Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
60
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 60 AL 5166/02
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Bescheid des Arbeitsamtes Berlin-Ost vom 6. August 2002 in der Gestalt des Widerspruchs- bescheides vom 9. Oktober 2002 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, den Antrag des Klägers auf Gewährung von Überbrückungsgeld unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Die Beklagte hat dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die ermessensfehlerfreie Entscheidung über den Antrag auf Überbrückungsgeld zur Förderung der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit und hierbei um den engen zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Bezug von Anschlussunterhaltsgeld (bis 29. Juni 2002) und dem Beginn der Selbständigkeit (1. August 2002) bei einer Zwischenzeit von einem Monat und einem Tag.
Der am 19. Januar 1964 geborene Kläger bezog nach einer Beschäftigung als Sanitäter beim Bundesgrenzschutz originäre Arbeitslosenhilfe bis zum 31. März 1999 (Bescheid vom 15. Januar 1999). Währen der Teilnahme an der beruflichen Weiterbildungsmaßnahme zum staatlich anerkannten Physiotherapeuten bezog der Kläger Unterhaltsgeld vom 1. April 1999 bis 31. März 2002 und ab 1. April 2002 Anschlussunterhaltsgeld bis zur Erschöpfung der Anspruchsdauer mit Ablauf des 29. Juni 2002 (Bescheid vom 23. April 2002). Daneben finanzierte er selbst eine Aqua-Fitness-Ausbildung sowie eine Ausbildung zum Personal-Trainer und die Teilnahme an einem Existenzgründer-Seminar. Den Antrag vom 19. April 2002 auf Gewährung von Arbeitslosenhilfe ab 30. Juni 2002 lehnte die Beklagte mangels Erfüllung der Vorfrist mit Bescheid vom 19. April 2002 ab.
Den Antrag vom 23. Mai 2002 auf Gewährung von Überbrückungsgeld zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit mit einer Stellungnahme der Tragfähigkeit der Existenzgründung vom 15. Juli 2002 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 6. August 2002 im Hinblick auf die Aufnahme der selbständigen Tätigkeit zum 1. August 2002 mangels eines engen zeitlichen Zusammenhanges zwischen der Leistungsgewährung bis 29. Juni 2002 ab. Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 9. Oktober 2002 zurück.
Mit der am 8. November 2002 eingegangenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über seinen Antrag auf Überbrückungsgeld weiter. Er trägt vor, der vom Gesetz geforderte enge zeitliche Zusammenhang zwischen dem Leistungsbezug und der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit liege vor, da die Zwischenzeit bei ihm etwa einen Monat, nämlich einen Monat und einen Tag betrage. Im Übrigen hätte er bei entsprechendem Hinweis der Beklagten die Tätigkeit auch vor dem 1. August 2002 aufnehmen können. Deshalb müsse er so behandelt werden, als ob er die Tätigkeit bereits vor dem 1. August 2002 aufgenommen hätte.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom Arbeitsamtes Berlin-Ost vom 6. August 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Oktober 2002 zu verurteilen, seinen Antrag auf Gewährung von Überbrückungsgeld unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hält die angefochtenen Bescheide aus den Gründen des Vorverfahrens für rechtmäßig. Nach ihrer Auffassung liegt der vom Gesetz vorgeschriebene enge zeitliche Zusammenhang nur bei einer kurzzeitigen Unterbrechung bis zu einem Monat zwischen dem Ende des Bezuges der Entgeltersatzleistung und der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit vor.
Die den Kläger betreffende Förderungsakte und Leistungsakte der Beklagten - KuNr.: 964 A 005838 - haben der Kammer vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die frist- und formgerecht erhobene Klage ist zulässig und auch begründet.
Der angefochtene Bescheid des Arbeitsamtes vom 6. August 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Oktober 2002 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten insoweit, als die Gewährung von Überbrückungsgeld mangels engem zeitlichen Zusammenhang abgelehnt wird. Die Beklagte hat vielmehr über den Antrag des Klägers auf Überbrückungsgeld unter Beachtung der Rechtsverfassung des Gerichts ermessensfehlerfrei neu zu entscheiden.
Gemäß § 57 Abs. 1 Sozialgesetzbuch/Arbeitsförderung - SGB III - können Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden oder vermeiden, zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung Überbrückungsgeld erhalten. Voraussetzung hierfür ist neben der Stellungnahme einer fachkundigen Stelle über die Tragfähigkeit der Existenzgründung u.a. gemäß § 57 Abs. 2 Nr. 1 a SGB III der Anspruch oder Bezug einer Entgeltersatzleistung nach dem SGB III in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit oder der vorgeschalteten Teilnahme an einer Maßnahme zu deren Vorbereitung.
Diese Voraussetzungen sind im Falle des Klägers erfüllt, da er eine positive Stellungnahme einer fachkundigen Stelle über die Tragfähigkeit der Existenzgründung vorgelegt und in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit ab 1. August 2002 bis zum 29. Juni 2002 Anschlussunterhaltsgeld als Entgeltersatzleistung bezogen hat. Bereits in der Entscheidung zu der Vorgängervorschrift des § 55 a AFG, die einen Vorbezug der Entgeltersatzleistung unmittelbar vor Aufnahme der selbständigen Tätigkeit forderte, hat das Bundessozialgericht (U. v. 24. Juni 1993 - 11 RAr 1/92 -) ausgeführt, dass eine Unterbrechung des Leistungsbezuges bis zur Dauer einer - damals 8-wöchigen - Sperrzeit wegen Ablehnung eines Arbeitsangebots hierbei unschädlich sei, da kurzzeitige Unterbrechungen des Leistungsbezuges dem Förderungszweck nicht gerecht würden. Allerdings könnten nur zeitlich begrenzte Unterbrechungen des Leistungsbezuges den gesetzlich geforderten zeitlichen Zusammenhang zwischen Leistungsbezug und Aufnahme der selbständigen Tätigkeit wahren. Diesen Erwägungen hat der Gesetzgeber mit der Neufassung des § 57 Abs. 2 Nr. 1 SGB III ab 1. August 1999 Rechnung getragen, indem er nur noch einen engen zeitlichen Zusammenhang des Leistungsbezuges mit der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit als Voraussetzung aufstellt. Nach der Gesetzesbegründung soll zwischen dem Leistungsbezug und dem Beginn der selbständigen Tätigkeit bzw. des Vorbereitungskurses etwa ein Übergangszeitraum von einem Monat liegen dürfen (BT-Drs. 14/178 S. 12). Da es der Gesetzgeber vermieden hat, einen genauen Zeitraum zu nennen, dessen Überschreitung den engen zeitlichen Zusammenhang mit der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit beseitigt, kann entsprechend den Erwägungen des Bundessozialgerichtes auch eine Übergangszeit von 8 Wochen unschädlich sein (Gagel, SGB III, § 57 Rdnr. 12; U. d. LSG Rheinland-Pfalz v. 29.10.2001 - L 1 AL 53/03 - und U. d. Hessischen LSG v. 14.03.2001 - L 6 AL 1340/00 - in E-LSG AL 226, die sogar eine Unterbrechungszeit von 3 Monaten für unschädlich halten; a. A. Niesel, SGB III, 2. A., § 57 Rdnr. 8). Eine Unterbrechungszeit zwischen Leistungsbezug und Aufnahme der selbständigen Tätigkeit von einem Monat und einem Tag, wie im vorliegenden Fall, ist daher unschädlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Sie entspricht dem Ergebnis in der Hauptsache.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die ermessensfehlerfreie Entscheidung über den Antrag auf Überbrückungsgeld zur Förderung der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit und hierbei um den engen zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Bezug von Anschlussunterhaltsgeld (bis 29. Juni 2002) und dem Beginn der Selbständigkeit (1. August 2002) bei einer Zwischenzeit von einem Monat und einem Tag.
Der am 19. Januar 1964 geborene Kläger bezog nach einer Beschäftigung als Sanitäter beim Bundesgrenzschutz originäre Arbeitslosenhilfe bis zum 31. März 1999 (Bescheid vom 15. Januar 1999). Währen der Teilnahme an der beruflichen Weiterbildungsmaßnahme zum staatlich anerkannten Physiotherapeuten bezog der Kläger Unterhaltsgeld vom 1. April 1999 bis 31. März 2002 und ab 1. April 2002 Anschlussunterhaltsgeld bis zur Erschöpfung der Anspruchsdauer mit Ablauf des 29. Juni 2002 (Bescheid vom 23. April 2002). Daneben finanzierte er selbst eine Aqua-Fitness-Ausbildung sowie eine Ausbildung zum Personal-Trainer und die Teilnahme an einem Existenzgründer-Seminar. Den Antrag vom 19. April 2002 auf Gewährung von Arbeitslosenhilfe ab 30. Juni 2002 lehnte die Beklagte mangels Erfüllung der Vorfrist mit Bescheid vom 19. April 2002 ab.
Den Antrag vom 23. Mai 2002 auf Gewährung von Überbrückungsgeld zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit mit einer Stellungnahme der Tragfähigkeit der Existenzgründung vom 15. Juli 2002 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 6. August 2002 im Hinblick auf die Aufnahme der selbständigen Tätigkeit zum 1. August 2002 mangels eines engen zeitlichen Zusammenhanges zwischen der Leistungsgewährung bis 29. Juni 2002 ab. Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 9. Oktober 2002 zurück.
Mit der am 8. November 2002 eingegangenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über seinen Antrag auf Überbrückungsgeld weiter. Er trägt vor, der vom Gesetz geforderte enge zeitliche Zusammenhang zwischen dem Leistungsbezug und der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit liege vor, da die Zwischenzeit bei ihm etwa einen Monat, nämlich einen Monat und einen Tag betrage. Im Übrigen hätte er bei entsprechendem Hinweis der Beklagten die Tätigkeit auch vor dem 1. August 2002 aufnehmen können. Deshalb müsse er so behandelt werden, als ob er die Tätigkeit bereits vor dem 1. August 2002 aufgenommen hätte.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom Arbeitsamtes Berlin-Ost vom 6. August 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Oktober 2002 zu verurteilen, seinen Antrag auf Gewährung von Überbrückungsgeld unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hält die angefochtenen Bescheide aus den Gründen des Vorverfahrens für rechtmäßig. Nach ihrer Auffassung liegt der vom Gesetz vorgeschriebene enge zeitliche Zusammenhang nur bei einer kurzzeitigen Unterbrechung bis zu einem Monat zwischen dem Ende des Bezuges der Entgeltersatzleistung und der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit vor.
Die den Kläger betreffende Förderungsakte und Leistungsakte der Beklagten - KuNr.: 964 A 005838 - haben der Kammer vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die frist- und formgerecht erhobene Klage ist zulässig und auch begründet.
Der angefochtene Bescheid des Arbeitsamtes vom 6. August 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Oktober 2002 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten insoweit, als die Gewährung von Überbrückungsgeld mangels engem zeitlichen Zusammenhang abgelehnt wird. Die Beklagte hat vielmehr über den Antrag des Klägers auf Überbrückungsgeld unter Beachtung der Rechtsverfassung des Gerichts ermessensfehlerfrei neu zu entscheiden.
Gemäß § 57 Abs. 1 Sozialgesetzbuch/Arbeitsförderung - SGB III - können Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden oder vermeiden, zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung Überbrückungsgeld erhalten. Voraussetzung hierfür ist neben der Stellungnahme einer fachkundigen Stelle über die Tragfähigkeit der Existenzgründung u.a. gemäß § 57 Abs. 2 Nr. 1 a SGB III der Anspruch oder Bezug einer Entgeltersatzleistung nach dem SGB III in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit oder der vorgeschalteten Teilnahme an einer Maßnahme zu deren Vorbereitung.
Diese Voraussetzungen sind im Falle des Klägers erfüllt, da er eine positive Stellungnahme einer fachkundigen Stelle über die Tragfähigkeit der Existenzgründung vorgelegt und in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit ab 1. August 2002 bis zum 29. Juni 2002 Anschlussunterhaltsgeld als Entgeltersatzleistung bezogen hat. Bereits in der Entscheidung zu der Vorgängervorschrift des § 55 a AFG, die einen Vorbezug der Entgeltersatzleistung unmittelbar vor Aufnahme der selbständigen Tätigkeit forderte, hat das Bundessozialgericht (U. v. 24. Juni 1993 - 11 RAr 1/92 -) ausgeführt, dass eine Unterbrechung des Leistungsbezuges bis zur Dauer einer - damals 8-wöchigen - Sperrzeit wegen Ablehnung eines Arbeitsangebots hierbei unschädlich sei, da kurzzeitige Unterbrechungen des Leistungsbezuges dem Förderungszweck nicht gerecht würden. Allerdings könnten nur zeitlich begrenzte Unterbrechungen des Leistungsbezuges den gesetzlich geforderten zeitlichen Zusammenhang zwischen Leistungsbezug und Aufnahme der selbständigen Tätigkeit wahren. Diesen Erwägungen hat der Gesetzgeber mit der Neufassung des § 57 Abs. 2 Nr. 1 SGB III ab 1. August 1999 Rechnung getragen, indem er nur noch einen engen zeitlichen Zusammenhang des Leistungsbezuges mit der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit als Voraussetzung aufstellt. Nach der Gesetzesbegründung soll zwischen dem Leistungsbezug und dem Beginn der selbständigen Tätigkeit bzw. des Vorbereitungskurses etwa ein Übergangszeitraum von einem Monat liegen dürfen (BT-Drs. 14/178 S. 12). Da es der Gesetzgeber vermieden hat, einen genauen Zeitraum zu nennen, dessen Überschreitung den engen zeitlichen Zusammenhang mit der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit beseitigt, kann entsprechend den Erwägungen des Bundessozialgerichtes auch eine Übergangszeit von 8 Wochen unschädlich sein (Gagel, SGB III, § 57 Rdnr. 12; U. d. LSG Rheinland-Pfalz v. 29.10.2001 - L 1 AL 53/03 - und U. d. Hessischen LSG v. 14.03.2001 - L 6 AL 1340/00 - in E-LSG AL 226, die sogar eine Unterbrechungszeit von 3 Monaten für unschädlich halten; a. A. Niesel, SGB III, 2. A., § 57 Rdnr. 8). Eine Unterbrechungszeit zwischen Leistungsbezug und Aufnahme der selbständigen Tätigkeit von einem Monat und einem Tag, wie im vorliegenden Fall, ist daher unschädlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Sie entspricht dem Ergebnis in der Hauptsache.
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