vielmehr nach der Bescheinigung der polnischen Sozialversicherungsanstalt vom 19.10.1998 eine allgemeine Atheromatose.
b) Es ist auch nicht festzustellen, dass JM an den Folgen einer Schädigung gestorben ist. Nach § 38 Abs. 1 Satz 1 BVG besteht ein Anspruch auf Hinterbliebenenrente auch dann, wenn das Todesleiden zwar Schädigungsfolge ist, aber als solche noch nicht oder nicht mehr anerkannt war. Der Tod ist zudem auch dann als Folge einer Schädigung anzusehen, wenn der Beschädigte ohne die Schädigungsfolgen mindestens ein Jahr länger gelebt hätte (Nr. 1 der allgemeinen Verwaltungsvorschriften zu § 38 BVG).
Diese Voraussetzungen liegen nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht vor. Die zum Tod des JM führende Atheromatose ist nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit auf die Schussverletzungen des JM während seines Dienstes in der deutschen Wehrmacht bzw. die dadurch hervorgerufenen Schädigungsfolgen zurückzuführen. Zur Begründung nimmt der Senat auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des Urteils des SG Münster vom 21.12.2000 Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Der vom SG beauftragte Sachverständige Dr. K ... hat schlüssig dargelegt, dass bei JM keine weiteren als die anerkannten Schädigungsfolgen bestanden und dass keine Hinweise für einen ursächlichen Zusammenhang zwischen Tod des JM und Schädigung bzw. Schädigungsleiden bestehen. Ebenfalls ist nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit festzustellen, dass JM ohne die Schädigungsfolgen etwa ein Jahr länger gelebt hätte. Die entsprechende Beurteilung des Sachverständigen Dr. K ... ist überzeugend, weil die am rechten Bein des JM bestehen den Schädigungsfolgen bereits 1990 durch die Amputation des Beines de facto entfallen sind. Es ist auch nicht erkenntlich, dass diese Amputation aufgrund der anerkannten Schädigungsfolgen erforderlich wurde bzw. mit diesen in ursächlichem Zusammenhang steht. Ursache für die Amputation war vielmehr die Kombination von einer schädigungsunabhängigen - z.B. auch das linke Bein betreffenden - Arteriosklerose und einem Diabetes mellitus. Soweit der Facharzt für Chirurgie und Urologie Henryk Magier (Bescheinigung vom 12.12.1995) der Schusswunde des rechten Oberschenkels und der dadurch entstandenen Funktionsbeeinträchtigung einen wesentlichen Einfluss auf die Unmöglichkeit der "Verhaltung der atheromatösen und diabetischen Veränderungen in der Extremität" zumisst, ist dieser Auffassung nicht zu folgen. Aus dem Behandlungsbericht der Gesundheitsfürsorgestelle, Med.-Statistik, Krankenhaus L ..., über die stationäre Behandlung vom 29.12.1989 bis 30.01.1990 ergibt sich nämlich, dass die am 09.01.1990, also bereits wenige Tage nach Aufnahme vorgenommene Amputation ausschließlich wegen einer Nekrose des rechten Fußes bei verschließender Arteriosklerose und Zuckerkrankheit (stinkend-fauliger rechter Unterschenkel) erfolgte. Dementsprechend ist auch nach der Beurteilung des Sachverständigen Dr. K ... nicht erkennbar, dass die Amputation durch schädigungsbedingte Faktoren bedingt oder zumindest annähernd gleichwertig neben den o.a. Ursachen mitbedingt war. Die hohe Amputation ist dadurch erklärlich, dass erfahrungsgemäß die Blutgefäße, je weiter sie in die Peripherie reichen, umso geschädigter sind, und dass deshalb in höheren Etagen amputiert wird, in denen von einer noch ausreichenden Durchblutung ausgegangen wird.
2. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Witwenbeihilfe.
Nach § 48 Abs. 1 BVG ist, wenn ein rentenberechtigter Beschädigter nicht an den Folgen der Schädigung gestorben ist, der Witwe eine Witwenbeihilfe zu zahlen, wenn der Beschädigte durch die Folgen der Schädigung gehindert war, eine entsprechende Erwerbstätigkeit auszuüben und dadurch die aus der Ehe mit dem Beschädigten hergeleitete Witwenversorgung nicht unerheblich, d.h. mindestens um einen zwischen 10 und 15 gestaffelten Vomhundertsatz, gemindert ist.
a) Der Feststellung dieser konkreten, schädigungsbedingten Minderung der Witwenversorgung bedarf es allerdings dann nicht, wenn die in § 48 Abs. 1 Satz 5 und 6 BVG normierten Rechtsvermutungen greifen. Danach gelten die Voraussetzungen des Satzes 1 als erfüllt, wenn der Beschädigte im Zeitpunkt seines Todes Anspruch auf die Beschädigtenrente eines Erwerbsunfähigen oder wegen nicht nur vorübergehender Hilflosigkeit Anspruch auf eine Pflegezulage (Satz 5) oder wenn er mindestens fünf Jahre Anspruch auf Berufsschadensausgleich wegen eines Einkommensverlustes im Sinne des § 30 Abs. 4 oder auf Berufsschadensausgleich nach § 30 Abs. 6 BVG hatte (Satz 6).
aa) Zur Zeit seines Todes stand JM Versorgung nach einer MdE von 60 v.H. zu. Er hatte damit keinen Anspruch auf die Beschädigtenrente eines Erwerbsunfähigen. Als erwerbsunfähig gilt ein Beschädigter nämlich nur, wenn er (schädigungsbedingt) in seiner Erwerbsfähigkeit um mehr als 90 v.H. beeinträchtigt ist (§ 31 Abs. 3 Satz 2 BVG).
bb) JM hatte zur Zeit seines Todes auch keinen Anspruch auf Pflegezulage (§ 35 BVG). Entsprechende Anträge hat er seit 1990, also nach Amputation des rechten Beines, zwar wiederholt gestellt; diese hat der Beklagte aber zu Recht abgelehnt, weil ein zu Gunsten der Klägerin in erforderlichem Umfang unterstellter Hilfebedarf jedenfalls nicht schädigungsbedingt war. Nach § 35 BVG muss der Beschädigte aber infolge der Schädigung hilflos sein, d.h. die Schädigungsfolgen müssen zumindest annährend gleichwertige Ursache für eine Hilflosigkeit sein. Dies war bei JM nach der schädigungsunabhängigen Amputation des rechten Beines aber nicht der Fall. Auf seinen gesundheitlichen Gesamtzustand einwirken konnten tatsächlich nur noch die in ihren Auswirkungen unwesentlichen Narben am linken Bein.
cc) JM hatte auch nicht für die Dauer von mindestens fünf Jahren Anspruch auf Berufsschadensausgleich wegen eines Einkommensverlustes im Sinne des § 30 Abs. 4 BVG oder auf Berufsschadensausgleich nach § 30 Abs. 6 BVG. Einer Anwendung des § 48 Abs. 1 Satz 6 BVG steht nicht entgegen, dass im vorliegen den Fall Berufsschadensausgleich weder beantragt noch bewilligt worden war (BSG, Urteil vom 10.02.1993 - 9/9a RV 4/92 - in: Die Versorgungsverwaltung 1993, 63; BSG, Urteil vom 29.01.1992 - 9a RV 5/91 - in: Breithaupt 1993, 303 ff). Die Voraussetzungen des Vermutungstatbestandes - § 48 Abs. 1 Satz 6 BVG - sind nämlich auch erfüllt, wenn die beruflichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Berufsschadensausgleich vorlagen. Da die genannte Vorschrift aber der Beweiserleichterung und der Verwaltungsvereinfachung dient, muss sich ein Anspruch auf Berufsschadensausgleich jedoch ohne weitere Ermittlungen feststellen lassen. Die gesetzlichen Voraussetzungen dieses Anspruchs müssen nach dem Inhalt der über den Beschädigten geführten Versorgungsakten "offensichtlich" oder "für jeden Kundigen klar erkennbar" während wenigstens fünf Jahren bestanden haben (BSG a.a.O.). Dies gilt auch wenn der Beschädigte in einem der in den "Richtlinien-Ost" genannten Staaten einen Berufsschaden erlitten haben könnte (BSG, Urteil vom 24.06.1998 - Az. B 9 V 19/97 R -).
Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.
Aus den über JM geführten Akten ist zwar erkenntlich, dass dieser bereits vor Erreichen des 65. Lebensjahres eine Landabgabenrente, also eine Rente wegen Übergabe der Landwirtschaft, bezog. Der Hintergrund für diese vorzeitige Berufsaufgabe - z.B. familiäre Gründe (Übergabe an den Sohn), gesundheitliche oder andere Gründe - ist den Beschädigtenakten indes nicht zu entnehmen. Selbst aber wenn eine vorzeitige Aufgabe der Erwerbstätigkeit aus gesundheitlichen Gründen unterstellt würde, ist aus den Akten nicht erkenntlich, ob insoweit die Schädigungsfolgen annähernd gleichwertige Mitursache waren. Voraussetzung für die JM gewährte Invaliden-Landwirtschaftsrente war die Feststellung der Invaliditätsgruppe I oder II durch den polnischen Versicherungsträger. Wegen der Schädigungsfolgen war jedoch lediglich die niedrigere Invaliditätsgruppe III anerkannt (vgl. Gutachten der Ärztlichen Bezirkskommission für Invalidität und Beschäftigung, Oppeln, vom 17.06.1992), d.h. bei Hofübergabe bzw. Gewährung der Landabgabenrente bestanden bei JM bereits wesentliche, nämlich zumindest die Invaliditätsgruppe II rechtfertigende, schädigungsunabhängige Gesundheitsstörungen. Auch das aus den Akten ersichtliche Vorbringen des JM in den Jahren nach seinem Erstantrag im Jahre 1959, neben der polnischen Kriegsbeschädigten rente keine Einkünfte zu haben, führt nicht weiter. Unabhängig davon, dass diese Angaben im Widerspruch zu den ersten Ausführungen der Klägerin im Verfahren auf Hinterbliebenenversorgung ("konnte er als Bauer den Beruf nicht mehr in vollem Umfang ausüben" - Auskunft vom 01.08.1998) stehen, ergibt sich daraus nicht - offenkundig -, dass JM seinen Beruf als Bauer wegen der Schädigungsfolgen nicht ausüben konnte bzw. derentwegen einen schädigungsbedingten Einkommensverlust hatte. Zu berücksichtigen ist hier auch, dass JM den elterlichen Landwirtschaftbetrieb erst 1957 übernommen hat und seine bis dahin in dem elterlichen Betrieb erzielten bzw. erzielbaren Einkünfte wesentlich von Regelungen mit seinen Eltern abhingen.
b) Ebenso lässt sich nicht feststellen, dass die Witwenversorgung der Klägerin in einem für die Gewährung von Witwenbeihilfe i.S.d. § 48 Abs. 1 BVG relevanten Maß dadurch gemindert ist, dass JM aufgrund der Schädigungsfolgen an der Ausübung einer entsprechenden Erwerbstätigkeit gehindert war.
aa) Der berufliche Werdegang des JM ist durch die Schädigungsfolgen nicht nach haltig beeinflusst worden. Es besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass JM ohne Schädigungsfolgen einen anderen Beruf ergriffen hätte. JM hat den Beruf des Landwirts erlernt und später den zunächst von seinen Eltern geführten Landwirtschaftsbetrieb übernommen. Dieser Werdegang wäre mit oder ohne Schädigungsfolgen mit nahezu an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit derselbe. Es spricht Alles dafür, dass JM auch ohne Schädigungsfolgen zunächst im elterlichen Betrieb verblieben wäre, um diesen dann später zu übernehmen.
bb) Ob und inwieweit JM bei der Ausübung seines Berufes als Landwirt im Vergleich zu einem gesunden Landwirt durch die Schädigungsfolgen beeinträchtigt war, bedarf keiner weiteren Klärung. Selbst wenn eine berufliche Beeinträchtigung unterstellt wird, hat diese nicht zu einer rechtlich relevanten Minderung der Witwenversorgung der Klägerin geführt.
(1) Wie sich aus dem Gutachten des Sachverständigen Dr. L ... vom 18.03.1002 ergibt, sind die bestimmenden Faktoren für die Höhe der Landwirtschaftsrente zum Einen die Grundrente in Höhe der gesetzlichen Arbeitnehmer-Mindestrente und zum Anderen die Zulagen für die an den Staat bzw. an die vergesellschafteten Aufkaufstellen verkauften landwirtschaftlichen Produkte. Dabei überwiegt der einkommensunabhängige Anteil (Grundrente) den einkommensabhängigen Anteil bei Weitem. Der Anteil der Beträge für die an den Staat verkauften landwirtschaftlichen Produkte an dieser Rente beträgt lediglich 7 Prozent. Daraus ergibt sich, dass die Leistungsfähigkeit des als Landwirts tätigen JM für die Höhe einer Landwirtschaftsrente nur von weit untergeordneter Bedeutung war. Eine für die Witwenbeihilfe relevante Beeinflussung ergäbe sich danach selbst nicht, wenn unterstellt würde, dass ohne die Schädigungsfolgen des JM ca. 50 Prozent mehr landwirtschaftliche Produkte an den Staat hätten verkauft werden können. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass ohne Schädigungsfolgen des JM über 50 Prozent mehr landwirtschaftliche Produkte an den Staat verkauft worden wären, dies schon deshalb, weil private Landwirte durch den Verkauf ihrer Produkte auf dem freien Markt wesentlich höhere Erlöse erzielt haben als bei einem Verkauf an den polnischen Staat. Es ist nicht wahrscheinlich, dass ein Landwirt beim Verkauf seiner Produkte allein wegen der Möglichkeit einer späteren und auch noch geringen Erhöhung seiner Rente einen momentanen erheblichen finanziellen Verlust in Kauf nimmt.
Auch wenn zu Gunsten der Klägerin davon ausgegangen würde, dass JM in den Jahren 1945 bis 1957 schädigungsbedingt keiner Erwerbstätigkeit nachgehen konnte und dass er ohne Schädigungsfolgen bis zum Erreichen des Rentenalters von 65 Jahren als Landwirt tätig gewesen wäre, ergibt sich kein anderes Ergebnis. Beide Faktoren haben nämlich keinen Einfluss auf die Höhe der Landwirtschaftsrente.
(2) Unabhängig davon bezieht die Klägerin nach dem Tod ihres Ehemannes jedoch tatsächlich eine Kriegswitwenrente, die sogar noch deutlich höher liegt als die ihr - alternativ - zustehende Landwirtschaftsrente.
cc) Soweit die Klägerin mitgeteilt hat, dass sie auf die Kriegswitwenrente verzichte, ist dies schon deshalb irrelevant, weil sie die Rente weiterhin bezieht. Unabhängig davon wäre die Verzichtserklärung auch unwirksam, weil auf Ansprüche auf Sozialleistungen nur durch schriftliche Erklärung gegen über dem Leistungsträger verzichtet werden kann, der den Sozialleistungsanspruch zu erfüllen hat; ein Verzicht hätte also gegenüber der ZUS erklärt werden müssen (§ 46 Erstes Buch Sozialgesetzbuch).
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Tatbestand:
Die 1930 geborene, in Polen wohnhafte Klägerin begehrt Hinterbliebenenversorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG).
Sie ist die Witwe des am 24.08.1920 geborenen und am 27.01.1998 verstorbenen Johann M ... (JM).
Dieser besuchte von 1927 bis 1935 die Volksschule und absolvierte von 1936 bis 1939 bei begleitendem Besuch der Fortbildungsschule eine Lehre als Jungbauer im elterlichen Betrieb. 1939 wurde er zum Reichsarbeitsdienst und 1940 zum Dienst in der deutschen Wehrmacht herangezogen.
Während des Wehrdienstes erlitt er Schussverletzungen an beiden Beinen. Auf seinen Antrag gewährte der Beklagte ihm wegen der Schädigungsfolgen "Beinnervenschädigung nach Durchschuss des rechten Oberschenkels" Teilversorgung für deutsche Kriegsopfer in den unter polnischer Verwaltung stehenden deutschen Ostgebieten (Entscheidung vom 23.03.1961). Dabei ging der Beklagte von einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von zunächst 50 vom Hundert (v.H.) und ab 1984 von einer MdE von 60 v.H. aus.
Im November 1990 beantragte JM die Neufeststellung seines Versorgungsanspruchs unter Hinweis auf eine im Januar 1990 erfolgte Amputation des rechten Beines im Oberschenkel. Der Beklagte lehnte den Antrag mit der Begründung ab, dass die Amputation nach Auswertung der beigezogenen Unterlagen auf einer schädigungs-unabhängigen arteriellen Durchblutungsstörung in Verbindung mit einer Zuckerstoffwechselstörung beruhe (Bescheid vom 02.10.1991). Die Schädigungsfolgen bezeichnete er nunmehr mit:
"Beinnervenschädigung nach Durchschuss des rechten Oberschenkels, Narben am linken Bein".
Die Gewährung einer Schwerstbeschädigtenzulage und einer Pflegezulage lehnte der Beklagte ebenfalls ab (Bescheid vom 07.10.1991). Ein weiterer Änderungsantrag des JM blieb ohne Erfolg (Bescheid vom 15.07.1992 und Widerspruchsbescheid vom 16.11.1992), nachdem er im Mai 1992 von der Vertragsärztin Dr. Hennrich untersucht worden war und diese die bisherigen Feststellungen des Beklagten bestätigt hatte (Gutachten vom 26.05.1992). Im August 1994 beantragte JM nochmals Schwerstbeschädigten- und Pflegezulage mit der Begründung, dass er keine Beinprothese nutzen könne und auf einen Rollstuhl angewiesen sei. Der Beklagte lehnte den Antrag ab (Bescheid vom 07.11.1994). Der Entscheidung lag die versorgungsärztliche Stellungnahme vom 16.09.1994 zugrunde, nach der die Beinnervenschädigung nach der Amputation des rechten Beines nicht mehr vorliege, die Prothese wegen der schädigungsunabhängigen Amputation erforderlich und die am linken Bein bestehende Kniegelenksarthrose nicht auf die Narben am linken Oberschenkel zurückzuführen sei. Ein weiterer Antrag des JM blieb ebenfalls ohne Erfolg (Bescheid vom 26.02.1996 und Widerspruchsbescheid vom 25.07.1996).
Neben den Versorgungsleistungen des Beklagten bezog JM von 1949 bis zu seinem Tode eine pauschalierte polnische Kriegsbeschädigtenrente.
Am 27.01.1998 verstarb JM; als Todesursache wurde eine allgemeine Atheromatose angegeben (Auskunft der polnischen Sozialversicherungsanstalt - Büro für Auslandsrenten (ZUS) - vom 19.10.1998).
Die Klägerin beantragte im Mai 1988 Witwenversorgung und gab zur Begründung u.a. an, JM habe wegen der Verwundung seinen Beruf als Bauer nicht mehr in vollem Umfang ausüben und den angestrebten Berufserfolg nicht erreichen können. Die daraus resultierenden Nachteile hätten eine erhebliche Minderung ihrer Witwenversorgung zur Folge.
Nach Beiziehung von ärztlichen Unterlagen und Einholung von Auskünften der ZUS lehnte der Beklagte den Antrag mit Bescheid vom 21.01.1999 ab. Zur Begründung führte er aus, der Klägerin stehe eine Witwenrente nicht zu, da JM nicht an einem Schädigungsleiden verstorben sei. Witwenbeihilfe sei eben falls nicht zu gewähren, weil die Klägerin seit dem Tode des JM polnische Hinterbliebenenrente nach einem Kriegsinvaliden (Wojskowe Zaopatrzenie Rodzinne = WZR-Rente) beziehe. Dabei handele es sich um eine pauschaliert berechnete Rentenleistung, in der eine mögliche Einkommensminderung des Kriegsbeschädigten während seines Erwerbslebens nicht zum Tragen komme.
Mit ihrem Widerspruch verwies die Klägerin im Wesentlichen auf die erheblichen Beeinträchtigungen des JM durch die Kriegsverletzungen während seines Berufslebens. Er habe seinen Beruf als Bauer nie voll ausüben können mit der Folge von Einbußen auch bei ihrer Witwenrente. Der Beklage wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 16.04.1999 zurück und führte ergänzend aus, selbst wenn JM schädigungsbedingt beeinträchtigt gewesen wäre, seinen Beruf als selbständiger Landwirt voll wettbewerbsfähig auszuüben, könne daraus keine Minderung der Hinterbliebenenversorgung der Klägerin abgeleitet werden. Die Klägerin habe als Ehefrau eines Landwirts nach dem polnischen Rentenrecht einen eigenen Rentenanspruch erworben, ein Witwenrentenanspruch sei nach diesem Recht überhaupt nicht vorgesehen. Eine Beeinträchtigung ihrer polnischen Kriegsopferhinterbliebenenrente könne auch deshalb nicht angenommen werden, weil es sich bei der WZR-Rente um eine Pauschalrente handele, die durch keine beruflichen Faktoren bestimmt werde. Eine mögliche Minderung des Einkommens des JM während seines Erwerbslebens wirke sich somit auf die Höhe dieser Pauschalrente nicht aus.
Mit ihrer Klage vom 16.07.1999 hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt und beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 21.01.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.04.1999 zu verurteilen, ihr eine Witwenrente gemäß § 38 BVG als Teilversorgung, hilfsweise eine Witwenbeihilfe nach § 48 BVG als Teilversorgung, zu gewähren.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat unter Bezugnahme auf ein Rechtsgutachten des Dr. L ..., F ..., vom 16.05.1998 die Auffassung vertreten, es sei auch nicht von Bedeutung, wenn JM von Ende des Krieges bis 1957 keine berufliche Tätigkeit ausgeübt habe.
Das Sozialgericht (SG) Münster hat eine Auskunft von der ZUS eingeholt. Danach haben die Klägerin und JM von 1957 bis zum 21.12.1980 einen eigenen landwirtschaftlichen Betrieb bewirtschaftet. Nach Übergabe des Betriebes an einen Nachfolger bezogen die Klägerin und JM je zur Hälfte Landwirtschaftsrente; die Kriegsinvalidenrente erhielt JM weiter. Nach dem Tod des JM habe der Klägerin entweder ein Anspruch auf Landwirtschaftsrente oder ein Anspruch auf Hinterbliebenenrente von einem Kriegsinvaliden zugestanden. Als die ihr vorteilhaftere Leistung erhalte sie die Hinterbliebenrente.
Ferner hat das SG Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens nach Aktenlage von dem Internisten Dr. K ... Dieser hat in seinem Gutachten vom 07.02.2000 ausgeführt, die von dem Beklagten zutreffend erfassten Schädigungsfolgen seien durch die Amputation des rechten Beines 1990 de facto beseitigt worden. Die Amputation sei nicht auf die Schädigungsfolgen, sondern auf eine schädigungsunabhängige Arteriosklerose und einen schlecht behandelten Diabetes zurückzuführen. Ein 1993 festgestelltes Bauch-Aneurysma sei entweder Folge einer Gefäßwandveränderung im Rahmen einer allgemeinen Gefäßverkalkung oder - allerdings weniger wahrscheinlich - Folge eines Unfalls 1993. Dieser sei ebenfalls nicht schädigungsbedingt, da das Gehvermögen des JM zu diesem Zeitpunkt aufgrund der Amputation nicht mehr durch die Schädigungsfolgen beeinträchtigt gewesen sei. Wie auch immer der Tod des JM eingetreten sei, ergäben sich keine Hinweise darauf, dass der Tod Schädigungsfolge sei, die Schädigungsfolgen Teilursache des Todes gewesen seien oder den Tod vorverlegt hätten.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 21.12.2000 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, es lasse sich nicht feststellen, dass der Tod des JM durch Schädigungsfolgen verursacht worden sei. Witwenbeihilfe stehe der Klägerin nicht zu, da sich der Umstand, dass JM in den Jahren 1945 bis 1957 nicht gearbeitet habe, ebenso die Größe des Betriebes, die Dauer seiner Führung sowie andere gleichgelagerte Faktoren auf die Kriegswitwenrente nicht auswirkten. Diese entspreche der Höhe nach einer Arbeitnehmer-Witwenrente, bei deren Berechnung ein dem Durchschnittsverdienst in der Volkswirtschaft allgemein entsprechender Durchschnittsverdienst des Arbeitnehmers und 45 Arbeitsjahre berücksichtigt worden sind.
Gegen das am 10.01.2001 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 13.02.2001 Berufung eingelegt und vorgetragen, dass JM in den Jahren 1945 bis 1957 auf Kosten der Eltern im väterlichen Landwirtschaftsbetrieb gelebt habe. 1957 hätten die Eltern den Betrieb an ihn übergeben; bis zur Übertragung auf den gemeinsamen Sohn im Jahr 1980 habe sie den Hof mit fremden Arbeitskräften geführt. Auf die polnische Kriegsrente verzichte sie.
Die Klägerin, die sich ebenso wie der Beklagte mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt hat, beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 21.12.2000 abzuändern und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 21.01.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.04.1999 zu verurteilen, ihr Witwenrente, hilfsweise Witwenbeihilfe, zu gewähren.
Der Beklagte beantragt sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat von der ZUS Aufstellungen über die an die Klägerin und ihren Ehemann seit 1980 gezahlten Renten beigezogen und sodann ein Gutachten von Dr. L ... zur Frage einer schädigungsbedingten Minderung der Hinterbliebenenversorgung der Klägerin eingeholt. Dr. L ... (Gutachten vom 18.03.2002) ist zu dem Ergebnis gelangt, dass keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die von der Klägerin tatsächlich bezogene polnische Rentenversorgung aufgrund der Kriegsschädigung des JM gemindert sei. Dies gelte auch für die der Klägerin zustehende Landwirtschaftsrente, die wegen des Bezugs der höheren Kriegswitwenrente nicht ausgezahlt werde, und auch im Hinblick darauf, dass JM von 1945 bis 1957 nicht erwerbstätig gewesen und möglicherweise den landwirtschaftlichen Betrieb ohne Schädigungsfolgen bis zum Erreichen des Rentenalters von 65 Jahren geführt hätte.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die vom SG Münster zu Informationszwecken beigezogenen Akten S 10 V 64/94 SG Münster und die Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen; die Klägerin ist durch die angefochtenen Bescheide des Beklagten nicht beschwert (§ 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Sie hat weder Anspruch auf Hinterbliebenenrente noch Anspruch auf Witwenbeihilfe.
Es kann dahinstehen, ob der Anspruch der Klägerin bereits daran scheitert, dass sie vom polnischen Versicherungsträger eine Hinterbliebenenrente aufgrund der Kriegsbeschädigung ihres Ehemannes bezieht. Gemäß § 7 Abs. 2 BVG findet das Bundesversorgungsgesetz auf Kriegsopfer, die aus derselben Ursache einen Anspruch auf Versorgung gegen einen anderen Staat besitzen, keine Anwendung, es sei denn, dass zwischenstaatliche Vereinbarungen etwas anderes bestimmen. Diese Regelung, die eine Doppelversorgung aus öffentlichen Mitteln bei gleicher Ursache ausschließt, bezieht sich auf alle Personen, die als Kriegsopfer Anspruch auf Versorgung gegen einen anderen Staat haben. Ob der Anspruch zu verwirklichen ist und das Ausmaß der Versorgung eines anderen Staates der Versorgung nach dem BVG gleichkommt oder darunter liegt, ist unerheblich. Entscheidend ist vielmehr, dass - wie auch im vorliegenden Fall - dieselbe Ursache die Geltendmachung eines Anspruchs auf Versorgung nach dem Gesetz des anderen Staates ermöglicht (BSG, Urteil vom 25.11.1976 9 RV 188/75 in: SozR 3100 § 7 Nr. 2; Urteil vom 20.05.1992 - 9a RV 11/91 in: SozR 3-3100 § 7 Nr. 1; Urteile vom 05.11.1997 - 9 RV 2/97; vom 17.12.1997 - 9 RV 3/97, 9 RV 4/97, 9 RV 6/97, 9 RV 7/97, 9 RV 8/97 -; vom 04.02.1998 - B 9 V 5/97 R, B 9 V 9/97 R -).
Jedenfalls steht der Klägerin Hinterbleibenversorgung deshalb nicht zu, weil die gesetzlichen Voraussetzungen der § 64 Abs. 1, § 64 e, § 1 Abs. 5, § 38 Abs. 1 BVG und § 48 Abs. 1 BVG nicht vorliegen.
1. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Hinterbliebenenrente.
Die Witwe eines Beschädigten erhält auf ihren Antrag nur dann Hinterbliebenenrente, wenn dieser an den Folgen einer Schädigung gestorben ist (§§ 1 Abs. 5 und 38 Abs. 1 BVG).
a) Die Rechtsvermutung des § 38 Abs. 1 Satz 2 BVG, wonach der Tod als Folge einer Schädigung gilt, wenn das Todesleiden rechtsverbindlich als Schädigungsfolge anerkannt war, greift nicht zu Gunsten der Klägerin ein. Denn JM ist nicht an den zuletzt anerkannt gewesenen Versorgungsleiden (Beinnervenschädigung nach Durchschuss des rechten Oberschenkels, Narben am linken Bein) verstorben. Todesursache war vielmehr nach der Bescheinigung der polnischen Sozialversicherungsanstalt vom 19.10.1998 eine allgemeine Atheromatose.
b) Es ist auch nicht festzustellen, dass JM an den Folgen einer Schädigung gestorben ist. Nach § 38 Abs. 1 Satz 1 BVG besteht ein Anspruch auf Hinterbliebenenrente auch dann, wenn das Todesleiden zwar Schädigungsfolge ist, aber als solche noch nicht oder nicht mehr anerkannt war. Der Tod ist zudem auch dann als Folge einer Schädigung anzusehen, wenn der Beschädigte ohne die Schädigungsfolgen mindestens ein Jahr länger gelebt hätte (Nr. 1 der allgemeinen Verwaltungsvorschriften zu § 38 BVG).
Diese Voraussetzungen liegen nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht vor. Die zum Tod des JM führende Atheromatose ist nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit auf die Schussverletzungen des JM während seines Dienstes in der deutschen Wehrmacht bzw. die dadurch hervorgerufenen Schädigungsfolgen zurückzuführen. Zur Begründung nimmt der Senat auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des Urteils des SG Münster vom 21.12.2000 Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Der vom SG beauftragte Sachverständige Dr. K ... hat schlüssig dargelegt, dass bei JM keine weiteren als die anerkannten Schädigungsfolgen bestanden und dass keine Hinweise für einen ursächlichen Zusammenhang zwischen Tod des JM und Schädigung bzw. Schädigungsleiden bestehen. Ebenfalls ist nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit festzustellen, dass JM ohne die Schädigungsfolgen etwa ein Jahr länger gelebt hätte. Die entsprechende Beurteilung des Sachverständigen Dr. K ... ist überzeugend, weil die am rechten Bein des JM bestehen den Schädigungsfolgen bereits 1990 durch die Amputation des Beines de facto entfallen sind. Es ist auch nicht erkenntlich, dass diese Amputation aufgrund der anerkannten Schädigungsfolgen erforderlich wurde bzw. mit diesen in ursächlichem Zusammenhang steht. Ursache für die Amputation war vielmehr die Kombination von einer schädigungsunabhängigen - z.B. auch das linke Bein betreffenden - Arteriosklerose und einem Diabetes mellitus. Soweit der Facharzt für Chirurgie und Urologie Henryk Magier (Bescheinigung vom 12.12.1995) der Schusswunde des rechten Oberschenkels und der dadurch entstandenen Funktionsbeeinträchtigung einen wesentlichen Einfluss auf die Unmöglichkeit der "Verhaltung der atheromatösen und diabetischen Veränderungen in der Extremität" zumisst, ist dieser Auffassung nicht zu folgen. Aus dem Behandlungsbericht der Gesundheitsfürsorgestelle, Med.-Statistik, Krankenhaus L ..., über die stationäre Behandlung vom 29.12.1989 bis 30.01.1990 ergibt sich nämlich, dass die am 09.01.1990, also bereits wenige Tage nach Aufnahme vorgenommene Amputation ausschließlich wegen einer Nekrose des rechten Fußes bei verschließender Arteriosklerose und Zuckerkrankheit (stinkend-fauliger rechter Unterschenkel) erfolgte. Dementsprechend ist auch nach der Beurteilung des Sachverständigen Dr. K ... nicht erkennbar, dass die Amputation durch schädigungsbedingte Faktoren bedingt oder zumindest annähernd gleichwertig neben den o.a. Ursachen mitbedingt war. Die hohe Amputation ist dadurch erklärlich, dass erfahrungsgemäß die Blutgefäße, je weiter sie in die Peripherie reichen, umso geschädigter sind, und dass deshalb in höheren Etagen amputiert wird, in denen von einer noch ausreichenden Durchblutung ausgegangen wird.
2. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Witwenbeihilfe.
Nach § 48 Abs. 1 BVG ist, wenn ein rentenberechtigter Beschädigter nicht an den Folgen der Schädigung gestorben ist, der Witwe eine Witwenbeihilfe zu zahlen, wenn der Beschädigte durch die Folgen der Schädigung gehindert war, eine entsprechende Erwerbstätigkeit auszuüben und dadurch die aus der Ehe mit dem Beschädigten hergeleitete Witwenversorgung nicht unerheblich, d.h. mindestens um einen zwischen 10 und 15 gestaffelten Vomhundertsatz, gemindert ist.
a) Der Feststellung dieser konkreten, schädigungsbedingten Minderung der Witwenversorgung bedarf es allerdings dann nicht, wenn die in § 48 Abs. 1 Satz 5 und 6 BVG normierten Rechtsvermutungen greifen. Danach gelten die Voraussetzungen des Satzes 1 als erfüllt, wenn der Beschädigte im Zeitpunkt seines Todes Anspruch auf die Beschädigtenrente eines Erwerbsunfähigen oder wegen nicht nur vorübergehender Hilflosigkeit Anspruch auf eine Pflegezulage (Satz 5) oder wenn er mindestens fünf Jahre Anspruch auf Berufsschadensausgleich wegen eines Einkommensverlustes im Sinne des § 30 Abs. 4 oder auf Berufsschadensausgleich nach § 30 Abs. 6 BVG hatte (Satz 6).
aa) Zur Zeit seines Todes stand JM Versorgung nach einer MdE von 60 v.H. zu. Er hatte damit keinen Anspruch auf die Beschädigtenrente eines Erwerbsunfähigen. Als erwerbsunfähig gilt ein Beschädigter nämlich nur, wenn er (schädigungsbedingt) in seiner Erwerbsfähigkeit um mehr als 90 v.H. beeinträchtigt ist (§ 31 Abs. 3 Satz 2 BVG).
bb) JM hatte zur Zeit seines Todes auch keinen Anspruch auf Pflegezulage (§ 35 BVG). Entsprechende Anträge hat er seit 1990, also nach Amputation des rechten Beines, zwar wiederholt gestellt; diese hat der Beklagte aber zu Recht abgelehnt, weil ein zu Gunsten der Klägerin in erforderlichem Umfang unterstellter Hilfebedarf jedenfalls nicht schädigungsbedingt war. Nach § 35 BVG muss der Beschädigte aber infolge der Schädigung hilflos sein, d.h. die Schädigungsfolgen müssen zumindest annährend gleichwertige Ursache für eine Hilflosigkeit sein. Dies war bei JM nach der schädigungsunabhängigen Amputation des rechten Beines aber nicht der Fall. Auf seinen gesundheitlichen Gesamtzustand einwirken konnten tatsächlich nur noch die in ihren Auswirkungen unwesentlichen Narben am linken Bein.
cc) JM hatte auch nicht für die Dauer von mindestens fünf Jahren Anspruch auf Berufsschadensausgleich wegen eines Einkommensverlustes im Sinne des § 30 Abs. 4 BVG oder auf Berufsschadensausgleich nach § 30 Abs. 6 BVG. Einer Anwendung des § 48 Abs. 1 Satz 6 BVG steht nicht entgegen, dass im vorliegen den Fall Berufsschadensausgleich weder beantragt noch bewilligt worden war (BSG, Urteil vom 10.02.1993 - 9/9a RV 4/92 - in: Die Versorgungsverwaltung 1993, 63; BSG, Urteil vom 29.01.1992 - 9a RV 5/91 - in: Breithaupt 1993, 303 ff). Die Voraussetzungen des Vermutungstatbestandes - § 48 Abs. 1 Satz 6 BVG - sind nämlich auch erfüllt, wenn die beruflichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Berufsschadensausgleich vorlagen. Da die genannte Vorschrift aber der Beweiserleichterung und der Verwaltungsvereinfachung dient, muss sich ein Anspruch auf Berufsschadensausgleich jedoch ohne weitere Ermittlungen feststellen lassen. Die gesetzlichen Voraussetzungen dieses Anspruchs müssen nach dem Inhalt der über den Beschädigten geführten Versorgungsakten "offensichtlich" oder "für jeden Kundigen klar erkennbar" während wenigstens fünf Jahren bestanden haben (BSG a.a.O.). Dies gilt auch wenn der Beschädigte in einem der in den "Richtlinien-Ost" genannten Staaten einen Berufsschaden erlitten haben könnte (BSG, Urteil vom 24.06.1998 - Az. B 9 V 19/97 R -).
Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.
Aus den über JM geführten Akten ist zwar erkenntlich, dass dieser bereits vor Erreichen des 65. Lebensjahres eine Landabgabenrente, also eine Rente wegen Übergabe der Landwirtschaft, bezog. Der Hintergrund für diese vorzeitige Berufsaufgabe - z.B. familiäre Gründe (Übergabe an den Sohn), gesundheitliche oder andere Gründe - ist den Beschädigtenakten indes nicht zu entnehmen. Selbst aber wenn eine vorzeitige Aufgabe der Erwerbstätigkeit aus gesundheitlichen Gründen unterstellt würde, ist aus den Akten nicht erkenntlich, ob insoweit die Schädigungsfolgen annähernd gleichwertige Mitursache waren. Voraussetzung für die JM gewährte Invaliden-Landwirtschaftsrente war die Feststellung der Invaliditätsgruppe I oder II durch den polnischen Versicherungsträger. Wegen der Schädigungsfolgen war jedoch lediglich die niedrigere Invaliditätsgruppe III anerkannt (vgl. Gutachten der Ärztlichen Bezirkskommission für Invalidität und Beschäftigung, Oppeln, vom 17.06.1992), d.h. bei Hofübergabe bzw. Gewährung der Landabgabenrente bestanden bei JM bereits wesentliche, nämlich zumindest die Invaliditätsgruppe II rechtfertigende, schädigungsunabhängige Gesundheitsstörungen. Auch das aus den Akten ersichtliche Vorbringen des JM in den Jahren nach seinem Erstantrag im Jahre 1959, neben der polnischen Kriegsbeschädigten rente keine Einkünfte zu haben, führt nicht weiter. Unabhängig davon, dass diese Angaben im Widerspruch zu den ersten Ausführungen der Klägerin im Verfahren auf Hinterbliebenenversorgung ("konnte er als Bauer den Beruf nicht mehr in vollem Umfang ausüben" - Auskunft vom 01.08.1998) stehen, ergibt sich daraus nicht - offenkundig -, dass JM seinen Beruf als Bauer wegen der Schädigungsfolgen nicht ausüben konnte bzw. derentwegen einen schädigungsbedingten Einkommensverlust hatte. Zu berücksichtigen ist hier auch, dass JM den elterlichen Landwirtschaftbetrieb erst 1957 übernommen hat und seine bis dahin in dem elterlichen Betrieb erzielten bzw. erzielbaren Einkünfte wesentlich von Regelungen mit seinen Eltern abhingen.
b) Ebenso lässt sich nicht feststellen, dass die Witwenversorgung der Klägerin in einem für die Gewährung von Witwenbeihilfe i.S.d. § 48 Abs. 1 BVG relevanten Maß dadurch gemindert ist, dass JM aufgrund der Schädigungsfolgen an der Ausübung einer entsprechenden Erwerbstätigkeit gehindert war.
aa) Der berufliche Werdegang des JM ist durch die Schädigungsfolgen nicht nach haltig beeinflusst worden. Es besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass JM ohne Schädigungsfolgen einen anderen Beruf ergriffen hätte. JM hat den Beruf des Landwirts erlernt und später den zunächst von seinen Eltern geführten Landwirtschaftsbetrieb übernommen. Dieser Werdegang wäre mit oder ohne Schädigungsfolgen mit nahezu an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit derselbe. Es spricht Alles dafür, dass JM auch ohne Schädigungsfolgen zunächst im elterlichen Betrieb verblieben wäre, um diesen dann später zu übernehmen.
bb) Ob und inwieweit JM bei der Ausübung seines Berufes als Landwirt im Vergleich zu einem gesunden Landwirt durch die Schädigungsfolgen beeinträchtigt war, bedarf keiner weiteren Klärung. Selbst wenn eine berufliche Beeinträchtigung unterstellt wird, hat diese nicht zu einer rechtlich relevanten Minderung der Witwenversorgung der Klägerin geführt.
(1) Wie sich aus dem Gutachten des Sachverständigen Dr. L ... vom 18.03.1002 ergibt, sind die bestimmenden Faktoren für die Höhe der Landwirtschaftsrente zum Einen die Grundrente in Höhe der gesetzlichen Arbeitnehmer-Mindestrente und zum Anderen die Zulagen für die an den Staat bzw. an die vergesellschafteten Aufkaufstellen verkauften landwirtschaftlichen Produkte. Dabei überwiegt der einkommensunabhängige Anteil (Grundrente) den einkommensabhängigen Anteil bei Weitem. Der Anteil der Beträge für die an den Staat verkauften landwirtschaftlichen Produkte an dieser Rente beträgt lediglich 7 Prozent. Daraus ergibt sich, dass die Leistungsfähigkeit des als Landwirts tätigen JM für die Höhe einer Landwirtschaftsrente nur von weit untergeordneter Bedeutung war. Eine für die Witwenbeihilfe relevante Beeinflussung ergäbe sich danach selbst nicht, wenn unterstellt würde, dass ohne die Schädigungsfolgen des JM ca. 50 Prozent mehr landwirtschaftliche Produkte an den Staat hätten verkauft werden können. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass ohne Schädigungsfolgen des JM über 50 Prozent mehr landwirtschaftliche Produkte an den Staat verkauft worden wären, dies schon deshalb, weil private Landwirte durch den Verkauf ihrer Produkte auf dem freien Markt wesentlich höhere Erlöse erzielt haben als bei einem Verkauf an den polnischen Staat. Es ist nicht wahrscheinlich, dass ein Landwirt beim Verkauf seiner Produkte allein wegen der Möglichkeit einer späteren und auch noch geringen Erhöhung seiner Rente einen momentanen erheblichen finanziellen Verlust in Kauf nimmt.
Auch wenn zu Gunsten der Klägerin davon ausgegangen würde, dass JM in den Jahren 1945 bis 1957 schädigungsbedingt keiner Erwerbstätigkeit nachgehen konnte und dass er ohne Schädigungsfolgen bis zum Erreichen des Rentenalters von 65 Jahren als Landwirt tätig gewesen wäre, ergibt sich kein anderes Ergebnis. Beide Faktoren haben nämlich keinen Einfluss auf die Höhe der Landwirtschaftsrente.
(2) Unabhängig davon bezieht die Klägerin nach dem Tod ihres Ehemannes jedoch tatsächlich eine Kriegswitwenrente, die sogar noch deutlich höher liegt als die ihr - alternativ - zustehende Landwirtschaftsrente.
cc) Soweit die Klägerin mitgeteilt hat, dass sie auf die Kriegswitwenrente verzichte, ist dies schon deshalb irrelevant, weil sie die Rente weiterhin bezieht. Unabhängig davon wäre die Verzichtserklärung auch unwirksam, weil auf Ansprüche auf Sozialleistungen nur durch schriftliche Erklärung gegen über dem Leistungsträger verzichtet werden kann, der den Sozialleistungsanspruch zu erfüllen hat; ein Verzicht hätte also gegenüber der ZUS erklärt werden müssen (§ 46 Erstes Buch Sozialgesetzbuch).
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
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